Salat Island begrüßt sechs neue Bewohner

Salat Island begrüßt sechs neue Bewohner

Die BOS Foun­da­tion siedelt weitere sechs reha­bi­li­tierte Orang-Utans aus Nyaru Menteng nach Salat Island um.

Nyaru Menteng, Zentral­ka­li­mantan, 28. Mai 2017. In Zusam­men­ar­beit mit der regio­nalen Natur­schutz­be­hörde bringt die BOS Foun­da­tion sechs weitere Orang-Utans aus Nyaru Menteng nach Salat Island. Diese Insel bietet ein über­wachtes und gesi­chertes Areal, welches den Orang-Utans ermög­licht, unter natur­nahen Bedin­gungen bis zu ihrer endgül­tigen Auswil­de­rung zu leben.

Schritt für Schritt in die Wildnis

Junge Orang-Utan-Waisen, die in die Fürsorge von BOS kommen, müssen sich einer jahre­langen Reha­bi­li­ta­tion unter­ziehen. Begin­nend im „Wald­kin­der­garten“ erlernen sie Schritt für Schritt alle notwen­digen Fähig­keiten zum Über­leben in der Wildnis. Wenn die jungen Tiere diese Etappe erfolg­reich abge­schlossen haben, kommen sie auf eine soge­nannte Voraus­wil­de­rungs­insel, wie z.B. Salat Island und vervoll­stän­digen dort ihre Über­le­bens­fä­hig­keiten. Sobald sie auch diese letzte „Prüfung“ erfolg­reich absol­vieren konnten, können sie in die Frei­heit entlassen werden.

Der Komplex von Nyaru Menteng beher­bergt zur Zeit etwa 450 Orang-Utans, ist aber eigent­lich für ledig­lich 300 Tiere ausge­legt. Um den Prozess der Auswil­de­rung zu beschleu­nigen, werden allein dieses Jahr mindes­tens 100 reha­bi­li­tierte Orang-Utans nach Salat Island gebracht. Die Insel bietet Platz für ca. 200 der Menschenaffen.

Jamartin Sihite öffnet den Käfig von Paduran

Die Orang-Utan-Männ­chen Ariel, Sponge Bob und Sana­mang sowie die Damen Buntok, Mawas und Leggi erfreuen sich nunmehr einer „Vor-Wildnis“. Es ist seit Ende letzten Jahres der dritte Transfer nach Salat Island. Trotz dieser Erfolge, gibt es noch sehr viele Orang-Utans, die darauf warten, auf die Voraus­wil­de­rungs­in­seln gebracht zu werden.

Bambang Dahono Adjii öffnet Spongbobs Käfig

Einige unserer Anlagen sind voller Orang-Utans, die auf die Trans­lo­ka­tion warten. Die Nutzung von Salat Island bedeutet, dass mehr reha­bi­li­tierte Orang-Utans die Chance haben, diese finalen Schritte zu voll­ziehen. Je mehr Orang-Utans wir auf die Voraus­wil­de­rungs­in­seln bringen können, desto schneller können wir sie auch gänz­lich auswildern.

Auf den Voraus­wil­de­rungs­in­seln werden sie bei ihrem Alltag im Regen­wald bewacht und beob­achtet. Die Orang-Utans, die sich gut an das Leben ange­passt haben, werden im Anschluss in geschützte Wald­ge­biete ausgewildert.

 

Werden Sie jetzt Pate eines rotbraunen Menschen­affen und helfen Sie mit, die Orang-Utans vor dem Aussterben zu bewahren.

Post­trau­ma­ti­sche Belas­tungs­stö­rung bei Orang-Utans

Post­trau­ma­ti­sche Belas­tungs­stö­rung bei Orang-Utans

Neben der Behand­lung physi­scher Probleme, spielen für eine erfolg­reiche Reha­bi­li­ta­tion und spätere Auswil­de­rung geret­teter Orang-Utans auch psychi­sche Krank­heits­fak­toren eine entschei­dende Rolle. Zu Erleben, wie die Mutter getötet wurde, ein langes Allein­sein danach im Wald, die Gefan­gen­schaft bei Menschen — all dies kann ein Trauma, also eine tiefe psychi­sche Verlet­zung des Orang-Utans, ausge­löst haben. Und dies kann starke Beein­träch­ti­gungen im Verhalten zur Folge haben.

 

Die Aufre­gung ist groß in der BOS Rettungs­sta­tion Nyaru Menteng. Gerade gab es einen Anruf der Natur­schutz­be­hörde. Ein junger Orang-Utan wird in einem Dorf im Käfig gehalten. Die Polizei ist auch schon vor Ort. Eine Situa­tion, wie sie die Mitar­beiter von BOS schon hundert­fach erlebt haben. Doch diesmal ist der Fall spezi­eller: Der gefun­dene Orang-Utan ist ein Albino. So einen Fall hatte es in der 25-jährigen Geschichte von BOS noch nicht gegeben. Als das Rettungs­team das Tier abholt, ist es in schlechter Verfas­sung. Abge­ma­gert, dehy­driert, Blut­spuren die von einem Kampf zeugen – und mit fünf Jahren sollte das junge Weib­chen eigent­lich noch in der Obhut seiner Mutter durch den Regen­wald streifen. Dass das Tier Schlimmes erlebt haben muss, ist offen­sicht­lich. Alba, wie das Weib­chen inzwi­schen heißt, will bei seiner Ankunft nicht fressen, nicht trinken und zieht sich völlig verängs­tigt in sich selbst zurück. Unseren Tier­ärzten ist klar: Alba ist trau­ma­ti­siert. Nicht nur ihr Körper braucht inten­sive Pflege, auch ihre Psyche.
Denn nicht nur Menschen können nach schreck­li­chen Erleb­nissen psychisch erkranken, auch Orang-Utans und andere Menschen­affen können in solchen Fällen eine Post­trau­ma­ti­sche Belas­tungs­stö­rung entwickeln.

Was bedeutet eine Post­trau­ma­ti­sche Belas­tungs­stö­rung bei Menschen?

Beim Menschen wird diese soge­nannte Post­trau­ma­ti­sche Belas­tungs­stö­rung (PTSD) in der Regel diagnos­ti­ziert, wenn sechs Monate nach einem trau­ma­ti­schen Erlebnis Verhal­tens­auf­fäl­lig­keiten auftreten. 80 Prozent aller Menschen erfahren während ihres Lebens ein trau­ma­ti­sches Erlebnis, jedoch erkranken nur fünf bis neun Prozent der Männer und zehn bis 18 Prozent der Frauen an einer PTSD. Nicht jedes Trauma führt also zu einer PTSD.
Es gibt aber Trau­mata, die eine höhere Präfe­renz für eine PTSD aufweisen als andere: z. B. zeigen 55,5 Prozent derje­nigen, die sexua­li­sierter Gewalt erleben mussten, Symptome einer PTSD, 38,8 Prozent der Menschen, die einen Krieg erlebten und 35,4 Prozent der Kinder, die Miss­hand­lungen oder Vernach­läs­si­gungen in der Kind­heit erleben. Nach einem Trauma, das eine PTSD auslöst, ist das Leben der Pati­enten fortan geprägt von wieder­keh­renden Erin­ne­rungen – im Wach­zu­stand oder im Schlaf — die sich durch Albträume oder bild­hafte Wahr­neh­mungen ausdrü­cken. Dies ist sehr belas­tend für die Menschen. Hinzu kommt meist ein ausge­prägtes Vermei­dungs­ver­halten. Stimuli, die an das Trauma erin­nern könnten, werden aktiv gemieden. Ist diese Vermei­dung nicht möglich, kann es zu soge­nannten Flash­backs kommen. Die Pati­enten bekommen große Angst, gar Panik, wenn sie eine ähnliche Situa­tion nicht vermeiden können. Zusätz­lich beklagen viele Pati­enten eine emotio­nale Taub­heit. Physio­lo­gi­sche Symptome sind Schlaf­stö­rungen, Aggres­si­vität, über­mä­ßige Schreck­haf­tig­keit, erhöhte Wach­sam­keit sowie Störungen der Konzen­tra­tion und des Gedächtnisses.
Der Verlauf einer PTSD kann sehr unter­schied­lich sein. Ein Drittel der Erkrankten berichtet von Symptom­ver­bes­se­rungen inner­halb des ersten Jahres, ein Drittel von Verbes­se­rungen inner­halb von fünf Jahren und ein Drittel leidet tatsäch­lich länger als zehn Jahre stark, ohne nennens­werte Verbes­se­rungen an den Symptomen. Thera­peu­tisch wird versucht die PTSD mit einer kogni­tiven Verhal­tens­the­rapie in den Griff zu bekommen. Dabei sollen fatale Denk­struk­turen, ebenso wie post­trau­ma­ti­sches Verhalten redu­ziert werden, womit ein möglichst beschwer­de­freies Leben ermög­licht werden soll.

Als das BOS-Rettungsteam die kleine Meryl beschlagnahmt ist sie deutlich sichtbar traumatisiert

Auch Orang-Utans können eine Post­trau­ma­ti­sche Belas­tungs­stö­rung entwickeln

2007 wurde das erste Mal wissen­schaft­lich PTSD auch bei Menschen­affen diagnos­ti­ziert. Ein inter­na­tio­nales Forschungs­team konnte empi­risch abge­si­chert zeigen, dass Schim­pansen eine voll­stän­dige PTSD entwi­ckeln können (Brad­shaw et. al, 2007). Der indo­ne­si­sche Tier­arzt Dr. Agus Fahroni, der für BOS auf Borneo arbeitet, stellte im Laufe seiner lang­jäh­rigen Tätig­keit mit Orang-Utans fest, dass auch diese Spezies eine voll ausge­prägte PTSD entwi­ckeln kann. Schließ­lich seien Orang-Utans – wie Menschen auch – Primaten. Daher gäbe es kaum Unter­schiede zwischen den kogni­tiven Prozessen, die an einer Entste­hung der PTSD betei­ligt seien.

Beson­ders anschau­lich kann eine PTSD bei Orang-Utans am Beispiel von Pony beschrieben werden. Sie erlitt ein Schicksal, das sicher­lich als eines der perver­sesten Beispiele mensch­li­cher Grau­sam­keit an einem Orang-Utan gesehen werden muss. Bekannt wurde Ponys Schicksal durch eine Repor­tage des Schau­spie­lers und Umwelt­ak­ti­visten Hannes Jaenicke und durch Berichte von BOS. Ponys Schicksal zog medial sehr viel Aufmerk­sam­keit auf sich, doch sie ist nicht der einzige Orang-Utan, der eine solche Leidens­ge­schichte erleben musste.

Ponys Schicksal

Pony kam 2003 zu BOS, nachdem sie vermut­lich schon seit Jahren in einem Bordell im Dorf Kareng Pangi (Zentral-Kali­mantan) zwangs­pro­sti­tu­iert wurde. Auf Pony aufmerksam wurden die indo­ne­si­sche Natur­schutz­be­hörde BKSDA und BOS bereits 2002, jedoch brauchte es ein Jahr bis Pony aus den Fängen der Bordell-Besit­zerin befreit werden konnte.

Pony, vom Besitzer rasiert und zur Prostitution gezwungen

Pony war damals erst sechs Jahre alt. Über welchen Zeit­raum sie genau immer wieder für die „Bedürf­nisse“ ihrer Freier verge­wal­tigt worden war, konnte bis heute nicht geklärt werden. Die Besit­zerin des Bordells hatte ihr Ringe und Hals­ketten umge­hängt und ihr das komplette Fell geschoren, um sie für Freier mensch­li­cher wirken zu lassen. Die Dorf­be­wohner waren einig auf der Seite der Zuhäl­terin und vertei­digten, teils mit Waffen, das Bordell, um eine Befreiung Ponys zu verhin­dern. Der Haupt­grund für die verzö­gerte Heraus­gabe des Orang-Utan-Weib­chens. Unvor­stellbar, wie sie die ganze Zeit gelitten haben muss. Erst mit 35 bewaff­neten Poli­zisten konnte Pony ihrer Hölle entrissen werden.

Führt man sich vor Augen, dass mehr als die Hälfte aller Menschen, die sexua­li­sierte Gewalt erlebt haben, eine voll­aus­ge­prägte PTSD entwi­ckeln und die Wahr­schein­lich­keit für eine PTSD bei mehr als 25 erlebten Trau­mata annä­hernd 100 Prozent beträgt, ist bei einem gewerb­lich miss­brauchten Orang-Utan die Wahr­schein­lich­keit immens hoch, dass dieser, wie ein Mensch auch, an einer PTSD erkrankt. Diese Wahr­schein­lich­keiten sind aufgrund der gene­ti­schen Nähe von Mensch und Orang-Utan ebenso auf Pony über­tragbar. So zeigen auch trau­ma­ti­sierte Orang-Utans PTSD-typi­sche Verhal­tens­weisen. Oft haben sie eine Scheu gegen­über Menschen, die in der Regel als Trigger-Stimulus für die erlebten Ereig­nisse wirken, d.h. Menschen sind oft Verur­sa­cher jener Trau­mata und eine Konfron­ta­tion mit ihnen löst Flash­backs oder bild­hafte Erin­ne­rungen des Traumas aus. Daher vermied Pony zunächst auch in der BOS-Rettungs­sta­tion den Kontakt mit Menschen und brauchte viel Zeit, sich zu öffnen.

 Sie lebt nun auf einer Vor-Auswilderungsinsel - wie ein wilder Orang-Utan

Ponys Reha­bi­li­ta­tion war ein langer, schwie­riger Weg. Anfangs hielt es niemand für möglich, dass sie sich irgend­wann wieder auch nur annä­hernd wie ein wilder Orang-Utan verhalten könnte. Selbst gegen­über vertrauten Pfle­ge­rinnen konnte sie plötz­lich äußerst aggressiv werden.  Ledig­lich gegen­über Männern zeigte sie rhyth­mi­sche Bewe­gungen, was jedoch viel­mehr auf eine Kondi­tio­nie­rung schließt, durch die sie über­haupt so lange im Bordell über­leben konnte.
Erst 2013, zehn Jahre nach ihrer Rettung, war Pony soweit reha­bi­li­tiert, dass sie auf eine Fluss­insel ziehen konnte, wo sie sich in der letzten Stufe ihrer Ausbil­dung befindet. Inzwi­schen zeigt sie artty­pisch wildes Verhalten, kann eigene Schlaf­nester bauen, sich gegen­über Artge­nossen durch­setzen und ihre Nahrung selbst suchen.

Dr. Fran­siska Sulistyo, die Koor­di­na­torin der Tier­ärzte bei der BOS Foun­da­tion, erin­nert sich auch an zwei andere junge Orang-Utan-Weib­chen, die als Babys zu BOS kamen. Eines wurde verletzt auf einer Palmöl-Plan­tage gefunden, das andere ohne weitere Hinter­grund­in­for­ma­tionen von einem Verwal­tungs­be­amten abge­geben. Nach den Erzäh­lungen von Dr. Sulistyo zeigten sie einige Monate nach ihrer Ankunft im Rettungs­zen­trum stark aggres­sives Verhalten gegen­über Menschen und anderen Orang-Utans. Außerdem fügten sie sich selbst Verlet­zungen zu. Vor allem zeige sich diese Art des post­trau­ma­ti­schen Verhal­tens bei Orang-Utans, die als Babys Trau­mata erlitten, so Dr. Sulistyo.

Harlow´s Affen­ver­suche in den 1950er-Jahren — Erste Evidenzen für eine PTSD?

Neben sexu­eller und körper­li­cher Gewalt scheint vor allem die Tren­nung von der Mutter eine trau­ma­ti­sche Erfah­rung für die Orang-Utans zu sein. Evidenzen für diese Annahme könnten alte psycho­lo­gi­sche Expe­ri­mente aus den 1950er- und 1960er-Jahren des US-ameri­ka­ni­schen Psycho­logen Harry Harlow liefern. Direkt nach der Geburt trennte er Rhesus­affen-Babys von ihren Müttern und teilte sie drei expe­ri­men­tellen Bedin­gungen zu. In der Kontroll­gruppe blieben die Babys bei ihren Müttern. Der ersten Expe­ri­men­tal­gruppe wurde eine Assis­tentin zuge­ordnet, die sie regel­mäßig fütterte. Sonst bestanden für diese Affen­babys keine sozialen Kontakte. In der zweiten Gruppe hatten sie eine Draht­mutter zur Verfü­gung, bei der sie trinken konnten. Die letzte Gruppe hatte eine Draht­mutter sowie eine Hand­tuch­mutter mit einem affen­ähn­li­chen Gesicht. Futter bekamen sie jedoch nur bei der Draht­mutter. Die Ergeb­nisse waren erschre­ckend. Bereits im Säug­lings­alter entwi­ckelten die Babys, die keine sozialen Kontakte bis auf die Fütte­rung durch die Assis­tentin hatten sowie die Babys, die nur eine Draht­mutter hatten, schwere Verhal­tens­stö­rungen. Statt spie­le­ri­schen Verhal­tens zeigten sie vor allem emotio­nale Taub­heit und Apathie. Auch die Babys aus der Bedin­gung mit der Hand­tuch­mutter entwi­ckelten gegen­über der Kontroll­gruppe Auffäl­lig­keiten, jedoch erst im Erwach­se­nen­alter (Harlow, 1966). Diese mitt­ler­weile über 50 Jahre alte Studie zeigt in eindrucks­voller und gleich­zeitig scho­ckie­render Weise, was für drama­ti­sche Folgen die Tren­nung eines Affen­babys von der Mutter mit hoher Wahr­schein­lich­keit hat.

So hilft BOS trau­ma­ti­sierten Orang-Utans

Daher ist es für die Arbeit von BOS von immenser Wich­tig­keit, dass allein aufge­fun­dene Jung­tiere möglichst schnell nach ihrer Rettung soziale Wärme von tatkräf­tigen Pfle­ge­rinnen bekommen, um somit post­trau­ma­ti­sches Verhalten so gut es geht zu verhindern. 

Die Kinder­er­zie­hung ist in der indo­ne­si­schen Kultur immer noch sehr stark von Frauen geprägt, weshalb sich in den BOS-Rettungs­sta­tionen ausschließ­lich Frauen um die Orang-Utan-Babys kümmern. Viel Zunei­gung und Wärme stehen dabei im Zentrum der Aufzucht. Wie bei ihren eigenen Kindern lösen diese Ersatz­mütter mit fort­schrei­tendem Alter ihre Bindung und die Orang-Utans beginnen ein selbst­stän­diges Leben – wie es die Orang-Utan-Mutter auch machen würde. Jedoch fällt nicht jedem Orang-Utan die mensch­liche Nähe am Anfang leicht. Für diese Babys wird ein inten­siver Kontakt mit gleich­alt­rigen Säug­lingen in der Station herge­stellt, sodass sie sich zuerst unter­ein­ander wärmen und mitein­ander kuscheln können. Dies verein­facht Schritt für Schritt die Gewöh­nung an eine mensch­liche Ersatz­mutter. Im Großen und Ganzen handelt es sich also um eine symptom­ori­en­tierte Therapie für die kleinen Menschen­affen, die schon einige Erfolge feiern konnte. „Die Mehr­heit von ihnen ist nach einiger Zeit in der Lage dem Auswil­de­rungs­pro­gramm beizu­treten“, sagt Dr. Agus Fahroni. Und die tolle Nach­richt dabei ist: Einige konnten bereits erfolg­reich in die Frei­heit entlassen werden.

 

Autoren: Jan Mücher / Francis Schachtebeck

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Früh­stück für Helden

Früh­stück für Helden

Orang-Utan-Babys sind in ihren ersten sieben Lebens­jahren komplett auf ihre Mütter ange­wiesen. Sie lernen während dieser Zeit von ihren Müttern alle notwen­digen Fähig­keiten, um später selbst­ständig im Wald leben zu können.

Dieser natür­liche Lernweg ist verwaisten Orang-Utans leider verwehrt.  Bei der BOS Foun­da­tion über­nehmen die Baby­sitter die Rolle der Mütter, damit die Orang-Utan-Babys trotzdem alle Über­le­bens­fä­hig­keiten für den Regen­wald erlangen können. Dieser Prozess wird durch verschie­denen Hilfs­mittel – die soge­nannten Enrich­ments — unter­stützt. Enrich­ments helfen Orang-Utans dabei, ihre Fähig­keiten in der Nahrungs­suche zu entwi­ckeln und lang­fristig zu verbessern.

Beispiel für so ein Hilfs­mittel ist ein Metall­korb, der mit Früchten befüllt hoch oben an Holz­stangen befes­tigt ist.

Ein weiteres Hilfs­mittel sind Eisblöcke, in die Früchten einge­froren wurden. Dabei soll der Orang-Utan verschie­dene Methoden auspro­bieren, um an die süße Nahrung zu gelangen. In der freien Natur wäre das fast gleich­zu­setzen mit einem morschen Stück Holz, das der Orang-Utan durch­bre­chen und bear­beiten muss, um die prote­in­hal­tige Termiten zu naschen.

Auch die soge­nannten „Früch­te­bälle“ sind ein Lern­hilfs­mittel bei der Nahrungs­suche. Es werden Löcher mit einem Durch­messer von zwei Zenti­meter in große Plas­tik­bälle gebohrt. Diese werden dann mit Früch­te­scheiben befüllt. Die Orang-Utans versu­chen dabei mit ihren Fingern an die Obst­stücke zu gelangen.

Für die gleiche Übung werden auch PVC-Röhren als Enrich­ments benutzt. Sie werden perfo­riert und mit Früchten und Gemüse befüllt. Die Orang-Utans sollen selber darauf kommen, wie sie die Lecke­reien aus den Löchern holen können.

Diese und viele andere Lern­hilfs­mittel werden in unseren zwei Rettungs­sta­tionen einge­setzt. Sie unter­stützen die Orang-Utans, ihre natür­li­chen Verhal­tens­weisen zu entwi­ckeln und zu trai­nieren und so fit für die Nahrungs­suche im Regen­wald zu werden. Nur so können wir ihnen die best­mög­li­chen Chancen geben, in der Wildnis zu überleben.

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Wir trauern um Henry

Wir trauern um Henry

In diesem noch jungen Jahr 2017 erreichte uns eine Nach­richt aus Nyaru Menteng, die uns alle betroffen und traurig zurück­lässt: Unser Paten-Orang-Utan Henry ist im Januar für uns alle völlig über­ra­schend verstorben.
Eine vorläu­fige Obduk­tion ergab, dass Henry an Lungen- und Herz­ver­sagen starb. Die finalen Labor­er­geb­nisse stehen noch aus.

Der freund­liche Henry war seit 2010 in unserer Obhut und ist uns sehr ans Herz gewachsen. Gerade im vergan­genen Jahr konnten wir Ihnen von seinen beein­dru­ckenden Fort­schritten berichten. Er war ein geleh­riger, sehr aktiver Wald­schüler, der auch mit seinen Mitschü­lern immer gut auskam. Umso tiefer berührt uns dieser Verlust.

Wir erin­nern uns noch gut an Henrys Anfänge im Schutz­zen­trum: Nachdem seine Mutter auf einer Palm­öl­plan­tage getötet wurde, entdeckten ihn Wild­schwein­jäger, als sich ihre Jagd­hunde auf den kleinen Henry stürzten. Sie brachten den damals etwa einjäh­rigen Henry in Sicher­heit und schließ­lich in unsere Rettungs­sta­tion Nyaru Menteng.

Der kleine Henry im Jahr 2010, kurz nachdem er zu BOS kam
Der kleine Henry im Jahr 2010

Hier lernte er durch seine gute Auffas­sungs­gabe sehr schnell, sich durch Baum­kronen zu schwingen, seine eigene Nahrung zu finden und stabile Schlaf­nester zu bauen. Für Henry war ein selbst­stän­diges Leben in der Frei­heit des Regen­waldes schon greifbar nah: Er war ein guter Schüler und sehr weit in seiner Entwick­lung. Nur zu gerne hätten wir Henry in ein oder zwei Jahren in den Dschungel verabschiedet.

Viele von Ihnen haben gemeinsam mit uns Henrys Leben ein Stück weit begleitet und ihm sechs lebens­werte Jahre geschenkt, die er ohne diese Hilfe nicht erlebt hätte. Wir möchten uns an dieser Stelle bei all den Paten für die Unter­stüt­zung bedanken, mit der Henry und  vielen weiteren Orang-Utans eine zweite Chance geboten wurde.

Jeder Orang-Utan ist ein Indi­vi­duum. Umso deut­li­cher steht uns daher vor Augen, dass wir bei unseren Bemü­hungen, den Orang-Utans beim Über­leben zu helfen, oft auch mit dem Tod konfron­tiert werden. Natür­lich bleibt die Dring­lich­keit, mit der wir die Orang-Utans unter­stützen müssen, weiterhin bestehen.
Mit einer Paten­schaft helfen Sie allen Orang-Utan-Waisen in unseren Rettungs­zen­tren. Dort leben aktuell fast 700 Orang-Utans, die in der Baby­gruppe, in der Wald­schule und auf den Voraus­wil­de­rungs­in­seln auf ihr Leben in Frei­heit und damit den Erhalt der eigenen Art vorbe­reitet werden.

Wir werden Henry nicht vergessen. Er war ein Wald­schüler mit sehr hoher Auffas­sungs­gabe, gegen­über seinen Artge­nossen immer freund­lich und hilfs­be­reit. Ein junges Orang-Utan-Männ­chen, das wir alle sehr ins Herz geschlossen haben. Henrys Geschichte steht aber auch dafür, dass es sich immer lohnt für trau­ma­ti­sierte Orang-Utans zu kämpfen!

Was lange währt, wird endlich gut. Und noch besser.

Was lange währt, wird endlich gut. Und noch besser.

Wir haben schon ein paar Mal darüber berichtet: Salat Island, die neue, große Vor-Auswil­de­rungs­insel der BOS Foun­da­tion für die Station Nyaru Menteng. Es wird dort in Zukunft noch mehr Platz für auswil­de­rungs­fä­hige Orang-Utans geben als ursprüng­lich vorgesehen.

Ausbil­dung zum Orang-Utan

Die BOS Foun­da­tion sorgt in Nyaru Menteng gegen­wärtig für 465 der rothaa­rigen Menschen­affen. Verwaiste Baby-Orang-Utans lernen dort sechs bis acht Jahre lang essbare Pflanzen von giftigen zu unter­scheiden, trag­fä­hige Schlaf­nester zu bauen und andere wich­tige Fertig­keiten für ein Leben in der Wildnis. Mensch­liche Pfleger und Pfle­ge­rinnen ersetzen ihnen best­mög­lich die natür­liche Mutter.

Zum guten Schluss ihrer „Ausbil­dung zum wilden Orang-Utan“ kommen die Kandi­daten auf bewal­dete Fluss­in­seln, auf denen sie unter natur­nahen Bedin­gungen ihre Über­le­bens­fä­hig­keiten unter Beweis stellen und weiter trai­nieren können. In diesem Stadium werden sie noch zuge­füt­tert, medi­zi­nisch über­wacht und in ihrem Verhalten beob­achtet. Da Orang-Utans nicht schwimmen können, sind ausrei­chend große und geeig­nete Inseln unver­zichtbar, um die Menschen­affen unter kontrol­lierten Bedin­gungen an die endgül­tige Auswil­de­rung heranzuführen.

Entspan­nung der beengten Situation

Die bishe­rigen vier Inseln in der Nähe von Nyaru Menteng hatten aller­dings schon lange ihre Kapa­zi­täts­grenze von insge­samt 80 bis 90 Orang-Utans erreicht. Umso will­kom­mener war die Möglich­keit, Anfang 2015 ein weiteres Insel­areal zu erwerben: Pulau Salat Nusa — Salat Island, etwa einein­halb Auto­stunden von Nyaru Menteng entfernt.

Mit der finan­zi­ellen Hilfe ihrer inter­na­tio­nalen Partner, einschließ­lich BOS Deutsch­lands, konnte die BOS Foun­da­tion ein ca. 655 Hektar großes Gelände mit intaktem Torf­wald sichern. 150 Orang-Utans werden dort ihre letzten Schritte zur Frei­heit lernen. Zudem wurde ein etwa 100 Hektar großer Bestand­teil dieses Areals künst­lich abge­trennt, um Orang-Utans ein lebens­wertes Dasein zu bieten, die aufgrund von Krank­heit oder Alter nicht mehr ausge­wil­dert werden können.

Kompli­zierte Verhandlungen

Am Ende drohte aller­dings alles zu schei­tern, da man sich mit Einigen der bishe­rigen Grund­stücks­ei­gen­tümer zunächst nicht einigen konnte. Lange und kompli­zierte Verhand­lungen waren notwendig, um das Projekt schließ­lich doch noch zum Erfolg zu führen. Komplexe Verhand­lungen mit den verschie­densten Akteuren gehören übri­gens zum „täglich Brot“ der BOS Foun­da­tion. Ohne das diplo­ma­ti­sche Geschick unserer indo­ne­si­schen Partner gäbe es keinen wirk­samen Orang-Utan-Schutz.

Es kam noch besser!

Im Oktober 2016 gelang es der BOS Foun­da­tion noch weitere gut 1400 Hektar hinzu­zu­ge­winnen. Von den etwa 3.400 Hektar der Insel werden den Orang-Utans nunmehr über 2000 Hektar – 20 Quadrat­ki­lo­meter – zur Verfü­gung stehen. Bis zum August 2017 soll der größte Teil der nötigen Infra­struktur fertig gestellt sein: Fütte­rungs­platt­formen, Boote, Anle­ge­stellen, schwim­mende Ranger­sta­tionen und Kanäle, mit denen die Insel bei Bedarf weiter unter­teilt werden kann.

Wie viele Indi­vi­duen dort insge­samt Platz finden werden, muss zum gegen­wär­tigen Zeit­punkt (Januar 2017) noch ermit­telt werden, aber es wird die Auswil­de­rungs­ar­beit von BOS einen Riesen­schritt vorwärts bringen. Je mehr reha­bi­li­tierte Orang-Utans unmit­telbar nach Absol­vie­rung der Wald­schule in die Vor-Auswil­de­rung (Pre-Release) gelangen, umso besser für sie und ihre Chancen, die Heraus­for­de­rungen der Wildnis erfolg­reich zu meistern.