Orang-Utans im Spiel­feld der Zoos, deren Gegner und eine Wette

Orang-Utans im Spiel­feld der Zoos, deren Gegner und eine Wette

Ein Thema bewegt unseren Verein immer wieder: Aus berech­tigten Gründen lehnen manche Zoos ab, andere sehen sie wiederum als geeig­netes Instru­ment zur Arten­schutz­bil­dung oder wiederum als das genaue Gegen­teil. Grau­töne wurden und werden unserem Verein bisweilen als Meinungs- oder gleich Charak­ter­schwäche ausge­legt. Die Bandagen sind hart. 

Nun wurde ich auffal­lend oft auf eine neue Kampagne von Peta gegen den Dresdner Zoo hinge­wiesen. Es geht um ein neues Orang-Utan-Haus, welches nicht zuletzt auch mit öffent­li­chen Subven­tionen gebaut werden soll. Oder in Jugend­sprache: Affen glotzen auf Staats Nacken. Dabei hat mich in aller Ambi­va­lenz des Themas insbe­son­dere die Argu­men­ta­tion von Peta hell­hörig gemacht: „[…] erhalten Zoos in Deutsch­land Millionen Euro an Subven­tionen, während Arten­schützer vor Ort um jeden Euro ringen.“ Damit sind dann wohl wir gemeint. Und ja, sehr gerne und mit Hand­kuss würde BOS staat­liche Gelder UND Spen­den­gelder von Peta für wirk­li­chen Arten­schutz vor Ort (Indo­ne­sien und Malaysia) annehmen. Ohne teure Kampa­gnen, böses Blut und gegen­sei­tige Verletzungen.

Derweil unsere Orang-Utans in unseren Rettungs­zen­tren täglich auf ihre Frei­heit warten. Es sind übri­gens bedeu­tend mehr als die falsch zitierte Zahl von 300 in Borneo. Leider. Alleine in den BOS-Rettungs­zen­tren leben über 400 Orang-Utans. Auch wird auf Diffe­ren­zie­rungen (Grau­töne) gänz­lich verzichtet. Leider sind viele Orang-Utans aufgrund von vom Menschen über­tra­genen Krank­heiten nicht mehr auswilderbar. 

Eine unserer Schutzinseln für nicht auswilderbare Orang-Utans
Eine unserer Schutz­in­seln für nicht auswil­der­bare Orang-Utans

Auch für sie benö­tigen wir enorme Geld­mittel, um sie zumin­dest auf Schutz­in­seln unter­bringen zu können, auf denen sie in größt­mög­li­cher Frei­heit aber in Sicher­heit und ihren Fähig­keiten entspre­chend leben können. Denn auch wir sind keine Fans von Käfigen und Langeweile. 

Top, die Wette gilt

Also nochmal, auch wenn ich langsam alle nerve. Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte. Wenn es ausnahms­weise mal der Orang-Utan wäre, könnte ihm und seiner Arterhal­tung sehr geholfen werden. Im Gegenzug biete ich einem deut­schen Zoo eine Wette an: Der nächste im Zoo gebo­rene Borneo-Orang-Utan, der von seiner Mutter verstoßen wird (wir erin­nern uns an Rieke aus dem Berliner Zoo), kommt auf direkten Wegen in eine unserer Wald­schulen. Und mit Hilfe unserer unfassbar guten Baby­sitter, werden wir sieben, acht Jahre später gemeinsam (dazu lade ich Zoos und Peta ein) die Auswil­de­rung feiern. Kostet halt, aber Geld scheint ja nicht das Problem in unserem Lande zu sein.

ORANGUTAN JUNGLE SCHOOL — Will­kommen in der Rettungsstation

In der Jungle School gibt es viele unter­schied­liche Charak­tere, die die Lehrer auf Trapp halten: Allen voran Klas­sen­clown Valen­tino, der regel­mäßig versucht, dem Unter­richt zu entgehen. Dann wäre da noch „Big Boy“ Beni, der durch seinen über­mä­ßigen Appetit mit Über­ge­wicht zu kämpfen hat und drin­gend abspe­cken sollte. Neu in der Schule sind Clara und ihr Baby Clarita: Die beiden wurden von einer Insel gerettet, nachdem Clarita von einem männ­li­chen Affen entführt wurde.

Die „Oran­gutan Jungle School“ ist eine mehr­tei­lige Repor­tage aus unseren Auffang­sta­tionen auf Borneo. Die Serie hat welt­weit Menschen auf den Weg der Orang-Utans aufmerksam gemacht. Es geht um die Aben­teuer unserer Schütz­linge und ihren Weg zurück in die Wildnis. Bevor die Primaten aller­dings den Regen­wald unsi­cher machen können, benö­tigen sie einige Über­le­bens­fä­hig­keiten, die sie erst in der Schule lernen müssen.

Sat.1 Gold zeigt vom 6. Mai bis 10. Juni immer donners­tags um 20.15 Uhr eine Folge der Erfolgs­serie aus unserem Rettungs­zen­trum in Indonesien.

 

Beni ist bereit für die Vorauswilderungsinsel

Beni ist bereit für die Vorauswilderungsinsel

Unser kleiner Fein­schme­cker Beni ist bereit für seinen nächsten großen Schritt: den Umzug auf die Voraus­wil­de­rungs­insel. Hier soll er sich für sein letztes großes Aben­teuer, die große Frei­heit, behaupten. Beni war schon immer sehr clever und seinen Alters­ge­nossen eine Nasen­länge voraus. Nach nur fünf Jahren in der Wald­schule kann er hier nichts mehr lernen, was er für sein Leben in Frei­heit braucht.

Jetzt wartet er im Sozia­li­sa­ti­ons­kom­plex auf seinen großen Tag. Wegen der Pandemie dauert das leider noch etwas.

Nach einem schwie­rigen Start ins Leben weiß Beni, was er will

Beni wog nur 4,4 Kilogramm, als er zu uns kam
Beni wog nur 4,4 Kilo­gramm, als er zu uns kam

Werfen wir einen Blick zurück: Als Beni vor ziem­lich genau fünf Jahren zu uns kam, war er völlig abge­ma­gert, sein Fell war verfilzt, er litt unter Würmern und hatte Fieber. Beni war winzig. Aber er war auch ein Kämpfer: Zaghaft fasste der damals rund zwei­jäh­rige Orang-Utan-Junge nach und nach mehr Vertrauen in seine Baby­sitter. Im Laufe der Zeit wuchs er zu einem gesunden und starken Orang-Utan heran. Dazu trug auch sein unbän­diger Appetit bei – vermut­lich eine Folge seiner früheren Mangel­er­näh­rung. Wenn man ihn ließ, verspeiste Beni locker zehn bis zwölf Bananen täglich. Die nahr­hafte Kost machte sich jedoch bald bemerkbar: Beni hatte Über­ge­wicht. Deswegen setzten ihn unsere Tier­ärzte auf Diät. Nur noch ein bis zwei Bananen pro Tag und dazu kalo­rien­arme Kost.

In der Waldschule machte sich Beni sehr gut
In der Wald­schule machte sich Beni sehr gut

In der Folge war Beni sehr erfin­dungs­reich darin, sich immer wieder Futter zu besorgen. Dass er etwas größer als seine Alters­ge­nossen war, kam ihm dabei zugute: Er schubste die anderen einfach zur Seite und stibitzte ihnen das Futter direkt vor der Nase weg. Mit diesem rüpel­haften und domi­nanten Verhalten kam er bei den anderen durch. Aber ansonsten war Beni ein echter Kumpel. 

Einmal büxte er gemeinsam mit Lala, einer Mitschü­lerin, aus, um auf Erkun­dungs­tour durch den Wald zu streifen. Sie trafen auch auf die älteren Wald­schul­klassen, gingen dann jedoch wieder ihrer eigenen Wege. Gefunden haben ihre Betreuer die beiden dann ganz oben im Baum, schla­fend. Dabei leuch­teten ihre Lippen verrä­te­risch dunkelrot – ein untrüg­li­ches Zeichen, dass die beiden zuvor eine ordent­liche Portion Früchte verspeist hatten!

Mit Hirn, Charme und Banane

Beni liebt Essen - immer wieder wurde er auf Diät gesetzt
Beni liebt Essen — immer wieder wurde er auf Diät gesetzt

Sein Talent zur Futter­be­schaf­fung hat ihm jetzt – kurz vor dem Umzug auf eine Auswil­de­rungs­insel – auch einen Einzel­käfig im Sozia­li­sie­rungs­ge­hege einge­bracht. Denn auch heute noch klaute Beni seinen Mitbe­woh­nern das Essen unter der Nase weg. Jetzt sind seine Artge­nossen zwar immer noch in Ruf- und Sicht­weite — aber eben nicht mehr in „Greif­weite“. Doch Beni bleibt erfin­de­risch: Immer, wenn eine seiner ehema­ligen Baby­sit­te­rinnen in die Nähe seines Käfigs kommt, macht er auf sich aufmerksam. Er verhält sich dabei als würde er denken „Wenn ich nur nied­lich genug gucke, dann bekomme ich bestimmt einen kleinen Beloh­nungs­snack.“ Doch das Team bleibt hart — zu seinem Besten.

So bleibt ihm genug Zeit, sich anderen Beschäf­ti­gungen zu widmen. Beni bekommt jeden Tag neue Enrich­ment Tools. Die sorgen dafür, dass er seine fein­mo­to­ri­schen und mentalen Fähig­keiten noch weiter schulen kann. Typi­sche Enrich­ment Tools sind z.B. mit Erdnüssen gefüllten Rohre, mit Honig präpa­rierte Holz­stücke oder Eisbomben. Verhun­gern muss Beni also nicht. Für weitere Abwechs­lung sorgt eine Wasser­lei­tung, die in Benis Käfig endet. Auch hier ist er sehr erfin­de­risch und kreiert immer neue Varia­tionen für erfri­schende Wasserspiele.

 

Am Ende steht ein Leben ohne Angst in unseren Schutzwäldern

Wann es endlich losgeht, und wie lange Beni dann auf der Voraus­wil­de­rungs­insel bleibt, bis er ganz ausge­wil­dert wird, wissen wir nicht. Doch das Ziel ist klar: Eines Tages wird Beni ein „Neuer Wilder“.

Ginge es nach ihm, würde er dann bestimmt inmitten einer Bana­nen­plan­tage leben. Wir denken da eher an einen Ort, der seinem Forschungs- und Entde­cker­geist viel Raum gibt und frei von Hunger, Angst, Krank­heiten und Gefahren ist. Sprich: In einem unserer Schutz­ge­biete. Bis es soweit ist, brau­chen Beni und wir noch etwas Geduld.

… und hier noch ein paar Geschichten aus Benis Leben, erzählt von einer Baby­sit­terin und einem Tierarzt:

Danke, dass Sie unsere Arbeit für Tiere wie Beni unter­stützen. Jeder Beitrag hilft.

Drei Orang-Utan-Babys gerettet

Drei Orang-Utan-Babys gerettet

UPDATE — 23.04.2021: ***Unter 1.400 Namens­vor­schlägen, die bis gestern Nach­mittag aus der ganzen Welt einge­gangen sind, haben wir uns für den schönen Namen Aiko entschieden.***

Drei neue Orang-Utan-Waisen leben jetzt im Schutz­zen­trum Nyaru Menteng. Sie wurden seit Mitte Februar von BOS in Zentral-Kali­mantan gerettet. Drei Babys bedeuten: Drei tote Orang-Utan-Mütter; drei trau­ma­ti­sierte Waisen; drei Babys, die den langen Weg der Reha­bi­li­ta­tion noch vor sich haben. Aber auch: Drei Orang-Utan-Leben, die dank BOS eine Zukunft haben. 

Die Babys sind zwischen sechs und zehn Monaten alt und damit noch voll­kommen hilflos. Sie werden jetzt im BOS-Schutz­zen­trum Nyaru Menteng betreut. Hier erhalten sie nicht nur die notwen­dige medi­zi­ni­sche Versor­gung, sondern lernen in einem mehr­jäh­rigen Reha­bi­li­ta­ti­ons­pro­zess all das, was ihnen sonst in der Wildnis ihre Mutter beigebracht hätte. Wenn alles gut geht, sind sie nach sieben bis zehn Jahren Ausbil­dung bereit für die Auswilderung. 

Onyer erholt sich im BOS-Rettungszentrum

Der zehn Monate alte männ­liche Säug­ling Onyer wurde von der indo­ne­si­schen Natur­schutz­be­hörde BKSDA im Dorf Dahian Tambuk, Gunung Mas Regency in Zentral-Kali­mantan beschlag­nahmt und am 15. Februar an das BOS-Rettungs­zen­trum Nyaru Menteng übergeben. 

Onyer ist mit zehn Monaten der älteste der drei Neuankömmlinge
Onyer ist mit zehn Monaten der älteste der drei Neuankömmlinge

Der Dorf­be­wohner, der das Orang-Utan-Baby bei sich hatte, behaup­tete, Onyer allein in einem Wald­ge­biet unweit seines Feldes gefunden zu haben. Wir gehen davon aus, dass seine Mutter getötet wurde. Denn keine Orang-Utan-Mutter würde ihr Baby zurücklassen.

Bei der Erst­un­ter­su­chung in Nyaru Menteng attes­tierten unsere Tier­ärzte Onyer eine gute Gesund­heit. Noch befindet er sich in Quaran­täne und unter regel­mä­ßigen Gesund­heits­kon­trollen. Das ist bei jeder Orang-Utan-Rettung üblich, um keine Krank­heiten ins Rettungs­zen­trum einzu­schleppen. Unter COVID-19 sind die Quaran­tä­ne­maß­nahmen noch strenger. Sobald Onyer die Quaran­täne durch­laufen hat, wird er in die Baby­gruppe von Nyaru Menteng aufgenommen.

Onyer
Onyer

An seinem ersten Tag in Nyaru Menteng war Onyer sehr nervös. Das ist verständ­lich, wenn man bedenkt, dass er sich plötz­lich in einer neuen Umge­bung mit lauter unbe­kannten Gesich­tern befand. Nachts war er sehr unruhig und weinte jedes Mal, sobald seine Baby­sit­terin aufstand – vermut­lich aus Angst, wieder allein gelassen zu werden.
Zum Glück hat Onyer einen recht guten Appetit, trinkt gerne seine Soja-Milch und frisst Obst. Aktuell leidet er an einem leichten grip­palen Infekt, den unser medi­zi­ni­sches Team mit Inha­la­tionen behan­delt, auf die er gut anspricht.

Onyers Lieblingsplatz ist die Schaukel
Onyers Lieb­lings­platz ist die Schaukel

Am liebsten spielt Onyer auf der Schaukel. Auch an ersten Klet­ter­übungen auf nied­riger Höhe hat er sich schon versucht. 

Ramangai war fast am Ende seiner Kräfte

Am 1. März wurde der sechs Monate alte Ramangai von BOS in Zusam­men­ar­beit mit der BKSDA gerettet. Sieben Stunden dauerte die Fahrt des Rettungs­teams in den Unter­be­zirk Marikit, Katingan Regency in Zentral-Kali­mantan, wo Ramangai drin­gende Hilfe benötigte.

Ramangai bei seiner Rettung
Ramangai bei seiner Rettung

Nach Angaben des Dorf­be­woh­ners, der ihn gefangen hielt, hatte der Ramangai im Wald entdeckt, als er auf Vogel­jagd war. Der Dorf­be­wohner sagte, er sei scho­ckiert gewesen, als er plötz­lich ein Orang-Utan-Baby von einem Baum fallen sah, ohne jede Spur von seiner Mutter. Er habe nicht gewusst, was er tun solle, denn es wäre beschwer­lich, das Baby den langen Weg aus dem Regen­wald bis zu ihm nach Hause zu bringen. Doch er habe es nicht übers Herz gebracht, das Orang-Utan-Baby allein zurück­zu­lassen. Da der Jäger wusste, dass Orang-Utans gesetz­lich geschützt seien, beschloss er, das Baby doch mitzu­nehmen. Da er sich tief in einem entle­genen Wald­ge­biet befand, habe der Jäger Ramangai drei Tage lang tragen müssen, ehe er zuhause war, und ihn auf dem Weg nur mit Kaffee und Bananen füttern können. 

Der Säugling war stark dehydriert
Der Säug­ling war stark dehydriert

Das hatte zur Folge, dass das Orang-Utan-Baby stark dehy­driert und geschwächt war. Als er zu Hause ankam, gab ihm der Dorf­be­wohner gesüßte Kondens­milch, in der Hoff­nung, Raman­gais Zustand würde sich verbessern. 

Er meldete seinen Fund der Natur­schutz­be­hörde BKSDA in Zentral-Kali­mantan, die sich sofort mit einem BOS-Rettungs­team auf den Weg machte. Schon auf dem Weg ins Rettungs­zen­trum Nyaru Menteng haben wir Ramangai über eine Infu­sion mit Flüs­sig­keit versorgt, da er extrem schwach und dehy­driert war. 

Ramangai hing zwei Tage am Tropf
Ramangai hing zwei Tage am Tropf

Bei BOS wurde das Baby sofort auf der Quaran­tä­ne­sta­tion intensiv betreut. Ramangai war vor allem nachts sehr unruhig. Er ist schwer trau­ma­ti­siert vom Verlust seiner Mutter, den zurück­lie­genden Erleb­nissen und davon, plötz­lich in eine neue Umge­bung voller fremder Menschen gestoßen worden zu sein. Nach zwei Tagen der Behand­lung konnte Ramangai der Tropf entfernt werden, da sich sein Flüs­sig­keits­haus­halt norma­li­siert hatte. Aller­dings hat er immer noch leichtes Fieber, und steht unter unserer strengen und fürsorg­li­chen tier­ärzt­li­chen Bewa­chung. Und ganz vielen Kuschel­ein­heiten von seiner Babysitterin.

Die Trauer ist Ramangai anzusehen
Die Trauer ist Ramangai anzusehen

Im Gegen­satz zu Onyer, sitzt Ramangai lieber ruhig in einem Korb. Die Trauer, den Verlust seiner Mutter und die trau­ma­ti­sie­renden Erleb­nisse der zurück­lie­genden Tage hat der Kleine noch lange nicht verar­beitet. Doch mit viel Liebe und Fürsorge hoffen wir, dass es für ihn leichter wird.

Dürfen wir Aiko vorstellen?

Am 23. März wurde uns ein drittes Orang-Utan-Baby von der Natur­schutz­be­hörde BKSDA über­geben. Noch hat das neun Monate alte Weib­chen keinen Namen erhalten. Ein Bauer aus dem Dorf Muroi, Kapuas Regency in Zentral-Kali­mantan hatte das Baby entdeckt. Der Bauer behaup­tete, den Säug­ling gefunden zu haben, als er beim Fischen war. Er habe sich etwa eine Woche um das Orang-Utan-Mädchen geküm­mert und sie mit Milch­pulver gefüt­tert, ehe er sie frei­willig der Behörde übergab. 

Das kleine Mädchen ist neun Monate alt
Aiko ist neun Monate alt

Unsere Tier­ärzte stellten fest, dass sich der kleine Orang-Utan in einem guten Gesund­heits­zu­stand befand – mit einem großen Appetit auf Bananen und Milch. Das Mädchen befindet sich jetzt im BOS-Rettungs­zen­trum Nyaru Menteng mit Onyer und Rawang in Quaran­täne. Einige Test­ergeb­nisse aus dem Labor stehen noch aus. Und natür­lich auch die Namensgebung.

Der Lebens­raum wird immer knapper

„Die drei Orang-Utan-Babys, die wir jetzt in wenigen Wochen aufge­nommen haben, zeigen, dass die Abhol­zung und unver­ant­wort­liche Ausbeu­tung der Wald­öko­sys­teme auf Borneo immer noch anhalten“, sagt Denny Kurniawan, Program-Manager des Rettungs­zen­trums Nyaru Menteng. „Denn die Zerstö­rung ihrer Lebens­räume ist es, die wilde Orang-Utans dazu zwingt, auf der Suche nach Nahrung in mensch­liche Gärten und Felder zu wandern – was zu Mensch-Wild­tier-Konflikte führt.“ 

Aus diesem Grund ist die Aufklä­rung der Menschen auf Borneo ein wich­tiger Teil unserer Arbeit. Wenn Orang-Utans auf der Suche nach Nahrung auf den Feldern der Bauern auftau­chen, müssen diese wissen, was zu tun ist. Nämlich BOS oder die Behörden infor­mieren, statt zur Waffe zu greifen, um ihr Einkommen oder die Versor­gung ihrer Familie zu schützen. 

Mit Aufklärung Orang-Utans schützen
Mit Aufklä­rung Orang-Utans schützen

„Keiner der drei geret­teten Orang-Utans hatte körper­liche Verlet­zungen wie Stich- oder Schuss­wunden“, berichtet Dr. Agus Fahroni, Tier­arzt in Nyaru Menteng. „Ramangai litt jedoch unter einer schweren Dehy­drie­rung, da die Menschen, die ihn gefunden hatten, nicht wussten, wie man einen Orang-Utan richtig versorgt.“ Jetzt erholen sich der Säug­ling und die beiden anderen Babys hoffent­lich bald von ihrem erlit­tenen Trauma. Ein Heilungs­pro­zess der lange dauern kann. „Ange­sichts ihres stabilen körper­li­chen Zustands und ihres gesunden Appe­tits sind wir zuver­sicht­lich, dass sie nach Been­di­gung ihrer Quaran­täne den Reha­bi­li­ta­ti­ons­pro­zess durch­laufen können“, meint Dr. Agus Fahroni hoffnungsvoll. 

Das kleine Mädchen hat zum Glück Appetit
Aiko hat zum Glück Appetit

„Die Nach­richt der drei­fa­chen Rettung erzeugt in mir Freude und Trauer zugleich: Freude, dem Arten­sterben drei Leben entrissen zu haben – Trauer, weil die Wahr­heit dahinter immer drei getö­tete Orang-Utan-Mütter bedeutet“, sagt Daniel Merdes, Geschäfts­führer von BOS Deutsch­land. Und Denny Kurniawan ergänzt: „Mit bestehenden Einschrän­kungen unserer Arbeit, zu denen uns die COVID-19-Pandemie noch immer zwingt, brau­chen wir zuneh­mend Unter­stüt­zung von allen Seiten und aus allen Berei­chen, um unsere Bemü­hungen zum Schutz der Orang-Utans und ihres Lebens­raums fort­führen zu können.”

 

Tiere in Not kennen keinen Lock­down. Sie wollen helfen, Orang-Utans vor dem Aussterben zu bewahren? Jeder Beitrag hilft.

Erste Menschen­affen gegen COVID-19 geimpft

Erste Menschen­affen gegen COVID-19 geimpft

Unsere Prima­to­login Dr. Isabelle Laumer forscht derzeit an der Univer­sität von Kali­for­nien, Los Angeles an einem Projekt über Spiel, Freude und Humor bei Menschen­affen. Im Rahmen ihrer Forschung hat sie dort auch mit den Orang-Utans und Bonobos vom San Diego Zoo gear­beitet – den bisher welt­weit ersten Menschen­affen, die vor kurzem eine Corona Impfung erhalten haben. Im Inter­view mit BOS Deutsch­land spricht die gebür­tige Nürn­ber­gerin über ihre Arbeit mit den Orang-Utans, die ersten Corona Impfungen bei Menschen­affen und ihre Forschung.

Liebe Isabelle, Du hast  vor kurzem über die erste Corona-Infek­tion von Menschen­affen an einem Zoo in Kali­for­nien berichtet. Weiß man schon, wie es zu der Corona-Infek­tion der Gorillas kam und wie es den Menschen­affen mitt­ler­weile geht?

Dass sich Menschen­affen mit dem Coro­na­virus infi­zieren können, wurde schon zu Beginn der Pandemie von Viro­logen befürchtet. Menschen­affen sind uns gene­tisch sehr ähnlich und daher kann das Coro­na­virus über ähnliche Andock­stellen, die soge­nannten ACE‑2 Rezep­toren, auch die Zellen von Menschen­affen und anderen Primaten befallen. Doch auch andere Tier­arten können sich mit dem Coro­na­virus anste­cken. Gorillas sind bisher die siebte Tierart – neben Haus­katzen, Tigern, Löwen, Schnee­leo­parden, Nerzen und Hunden – die sich auf natür­liche Weise mit dem Virus infi­ziert haben.
Anfang Januar dieses Jahrs wurde bekannt, dass sich die Gorillas im San Diego Zoo Safari Park mit dem Corona Virus ange­steckt haben. Dies geschah, obwohl alle empfoh­lenen Vorsichts­maß­nahmen von den Pfle­gern einge­halten wurden. Alle acht Gorillas blieben nach der Diagnose unter strenger Beob­ach­tung und entwi­ckelten Symptome wie Husten, verstopfte Atem­wege, Nasen­aus­fluss und gene­relle Lethargie. Den 49-Jährigen Silber­rü­cken Winston hat es am schlimmsten getroffen. Bei ihm wurde eine Herz­krank­heit, sowie eine Lungen­ent­zün­dung fest­ge­stellt und er wurde daraufhin erfolg­reich mit mono­klon­alen Anti­kör­pern behan­delt. Mitt­ler­weile geht es den Gorillas, laut eines aktu­ellen Pres­se­be­richtes des San Diego Zoo Safari Parks, wieder besser.

Nun wurden zum ersten Mal Menschen­affen gegen Corona geimpft. Und inter­es­san­ter­weise genau die Tiere, mit denen Du schon gear­beitet hast.

Nachdem sich die Gorillas infi­zierten hatten, entschied sich der Zoo gemeinsam mit der zustän­digen US Behörde die anderen Menschen­affen im San Diego Zoo zu impfen, um die Tiere vor einer Erkran­kung zu schützen. Bisher wurden vier Orang-Utans und fünf Bonobos mit einem speziell für Tiere entwi­ckelten Corona Impf­stoff geimpft. Alle Tiere haben mitt­ler­weile schon ihre zweite Dosis erhalten und bisher gab es keine Neben­wir­kungen zu beob­achten. Im Zuge meiner Forschungs­ar­beit beob­ach­tete ich das Spiel­ver­halten beider Gruppen im Detail und bin gerade dabei, die Daten auszu­werten. Die Orang-Utan Gruppe setzt sich zusammen aus der 7‑jährigen Aisha, ihrer Mutter Indah, ihrem Vater Satu und einem weiteren erwach­senen Weib­chen namens Karen, mit der Aisha oft spielt. Karen wurde mit einem Herz­leiden geboren und wurde im Alter von zwei Jahren erfolg­reich am offenen Herzen operiert – eine medi­zi­ni­sche Sensa­tion, da eine solche OP bis dato noch nie bei einem Orang-Utan durch­ge­führt wurde. Nun ist sie auch einer der ersten Orang-Utans der eine Corona Impfung erhalten hat.

Was ist über den Impf­stoff bekannt?

Der Impf­stoff wurde von dem tier­ärzt­li­chen Phar­ma­un­ter­nehmen Zoetis, mit Sitz in den USA, entwi­ckelt. Auf der Website der Firma kann man nach­lesen, dass sie mit der Impf­stoff­ent­wick­lung für Hunde und Katzen begonnen haben, als der erste Fall einer Corona-Infek­tion bei einem Hund in Hong-Kong bekannt wurde. Die Forschung am Impf­stoff verla­gerte sich dann auf Nerze, als öffent­lich wurde, dass das Virus sich nun in den Pelz­farmen in Däne­mark, den USA und anderen Ländern ausbrei­tete und sogar auf den Menschen zurück­springen kann. Es ist in der Vete­ri­när­me­dizin nicht unüb­lich, einen Impf­stoff, der an einer Tierart entwi­ckelt und zuge­lassen wurde, bei einer anderen Tierart mit den entspre­chenden Geneh­mi­gungen zu testen und anzu­wenden. Ob der Impf­stoff bei den Menschen­affen in San Diego wie erhofft wirkt, also ob sie Anti­körper gegen das Coro­na­virus entwi­ckelt haben, lässt sich bald durch Blut­tests fest­stellen. Falls die Impfung das gewünschte Resultat bringt, wäre die Möglich­keit gegeben weitere Menschen­affen vor einer Erkran­kung zu schützen.

Isabelle, wie bist Du eigent­lich zu Deinem span­nenden Beruf als Prima­to­login gekommen?

Versuchsanordnung zum Thema Belohnung
Versuchs­an­ord­nung zum Thema Belohnung

Mein Leben hat sich immer schon um Tiere gedreht. Als Tochter eines Tier­arztes und einer Biolo­gie­leh­rerin hatte ich bereits als Kind viele Gele­gen­heiten mit verschie­densten Tieren zu inter­agieren, sie zu beob­achten und von ihnen zu lernen. Während meines Studiums in Wien habe ich Führungen durch den Tier­garten Schön­brunn geleitet und die Welt bereist, um Forschungs­ar­beiten mit Diadem-Meer­katzen, Elefanten, Bisons, Meeres­schild­kröten und Grau­gänsen durch­zu­führen. Seit knapp zehn Jahren unter­suche ich Werk­zeug­ge­brauch, Sozi­al­ver­halten und Intel­li­genz bei Menschen­affen und Kakadus. Als ich begonnen habe mit Orang-Utans zu arbeiten, war das eine unbe­schreib­lich inten­sive und schöne Erfah­rung. Sie hat mich aber auch gleich­zeitig tief­traurig gemacht, da ich mir eine Welt ohne diese unglaub­lich intel­li­genten, faszi­nie­renden, hoch­so­zialen Tiere nicht vorstellen kann und will. Seit 2020 unter­stütze ich BOS bei der Medi­en­ar­beit und zu wissen­schaft­li­chen Fach­fragen. Es macht mir große Freude, mein Wissen zu teilen, und dazu beizu­tragen diese einzig­ar­tigen, vom Aussterben bedrohten Tiere zu schützen. Aktuell bin ich an der UCLA in Kali­for­nien, wo ich Humor und spie­le­ri­sches Necken bei allen vier Menschen­affen erforsche.

Laumer mit den von ihr erforschten Kakadus
Laumer mit den von ihr erforschten Kakadus

Wie können wir uns Deine Arbeit mit Orang-Utans vorstellen?

Bei meiner Arbeit mit den Tieren, ist eine gute Bezie­hung zwischen Mensch und Menschen­affe essen­tiell. Mir ist es wichtig, dass sich die Tiere wohl und entspannt fühlen, bevor ich sie mit einer Aufgabe, die sie lösen sollen, konfron­tiere. Bevor es losgeht, rufen die Tier­pfleger die Tiere bei ihrem Namen zu mir. Da kann es schon mal zu Gedränge kommen, da die Aufgaben, die ich ihnen stelle, eine will­kom­mene Abwechs­lung und Berei­che­rung für ihren Zooalltag darstellen. Orang-Utans sind unglaub­lich intel­li­gent und eine kogni­tive Beschäf­ti­gung, neben der Erfül­lung anderer Bedürf­nisse, ist sehr wichtig für ihr allge­meines Wohlbefinden.

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Quellen:

- Melin, A.D., Janiak, M.C., Marrone, F. et al. (2020) Compa­ra­tive ACE2 varia­tion and primate COVID-19 risk. Commun Biol 3, 641.
— Md. Golzar Hossain, Aneela Javed, Sharmin Akter, Sukumar Saha (2020). SARS-CoV‑2 host diver­sity: An update of natural infec­tions and expe­ri­mental evidence, Journal of Micro­bio­logy, Immu­no­logy and Infec­tion, 1684–1182.
— https://www.zoetis.com/news-and-media/feature-stories/posts/zoetis-emerging-infectious-disease-capabilities-support-covid-19-solutions-for-great-apes-and-minks.aspx