Seitdem wir Suci Ende 2021 ausgewildert haben, hat sie sich rar gemacht und wurde vom Post-Release Monitoring (PRM) Team selten gesichtet. Umso mehr freuen wir uns, dass die BOS-Ranger das Orang-Utan-Weibchen nun gleich drei Mal ausgiebig beobachten konnten. Denn es gibt Schönes zu berichten!
Es war ein freudiger Moment, als unser PRM-Team Suci bei einem seiner Kontrollgänge im Bukit Baka Bukit Raya Nationalpark (Zentral-Kalimantan) entdeckte. Zufrieden knabberte sie Triebe einer wilden Ingwerpflanze (Etlingera triorgyalis) und ließ sich dabei nicht stören. Mehrere Stunden lang folgte unser Team dem jungen Orang-Utan und konnte dabei beobachten, wie Suci sich am reichhaltigen Buffet des Regenwaldes satt aß: Nach dem Ingwer knabberte sie die zarte Schicht unter der Rinde eines Baumes, pflückte dann einige wilde Feigen (Ficus sp.) und sammelte schließlich Termiten. Am frühen Nachmittag kam ein Sturm auf und unser Team zog sich ins Camp Himba Pambelum zurück.
Nur drei Tage später traf das Beobachtungsteam Suci erneut, diesmal in der Nähe des Hiran Flusses. Auch bei dieser Begegnung zeigte sich das Orang-Utan-Mädchen als Feinschmeckerin, denn sie futterte gerade die Blätter eines Akazienbaumes (Vachellia leucophloea). Unser Team beobachtete Suci, bis diese sich bei Einbruch der Dämmerung ein Schlafnest in einem Feigenbaum baute, und kehrte dann ins Camp zurück.
Orang-Utan-Mädchen Suci beweist ihr Wissen um essbare Pflanzen
Und dann kam es ganz unerwartet zu einer dritten Begegnung, nur zwei Tage später, jedoch in einem weit entfernten Teil des Bukit Baka Bukit Raya Nationalparks. Vielleicht hat ihr Appetit Suci dorthin geführt? Es ist bekannt, dass sich Orang-Utans nicht nur die Standorte von Futterbäumen merken können, sondern sogar, wann diese reife Früchte oder junge Blätter tragen. Eine außerordentliche Leistung!
Denn auch bei dieser dritten Begegnung genoss Suci eine Vielzahl unterschiedlicher Nahrungsmittel: Sie pflückte die Blätter einer Palme und eines Johannisbrotbaumes (Koompassia excelsa), knabberte dann einige Bambusstengel und pulte schließlich Termiten aus einem morschen Baumstamm.
Sucis Kompetenz und Einfallsreichtum macht unser PRM-Team stolz
Nach dem ausgiebigen Mahl begab sich Suci hinunter zum Fluss, um sich zu erfrischen. Dazu nahm sie sich einige Blätter und wusch damit ihren Körper – mit offensichtlich größtem Vergnügen.
Mit ihrem Waschritual überraschte Suci unsere Ranger und machte sie sehr stolz. Denn sie beweist damit sehr viel Kreativität und ihre Fähigkeit, sich an das Leben in freier Wildbahn anzupassen.
Suci war ungefähr 18 Monate alt, als sie in die BOS-Rettungsstation kam, und durchlief nach ihrer Quarantäne die Waldschule und Walduniversität im Rekordtempo. Es schien fast so als könnte sie es nicht abwarten, endlich zurück in die Wildnis zu kommen. Und weil sie ziemlich clever ist, hatte sie mit knapp sieben Jahren schon alle nötigen Fähigkeiten für die Auswilderung erworben – also in einem Alter, in dem junge Orang-Utans sich gerade so von ihren Müttern abnabeln, mit denen sie seit ihrer Geburt unzertrennlich zusammen gelebt hatten.
Die drei Begegnungen innerhalb kurzer Zeit sowie die Möglichkeit, Suci über viele Stunden hinweg beobachten zu können, haben bei unserem PRM-Team einen sehr zufriedenstellenden Eindruck hinterlassen.
Die inzwischen Neunjährige Suci hat sich bestens im Bukit Baka Bukit Raya Nationalpark eingelebt. Und wird nun hoffentlich noch viele, viele Jahre dazu beitragen, als natürliche „Gärtnerin des Waldes“ das ökologische Gleichgewicht im Regenwald durch ihr Dasein zu erhalten. Und mit etwas Glück die Orang-Utan-Population zu vergrößern.
Beim Stichwort „Nestbau“ denken die meisten Menschen wohl sofort an Vögel. Aber auch Orang-Utans bauen Nester – hoch oben in die Baumwipfel des Regenwaldes und mit beeindruckendem Geschick. Junge Orang-Utans erlernen diese Fähigkeit von ihren Müttern, doch das braucht seine Zeit.
Orang-Utans sind sogenannte baumbewohnende Säugetiere: Sie verbringen den Großteil ihres Lebens als semi-solitäre Waldbewohner auf Bäumen, wo sie kletternd und hangelnd nach Nahrung suchen und allabendlich nach einem geeigneten, sicheren Platz, um dort ihr Schlafnest einzurichten. Dabei beweisen sie sowohl handwerkliches Geschick als auch architektonische Kompetenz.
Orang-Utans werden auch Wald-Architekten genannt
Ihren Nestbau beginnen Orang-Utans mit der Wahl des passenden Baumes und einer geeigneten Astgabel. Besonders beliebt für den Nestbau ist die Baumart Shorea Balangeran, die ausschließlich in Indonesien vorkommt – und ebenfalls vom Aussterben bedroht ist.
Orang-Utans haben eine beachtliche Körpergröße, sodass der „Bauplatz“ einiges an Gewicht aushalten muss. Handelt es sich um einen jungen Baum mit geringem Durchmesser, wird das Nest in direkt am Stamm erbaut, wo die Äste die größte Stabilität aufweisen.
Auf den mächtigen Urwaldriesen hingegen – sie können ausgewachsen über 30 Meter hoch werden – kann sich das Nest auch an der Spitze eines ausladenden Astes befinden und dort, ähnlich einer Hängematte, in einer Astgabel thronen. Manchmal werden auch mehrere Bäume in den Nestbau einbezogen. Dann scheint es, als ob es zwischen den schlanken Stämmen junger Sprösslinge oder zwischen zwei sich überlappenden Astausläufern in der Luft hängt. Doch freilich ist es fest verwoben.
Das Orang-Utan-Schlafnest wird kunstvoll und bequem eingerichtet
Am ausgewählten Ort beginnt der Orang-Utan nun, Zweige und Blätter miteinander zu verweben. So erhält er ein solides Fundament für sein Nest. Mit flinken, geschickten Fingern steckt er Zweige ineinander, schlingt sie umeinander, verbindet und befestigt und zieht schließlich mit kleineren Zweigen einen kreisrunden Rand in die Höhe. Dieser verwandelt den Schlafplatz endgültig in ein Nest und sichert den Orang-Utan vor dem Herausfallen bei Nacht.
Nachdem der Rohbau steht, geht es an die Inneneinrichtung. Denn das Nest soll schließlich nicht nur sicher, sondern auch bequem sein! Dafür sammelt der Orang-Utan junge, weiche Blätter und Moose und polstert sein Nachtquartier aus. Was nun klingt, als sei es ein langer Prozess, ist für erfahrene Orang-Utans eine Sache von wenigen Minuten. Ist das nicht beeindruckend?
Nestbau für den Powernap am Tag
Auch am Tag ziehen sich die Waldmenschen manchmal für eine kurze Ruhepause zurück. Dabei nutzen sie hin und wieder bereits gebrauchter Nester, die sie mit frischen Zweigen verstärken und neu auspolstern.
Aufmerksame Beobachter, die zu Fuß im Regenwald unterwegs sind – wie beispielsweise unsere Ranger in den Post-Release Monitoring Teams – können solche Nester in den Bäumen entdecken. Sie erkennen auch, ob es sich um ein neues oder älteres Nest handelt: In älteren Nestern sind die Blätter braun und verwelkt, hat sich die Zweigkonstruktion teilweise gelockert.
In der BOS-Waldschule lernen Orang-Utan-Waisenkinder den Nestbau
Die Kunst des Nestbaus wird von Generation zu Generation weitergegeben. Normalerweise bleiben Orang-Utan-Mütter sechs bis acht Jahre lang unzertrennlich mit ihrem Nachwuchs zusammen und bringen ihm in dieser Zeit alles bei, was er für das Leben im Regenwald benötigt.
Die Waisenkinder jedoch, die wir in unseren Rettungszentren aufnehmen, sind in den meisten Fällen noch zu jung, um bereits den Nestbau von ihren Müttern gelernt zu haben. Diese Aufgabe übernehmen daher unsere Babysitterinnen. Dazu klettern sie sogar mit den kleinen Waldmenschen hinauf in die Bäume. Denn ein Handwerk erlernt man schließlich nur, wenn man es gezeigt bekommt.
Sie können unsere Arbeit in der BOS-Waldschule unterstützen, indem Sie eine Woche Babysitting spenden. Aber auch kleinere Beiträge helfen, den geretteten Orang-Utan-Waisenkindern einen bestmöglichen zweiten Start ins Leben zu schenken.Denn bei BOS kommt Ihr Geld genau dort an, wo es benötigt wird.
Der Speiseplan von Orang-Utans ist unglaublich vielseitig. Die Waldmenschen vertragen nicht nur ganz unterschiedliche Früchte des Waldes, sie sind auch in der Lage, diese zu finden und sich zugänglich zu machen. Schauen wir uns diese beeindruckenden Fähigkeiten einmal genauer an! Orang-Utans sind Frugivoren, das heißt: Sie essen vor allem Obst. Dank ihrer starken Zähne und Kiefer sind sie in der Lage, eine Vielzahl von Früchten zu verspeisen, ganz gleich, ob sie eine harte Schale oder Kerne haben oder vielleicht noch nicht ganz reif sind. Zu den Früchten des Waldes, die Orang-Utans fressen, zählen aber auch Blätter und Sprossen, Nüsse, Samen, Rinde und das Mark von Ästen, Blumen und Pilze sowie Insekten, Honig und gelegentlich Eier.
Weil sie sehr intelligent sind und in der Lage, Werkzeuge kreativ zu nutzen, gelangen Orang-Utans selbst an schwer erreichbare Futterquellen. So wurden die Tiere schon dabei beobachtet, wie sie die behaarte Rückseite ihrer Hände verwenden, um Ameisen zu fangen oder diese von stacheligen Zweigen herunterzubekommen, ohne sich zu verletzen. Elastische Äste verwenden Orang-Utans ganz selbstverständlich, um zum Beispiel Termiten aus Baumlöchern zu pulen oder etwas aus dem Wasser zu angeln, das außerhalb der Reichweite ihrer Arme schwimmt. Da sie obendrein ausgezeichnet klettern und sich sowohl hoch oben in den Bäumen als auch auf dem Waldboden fortbewegen können, bleibt kaum eine Leckerei für die Waldmenschen unerreichbar, sobald sie sie einmal entdeckt haben.
Intelligente Futtersucher
Bereits erfolgreich angewandte Strategien merken sich die klugen Tiere und verfeinern diese Fähigkeiten im Laufe der Zeit: Mütter geben ihr Wissen an ihre Jungen weiter. Orang-Utans merken sich auch Orte im Wald, an denen zum Beispiel ein Baum mit besonders schmackhaften Früchten steht, und sogar, zu welcher Jahreszeit diese reif sind.
Es gibt nur eine Sache, die die Orang-Utans massiv in ihrer kreativen Futtersuche beschränkt: der Schwund ihres Lebensraumes! Orang-Utans sind auf den Regenwald mit seiner Artenvielfalt angewiesen – er ist für sie sozusagen Kühlschrank und Supermarkt in einem. Je weiter der Lebensraum schrumpft, desto größer wird auch die Gefahr, dass die Tiere bei ihrer Nahrungssuche auf Plantagen oder in privaten Gärten landen, wo sie vertrieben und im schlimmsten Fall verletzt oder sogar getötet werden.
Der Schildhornvogel (Rhinoplax vigil) ist ein Vertreter der Nashornvögel, der auf Sumatra und Borneo zu Hause ist. Von Punan Aput Dayak-Gemeinschaften in den Dörfern Long Sule und Long Pipa wird er tajaku genannt. Und spielt in ihrer Kultur eine große Rolle.
Der laute Ruf dieses auffälligen Vogels, der inklusive Schwanzfedern bis zu zwei Meter lang werden kann, ist im Regenwald kilometerweit zu hören. Er hat einen rötlichen Kopf, einen Schnabel mit hellgelbem Ansatz und ein großes, rotes Horn, das ihn wie ein Schild zu beschützen scheint. Dieses Schnabelhorn ist massiv, besteht also nicht, wie bei anderen Nashornvögeln, aus Luftkammern.
Wertvoller als das Elfenbein von Elefanten
Doch genau wegen dieses Horns wird der Schildhornvogel massiv bejagt. Schon vor Jahrhunderten wurde es nach China und Japan exportiert und dort kunstvoll verarbeitet. Inzwischen soll auf dem illegalen Wildtierhandelsmarkt für ein Kilo Schildhornvogel-Horn der dreifache Preis wie für Elefanten-Elfenbein gezahlt werden. Dazu kommt die Zerstörung seines Lebensraums. So wird der Schildhornvogel inzwischen auf der Roten Liste der IUCN als vom Aussterben bedroht eingestuft. Es ist also ein besonderer Moment, wenn man diesen prächtigen Vogel in freier Wildbahn zu Gesicht bekommt.
Treu bis über den Tod hinaus
Für die Dayak ist der tajaku ein Symbol der Loyalität. Sie erzählen, wenn ein tajaku-Weibchen verschwindet oder stirbt, sucht ihr männlicher Partner monatelang an dem Ort nach ihr, an dem sie sich zuletzt gemeinsam aufgehalten haben.
Auch die Dayak haben den Schildhornvogel in der Vergangenheit wegen seines Horns und seiner Federn gejagt, um daraus traditionelle Kleidung und Accessoires herzustellen. Die Bewohner der Dörfer Long Sule und Long Pipa haben jedoch die Verwendung von tajaku-Produkten aufgegeben. Denn sie glauben, dass der tajaku ein heiliges, traditionelles Symbol ist und durch kein Geld der Welt ersetzt werden kann. Die Ältesten dieser Dörfer vermitteln der jüngeren Generation nun, wie wichtig es ist, die Natur zu schützen und die Schildhornvogel-Population zu erhalten, damit die Rufe dieser prächtigen Vögel auch in Zukunft durch den Regenwald schallen.
Kalimantan ist der indonesische Name für die Insel Borneo, der drittgrößten Insel der Welt nach Grönland und Neuguinea. Kalimantan ist auch Heimat der Borneo-Orang-Utans, die sie sich mit unzähligen anderen Tierarten teilen. Viele von ihnen sind nicht minder bedroht als unsere rothaarigen Verwandten. Wir stellen hier in loser Reihenfolge immer wieder einige dieser faszinierenden Geschöpfe vor.
Der Borneo-Barbourfrosch (Barbourula kalimantanensis)
Kürzlich stieß unser Monitoring Team im Nationalpark Bukit Baka Bukit Raya auf eine echte wissenschaftliche Sensation. So selten, dass ihr großes Geheimnis erst vor wenigen Jahren gelüftet wurde: der Borneo-Barbourfrosch — lokal als jakai bekannt — ist nämlich die einzige bekannte Froschart der Welt ohne Lunge.
Bei einer Patrouille am Fluss entdeckten unsere Mitarbeiter aus dem Camp Hiran den nur sechs bis sieben Zentimeter kleinen, unscheinbar braunen Frosch am Flussufer. Die seltene Amphibie kommt nur in einigen wenigen Regenwäldern Borneos vor, wo sie in kalten, schnell strömenden Gewässern lebt.
Der Frosch ohne Lunge
Der jakai hat einen abgeflachten Kopf, eine breite und abgerundete Schnauze und einen gedrungenen Körper. Sowohl seine hinteren als auch seine vorderen Gliedmaße sind über die Fingerspitzen hinweg mit Schwimmhäuten bedeckt. Das wirklich erstaunliche aber ist, dass diese seltene Froschart keine Lungen als Atmungsorgane hat. Den nötigen Sauerstoff bezieht sie vollständig durch ihre Haut.
Erst 2008 konnten Forscher diese Besonderheit entdecken. Die Wissenschaftler vermuten, dass die Anpassung an den Lebensraum – kalte Gewässer mit einer starken Strömung – das Verschwinden der Lungen erklären. Denn Lungen verursachen im Wasser Auftrieb, was in schnell strömenden Gewässern die Gefahr erhöht, von der Strömung mitgerissen zu werden. Da das Wasser aber sehr sauerstoffreich ist, könne der Frosch genügend Sauerstoff über die Haut aufnehmen.
Auf der Roten Liste der IUCN ist der Borneo-Barbourfrosch als „stark gefährdet“ aufgeführt. Aufgrund seines extrem begrenzten Verbreitungsgebiets und der Bedrohung seines Lebensraums, ist ein Fund wie im Nationalpark Bukit Baka Bukit Raya auf jeden Fall ein besonderer Glücksfall. Und eine große Freude, die uns in unserer Arbeit bestätigt. Denn mit dem Orang-Utan schützen wir eine Artenvielfalt, die uns jeden Tag staunen lässt, und die es unbedingt zu bewahren gilt.
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