Ameisen — Die heim­liche Weltmacht

Ameisen — Die heim­liche Weltmacht

Sie leben in einer Welt aus verschlüs­selter Kommu­ni­ka­tion, blitz­schnellen Befehls­ketten und geheimen Gift­mi­schungen. Ameisen haben gigan­ti­sche Körperkräfte.

Sie sind seit Millionen Jahren allge­gen­wärtig auf der Erde. Und doch erscheint uns keine Lebens­form fremd­ar­tiger. Der Filme­ma­cher Wolf­gang Thaler und der Biologe Bert Höll­do­bler erforschten gemeinsam die geheim­nis­volle Welt der sozialen Insekten. Dabei gelang es ihnen, seltene Momente und Amei­sen­arten mit der Kamera fest­zu­halten: Etwa die „Campo­notus schmitzi“ aus Borneo, die als einzige Ameise der Welt schwimmen und tauchen kann. Bevor­zugt tut sie das im Inneren einer fleisch­fres­senden Kannen­pflanze, wo sie nie lange auf Beute warten muss. Sensa­tio­nelle Bilder gelangen Wolf­gang Thaler auch in Argen­ti­nien, wo Wissen­schaftler den Bau einer riesigen Kolonie von Gras­schnei­der­ameisen frei­legten. Sie fanden ein über 50 Quadrat­meter verzweigtes, gigan­ti­sches System von unter­ir­di­schen Gängen, Pilz­gärten, Brut­kam­mern und Kompost­höhlen, das acht Meter tief in die Erde reichte. Der welt­weit führende Amei­sen­ex­perte Bert Höll­do­bler, Professor an der Univer­sität Würz­burg, öffnete für diese Doku­men­ta­tion erst­mals sein Labor. Dort werden Ameisen auf Lauf­bän­dern, in Klima­kam­mern und Zentri­fugen auf ihre unglaub­liche Leis­tungs­fä­hig­keit getestet. Manche dieser sechs­bei­nigen Spit­zen­ath­leten können ein Mehr­fa­ches ihres Körper­ge­wichts halten, während sie kopf­über von der Decke hängen. Zusätz­lich zu ihren tita­nen­haften Körper­kräften haben Ameisen noch eine weitere unschlag­bare Fähig­keit: Sie können so effi­zient zusam­men­ar­beiten wie keine anderen Wesen auf der Welt. Spezia­li­sie­rung und Arbeits­tei­lung, super­fle­xible Methoden der Selbst­or­ga­ni­sa­tion und Kommu­ni­ka­ti­ons­si­gnale, die ohne Verzö­ge­rung alle Mitglieder einer Kolonie errei­chen — solche Fähig­keiten inter­es­sieren nicht nur Biologen, sondern auch Kyber­ne­tiker und Wirtschaftswissenschafter.
Hidden King­doms — Im König­reich der kleinen Tiere

Hidden King­doms — Im König­reich der kleinen Tiere

In der zweiten Folge nimmt das Kame­ra­team die Zuschauer in den Dschungel Borneos mit. In dem tropi­schen Regen­wald tobt das Leben. Nicht nur auf dem Boden ist viel los, auch in den Baum­wip­feln herrscht reges Gewusel.

Hier wohnt das Spitz­hörn­chen. Das 15 Zenti­meter kleine Tier muss nicht viel tun, um den tägli­chen Bedarf zu decken. Ein Mangost­an­baum versorgt das Hörn­chen mit allem, was es braucht. Seit zehn Millionen Jahren hüpfen die Spitz­hörn­chen durch den Dschungel. Das Kletter- und Spring­ta­lent bekommen sie in die Wiege gelegt. Doch im Kampf um Nahrung lauern etliche Konkur­renten. 17.000 Kilo­meter entfernt von Borneos Dschungel liegt Brasi­lien. Auch dort stoßen die Tier­filmer auf ein außer­ge­wöhn­li­ches Tier: das Büschel­äff­chen. Es ist so klein, dass es sich bequem in einer Menschen­hand ausruhen könnte. Früher lebten die Büschel­äff­chen im Urwald, doch inzwi­schen haben sie ihren Lebens­raum bis an den Rand des Groß­stadt­dschun­gels von Rio de Janeiro verla­gert. Jeden Tag gehen die Affen in der Sechs-Millionen-Metro­pole auf Futter­suche. Sie holen sich das, was Menschen wegwerfen. Um an ihre Beute heran­zu­kommen, balan­cieren sie auf den Strom­ka­beln entlang. Dann ziehen die Kameras weiter in die 8.000 Kilo­meter entfernten Wälder von Nord-Kanada. Hier herrscht eine völlig andere, geheime Welt. Soeben beginnt die kalte Jahres­zeit. Für das sechs Wochen alte Strei­fen­hörn­chen eine große Herausforderung.

Äquator — Die Linie des Lebens

Äquator — Die Linie des Lebens

Dort, wo der Äquator Land durch­quert, zieht er sich noch immer über weite Stre­cken durch abge­le­gene Gebiete mit einer reich­hal­tigen Tier­welt. Doch der Mensch ist auf dem Vormarsch. Meist müssen die Tiere weichen. Viele Arten sterben aus.

Die Menschen vertei­digen ihre Ernten. Die Konkur­renz um Platz und Nahrung wächst. Es wird enger, auch im Para­dies. Die Galá­pa­gos­in­seln waren einst ein Refu­gium für Riesen­schild­kröten. Doch seit der Entde­ckung der Inseln droht ihnen Gefahr. In den letzten zwei Jahr­hun­derten wurden schät­zungs­weise 200.000 Tiere getötet. Heute leben noch etwa 15.000. Um das Über­leben zu sichern, unter­sucht der Zoologe Dr. Stephen Blake die Gründe für die jähr­liche Schild­krö­ten­wan­de­rung vom Tief­land in das vulka­ni­sche Hoch­land. In Uganda igno­rieren Elefanten die künst­li­chen Grenzen, die ihnen der Mensch mit den Natio­nal­parks gesteckt hat. Viele Klein­bauern sind verzwei­felt, denn nachts fallen Elefanten über ihre Felder her. Die Bauern versuchten erfolglos, sie zu vertreiben. Doch Forscher haben entdeckt, dass die Dick­häuter Angst vor Bienen haben. Jetzt wird das Gemüse mit Bienen­zäunen geschützt. Auf Borneo sind Orang-Utans vom Aussterben bedroht. Durch Regen­wald­ro­dungen für Palmöl-Plan­tagen fehlt ihnen der Lebens­raum. Zudem werden die Tiere von Palmöl-Bauern getötet und verletzt. Die Borneo Oran­gutan Survival Foun­da­tion versorgt die verletzten und trau­ma­ti­sierten Tiere. Meist sind es Affen­babys, deren Mütter getötet wurden. Die hilf­losen Orang-Utan-Waisen lernen das ABC für das Über­leben und werden dann in geschützte Regen­wälder ausgewildert.

Tiere aus Kali­mantan: Der Fleckenmusang

Tiere aus Kali­mantan: Der Fleckenmusang

Kali­mantan ist der indo­ne­si­sche Name für die Insel Borneo, der dritt­größten der Welt nach Grön­land und Neuguinea. Kali­mantan ist auch die Heimat der Borneo-Orang-Utans, die sie sich mit unzäh­ligen anderen Tier­arten teilen. Viele von ihnen sind nicht minder bedroht als unsere rothaa­rigen Vettern. Wir stellen hier in loser Reihen­folge immer wieder einige dieser faszi­nie­renden Geschöpfe vor.

Der Flecken­musang (Para­dox­urus hermaphroditus) 

Flecken­musangs gehören zur Raub­tier­fa­milie der Schleich­katzen, die zwar keine eigent­li­chen Katzen darstellen, aber mit diesen sowie unter anderem den Hyänen und Mangusten (z.B. Mungos) zur Über­fa­milie der Katzen­ar­tigen gehören. Die etwa haus­kat­zen­großen Tiere sind über weite Teile Südost­asiens verbreitet und gehören in Borneo seit jeher zur einhei­mi­schen Tier­welt. Die IUCN stuft sie als least concern, nicht gefährdet ein. Aller­dings stammt diese Einschät­zung von 2015. Die Tendenz der Bestands­ent­wick­lung ist durchaus negativ. Bedro­hungs­fak­toren sind, wie so oft, in erster Linie Habi­tats­ver­lust und Wilderei. Seinen Beinahmen herm­aphro­ditus trägt der Flecken­musang übri­gens nicht etwa, weil er tatsäch­lich herm­aphro­di­tisch (zwittrig) wäre, sondern weil seine Duft­se­kret-Drüsen, die beide Geschlechter unter dem Schwanz tragen, an Hoden erinnern. 

Nachtaktiv: der Fleckenmusang (Foto: Commons Wikimedia/ Krishnakumarvairassery )
Nacht­aktiv: der Flecken­musang (Foto: Commons Wikimedia/ Krishnakumarvairassery )

Ein nächt­li­cher Waldbewohner 

Flecken­musangs leben bevor­zugt auf Bäumen, wo sie in der Nacht nach Früchten, Wirbel­losen und kleinen Wirbel­tieren suchen. Sie beziehen aber auch den Wald­boden in ihre Nahrungs­suche mit ein. Ähnlich wie Orang-Utans tragen mögli­cher­weise auch Flecken­musangs zur Samen­ver­brei­tung im Regen­wald bei, sind also sozu­sagen Gärtner des Regen­waldes. Den Tag verschlafen sie gerne in Baum­höhlen oder dicht belaubten Astga­beln. Vergleichbar mit unseren Stein­mar­dern scheuen sie aber auch nicht die Nähe mensch­li­cher Sied­lungen, wo sie als Alles­fresser vom reich­hal­tigen Nahrungs­an­gebot profi­tieren.  Außer während der kurzen Paarungs­zeit leben Flecken­musangs einzel­gän­ge­risch. Trotz ihrer rela­tiven Häufig­keit ist über die Einzel­heiten ihres Verhal­tens aber nur wenig bekannt — als ausge­spro­chen nacht­ak­tive Tiere sind sie nur schwer zu beobachten. 

Die „Kaffee­katze“ 

Flecken­musangs sind vor allem wegen eines Phäno­mens bekannt: Sie sind die Quelle des berühmten Kopi Luwak,fälsch­li­cher­weise auch „Katzen­kaffee“ genannt. Mit der Einfüh­rung des ursprüng­lich afri­ka­ni­schen Kaffee­strauchs nach Borneo erschloss sich mit dessen Früchten für den Flecken­musang eine weitere Nahrungs­quelle. Die rohen Kaffee­bohnen werden dabei fast unver­daut wieder ausge­schieden, haben aber einen Fermen­ta­ti­ons­pro­zess durch­laufen, der den Bohnen, wenn man sie röstet, ein beson­deres Aroma verleiht. Echter Kopi Luwak kostet als Endpro­dukt mehrere hundert Euro oder Dollar pro Kilo. Das war nicht immer so; zu Kolo­ni­al­zeiten wurden die vorver­dauten Bohnen größ­ten­teils von ärmeren Leuten gesam­melt und zu Kaffee verar­beitet. Der normale Bohnen­kaffee hingegen war sehr teuer und ging in den Export oder wurde nur von den euro­päi­schen Kolo­ni­al­herren und anderen Wohl­ha­benden getrunken. 

Begehrte Kaffeebohnen (Foto: Commons Wikimedia/ Wibowo Djatmiko)
Begehrte Kaffee­bohnen (Foto: Commons Wikimedia/ Wibowo Djatmiko)

Kopi Luwak — verhäng­nis­voll für den Fleckenmusang

Seit der vorma­lige Arme-Leute-Kaffee aber seiner­seits zum exqui­siten Luxus­pro­dukt avan­cierte, reichte das bloße Sammeln der zufällig ausge­schie­denen Bohnen natür­lich nicht mehr aus, um den Bedarf zu decken. Neben diversen Fälschungen kam farm­mäßig produ­zierter Kopi Luwak auf den Markt. Gefan­gene Flecken­musangs werden dafür in extrem engen Käfigen gehalten und fast ausschließ­lich mit Kaffee­früchten gefüt­tert, um möglichst viel der fermen­tierten Bohnen zu erhalten. Durch diese tier­quä­le­ri­sche Art der Produk­tion ist Kopi Luwak sehr zu Recht in Verruf geraten. Mitt­ler­weile soll es Farmen geben, auf denen die Tiere mehr Auslauf haben und abwechs­lungs­rei­cher gefüt­tert werden. Viel­leicht aber kann man auch weiterhin mit normalem Kaffee glück­lich werden (bei dem man übri­gens auch auf Fair Trade und ökolo­gi­sche Krite­rien achten sollte). Auf jeden Fall sollte man den Flecken­musang auch ohne seinen spezi­ellen Nutzen als Teil der Fauna von Borneo wertschätzen. 

Die Orang-Utans und der Regen­wald brau­chen uns. Gerade jetzt. Vielen Dank für Ihre Unterstützung.

Eine Erde — viele Welten

Eine Erde — viele Welten

Kein Lebens­raum an Land beher­bergt größeren Arten­reichtum als tropi­sche Regen­wälder. Hier liefern sich die Bewohner inten­sivste Konkur­renz­kämpfe. Die großen Wälder sind Orte voller drama­ti­scher Geschichten und über­ra­schender Ereignisse.

Jaguare fangen Kaimane, Delfine schwimmen durch Baum­kronen, und Frösche vertei­digen in Ninja-Manier ihren Nachwuchs.