Einstein im Reich der Orang-Utans

Einstein im Reich der Orang-Utans

Caro­line Schuppli leitet mitten im Urwald von Sumatra eine Forschungs­sta­tion der Uni Zürich. Sie will wissen: Wie kam es, dass der Orang-Utan ein derart großes Hirn entwi­ckeln konnte? Und was sagt das über die Entwick­lung des mensch­li­chen Hirns aus? Über die Evolu­tion des Menschen vom Höhlen­be­wohner zum Astronauten?

Caro­line Schuppli und ihre Orang-Utans — eine eindrück­liche, viel­schich­tige Repor­tage aus dem Urwald von Sumatra. Die Orang-Utans in Schupplis faszi­nie­rendem Forschungs­ge­biet sind die intel­li­gen­testen ihrer Art, die einzigen, die Werk­zeug gebrau­chen. Und sie zeigen das ausge­präg­teste Sozi­al­ver­halten — obwohl sie eigent­lich Einzel­gänger sind. An ihnen kann die 31-jährige Zürcherin die grund­le­genden Muster studieren, die auch der Evolu­tion des Menschen, der unglaub­lich schnellen Wissens­ver­meh­rung des Menschen, zugrunde liegen. Erste Erkennt­nisse zeigen, wie wichtig eine lange Kind­heit für die Hirn­ent­wick­lung ist — beim Orang-Utan wie auch beim Menschen. Und wie wichtig Sozi­al­kon­takte sind — auch mit “Fremden”, die neues Wissen in eine bestehende Popu­la­tion bringen. Täglich präsent ist aller­dings auch die Bedro­hung der Orang-Utans durch die Abhol­zung des Regen­walds: Das Krei­schen der Motor­sägen ist ständig zu hören. Das Forschungs­ge­biet ist stark bedroht. Caro­line Schuppli versucht mit diversen Aktionen, die Orang-Utans zu schützen. Denn auf Sumatra leben insge­samt nur noch 150 000 von ihnen. Sie hat sogar einhei­mi­sche Ange­stellte, die früher ille­gale Holz­fäller waren, heute aber Kämpfer für die Erhal­tung des Lebens­raumes der bedrohten Tiere sind. 

Vogel­wilder Regenwald

Vogel­wilder Regenwald

Orang-Utans stehen bei BOS im Mittel­punkt – aber auch stell­ver­tre­tend für die bedrohte Arten­viel­falt unserer Erde im Allge­meinen und der indo­ne­si­schen Regen­wälder im Spezi­ellen. Denn die Orang-Utans teilen sich mit unzäh­ligen Tier- und Pflan­zen­arten ihr Zuhause auf Borneo. Darum haben unsere Beob­ach­tungs­teams in unseren Schutz­wäl­dern auch immer ein Auge auf die Mitbe­wohner der Orang-Utans, die gemeinsam das Ökosystem Regen­wald prägen und ausmachen.

Und manchmal lässt sich auf den Touren durch den Regen­wald einfach kein einziger rothaa­riger Menschen­affe blicken. So wie neulich. Die perfekte Gele­gen­heit, den Fokus auf andere Wald­be­wohner zu legen: die Greif­vögel in unserem Auswil­de­rungs­wald Kehje Sewen.

Im BOS-Schutz­wald Kehje Sewen dauerte es dann auch nicht lange, bis ein Team­mit­glied das erste geflü­gelte High­light entdeckte. In einem Maca­r­an­ga­baum (Amei­sen­baum) saß ein Glei­taar (Elanus caeru­leus). Er trägt weiße und graue Federn und hat rote Augen. Der kleine Greif­vogel beob­ach­tete gerade seine Beute, die aus Fleder­mäusen, Nage­tieren, kleinen Vögeln und großen Insekten besteht. Um ihn nicht bei der Jagd zu stören, setzte das Team seinen Weg am Ufer des Flusses Telen fort.

Gleitaar (Elanus caeruleus)
Glei­taar (Elanus caeruleus)

Schon bald entdeckten sie den nächsten Greif­vogel. Am Rand des Flusses saß ein Braun­schwanz-Seeadler (Icht­h­yo­phaga humilis). Dieser mittel­große Raub­vogel lebt in Gebieten nahe dem Wasser, wo er seine bevor­zugte Beute angelt: Fisch. Mit seinem grau-braunen Federn, weißen Beinen und scharfen Blick strahlt der Seeadler sehr viel Stärke und Mut aus.

Traueradler (Nisaetus alboniger)
Trau­er­adler (Nisaetus alboniger)

Der Glei­taar und der Seeadler sollten nicht die einzigen Raub­vögel sein, die das Beob­ach­tungs­team an diesem Tag entdeckte. Ein Trau­er­adler (Nisaetus albo­niger) mit seinem schwarz-weißen Gefieder und einem langen Kamm auf dem Kopf, wurde gesichtet, wie er seine weiten Kreise am Himmel zog, bevor er sich im steilen Flug auf seine Beute stürzte. Wenig später kreuzte ein Raub­vogel, der durch seine rotbraunen Federn hervor­sticht, die Wege unseres Teams. Die schwarzen Streifen auf seinem Bauch ließen bei unseren Mitar­bei­tern keine Zweifel offen, dass es sich um einen Rotbauch­adler (Lopho­tri­or­chis kienerii) handelte.

Rufous-bellied Eagle (Lophotriorchis kienerii)
Rotbauch­adler (Lopho­tri­or­chis kienerii)

Obwohl all diese Greif­vögel in Indo­ne­sien unter Schutz stehen, nimmt ihre Popu­la­tion immer weiter ab. Denn die Abhol­zung der Regen­wälder zerstört auch ihren Lebens­raum. Der Wald und seine Bewohner gehören zusammen. Orang-Utans, Adler und viele andere Tier­arten brau­chen Schutz­wälder wie Kehje Sewen. Das Team hat sich sehr über die Abwechs­lung gefreut, und hat wieder einmal gemerkt, wie wichtig der Schutz dieser Arten­viel­falt ist.

 

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Wasser­welten

Wasser­welten

Im ostma­lay­si­schen Bundes­staat Sabah liegt eine der letzten unbe­rührten Gegenden der Insel Borneo. In der von Rodungen und Pflan­zungen verwüs­teten Region bietet das weit­läu­fige Feucht­ge­biet von Kina­ba­tangan einen Lebens­raum und Rück­zugsort für zahl­reiche Arten, von denen einige vom Aussterben bedroht sind. In einem empfind­li­chen ökolo­gi­schen Gleich­ge­wicht müssen sich dort Wald­nas­hörner, Orang-Utans und die kuriosen Pygmäen-Elefanten ständig den wech­sel­haften Launen des Wassers beugen.

Das Schutz­ge­biet Kina­ba­tangan im Nord­osten von Borneo bildet eine Über­gangs­zone zwischen Land und Meer. Es wird auch „Geschenk der Erde“ genannt und entstand vor 70 bis 100 Millionen Jahren. Damit gehört der Wald von Kina­ba­tangan — wie alle Wald­ge­biete Südost­asiens — zu den ältesten erhal­tenen Natur­räumen der Erde über­haupt. Im Laufe der Zeit hat der Wasser­kreis­lauf eine ganze Reihe unter­schied­li­cher Feucht­bio­tope zwischen der Küste bei Sulu und dem Landes­in­neren geschaffen. Mehr­mals jähr­lich vermi­schen sich Salz- und Süßwasser in den Wasser­läufen und sorgen für den Erhalt einzig­ar­tiger Ökosys­teme, die einer außer­ge­wöhn­li­chen Viel­falt an Lebe­wesen eine Heimat bieten.

Gina und ihr verliebter Beschützer Cilik

Gina und ihr verliebter Beschützer Cilik

Wie ähnlich sich Mensch und Orang-Utan sind, stellen unsere Mitar­beiter gerade auch bei der Beob­ach­tung der Tiere in freier Wild­bahn fest. So auch neulich, als sie im Schutz­wald Butik Batikap auf den heftig verliebten Cilik und seine Ange­be­tete Gina trafen.

Der Orang-Utan ist der einzige Menschen­affe, der in Asien lebt. Er bewohnt die Wälder von Borneo und Sumatra. Mit einer zu 97 Prozent über­ein­stim­menden DNA ist er einer der nächsten Verwandten des Menschen. Orang-Utans sind sehr intel­li­gent und in ihrem Verhalten und ihren Reak­tionen erkennen wir nicht selten auch äußerst mensch­liche Züge. Zum Beispiel die eines verliebten Männ­chens, das es gar nicht mag, wenn ein roman­ti­scher Ausflug zu zweit von anderen gestört wird. 

Vor einigen Wochen traf unser Beob­ach­tungs­team im Bukit Batikap Schutz­wald auf Gina und Cilik, die zusammen in den Bäumen des Regen­waldes saßen und gemeinsam aßen. Gina ist eine 18-jährige Orang-Utan-Dame und lebt seit April 2015 im Bukit Batikap Schutz­wald. Sie wurde lange nicht beob­achtet, umso größer war die Freude, sie nun zu sehen und fest­zu­stellen, dass es ihr gesund­heit­lich gut geht. Glei­ches können wir auch über Cilik sagen. Er ist zwölf Jahre alt und wurde 2013 mit seiner Mutter Cindy ausge­wil­dert.

Cilik
Cilik

Cilik und Gina genossen in entspannter Ruhe leckere Wald­früchte und teilten sich ihr Mahl wie ein verliebtes Pärchen. Cilik sah Gina ständig verträumt an. Der Alters­un­ter­schied schien ihn nicht zu stören. Aller­dings störte ihn etwas anderes ganz extrem: Eines unserer Team-Mitglieder wurde Opfer eines fiesen Insek­ten­bisses. Das Team versuchte zwar, so ruhig wie möglich zu bleiben, doch die aufmerk­same Gina hatte sie bemerkt und wurde nervös. Gina klet­terte einige Bäume weiter um sich vor den mensch­li­chen Beob­ach­tern in Sicher­heit zu bringen. Cilik aller­dings reagierte äußerst verär­gert auf die Störung. Er machte Kuss-Geräu­sche und schüt­telte wild die Äste der Bäume. Cilik nahm seine Beschüt­zer­rolle sehr ernst und machte dem Team klar, dass er Gina vertei­digen würde. Doch als er merkte, dass Gina gar nicht mehr da war, hörte er auf und klet­terte los, um sie schnells­tens einzuholen.

Gina
Gina

Kurze Zeit später konnte unser Team die beiden wieder­finden und die Beob­ach­tung des verliebten Pärchens fort­setzen. Aller­dings mit großer Vorsicht. Aus höherer Distanz konnten sie sehen, wie Cilik auf jeden Blick Ginas reagierte. Er war ständig in Bereit­schaft, sie zu beschützen. Auch den Rest des Tages verbrachten die beiden zusammen. Cilik versuchte gele­gent­lich Gina dazu zu verführen sich mit ihm zu paaren. Gina jedoch war eher auf Spielen aus. Der junge Cilik machte sich nichts draus, und genoss einfach die Aufmerk­sam­keit seiner geliebten Gina.

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König des Waldes

König des Waldes

Junge Männer machen gerne mal laut­stark auf sich aufmerksam. Das ist im Tier­reich nicht anders als bei uns Menschen. Orang-Utans nutzen für ihre Perfor­mance gern den soge­nannten „Long Call“.

Diesen charak­te­ris­ti­schen Ruf eines domi­nanten Männ­chens geben unsere Artver­wandten von sich, um die Aufmerk­sam­keit der Weib­chen zu gewinnen. Sie können damit aber auch Konkur­renten signa­li­sieren, dass ein bestimmtes Terri­to­rium ihnen gehört. Manchmal wird der Ruf aber auch genutzt, um Unmut über mensch­liche Anwe­sen­heit zu äußern.

Achtung, Rafli kommt!

Erklingt solch ein Ruf aller­dings aus dem Süden des Kehje Sewen-Schutz­waldes, bedeutet das für unser Post-Release-Moni­to­ring-Team eines: Rafli, der König des Waldes, ist in der Nähe.

Zuletzt wurde Rafli im Sommer 2018 beob­achtet. Er ist vor allem für seine Größe und Domi­nanz bekannt. Seit Oktober 2016 lebt er in Kehje Sewen. Mit damals 24 Jahren wog er 75 Kilo­gramm und hatte bereits ausge­prägte Backen­wülste. Niemand käme jemals auf die Idee, sich mit ihm anzu­legen. Wenn Rafli naht, ziehen sich andere Männ­chen lieber zurück, bevor sie einen unglei­chen Kampf provozieren.

Unver­wech­sel­barer Long Call

Vor einigen Tagen ertönte während einer Mittags­pause im Camp ein vertrauter „Long Call“. „Er ist zurück“, vermu­tete eines unserer Team­mit­glieder. Nachdem die Gruppe so schnell wie möglich ihre Ausrüs­tung zusam­men­ge­sucht hatte, versuchte sie heraus­zu­finden, aus welcher Rich­tung der Ruf kam. Rund 500 Meter weiter sah sie dann, dass sie mit ihrer Vermu­tung richtig lag. Rafli saß hinter einigen Büschen auf dem Boden und aß saftige Triebe.

Das Männchen präsentiert sich Konkurrenten gegenüber mit eindrucksvollem Long Call

Das Männ­chen präsen­tiert sich Konkur­renten gegen­über mit eindrucks­vollem Long Call

In dem Bewusst­sein, dass Rafli ein aufmerk­samer Beob­achter ist, bewegte sich unser Team von nun an stets vorsichtig und leise. Es verfolgte den Orang-Utan-Mann und machte sich Notizen. Rafli saß stun­den­lang in den Baum­kronen und aß Früchte, Lianen und Blätter. Das große Männ­chen machte einen gesunden Eindruck. Am Nach­mittag verschwand Rafli wieder in den Weiten des Regenwaldes.

Unser ehema­liger Schütz­ling ist ein echter wilder Orang-Utan geworden, der sich in seinem neuen Zuhause wunderbar einge­lebt hat. Er ist ein hervor­ra­gender Sammler, der stets sein Terri­to­rium vertei­digen kann. Außerdem ist er auch bei den weib­li­chen Bewoh­nern des Waldes sehr beliebt.

Unbe­stritten, Rafli ist der König von Kehje Sewen!

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