BOS Foun­da­tion rettet ein weiteres Orang-Utan-Baby

BOS Foun­da­tion rettet ein weiteres Orang-Utan-Baby

Trau­riger Weise müssen immer wieder aufs neue verwaiste Orang-Utan-Babys in unseren Schutz­zen­tren aufge­nommen werden. So auch wieder am 27. August, als die BOS Foun­da­tion und die BKSDA ein zwei Jahre altes Orang-Utan Männ­chen aus einer tradi­tio­nellen Gold­mine in Banama Tingang, einem Unter­be­zirk von Pulang Pisau Regency in Zentral­ka­li­mantan, gerettet haben.

Ein Dorf­be­wohner aus Sepang, Gunung Mas Regency, hatte den kleinen Orang-Utan der BKSDA in Zentral Kali­mantan gemeldet. Der Dorf­be­wohner sagte, dass er das Baby in der Nähe einer Mine gefunden hatte. So aufge­wühlt und allein, wie der Orang-Utan neben den Gleisen lag, schien offen­sicht­lich, dass seine Mutter getötet wurde.

Entkräftet und schwer verletzt

Nach der Rettung war das Orang-Utan-Baby sehr erschöpft und schwer verletzt am linken Arm. Das Ärzte-Team in Nyaru Menteng führte eine voll­stän­dige Gesund­heits­un­ter­su­chung durch, wobei sich beim Röntgen heraus­stellte, dass das geschwol­lene, linke Hand­ge­lenk gebro­chen war.

 Die Röntgen-Untersuchung zeigte das gebrochene Handgelenk

Die Wunde wurde ihm mit hoher Wahr­schein­lich­keit von einem scharfen Instru­ment, einem Seram­pang (Dayak-Heugabel), zugefügt.

Der kleine Orang-Utan wird nun einer inten­siven Pflege und Über­wa­chung durch unsere enga­gierten Tier­ärzte und Baby­sitter unter­zogen. Mit einem Gewicht von nur 4,4 kg wird das Baby mindes­tens zwei Monate in der Quaran­täne ausharren müssen, bevor er die anderen Orang-Utans im Wald­kin­der­garten treffen kann.

Unsere Herzen fühlen mit dem Kleinen. Wir hoffen, dass es ihm bald besser geht, sodass er zu den 16 anderen Orang-Utan-Kindern in unserem neuen Baby­haus stoßen kann.

 

Borneo Oran­gutan Survival (BOS) ist welt­weit die größte Primatenschutzorganisation.
Wir helfen Orang-Utans – indem wir vertrie­bene, verletzte Tiere in Rettungs­sta­tionen versorgen und ihren Lebens­raum, den Regen­wald, schützen.

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Ange­schos­senes Orang-Utan-Baby gerettet

Ange­schos­senes Orang-Utan-Baby gerettet

Vor einigen Wochen wurde uns von der BKSDA ein Orang-Utan-Baby aus dem Gebiet Bukit Batu Mentangai Kapua­sein über­geben: Zahri. Wir wissen kaum etwas über seine bishe­rige Geschichte, aber es stecken zwei Kugeln in seinem kleinen Körper und er war bei seiner Ankunft völlig unterernährt.

Derzeit befindet sich Zahri noch in Quaran­täne und unser Team kümmert sich rund um die Uhr um den kleinen Orang-Utan. Wenn er sich erholt hat und stark genug ist, werden die Ärzte vor Ort prüfen, ob der kleine Junge stark genug für eine Opera­tion ist. Zahri wird, wie alle unsere Schütz­linge, viel Liebe und Fürsorge brau­chen, damit er sich sowohl physisch als auch emotional erholen kann.

 

Allein und hilflos

Röntgenaufnahmen von Zahris Körper, auf denen die Kugeln zu erkennen sind

Von seiner Mutter fehlte jede Spur und wir müssen leider davon ausgehen, dass sie nicht mehr lebt. In der freien Wild­bahn kümmern sich die Orang-Utan-Mütter mindes­tens sieben Jahre um ihre Kinder. Vorher sind die Nach­kömm­linge gar nicht allein über­le­bens­fähig, denn es sind ihre Mamas, die ihnen alles wich­tige für ein eigen­stän­diges Leben im Regen­wald beibringen. Daher lassen Mütter auch nie kampflos ihre Kinder zurück. 

 

Glück im Unglück

Umso glück­li­cher sind wir, dass Zahri nun seinen Weg zu uns gefunden hat. Hier geben wir alles, um dem kleinen Waisen best­mög­lich seine Mama zu ersetzen. Unsere Baby­sitter kümmern sich liebe­voll um unsere Schütz­linge. Und sobald alle gesund­heit­li­chen Bedenken ausge­räumt sind und Zahri stark genug ist, beginnt seine Reha­bi­li­ta­tion. In unserem Wald­kin­der­garten erlernt er dann mit den anderen kleinsten in unserem Schutz­zen­trum moto­ri­sche Fähig­keiten zum Klet­tern, Nester bauen und zur Nahrungs­suche. Eben all das, was ihm eigent­lich seine Mutter beigebracht hätte.

 

Schritt für Schritt in die Freiheit

Wie bei uns Menschen auch, wird Zahri nach dem Kinder­garten dann in die Wald­schule gehen, wo er seine prak­ti­schen Fähig­keiten lernt auszu­bauen und zu verfei­nern. Wie puhle ich Termiten aus der Baum­rinde? Welche Früchte darf ich essen und welche Äste tragen mich? Das sind alles Fragen, die Zahri am Ende seiner Ausbil­dung bei uns intuitiv beant­worten kann. Und dann ist er bereit für unsere Voraus­wil­de­rungs­insel: Die Walduni. Hier wird er, wenn es so weit ist, mit anderen Auswil­de­rungs­kan­di­daten unter lebens­echten Bedin­gungen beweisen können, dass er bereit für ein Leben in Frei­heit ist. 

 

Am Ende des Weges wartet die Auswilderung

Auf der Voraus­wil­de­rungs­insel werden unsere Schütz­linge nur noch von Zeit zu Zeit zuge­füt­tert. Ansonsten leben sie dort bereits wie in der Wildnis. Und diese ist auch immer unser Ziel für unsere Schütz­linge: Am Ende ihrer Ausbil­dung werden unsere Orang-Utans wieder in geschützte Gebiete ausge­wil­dert. Nach allem, was sie in ihren jungen Jahren erleben mussten, können sie hier nun frei von Baum zu Baum schwingen und ein sorgen­freies Leben führen. 

Es ist noch ein langer Weg dorthin, aber wir geben alles dafür, dass Zahri ihn bis zum Ende gehen kann. 

 

 

 

 

 

Post­trau­ma­ti­sche Belas­tungs­stö­rung bei Orang-Utans

Post­trau­ma­ti­sche Belas­tungs­stö­rung bei Orang-Utans

Neben der Behand­lung physi­scher Probleme, spielen für eine erfolg­reiche Reha­bi­li­ta­tion und spätere Auswil­de­rung geret­teter Orang-Utans auch psychi­sche Krank­heits­fak­toren eine entschei­dende Rolle. Zu Erleben, wie die Mutter getötet wurde, ein langes Allein­sein danach im Wald, die Gefan­gen­schaft bei Menschen — all dies kann ein Trauma, also eine tiefe psychi­sche Verlet­zung des Orang-Utans, ausge­löst haben. Und dies kann starke Beein­träch­ti­gungen im Verhalten zur Folge haben.

 

Die Aufre­gung ist groß in der BOS Rettungs­sta­tion Nyaru Menteng. Gerade gab es einen Anruf der Natur­schutz­be­hörde. Ein junger Orang-Utan wird in einem Dorf im Käfig gehalten. Die Polizei ist auch schon vor Ort. Eine Situa­tion, wie sie die Mitar­beiter von BOS schon hundert­fach erlebt haben. Doch diesmal ist der Fall spezi­eller: Der gefun­dene Orang-Utan ist ein Albino. So einen Fall hatte es in der 25-jährigen Geschichte von BOS noch nicht gegeben. Als das Rettungs­team das Tier abholt, ist es in schlechter Verfas­sung. Abge­ma­gert, dehy­driert, Blut­spuren die von einem Kampf zeugen – und mit fünf Jahren sollte das junge Weib­chen eigent­lich noch in der Obhut seiner Mutter durch den Regen­wald streifen. Dass das Tier Schlimmes erlebt haben muss, ist offen­sicht­lich. Alba, wie das Weib­chen inzwi­schen heißt, will bei seiner Ankunft nicht fressen, nicht trinken und zieht sich völlig verängs­tigt in sich selbst zurück. Unseren Tier­ärzten ist klar: Alba ist trau­ma­ti­siert. Nicht nur ihr Körper braucht inten­sive Pflege, auch ihre Psyche.
Denn nicht nur Menschen können nach schreck­li­chen Erleb­nissen psychisch erkranken, auch Orang-Utans und andere Menschen­affen können in solchen Fällen eine Post­trau­ma­ti­sche Belas­tungs­stö­rung entwickeln.

Was bedeutet eine Post­trau­ma­ti­sche Belas­tungs­stö­rung bei Menschen?

Beim Menschen wird diese soge­nannte Post­trau­ma­ti­sche Belas­tungs­stö­rung (PTSD) in der Regel diagnos­ti­ziert, wenn sechs Monate nach einem trau­ma­ti­schen Erlebnis Verhal­tens­auf­fäl­lig­keiten auftreten. 80 Prozent aller Menschen erfahren während ihres Lebens ein trau­ma­ti­sches Erlebnis, jedoch erkranken nur fünf bis neun Prozent der Männer und zehn bis 18 Prozent der Frauen an einer PTSD. Nicht jedes Trauma führt also zu einer PTSD.
Es gibt aber Trau­mata, die eine höhere Präfe­renz für eine PTSD aufweisen als andere: z. B. zeigen 55,5 Prozent derje­nigen, die sexua­li­sierter Gewalt erleben mussten, Symptome einer PTSD, 38,8 Prozent der Menschen, die einen Krieg erlebten und 35,4 Prozent der Kinder, die Miss­hand­lungen oder Vernach­läs­si­gungen in der Kind­heit erleben. Nach einem Trauma, das eine PTSD auslöst, ist das Leben der Pati­enten fortan geprägt von wieder­keh­renden Erin­ne­rungen – im Wach­zu­stand oder im Schlaf — die sich durch Albträume oder bild­hafte Wahr­neh­mungen ausdrü­cken. Dies ist sehr belas­tend für die Menschen. Hinzu kommt meist ein ausge­prägtes Vermei­dungs­ver­halten. Stimuli, die an das Trauma erin­nern könnten, werden aktiv gemieden. Ist diese Vermei­dung nicht möglich, kann es zu soge­nannten Flash­backs kommen. Die Pati­enten bekommen große Angst, gar Panik, wenn sie eine ähnliche Situa­tion nicht vermeiden können. Zusätz­lich beklagen viele Pati­enten eine emotio­nale Taub­heit. Physio­lo­gi­sche Symptome sind Schlaf­stö­rungen, Aggres­si­vität, über­mä­ßige Schreck­haf­tig­keit, erhöhte Wach­sam­keit sowie Störungen der Konzen­tra­tion und des Gedächtnisses.
Der Verlauf einer PTSD kann sehr unter­schied­lich sein. Ein Drittel der Erkrankten berichtet von Symptom­ver­bes­se­rungen inner­halb des ersten Jahres, ein Drittel von Verbes­se­rungen inner­halb von fünf Jahren und ein Drittel leidet tatsäch­lich länger als zehn Jahre stark, ohne nennens­werte Verbes­se­rungen an den Symptomen. Thera­peu­tisch wird versucht die PTSD mit einer kogni­tiven Verhal­tens­the­rapie in den Griff zu bekommen. Dabei sollen fatale Denk­struk­turen, ebenso wie post­trau­ma­ti­sches Verhalten redu­ziert werden, womit ein möglichst beschwer­de­freies Leben ermög­licht werden soll.

Als das BOS-Rettungsteam die kleine Meryl beschlagnahmt ist sie deutlich sichtbar traumatisiert

Auch Orang-Utans können eine Post­trau­ma­ti­sche Belas­tungs­stö­rung entwickeln

2007 wurde das erste Mal wissen­schaft­lich PTSD auch bei Menschen­affen diagnos­ti­ziert. Ein inter­na­tio­nales Forschungs­team konnte empi­risch abge­si­chert zeigen, dass Schim­pansen eine voll­stän­dige PTSD entwi­ckeln können (Brad­shaw et. al, 2007). Der indo­ne­si­sche Tier­arzt Dr. Agus Fahroni, der für BOS auf Borneo arbeitet, stellte im Laufe seiner lang­jäh­rigen Tätig­keit mit Orang-Utans fest, dass auch diese Spezies eine voll ausge­prägte PTSD entwi­ckeln kann. Schließ­lich seien Orang-Utans – wie Menschen auch – Primaten. Daher gäbe es kaum Unter­schiede zwischen den kogni­tiven Prozessen, die an einer Entste­hung der PTSD betei­ligt seien.

Beson­ders anschau­lich kann eine PTSD bei Orang-Utans am Beispiel von Pony beschrieben werden. Sie erlitt ein Schicksal, das sicher­lich als eines der perver­sesten Beispiele mensch­li­cher Grau­sam­keit an einem Orang-Utan gesehen werden muss. Bekannt wurde Ponys Schicksal durch eine Repor­tage des Schau­spie­lers und Umwelt­ak­ti­visten Hannes Jaenicke und durch Berichte von BOS. Ponys Schicksal zog medial sehr viel Aufmerk­sam­keit auf sich, doch sie ist nicht der einzige Orang-Utan, der eine solche Leidens­ge­schichte erleben musste.

Ponys Schicksal

Pony kam 2003 zu BOS, nachdem sie vermut­lich schon seit Jahren in einem Bordell im Dorf Kareng Pangi (Zentral-Kali­mantan) zwangs­pro­sti­tu­iert wurde. Auf Pony aufmerksam wurden die indo­ne­si­sche Natur­schutz­be­hörde BKSDA und BOS bereits 2002, jedoch brauchte es ein Jahr bis Pony aus den Fängen der Bordell-Besit­zerin befreit werden konnte.

Pony, vom Besitzer rasiert und zur Prostitution gezwungen

Pony war damals erst sechs Jahre alt. Über welchen Zeit­raum sie genau immer wieder für die „Bedürf­nisse“ ihrer Freier verge­wal­tigt worden war, konnte bis heute nicht geklärt werden. Die Besit­zerin des Bordells hatte ihr Ringe und Hals­ketten umge­hängt und ihr das komplette Fell geschoren, um sie für Freier mensch­li­cher wirken zu lassen. Die Dorf­be­wohner waren einig auf der Seite der Zuhäl­terin und vertei­digten, teils mit Waffen, das Bordell, um eine Befreiung Ponys zu verhin­dern. Der Haupt­grund für die verzö­gerte Heraus­gabe des Orang-Utan-Weib­chens. Unvor­stellbar, wie sie die ganze Zeit gelitten haben muss. Erst mit 35 bewaff­neten Poli­zisten konnte Pony ihrer Hölle entrissen werden.

Führt man sich vor Augen, dass mehr als die Hälfte aller Menschen, die sexua­li­sierte Gewalt erlebt haben, eine voll­aus­ge­prägte PTSD entwi­ckeln und die Wahr­schein­lich­keit für eine PTSD bei mehr als 25 erlebten Trau­mata annä­hernd 100 Prozent beträgt, ist bei einem gewerb­lich miss­brauchten Orang-Utan die Wahr­schein­lich­keit immens hoch, dass dieser, wie ein Mensch auch, an einer PTSD erkrankt. Diese Wahr­schein­lich­keiten sind aufgrund der gene­ti­schen Nähe von Mensch und Orang-Utan ebenso auf Pony über­tragbar. So zeigen auch trau­ma­ti­sierte Orang-Utans PTSD-typi­sche Verhal­tens­weisen. Oft haben sie eine Scheu gegen­über Menschen, die in der Regel als Trigger-Stimulus für die erlebten Ereig­nisse wirken, d.h. Menschen sind oft Verur­sa­cher jener Trau­mata und eine Konfron­ta­tion mit ihnen löst Flash­backs oder bild­hafte Erin­ne­rungen des Traumas aus. Daher vermied Pony zunächst auch in der BOS-Rettungs­sta­tion den Kontakt mit Menschen und brauchte viel Zeit, sich zu öffnen.

 Sie lebt nun auf einer Vor-Auswilderungsinsel - wie ein wilder Orang-Utan

Ponys Reha­bi­li­ta­tion war ein langer, schwie­riger Weg. Anfangs hielt es niemand für möglich, dass sie sich irgend­wann wieder auch nur annä­hernd wie ein wilder Orang-Utan verhalten könnte. Selbst gegen­über vertrauten Pfle­ge­rinnen konnte sie plötz­lich äußerst aggressiv werden.  Ledig­lich gegen­über Männern zeigte sie rhyth­mi­sche Bewe­gungen, was jedoch viel­mehr auf eine Kondi­tio­nie­rung schließt, durch die sie über­haupt so lange im Bordell über­leben konnte.
Erst 2013, zehn Jahre nach ihrer Rettung, war Pony soweit reha­bi­li­tiert, dass sie auf eine Fluss­insel ziehen konnte, wo sie sich in der letzten Stufe ihrer Ausbil­dung befindet. Inzwi­schen zeigt sie artty­pisch wildes Verhalten, kann eigene Schlaf­nester bauen, sich gegen­über Artge­nossen durch­setzen und ihre Nahrung selbst suchen.

Dr. Fran­siska Sulistyo, die Koor­di­na­torin der Tier­ärzte bei der BOS Foun­da­tion, erin­nert sich auch an zwei andere junge Orang-Utan-Weib­chen, die als Babys zu BOS kamen. Eines wurde verletzt auf einer Palmöl-Plan­tage gefunden, das andere ohne weitere Hinter­grund­in­for­ma­tionen von einem Verwal­tungs­be­amten abge­geben. Nach den Erzäh­lungen von Dr. Sulistyo zeigten sie einige Monate nach ihrer Ankunft im Rettungs­zen­trum stark aggres­sives Verhalten gegen­über Menschen und anderen Orang-Utans. Außerdem fügten sie sich selbst Verlet­zungen zu. Vor allem zeige sich diese Art des post­trau­ma­ti­schen Verhal­tens bei Orang-Utans, die als Babys Trau­mata erlitten, so Dr. Sulistyo.

Harlow´s Affen­ver­suche in den 1950er-Jahren — Erste Evidenzen für eine PTSD?

Neben sexu­eller und körper­li­cher Gewalt scheint vor allem die Tren­nung von der Mutter eine trau­ma­ti­sche Erfah­rung für die Orang-Utans zu sein. Evidenzen für diese Annahme könnten alte psycho­lo­gi­sche Expe­ri­mente aus den 1950er- und 1960er-Jahren des US-ameri­ka­ni­schen Psycho­logen Harry Harlow liefern. Direkt nach der Geburt trennte er Rhesus­affen-Babys von ihren Müttern und teilte sie drei expe­ri­men­tellen Bedin­gungen zu. In der Kontroll­gruppe blieben die Babys bei ihren Müttern. Der ersten Expe­ri­men­tal­gruppe wurde eine Assis­tentin zuge­ordnet, die sie regel­mäßig fütterte. Sonst bestanden für diese Affen­babys keine sozialen Kontakte. In der zweiten Gruppe hatten sie eine Draht­mutter zur Verfü­gung, bei der sie trinken konnten. Die letzte Gruppe hatte eine Draht­mutter sowie eine Hand­tuch­mutter mit einem affen­ähn­li­chen Gesicht. Futter bekamen sie jedoch nur bei der Draht­mutter. Die Ergeb­nisse waren erschre­ckend. Bereits im Säug­lings­alter entwi­ckelten die Babys, die keine sozialen Kontakte bis auf die Fütte­rung durch die Assis­tentin hatten sowie die Babys, die nur eine Draht­mutter hatten, schwere Verhal­tens­stö­rungen. Statt spie­le­ri­schen Verhal­tens zeigten sie vor allem emotio­nale Taub­heit und Apathie. Auch die Babys aus der Bedin­gung mit der Hand­tuch­mutter entwi­ckelten gegen­über der Kontroll­gruppe Auffäl­lig­keiten, jedoch erst im Erwach­se­nen­alter (Harlow, 1966). Diese mitt­ler­weile über 50 Jahre alte Studie zeigt in eindrucks­voller und gleich­zeitig scho­ckie­render Weise, was für drama­ti­sche Folgen die Tren­nung eines Affen­babys von der Mutter mit hoher Wahr­schein­lich­keit hat.

So hilft BOS trau­ma­ti­sierten Orang-Utans

Daher ist es für die Arbeit von BOS von immenser Wich­tig­keit, dass allein aufge­fun­dene Jung­tiere möglichst schnell nach ihrer Rettung soziale Wärme von tatkräf­tigen Pfle­ge­rinnen bekommen, um somit post­trau­ma­ti­sches Verhalten so gut es geht zu verhindern. 

Die Kinder­er­zie­hung ist in der indo­ne­si­schen Kultur immer noch sehr stark von Frauen geprägt, weshalb sich in den BOS-Rettungs­sta­tionen ausschließ­lich Frauen um die Orang-Utan-Babys kümmern. Viel Zunei­gung und Wärme stehen dabei im Zentrum der Aufzucht. Wie bei ihren eigenen Kindern lösen diese Ersatz­mütter mit fort­schrei­tendem Alter ihre Bindung und die Orang-Utans beginnen ein selbst­stän­diges Leben – wie es die Orang-Utan-Mutter auch machen würde. Jedoch fällt nicht jedem Orang-Utan die mensch­liche Nähe am Anfang leicht. Für diese Babys wird ein inten­siver Kontakt mit gleich­alt­rigen Säug­lingen in der Station herge­stellt, sodass sie sich zuerst unter­ein­ander wärmen und mitein­ander kuscheln können. Dies verein­facht Schritt für Schritt die Gewöh­nung an eine mensch­liche Ersatz­mutter. Im Großen und Ganzen handelt es sich also um eine symptom­ori­en­tierte Therapie für die kleinen Menschen­affen, die schon einige Erfolge feiern konnte. „Die Mehr­heit von ihnen ist nach einiger Zeit in der Lage dem Auswil­de­rungs­pro­gramm beizu­treten“, sagt Dr. Agus Fahroni. Und die tolle Nach­richt dabei ist: Einige konnten bereits erfolg­reich in die Frei­heit entlassen werden.

 

Autoren: Jan Mücher / Francis Schachtebeck

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Spek­ta­ku­läre Rettung eines Albino-Orang-Utans

Spek­ta­ku­läre Rettung eines Albino-Orang-Utans

Am 29. April wurde unser Rettungs­team von BOSF nach Kapuas, Zentral­ka­li­mantan gerufen, wo es einen Orang-Utan mit seltenem Albi­nismus aus Gefan­gen­schaft befreite. Das etwa fünf Jahre alte Weib­chen wurde dort von Dorf­be­woh­nern für einige Tage in einem Käfig gehalten.

Glück­li­cher­weise zeigt das Tier noch wilde Verhal­tens­weisen, so dass wir hoffen, es viel­leicht schon bald wieder in einem unserer Schutz­ge­biete auswil­dern zu können.

 

Ein kleines Wunder

Das Weib­chen hat eine wahre Kämp­fer­natur. Daran besteht kein Zweifel. Durch ihren Gende­fekt hat sie bereits ihr ganzes Leben mit erschwerten Bedin­gungen zu kämpfen. Ihre helle Haut- und Fell­farbe schützt kaum vor der glei­ßenden Sonne Indo­ne­siens. Auch wirkt sich der Albi­nismus auf die Sehkraft aus und behin­dert das räum­liche Sehen, was es sehr schwierig macht, sich durch das Geäst zu schwingen.

Wir wissen leider nicht, wie lange sie bereits von ihrer Mutter getrennt ist. In der freien Natur bleiben Orang-Utan-Kinder mindes­tens bis zum siebten Lebens­jahr bei ihren Müttern, die ihnen bis dahin alles Nötige beibringen, um selbst­ständig im Regen­wald zu leben. Es grenzt an ein Wunder, dass dieser tapfere Orang-Utan noch lebt.

 

Lang­same Genesung

Momentan ist das Weib­chen noch körper­lich sehr geschwächt. In unserem Schutz­zen­trum in Nyaru Menteng kümmern wir uns rund um die Uhr um das trau­ma­ti­sierte Tier. Hier versorgen wir sie medi­zi­nisch und geben ihr die Ruhe und Zeit, sich vom Trauma zu erholen. Auch wenn sie wilde Verhal­tens­weisen zeigt, ist noch nicht klar, ob sie anschlie­ßend gleich wieder ausge­wil­dert werden kann. Wir wissen noch nicht genau, welche spezi­ellen Bedürf­nisse ein Orang-Utan mit Albi­nismus hat und müssen erst einmal alle Möglich­keiten prüfen. Ihr Wohl­ergehen und ihre Sicher­heit stehen für uns an erster Stelle. 

 

Neue Bilder von der Krankenstation

Sehen Sie hier wie es ihr derzeit geht und wie sie langsam wieder zu Kräften kommt. Fast fünf Kilo­gramm hat sie seit ihrer Rettung schon zuge­nommen. Wir sind stolz auf dieses einzig­ar­tige Orang-Utan-Mädchen.

 

Wie Alba zu Ihrem Namen kam

Hier sehen Sie das Video zu Albas Namenskampagne.

 

Wie Sie helfen können

Unsere Rettungs­teams rücken immer wieder aus, um Orang-Utans aus privater Gefan­gen­schaft zu befreien. Sie können helfen, indem Sie spenden und weitere Rettungs­ein­sätze ermöglichen.

Herz­li­chen Dank!

Spenden sind Vertrauenssache

Eine trans­pa­rente Mittel­ver­wen­dung ist für uns selbst­ver­ständl­lich. Wir haben uns im September 2013 der Initia­tive Trans­pa­rente Zivil­ge­sell­schaft ange­schlossen und unter­zeich­neten deren  Selbstverpflichtungserklärung. 

Unsere Daten­schutz­be­stim­mung erläu­tert, welche perso­nen­be­zo­genen Daten wir von Ihnen erheben und wie sie von uns verwendet werden.

 

          

 


Unser Albino-Orang-Utan in der Presse
 

Spiegel.de: Seltener Albino-Orang-Utan entdeckt

faz.net: Seltener Albino-Orang-Utan auf Borneo entdeckt

heute.de: Seltener Albino-Orang-Utan auf Borneo gerettet

stern.de: Dorf­be­wohner fangen extrem seltenen Albino-Orang-Utan

n.tv: Seltener Albino-Orang-Utan gerettet

welt.de: Extrem seltener Albino-Orang-Utan gerettet

Taymur ist endlich Zuhause

Taymur ist endlich Zuhause

Zwei Jahre jung soll Taymur jetzt sein – das genaue Geburts­datum kennt man nicht. Auch seine bishe­rige Lebens­ge­schichte kann man nur vermuten. Wie so viele seiner Art wurde auch der kleine Taymur wahr­schein­lich auf einer Ölpal­men­plan­tage als Baby seiner ster­benden oder toten Mutter entrissen.

Orang-Utans, die hungrig auf Plan­tagen umher­irren, werden immer noch allzu oft als „Unge­ziefer“ einfach getötet. Umso eher, wenn es Junge führende Weib­chen sind. Die Kleinen bringen auf dem ille­galen Markt für exoti­sche Haus­tiere ordent­lich Geld.

Taymur als lebendes Spielzeug

So wird auch Taymur seinen langen trau­rigen Weg in die Gefan­gen­schaft ange­treten haben. Enge Käfige, verständ­nis­lose Behand­lung und unge­sunde Nahrung traten an die Stelle von Wald und Mutter. Endsta­tion Kuwait: Dort landet Taymur als lebendes Spiel­zeug. Als ob die Gefan­gen­schaft nicht schon schlimm genug wäre, verab­reicht ihm sein Besitzer auch noch Drogen. Immerhin, die kuwei­ti­sche Polizei beschlag­nahmt den unglück­se­ligen kleinen Affen und steckt ihn in den Zoo, bis die BOS Foun­da­tion auf den Plan tritt und den Kleinen zurück nach Indo­ne­sien bringen will.

Diplo­ma­ti­sche Verhand­lungen nötig

Fast ein Jahr vergeht mit kompli­zierten recht­li­chen und diplo­ma­ti­schen Verhand­lungen, bis Taymur die Reise zurück in seine Heimat antreten kann. Begleitet von einem Vete­rinär der BOS Foun­da­tion wird er über Amsterdam nach Jakarta geflogen, wo er zur Stunde noch in einer Quaran­tä­ne­sta­tion verbleiben muss. Ziel ist es, ihn langsam für ein Leben in Frei­heit zu trai­nieren und dann auszu­wil­dern, damit er endlich wirk­lich in seine Heimat, den Regen­wald, zurück­kehren kann.

Vom Spiel­zeug zum Botschafter seiner Art 

So wurde aus einem hoff­nungs­losen lebenden Spiel­zeug ein Botschafter seiner Art. Die Geschichte Taymurs ging durch die Medien. Wir bedanken uns an dieser Stelle noch einmal ganz herz­lich bei allen Spen­de­rinnen und Spen­dern, die die Rettung Taymurs erst möglich gemacht haben!