Tierisch gute Väter

Tierisch gute Väter

Die „stillen Stars“ des Tier­reichs werfen alle gängigen Vorstel­lungen von geschlechts­spe­zi­fi­scher Brut­pflege über den Haufen: Ob schwan­gere Seepferd­chen-Männ­chen, brütende Emu-„Super-Dads“ oder der Nörd­liche Boots­mann­fisch, der vor der Küste von British Columbia Nester für seine Jungen­baut — das starke Geschlecht beweist für den Nach­wuchs auch im Tier­reich großen Einsatz und Opferbereitschaft.

Borneos wilder Fluss

Borneos wilder Fluss

Auf dem Weg zur Küste erreicht Cede Prudente auf dem Kina­ba­tangan die Feucht­ge­biete von Segama. Dort leben Tausende verschie­dene Tier- und Pflan­zen­arten. Doch auch diese Schatz­kammer der Biodi­ver­sität ist in ihrer Exis­tenz bedroht. 

Die dort lebenden Fischer­fa­mi­lien können das Verschwinden von immer mehr Spezies hautnah beob­achten. Am stärksten bedroht sind die dem Menschen gene­tisch beson­ders nahe stehenden Orang-Utans.
Dabei ist weniger die Jagd die Ursache für ihr drohendes Verschwinden, sondern die Redu­zie­rung ihres Lebens­raums durch die Rodung des Urwaldes zugunsten der Palm­öl­ge­win­nung. Außerdem ziehen die Orang-Utans zahlungs­kräf­tige Ökotou­risten aus aller Welt an, die zum einen den Tier­schutz zu einem Wirt­schafts­faktor machen, ande­rer­seits für die Primaten tödliche Krank­heiten mitbringen.

Expe­di­tionen ins Tierreich

Expe­di­tionen ins Tierreich

Die Insel­welt Südost­asiens ist durch die zerstö­re­ri­schen Kräfte der Erde erschaffen worden und doch von unver­gleich­barer Schön­heit. Vor etwa 25 Millionen Jahren kolli­dierten die Konti­nente Austra­lien und Asien. Seitdem wurde und wird unab­lässig die Erdkruste verschoben. Die Insel Neuguinea ist ein Produkt dieser Umbrüche.

Vor ihrer Küste lockt ein feuer­spei­ender Vulkan das Leben in seine Nähe. An den Hängen des Tavurvur versam­meln sich jeden Morgen Groß­fuß­hühner. Sie graben tief in die Asche, um ein einziges Ei hinein zu legen. Damit sind die elter­li­chen Pflichten erle­digt, die vulka­ni­sche Wärme über­nimmt das Ausbrüten der Eier. Diese eigen­tüm­liche Brut­me­thode ist nur ein Beispiel von vielen, das zeigt, wie das Leben sogar rohe Kräfte aus dem Erdin­neren für seine Zwecke nutzen kann. Als Teil des austra­li­schen Konti­nen­tal­schelfs beher­bergt Neuguinea auch viele Tiere des fünften Konti­nents, die hier aber ganz eigen­ar­tige Lebens­weisen entwi­ckelt haben: Kängurus klet­tern auf Bäume, während Tauben am Wald­boden spazieren gehen. Als spezi­elle Folge der Konti­nen­tal­ver­schie­bungen entstand hier auch die biolo­gi­sche Ausnah­me­erschei­nung der Para­dies­vögel in 39 atem­be­rau­benden Formen. Auch auf die Inseln Java, Sumatra und Borneo haben sich die Erdkräfte ausge­wirkt. Hier glühen Vulkane mit unheim­li­chem blauen Licht. Der größte Vulkan­aus­bruch, den es seit Menschen­ge­denken gegeben hat, hat eines der reichsten Ökosys­teme der Erde geschaffen. Diese Inseln liegen auf dem asia­ti­schen Teil der Erdkruste, daher stammen auch ihre Bewohner von diesem Konti­nent: Orang-Utans und Nashörner zum Beispiel. Biologen nennen den Raum zwischen dem asia­ti­schen und dem austra­li­schen Konti­nent Wallacea. Hier findet sich eine kuriose Ansamm­lung von schiff­brü­chigen Krea­turen, die im Verlauf von Jahr­mil­lionen auf den Inseln strandeten.

Baum­schule in Mawas durch Wirbel­sturm zerstört

Baum­schule in Mawas durch Wirbel­sturm zerstört

Der Klima­wandel zeigt sich auf Borneo nicht nur durch eine beson­ders harte Trocken­zeit. Jetzt kommen auch Wirbel­stürme hinzu, die eine unserer Baum­schulen und viele Häuser in Mawas zerstört haben.

Nicht nur im Amazonas werden die Regen­wälder – die Lungen der Erde – gerade durch verhee­rende Wald­brände zerstört. Auch in Indo­ne­sien wüten zurzeit über­durch­schnitt­lich viele Feuer.
Zum Glück sind unsere BOS-Arbeits­ge­biete aktuell nicht von Bränden betroffen, aber das kann sich sekünd­lich ändern. Aufgrund der derzei­tigen Trocken­zeit auf Borneo befinden sich unsere Kollegen in stän­diger Alarm­be­reit­schaft. Denn Brände können überall und jeder­zeit aufflammen. Nach Angaben des indo­ne­si­schen Minis­te­riums für Umwelt und Forst­wirt­schaft wurden seit 2015 durch Wald­brände allein in Kali­mantan mehr als eine Million Hektar Wald zerstört. Insge­samt verlor Indo­ne­sien seit 2015 fast 3,9 Millionen Hektar Wald an das Feuer.

Die aktu­elle Trocken­zeit hat nicht nur gefähr­liche Wald­brände in unser Projekt­ge­biet gebracht, sondern auch andere Natur­ka­ta­stro­phen; insbe­son­dere Wirbel­winde. In diesen soge­nannten Kleintromben, Wirbel­winden oder kleinen Wirbeln drehen sich Luft­ströme mit einer Geschwin­dig­keit von mehr als 63 Stun­den­ki­lo­me­tern. Eine Kleintrombe dauert in der Regel nur fünf Minuten, kann jedoch – wie eine Art Mini-Tornado oder Zyklon – ernst­hafte Schäden verursachen.

Am 20. August erhielten wir gegen 17 Uhr Nach­richt, dass ein Wirbel­sturm durch eines unserer Projekt­dörfer in Mawas im Distrikt von Kapuas (Zentral-Kali­mantan) gefegt war. Hier hat BOS gemeinsam mit den Einhei­mi­schen eine Baum­schule einge­richtet, in der die Sämlinge verschie­dener ende­mi­scher Bäume kulti­viert werden. Mit diesen Setz­lingen sollte eine degra­dierte Moor­wald­fläche inner­halb des Arbeits­ge­biets des Mawas-Natur­schutz­pro­gramms neu bepflanzt werden.

Der Wirbel­wind hat unsere Baum­schule zerstört

Der Wirbel­sturm hat nicht nur Dutzende Häuser in den umlie­genden Dörfern beschä­digt, sondern auch Teile unserer Baum­schule und Hunderte von Sämlingen zerstört, die kurz davor waren, gepflanzt zu werden.

Die in Mitlei­den­schaft gezo­genen Sämlinge

Unser Team in Mawas arbeitet jetzt Hand in Hand mit der Dorf­ge­mein­schaft zusammen, um die Baum­schule zu repa­rieren, die unbe­schä­digten Setz­linge zu retten und neue Sämlinge anzu­legen. Wir hatten eigent­lich geplant, bald mit der Pflan­zung der Setz­linge beginnen zu können. Doch die Natur­ka­ta­strophe macht uns einen Strich durch die Rech­nung. Vermut­lich verschiebt sich nun der Pflanz­zeit­punkt in den Oktober. Unser Team und die Mitar­beiter aus den Dörfern sind jedoch weiterhin opti­mis­tisch, dass bis zu diesem Zeit­punkt genü­gend Sämlinge zur Auspflan­zung bereit­stehen und wir unser Ziel errei­chen werden!

Werden auch Sie zum Baum-Pflanzer. Auf www.lebenswald.org können auch Sie Bäume in Mawas pflanzen.

„So Kind, wir gehen jetzt weiter!“

„So Kind, wir gehen jetzt weiter!“

Was machen Orang-Utan-Mütter, wenn sie obige Auffor­de­rung an ihr Kleines richten wollen? In Worte können sie ihre Absicht ja schlecht fassen. Ihr Kommu­ni­ka­ti­ons­mittel ist so einfach wie verblüf­fend: Sie kratzen sich „über­trieben“ laut und auffällig, was dann die gewünschte Aufmerk­sam­keit des Jungen findet. 

Kratzen gehört norma­ler­weise zu dem, was die Wissen­schaftler self-directed beha­vior (auf sich selbst gerich­tetes Verhalten) nennen. Dies ist bei vielen Primaten üblich, wozu außer Kratzen auch Berüh­rungen im eigenen Gesicht oder Pflege des eigenen Fells gehören. Inwie­fern solche Verhal­tens­weisen aber auch kommu­ni­ka­tiven Zwecken dienen, wird seit einigen Jahren unter Fach­leuten debat­tiert. Forscher der Univer­sität Zürich haben dazu kürz­lich Sumatra-Orang-Utans beob­achtet.

Fast lautlose Kommunikation
Wie Orang-Utan-Mütter sprechen
 

Kommu­ni­ka­tion im Regenwald 

Aufbauend auf früheren Studien an Schim­pansen versuchten sie, die These zu unter­mauern, dass lautes und auffäl­liges Kratzen beson­ders in der Mutter-Kind-Bezie­hung ein absicht­lich einge­setztes Kommu­ni­ka­ti­ons­mittel des Weib­chens sei, um ihr Junges zu führen. Tatsäch­lich konnten auch die Forscher solches Kratzen aus bis zu 15 Metern Entfer­nung hören, während „normales“ Kratzen sehr viel unauf­fäl­liger und leiser ist.  Das Weib­chen wandte sich dabei offenbar bewusst ihrem Jungen zu und lenkte so dessen Aufmerk­sam­keit zusätz­lich auf sich. Es wurde deut­lich, dass das scheinbar über­trie­bene „Kommu­ni­ka­tions-Kratzen“ haupt­säch­lich dann einge­setzt wurde, wenn das Weib­chen mit seinem Jungen aufbre­chen wollte. Der junge Orang-Utan folgte dann seiner Mutter, die auf diese Weise ihren Weg durch den Wald mit dem Jungen koordinierte. 

Ob auch Borneo-Orang-Utans dieses Verhalten regel­mäßig zeigen, kann man noch nicht mit Gewiss­heit sagen, aber die Annahme, dass sie es tun, liegt sehr nahe. Auch Schim­pansen und Bonobos kommu­ni­zieren mit ihren Jungen auf ähnliche Weise. 

Mutter und Kind verstehen sich ohne Worte
Mutter und Kind verstehen sich ohne Worte
 

Menschen­affen allge­mein zeigen ein reiches Reper­toire an kommu­ni­ka­tiven Lauten und Gesten, die sie kontext­ab­hängig einsetzen und auch wech­seln können, wenn sie von ihren Artge­nossen nicht verstanden werden. Beispiels­weise bei Orang-Utans in Gefan­gen­schaft wurde dies häufig beob­achtet. Wild­le­bende Orang-Utans aller­dings setzen Laute nur selten zur direkten Kommu­ni­ka­tion ein, viel­leicht um Präda­toren oder fremde Orang-Utans nicht auf sich aufmerksam zu machen. Die Kratz­laute sind zwar auch zu hören, aber weniger weit als Rufe. Inso­fern stellen sie eine Auffor­de­rung der Mutter an das Junge dar, die nicht unmit­telbar dring­lich ist. 

Biologie oder Kultur – weiterer Forschungsbedarf 

Die oben skiz­zierten Forschungs­er­geb­nisse basieren ledig­lich auf sieb­zehn Indi­vi­duen. Die Autorinnen und Autoren der Studie weisen darauf hin, dass noch sehr viel Forschungs­be­darf besteht, um alle Einzel­heiten der Kommu­ni­ka­tion unter Menschen­affen allge­mein und Orang-Utans im Beson­deren zu verstehen. Gerade auch Menschen­affen zeigen Ansätze von Kultur­bil­dung. Ob das beschrie­bene Kommu­ni­ka­ti­ons­ver­halten ange­boren oder sozu­sagen kultu­rell vererbt wird, ist daher für die weitere Forschung von beson­derem Inter­esse. Dafür müssen in Zukunft mehr und größere Popu­la­tionen beob­achtet werden, um etwaige Unter­schiede und Gemein­sam­keiten festzustellen. 

Mutter Teresa und Sohn Berani
Mutter als Lehrmeisterin

Das Beson­dere bei Orang-Utans ist zudem, dass sie anders als andere Primaten nicht in dauer­haften Verbänden leben, sondern in aller Regel nur als Mutter-Kind-Gruppen anzu­treffen sind. Erlerntes Verhalten wird also zum aller­größten Teil über die Mutter weiter­ge­geben. In welchem Maß wilde Orang-Utans auch von anderen Indi­vi­duen als ihrer Mutter lernen und das Erlernte weiter­geben, ist eben­falls eine inter­es­sante Frage. Die von BOS ausge­wil­derten Tiere haben ja immer ihre mensch­li­chen Pfle­ge­rinnen und ihre etwa gleich­alten Artge­nossen als Vorbilder. 

So nah man bei BOS den Orang-Utans auch ist, die wilden Vertreter ihrer Art haben immer noch ihre Geheim­nisse. Sie zu erfor­schen mag auch helfen, die Arbeit von BOS noch weiter zu verbessern. 

Werden auch Sie zum Orang-Utan-Retter. Mit Ihrer Spende helfen Sie den Orang-Utans, dem Regen­wald und damit auch unserem Klima. Jeder Beitrag hilft.