Wenn unser Post-Release Monitoring Team ein Rascheln in den Bäumen hört, spitzt es immer die Ohren. Denn häufig ist es ein Orang-Utan, der dieses Geräusch macht. In diesem Fall war es jedoch ein anderer Waldbewohner, der sich durch die Baumkrone bewegte und dabei immer wieder Futterstopps einlegte: ein Hörnchen!
Genauer gesagt: ein Riesenhörnchen der Gattung Ratufa Affinis, auf Borneo bekannt als Jelarang Bilalang. Im Vergleich zu seinen europäischen Verwandten, den Eichhörnchen, kann ein Riesenhörnchen eine Größe von bis zu 38 Zentimetern Körperlänge erreichen. Dazu kommt eine Schwanzlänge von weiteren 44 Zentimetern. Jelarang Bilalang hat außerdem eine auffällige Fellzeichnung: Sein Bauch ist weißlich und sein Rücken und der buschige Schwanz sind dunkel gefärbt. Dadurch unterscheiden sie sich deutlich von ihren Artgenossen in Malaysia, die eine sehr viel blassere Fellfarbe haben.
Jelarang Bilalang ist ein Einzelgänger, der ausschließlich hoch oben in den Bäumen lebt und nur von Tagesanbruch bis Sonnenuntergang aktiv ist. Wenn Fressfeinde wie beispielsweise Adler am Himmel auftauchen, klettert es auch Mal ein paar Ast-Stockwerke tiefer, jedoch nie auf den Waldboden. Das Riesenhörnchen von Borneo ist ein scheues Lebewesen, das jegliche soziale Interaktion meidet. Nur zur Paarungszeit finden sich die Tiere zusammen.
Scheue Bewohner der Baumwipfel
Die Eichhörnchen sind wichtige Bewohner des Regenwaldes, denn sie helfen dabei, Samen zu verteilen. Damit unterstützen sie das Wachstum und die Regeneration des Waldes. Leider sind auch diese Lebewesen durch Wilderei und das Schwinden ihres Lebensraumes bedroht. Die Internationale Union zur Bewahrung der Natur (IUCN) führt sie auf der Liste der potenziell gefährdeten Arten, denn ihre Zahl ist in den vergangenen Jahren stark gesunken.
Wir bei BOS sind sehr froh, dass unsere Auswilderungswälder einen sicheren Lebensraum auch für die Jelarang Bilalang bieten. Unsere PRM-Teams sowie unser Team von der BOS-Waldschutzfirma RHOI werden auch künftig alles daransetzen, den Regenwald zu schützen.
Zuletzt war das Wetter in Zentral-Kalimantan und Nyaru Menteng ziemlich unvorhersehbar. Manchmal war es extrem heiß und trocken und dann wieder gab es starke Regenfälle und die Temperaturen kühlten empfindlich ab. Infolge der Wetterkapriolen zogen sich einige unserer Waldschüler eine Erkältung zu. Darunter auch Topan.
Die kleinen, erkrankten Orang-Utans schnieften und husteten und unsere Tierärzte verordneten ihnen Ruhezeit und Abstand von ihren noch gesunden Freunden. So konnte Topan einige Tage lang nicht in die Schule gehen. In dieser Zeit wurde sie sehnsüchtig vermisst.
Wo bleibt Topan nur?
Jeden Morgen zu Beginn der Waldschule wartet ein junger, wilder Orang-Utan am Waldrand darauf, dass Topan auf der Lichtung erscheint. Es ist ein etwa sechs- oder siebenjähriges Orang-Utan-Mädchen, das wir Tuti genannt haben. Unsere Tierärzte vermuten, dass Tutis Mutter sich ebenfalls in der Nähe befinden muss. Denn im Alter von sechs Jahren beginnen Orang-Utans erst so ganz allmählich, sich von ihren Müttern zu lösen und unabhängig zu werden.
Tuti beobachtet die Waldschule aus sicherer Entfernung
Unsere Babysitterinnen beobachten, dass Tuti zwar sehr neugierig ist, was ihre Artgenossen in der Waldschule machen. Sie hält jedoch immer schön Abstand und schaut nur aus dem Wipfel eines Baumes zu.
Während Topans Krankheit kam Tuti zwar wie gewohnt morgens zur Waldschule, entfernte sich jedoch sofort wieder, als sie bemerkte, dass ihre Freundin nicht dort war. Offenbar hat sich zwischen den beiden eine enge Freundschaft entwickelt – obwohl unser Team anfangs gar nicht begeistert davon war.
Freundschaft zwischen einem geretteten und einem wilden Orang-Utan
Als Topan endlich wieder in die Schule gehen konnte, hielt sie sofort Ausschau nach ihrer Freundin Tuti. Nachdem sie Gurken und Mais gefrühstückt hatte, kletterte sie direkt nach oben in Tutis Lieblingsbaum und wartete dort. Doch ausgerechnet am Tag von Topans Rückkehr ließ sich die Spielgefährtin nicht blicken. Nach einer Weile spielte sie daher mit Monita und Paulinus.
Am nächsten Tag dasselbe Spiel. Topan hält nach ihrem Frühstück in der Waldschule sofort Ausschau nach ihrer Freundin. Dabei wird sie von einer Babysitterin beobachtet, die die Unruhe und suchenden Blicke des kleinen Orang-Utan-Mädchens bemerkt.
Das laute Rascheln in den Baumwipfeln kommt näher
Plötzlich ein lautes Rascheln in den Baumwipfeln, das näherkommt. Das klingt nach einem Orang-Utan! Und tatsächlich: Kurze Zeit später taucht Tuti in Sichtweite der Waldschüler und ihrer Babysitterinnen auf! Topan hat sie auch bemerkt und klettert flink hinauf in die Baumkrone, um ihre Freundin zu begrüßen. Kurz darauf klettern die beiden davon und sind bald im dichten Laubdach des Regenwaldes verschwunden.
Entgegen den Annahmen unserer Tierärzte hat die Freundschaft zu einem wilden Orang-Utan-Mädchen einen positiven Einfluss auf Topan. Sie ist durch Tuti viel selbstbewusster geworden. Auch geht sie auf deutlich weitere Entdeckungstouren im Regenwald als ihre Mitschüler. Inzwischen wünschen wir uns für die beiden, dass ihre Freundschaft anhält und sie weiterhin Dinge voneinander lernen können.
Möchten Sie hören, wie es mit Topan und Tuti weitergeht? Und erfahren, welche Fortschritte Topan in der Waldschule macht? Als Pate von Topan erhalten Sie regelmäßig exklusive Updates von „Ihrem“ Orang-Utan! Wie Sie eine Patenschaft übernehmen können, erfahren Sie hier.
Was Sie auf diesem Foto sehen, ist eine Pflanze mit dem wissenschaftlichen Namen Melastoma malabathricum, im Deutschen als Indischer oder Singapur-Rhododendron bekannt, in Indonesien als Senggani. Auf Borneo ist die zur Familie der Schwarzmundgewächse gehörende Pflanze weit verbreitet. Sie wächst dort in feuchten Gegenden ebenso, wie in den Wäldern des Tief- und Hochlandes, und breitet sich auch gerne auf Plantagen, Feldern und in Gärten aus.
Der buschige, immergrüne Strauch wächst zwischen einem halben und bis zu drei Metern hoch und trägt dabei wunderschöne, poppig-bunte Blüten, die in zwei Farben auftreten: dunkellila-magenta oder hellrosa-magenta. Ganz selten blüht er euch in reinem Weiß. Seine Beerenfrüchte sind an der Spitze wie kleine Trompeten geformt und verfärben sich mit der Reife dunkellila. Sie schmecken leicht säuerlich.
Wenn eine Pflanze sich so stark vermehrt und ausbreitet, dass sie andere dominiert, spricht man üblicherweise von einem Unkraut. Die Senggani-Büsche sind in dieser Hinsicht sehr erfolgreich, was sie bei Landwirten nicht gerade beliebt macht.
Sie haben jedoch auch sehr nützliche Eigenschaften! Orang-Utans und andere Wildtiere schätzen ihre Blätter, Früchte und Samen als Snack. Und auch in der traditionellen Medizin spielen die Senggani-Büsche eine wichtige Rolle: Sie enthalten viel Flavonoid und haben antioxidative Eigenschaften, die etwa bei Magenbeschwerden und der Wundheilung helfen können.
BOS rettet und schützt nicht nur Orang-Utans, sondern auch ihren wilden Lebensraum in den Regenwäldern von Borneo. Helfen Sie uns dabei – jede Spende kommt direkt unseren Projekten zugute!
ARTE, Fr, 24. Mai 2024, 16:55 Uhr, danach bis zum 22. August 2024 in der arte Mediathek verfügbar
In den Tropen werden noch immer Regenwälder zerstört, um Holz oder Weide- und Ackerflächen zu gewinnen. Vor allem Ölpalmenplantagen zerstören riesige Gebiete. Die Insel Borneo hat so bereits die Hälfte ihres Regenwaldes verloren. Nun hat der malaysische Bundesstaat Sabah im Nordosten Borneos beschlossen, Palmöl nur noch ohne weitere Abholzungen zu produzieren.
Die südostasiatische Insel Borneo ist eine Schatzkammer der Artenvielfalt: Während in deutschen Wäldern rund 90 Baumarten leben, gedeihen in den Regenwäldern Borneos bis zu 1.200 Arten auf einem halben Quadratkilometer. Auch die Zahl der Tierarten ist enorm, und jedes Jahr werden neue entdeckt. Mitte des vergangenen Jahrhunderts begann allerdings eine beispiellose Vernichtung: Um Holz zu gewinnen und Ackerflächen anzulegen, wurden riesige Gebiete entwaldet. In manchen Jahren exportierte Borneo mehr Holz als Afrika und Südamerika zusammen. Mit dem Beginn des Palmölbooms nahm die Zerstörung noch zu.
Unser Partner Rhino and Forest Fund kämpft seit Jahren gegen diesen Trend: Der Verein kauft Plantagen, forstet diese auf und verwandelt sie in Naturschutzgebiete.
Seit 2019 unterstützt auch BOS diese Projekte in Sabah, Malaysia. Wir blicken auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit zurück. Gemeinsam konnten wir Ölpalmenplantagen an strategisch wichtigen Orten erwerben und diese aufforsten. So entstehen wichtige Wildtierkorridorre zwischen Naturschutzgebieten und Wildtieroasen für Zwergelefanten, Orang-Utans, Banteng-Rinder und viele weitere bedrohte Tierarten.
Der deutsch-französische Fernesehsender Arte hat diese Arbeit porträtiert. Viel Spaß beim Zuschauen.
BOS rettet nicht nur verletzte und verwaiste Orang-Utans. Ein wichtiger Teil unserer Arbeit besteht auch darin, Mensch-Tier-Konflikte zu verhindern. Dazu betreiben wir Bildungsarbeit und greifen ein, bevor ein Orang-Utan zu Schaden kommt.
So geschehen im Fall von Raymond, den wir 2016 in unserem Auswilderungswald Kehje Sewen freigelassen haben. Er hatte in einem Dorf immer wieder für Unruhe gesorgt und war den Bewohnern und ihren Häusern deutlich zu nah gekommen. Die Serie von Vorfällen hatte im August 2023 begonnen, als Raymond zusammen mit dem Orang-Utan-Weibchen Bungan in der Gegend von Pelangsiran auftauchte. Beide waren echte Unruhestifter und störten den Dorffrieden.
Die beiden Orang-Utans hatten Glück
In solchen Fällen von Mensch-Tier-Konflikten kommt es leider immer wieder vor, dass die Menschen zuerst versuchen, die Orang-Utans aus ihren Dörfern oder von ihren Feldern zu verscheuchen. Wenn ihnen dies nicht gelingt, greifen sie oft zu drastischeren Maßnahmen, verletzen oder töten gar die Tiere. In diesem Fall jedoch wurden unsere Ranger zur Hilfe gerufen.
Die BOS-Task Force hat Erfahrung darin, Orang-Utans sicher an einen neuen Ort zu bringen
Im September 2023 wurde zunächst Bungan eingefangen und in die Gegend von Gunung Bagong, weit entfernt von menschlichen Siedlungen, umgesetzt. Doch obwohl man die beiden getrennt hatte, setzte Raymond seine Aktionen im Dorf fort. Nach einigen Wochen war die Geduld der Bewohner am Ende und sie baten BOS erneut um Hilfe.
Bei Mensch-Tier-Konflikten greift BOS ein
In solchen Fällen bildet unser Post-Release Monitoring-Team eine Task Force, die zunächst einen Ort sucht, an den der Orang-Utan umgesiedelt werden kann. Dann wird im betroffenen Dorf und im Gespräch mit den Bewohnern eine Strategie entwickelt, um den Orang-Utan einzufangen. Und schließlich wird alles vorbereitet, was unser Team benötigt, um das gefangene und sedierte Tier an den neuen Ort zu transportieren.
Sicher untergebracht, reiste Raymond auf einem Boot in sein neues RevierZu Fuß ging es die letzten Meter bis zur Auswilderungsstelle
In Pelangsiran drängte die Zeit, denn die Dorfbewohner hatten ein für alle Mal genug von der Orang-Utan-Randale. Glücklicherweise gelang es unserem Team sehr schnell, Raymond aufzuspüren, denn er hielt sich im Garten eines Dorfbewohners, direkt hinter dessen Haus, auf.
Ein solches Verhalten ist äußerst untypisch für Orang-Utans. Wenn es – wie im Fall von Raymond – doch vorkommt, liegt es sehr wahrscheinlich daran, dass dieser Orang-Utan im Kindesalter Erfahrungen gemacht hat, durch die er seine natürliche Scheu vor Menschen verloren hat.
Medizinischer Check-Up
Der BOS-Tierarzt sedierte Raymond und nutzte die Gelegenheit für einen raschen medizinischen Check-Up: Er überprüfte Raymonds körperliche Verfassung, hörte sein Herz und seine Atmung ab und nahm einige Proben.
Dann wurde er sicher in eine Transportkiste gelegt und per Boot in die Persemaian-Region gebracht. Zügig nach der Ankunft durfte Raymond den Käfig bereits wieder verlassen. Die Umsiedelungsaktion war innerhalb eines Tages ohne Zwischenfälle über die Bühne gegangen. Nun hoffen wir, dass Raymond in seinem neuen Revier gut ankommt und fernab von menschlichen Kontakten ein langes und gesundes Leben führen wird. Alles Gute, Raymond!
Regenwaldschutz ist Orang-Utan-Schutz ist Artenschutz. Denn nur wenn wir den Lebensraum der bedrohten Arten bewahren, können diese gerettet werden. Wir danken Ihnen für Ihr Interesse und Ihre Unterstützung: Jeder Beitrag hilft!
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