Bauern­opfer für den Regenwald?

Bauern­opfer für den Regenwald?

Am 17. Januar dieses Jahres empfahl das Euro­päi­sche Parla­ment dem Rat und der Euro­päi­schen Kommis­sion, ab 2021 keine Entwal­dung verur­sa­chenden Rohstoffe im Agro-Sprit zuzu­lassen, was beson­ders Palmöl betrifft. Schon lange im Vorfeld dieser Empfeh­lung trieb das beson­ders die Regie­rungen Malay­sias und Indo­ne­siens mit Palmöl-Werbe­ver­an­stal­tungen und voll­mun­digen Verlaut­ba­rungen auf die Barrikaden.

Vom Boykott deut­scher Autos, von Handels­krieg, Verschwö­rung und „Ernte-Apart­heid“ war die Rede. Sind beide Länder mit zusammen ca. 85 Prozent der Welt­pro­duk­tion doch die beiden größten Palmölexporteure.

 

Ein Minister meldet sich zu Wort

 

Im deut­schen Handels­blatt kam am 17. Dezember 2017 der malay­si­sche Minister für Handel und Plan­tagen, Datuk Seri Mah Siew Keong, mit einem Artikel zu Wort, in dem er den aus seiner Sicht zutiefst unge­rechten Bann von Palmöl im Sprit geißelte. Er stellte vor allem darauf ab, dass immerhin 39 Prozent der malay­si­schen Anbau­fläche für Palmöl im Besitz von Klein­bauern seien (in Indo­ne­sien sind die Verhält­nisse ähnlich).

Es sei völlig inak­zep­tabel, diesen Klein­bauern den Weg zu Wohl­stand zu verbauen, indem man ihnen uner­füll­bare Zerti­fi­zie­rungs­pflichten aufer­lege. Der Minister beklagt, dass die Stan­dards inter­na­tio­naler Siegel wie die des RSPO (Round Table of Sustainable Palmoil) von Klein­bauern prak­tisch nicht einzu­halten seien, ihr Bildungs­stand und ihre Möglich­keiten seien dafür einfach zu gering. Dagegen sei für sie einzig das malay­si­sche Zerti­fi­zie­rungs­system MSPO (Malay­sian Sustainable Palm Oil) praktikabel.

Unbe­stritten haben Malaysia und Indo­ne­sien – aus dem ähnliche Töne zu hören sind — ein Recht auf wirt­schaft­liche Entwick­lung. Dass Palmöl auch in Zukunft Bestand­teil und Motor dieser Entwick­lung sein wird, kann man ohne prophe­ti­sche Gabe voraus­sehen. Umso besser, wenn dann auch Klein­bauern davon profi­tieren. Aller­dings ist auch der rela­tive Wohl­stand der Palmöl-Klein­bauern oft genug mit der gewalt­samen und rechts­wid­rigen Enteig­nung und Vertrei­bung anderer Armer sowie der rück­sichts­losen Vernich­tung riesiger Wald­ge­biete erkauft.

Durch das malay­si­sche MSPO-Label soll das alles anders und besser werden, ähnlich wie durch das in Indo­ne­sien regie­rungs­amt­lich propa­gierte ISPO-Zerti­fikat (Indo­ne­sian Sustainable Palm Oil), das noch schwä­cher ist als das unter Natur­schüt­zern ohnehin schon hoch strit­tige Siegel des RSPO. Inter­na­tio­nale Experten verweisen auf die mangelnde Trans­pa­renz des MSPO. Ob über­haupt und wenn ja, in welchem Ausmaß das MSPO Entwal­dung verhin­dern kann, ist reine Speku­la­tion. Die Regie­rung hat bisher keine aussa­ge­kräf­tigen Daten veröf­fent­licht oder viel­leicht auch noch gar keine erhoben. Im Prinzip das Gleiche gilt für die behaup­teten posi­tiven sozialen Auswir­kungen des MSPO. Auch dafür gibt es bis auf Weiteres keine nach­prüf­baren Belege.

 

Darf Europa Länder wie Malaysia und Indo­ne­sien so scharf kritisieren?

Schließ­lich haben wir unsere Urwälder schon vor Jahr­hun­derten verbaut und verfeuert. Dass wir heute immerhin so etwas wie eine gere­gelte Wald­wirt­schaft haben, verdanken wir unter anderem unserem gemä­ßigten Klima, das – anders als in den Tropen – eine stabile Humus­schicht der Wälder ermög­licht. Und was Lobby­ismus angeht, kann das der deut­sche Außen­mi­nister im Notfall genau so gut wie seine Kollegen aus anderen Ländern. Als beispiels­weise China letztes Jahr ankün­digte, in Zukunft stärker auf Elektro-Autos zu setzen, war Sigmar Gabriel sogleich zur Stelle, um Schlim­meres für die deut­sche Auto­in­dus­trie zu verhüten.

Da wir alle uns aber nur einen einzigen Planeten teilen, ist es nicht die allei­nige Sache einiger Staaten, was sie mit „ihren“ Regen­wäl­dern machen – es betrifft das Welt­klima und das Leben der ganzen Erde. Zudem stehen die Abneh­mer­länder des Palmöls in der Mitver­ant­wor­tung, da sie ja erst die Nach­frage erzeugen. So gesehen ist der Beschluss des Euro­päi­schen Parla­ments zur Palm­öl­pro­ble­matik kein Ergebnis „poli­ti­scher Machen­schaften“, wie es der malay­si­sche Minister glaubte nennen zu müssen, sondern verant­wort­li­ches und in der Sache rich­tiges Handeln.

 

Die Produ­zen­ten­länder haben es auch in den eigenen Händen

Es liegt an den Produ­zen­ten­län­dern selbst, eine Regie­rungs­praxis zu verwirk­li­chen, in der die Worte wirk­lich von Taten und nach­prüf­baren Ergeb­nissen gedeckt sind und es weder zu weiteren Entwal­dungen noch zu Menschen­rechts­ver­let­zungen kommt. Den Palmöl-Klein­bauern vorzu­schieben, ist dagegen wenig hilf­reich, zumal der Löwen­an­teil am Palm­öl­profit durchaus eher großen Global Players als kleinen Bauern zukommt.

Malaysia und Indo­ne­sien sind keine armen Länder. Ginge es ihren Regie­rungen wirk­lich in erster Linie um Armuts­be­kämp­fung, hätten sie viele Möglich­keiten, auch und gerade außer­halb von Palmöl. Aber selbst die Palmöl-Klein­bauern bräuchten bessere Unter­stüt­zung. Wenn der malay­si­sche Handels­mi­nister selbst auf den Mangel an Fertig­keiten bei den Klein­bauern in seinem Land hinweist, zeigt das die Notwen­dig­keit entspre­chender Bildungs­po­litik. Und zumin­dest in Indo­ne­sien liegen die Erträge der Small­holder um bis zu zwei Drit­teln unter denen der Groß­pro­du­zenten. Der Grund dafür ist vor allem Unkenntnis der ertrag­reichsten Sorten und der besten Anbau­me­thoden. Könnten die Klein­pro­du­zenten durch eine entspre­chende Ausbil­dung ihre Möglich­keiten voll ausschöpfen, bedeu­tete dies eine wesent­liche Ertrags­stei­ge­rung auf bestehenden Anbau­flä­chen, das heißt, ohne weitere Wald­ge­biete in Mono­kul­turen verwan­deln zu müssen.

Malaysia und Indo­ne­sien können selbst dafür sorgen, dass auch ihre Palmöl-Klein­bauern eine globale Nach­hal­tig­keits­po­litik, wie sie im Beschluss des EU-Parla­ments zum Ausdruck kommt, nicht als Opfer erfahren.

 

 

Palmöl im Tank: Einen Schritt nach vorne, zwei Schritte zurück

Palmöl im Tank: Einen Schritt nach vorne, zwei Schritte zurück

Gerade erst konnten wir einen ersten Erfolg im Kampf gegen Palmöl in Kraft­stoffen erzielen, schon folgen aus Brüssel sehr beun­ru­hi­gende Nach­richten: Am 22. Januar 2018 zog der Euro­päi­sche Rat sechs Einsprüche gegen Import­zölle von Biodie­sel­roh­stoffen aus Argen­ti­nien und Indo­ne­sien beim Euro­päi­schen Gerichtshof zurück. Somit werden die Anti­dum­ping­zölle prak­tisch abgeschafft.

Noch jetzt wandert knapp die Hälfte des nach Deutsch­land impor­tierten Palmöls in Biosprit. Eine trau­rige Bilanz. Die Aufhe­bung der Anti­dum­ping­zölle wird ihren Beitrag dazu leisten, diese Zahl weiter zu stei­gern, da der Preis des Rohstoffs dadurch noch güns­tiger wird.

“BOS Deutsch­land kriti­siert diese Entschei­dung des Euro­päi­schen Rats scharf”, sagt Daniel Merdes, Geschäfts­führer von BOS Deutsch­land. “Wir sehen in der Aufhe­bung dieser Zölle ein reales Risiko, den EU-Biodie­sel­markt mit noch billi­gerem Palmöl aus Indo­ne­sien zu über­fluten. Diese Entschei­dung steht über­haupt nicht im Einklang mit dem Vorschlag für eine Richt­linie des Euro­päi­schen Parla­ments, ab 2021 kein Palmöl mehr als Biokraft­stoff­bei­mi­schung zu verwenden.”

Klima­gipfel in Bonn — unser Fazit

Klima­gipfel in Bonn — unser Fazit

Es war der 23. Klima­gipfel der Vereinten Nationen, der im November 2017 in Bonn statt­fand. Dabei war Bonn nur tech­nisch der Austra­gungsort, als formeller Gast­geber fungierte die kleine Repu­blik der Fidschi-Inseln im fernen pazi­fi­schen Ozean. 

Ohnehin zu wenig Fläche, um die mehr als 25.000 Teil­nehmer ange­messen unter­zu­bringen, kann das Auswei­chen aufs Fest­land auch als voraus­schau­ende Symbolik verstanden werden: Die Fidschi-Inseln gehören zu den Regionen, die durch die globale Erwär­mung am augen­fäl­ligsten bedroht sind. Sie sorgen sich nicht um irgend­einen Wandel des Klimas, sondern um ihre pure Exis­tenz als bewohn­bare Landmasse. 

Pariser Abkommen prak­tisch unstrittig 

Mit Ausnahme der USA unter ihrem gegen­wär­tigen Präsi­denten akzep­tierten alle Teil­neh­mer­staaten die Ergeb­nisse des Pariser Klima­ab­kom­mens vom Dezember 2015. Dieses Jahr in Bonn ging es nun um die Umset­zung des in Paris prin­zi­piell Erreichten: Es wurden „Gebrauchs­an­lei­tungen“ ausge­han­delt, die das Pariser Abkommen konkre­ti­sieren sollen. So wurde z.B. genauer formu­liert, wie Treib­haus­gas­emis­sionen gemessen und berichtet werden. Bisher wird dies in vielen Ländern unter­schied­lich gehand­habt, so dass eine Vergleich­bar­keit kaum möglich ist. Bis zum nächsten Klima­gipfel 2018 in Polen soll nun ein Konzept verhan­delt werden, auf dessen Basis hand­hab­bare Regeln für Messung und Doku­men­ta­tion von Emis­sionen verab­schiedet werden können. 

Ein strit­tiger Bereich war auch, welche Daten und Infor­ma­tionen von den einzelnen Staaten wo und wann hinter­legt werden müssen, ein oftmals sensi­bles Poli­tikum. Und wie seit jeher entbrannten Konflikte um die Frage der Bedin­gungen und die jewei­lige Höhe der Klima­hilfen, zu denen sich die reichen Länder im Grund­satz verpflichtet hatten. Ab 2020 sollen das insge­samt 100 Milli­arden Dollar pro Jahr sein. 

Strit­tige Finanzierung 

Die bishe­rigen Fort­schritte bei der Unter­stüt­zung der vom Klima­wandel beson­ders betrof­fenen Länder lassen immer noch zu wünschen übrig. Es wurde zwar ein Arbeits­pro­gramm beschlossen, mit dem heraus­ge­funden werden soll, von welchen Heraus­for­de­rungen und Schäden die betrof­fenen Regionen bedroht sind, aber wie die benö­tigten Gelder mobi­li­siert werden sollen, bleibt weiterhin offen. Nicht einhellig begrüßt wurde in diesem Zusam­men­hang der Vorstoß des fran­zö­si­schen Präsi­denten, noch 2017 eine Konfe­renz zur Mobi­li­sie­rung privaten Kapi­tals einzu­be­rufen. Die Befürch­tung steht im Raum, dass viele Länder dies zum Anlass für eigene finan­zi­elle Zurück­hal­tung nehmen könnten. 

Viele der soge­nannten Entwick­lungs­länder forderten verbind­liche Finanz­zu­sagen seitens der Indus­trie­länder für die nächsten Jahre, was diese unisono ablehnten, meist mit der Begrün­dung, ihr Haus­halts­recht ließe eine mehr­jäh­rige Bindung nicht zu. Zudem, so wurde auch argu­men­tiert, verpflichtet das Paris-Abkommen alle Länder zum Klima­schutz, also nicht nur die reichen Staaten. Das Problem wird verschärft durch die Ankün­di­gung der USA, sich nicht mehr an Klima­hilfen zu beteiligen. 

Die Palmöl-Debatte lässt auf sich warten

Ein weiteres wich­tiges Thema blieb beim Klima­gipfel komplett außen vor: der faire Handel und seine mögli­cher­weise posi­tiven Folgen für den Klima. Das Thema Wald­ro­dungen, um Platz für Palmöl-Plan­tagen zu machen, erschien ebenso wenig auf der Agenda. Dabei ist dieses Thema schon längst Teil der Klima­wandel-Debatte und fordert zu konkretem Handeln auf. „Wir wünschen uns für den nächsten Klima­gipfel, dass die Palmöl-Debatte doch noch auf die Agenda kommen und bei den konkreten Maßnahmen für das Errei­chen der Ziele des Paris-Abkom­mens eine Rolle spielen wird. Zusammen mit der Deut­schen Umwelt­hilfe und Oro Verde protes­tieren wir gegen Regen­wald­zer­stö­rung zugunsten von Agro­s­prit. Unter dem Motto ‘Kein Palmöl in den Tank! Jetzt Regen­wald retten!’ “Kein Regen­wald in den Tank — Jetzt Regen­wald retten!” sammeln wir so viele Unter­schriften wie möglich, um über die Klima­kon­fe­renz hinaus die Entscheider an ihre Pflicht zu erin­nern, betont Daniel Merdes, Geschäfts­führer von BOS Deutschland.

Gleich­zeitig ist etwas sehr Wich­tiges passiert. Durch die Local Commu­ni­ties and Indi­ge­nous Peoples Plat­form wurde die Rolle der indi­genen Völker und Gemeinden bei der Klima-Debatte thema­ti­siert. Daniel Merdes: „Das ist eine sehr erfreu­liche Nach­richt. Studien zeigen, dass fast ein Viertel der Kohlen­stoff­menge, die in den tropi­schen Regen­wäl­dern gespei­chert ist, in Gebieten indi­gener Völker liegt. Gerade beim Thema Palmöl-Plan­tagen sind die indi­genen Völker auf Borneo extrem betroffen. Es ist also wichtig, die Stimme dieser Menschen zu hören und zu respek­tieren. BOS erkennt die Bedeu­tung der indi­genen Bevöl­ke­rung für den Klima­schutz. Seit diesem Jahr arbeiten wir zusammen mit den Dayaks aus der Region Mang­katip an dem BMZ Projekt “Nach­hal­tige Gemein­de­ent­wick­lung in Mang­katip“. Die Schwer­punkte des Projekts sind das Ressour­cen­ma­nage­ment und Schutz vor Wald­bränden in diesem Gebiet mit sehr hohem Schutz- und Erhaltungswert.“

 

Alar­mie­rende Studie: Abhol­zung von Regen­wald für die Palm­öl­pro­duk­tion erwärmt Indonesien

Alar­mie­rende Studie: Abhol­zung von Regen­wald für die Palm­öl­pro­duk­tion erwärmt Indonesien

In den vergan­genen Jahr­zehnten wurden in Indo­ne­sien große Regen­wald­flä­chen zugunsten von Gummi‑, Holz- und Palm­öl­plan­tagen gerodet. Ein inter­na­tio­nales Forscher­team unter Leitung der Univer­sität Göttingen hat auf Sumatra unter­sucht, welche Folgen diese verän­derte Land­nut­zung für das regio­nale Klima hat.

Das Ergebnis scho­ckiert: Die Tempe­ra­turen in der Region steigen nach­weisbar an. Dies wiederum könnte sich auf die Tier- und Pflan­zen­welt auswirken sowie Teile des Landes anfäl­liger für Flächen­brände machen.

In ihrem Beitrag in der Fach­zeit­schrift „Biogeo­sci­ences“ warnt der Biokli­ma­to­loge Prof. Dr. Alex­ander Knohl: „Die Verän­de­rung wirkt sich nicht nur auf die Biodi­ver­sität und den gespei­cherten Kohlen­stoff aus, sondern auch auf die Ober­flä­chen­erwär­mung, und trägt so zum Klima­wandel bei.“

Sein Team unter­suchte in der Provinz Jambi auf Sumatra die unter­schied­li­chen Ober­flä­chen­tem­pe­ra­turen von intaktem Wald, abge­holzter sowie land­wirt­schaft­lich genutzter Fläche. Zusätz­lich zu den am Boden erho­benen Daten wurden von Satel­liten gelie­ferte Zahlen aus den Jahren 2000 bis 2015 ausge­wertet. Die Zahlen alar­mieren, denn abge­holztes Land ist um bis zu 10 Grad Celsius wärmer als Wälder.

Teil­weise ist dies dem globalen Klima­wandel geschuldet, teils aber auch eine direkte Folge der Land­nut­zungs­än­de­rungen vor Ort. Im Hinblick auf die künf­tige Land­nut­zung in Indo­ne­sien müssen den Wissen­schaft­lern zufolge alle Aspekte der ökolo­gi­schen und sozio­öko­no­mi­schen Folgen sorg­fältig ausge­wertet und berück­sich­tigt werden.

Die gesamte Studie mit allen Ergeb­nissen lesen Sie hier.
 

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Land­rechte in Indo­ne­sien – ein Dauerthema

Land­rechte in Indo­ne­sien – ein Dauerthema

„Wir sterben lieber als diesen Kampf zu verlieren“ ist die Haltung der Bewohner einer Dorf­ge­mein­schaft in Indo­ne­sien, die für eine Revo­lu­tion in der Land­rechts­frage kämpfen.

Die kleine Gemeinde Panduma-Sipit­uhuta auf Sumatra steht im Mittel­punkt eines Kampfes um die tradi­tio­nelle Nutzung von Land. Sie will dafür sorgen, dass die Probleme mit dem verwor­renen und unge­rechten System der indo­ne­si­schen Land­nut­zungs­ge­setze endlich gelöst werden.

Erst 2016 wurden ihnen die Rechte an dem Land verspro­chen, das ihr Dorf seit Gene­ra­tionen bewirt­schaftet, aber das scheint wohl nicht unein­ge­schränkt zu gelten. Man will ihnen staat­li­cher­seits ein Wald­stück wegnehmen, wo die Leute bisher immer Benzoin ernten (eine weih­rauch­ähn­liche Substanz) und einer großen Zell­stoff­firma über­eignen. Für die Dorf­be­wohner ist das Verrat an ihren Rechten.

Zusammen mit anderen Dörfern berufen sie sich auf Verfas­sungs­ga­ran­tien und auf Verspre­chen des Präsi­denten Joko Widodo, der zuge­si­chert hatte, den Indi­genen die Kontrolle über ihr ange­stammtes Land zurück­zu­geben. Tatsäch­lich ist dies Teil eines histo­ri­schen Kampfes, der die Spiel­re­geln des Kapi­ta­lismus in Indo­ne­sien ändern könnte und Millionen von Menschen betrifft.

Viele Land­rechts­experten, Menschen­rechts­ak­ti­visten und Umwelt­schützer glauben, dass die von Pandu­maan-Sipit­uhuta ausge­hende Kampagne Indo­ne­siens beste Chance sei, mehr Gerech­tig­keit, Klar­heit und sozialen Ausgleich in ein System ausbeu­te­ri­scher Regeln zu bringen, durch die das Land seit der US-unter­stützten Suharto-Diktatur aufge­teilt wurde . Aller­dings ist der Erfolg noch lange nicht garan­tiert. Trotz zahl­rei­cher Lippen­be­kennt­nisse kann man sich der Unter­stüt­zung der Zentral­re­gie­rung bislang nicht wirk­lich sicher sein.

Die Bewohner von Pandu­maan können sich noch gut an daran erin­nern, wie sie das Zell­stoff­un­ter­nehmen Toba Pulp Lestari (TPL) daran hinderten, Bäume zu fällen, indem sie das Equip­ment der Firma entwen­deten. Im Nach­bar­dorf haben sie auf ihren früheren Lände­reien statt­dessen „Gueril­la­kul­turen“ gepflanzt, kurz nachdem TPL ihre Euka­lyp­tus­bäume geerntet hatte. Daraufhin bekamen sie Todes­dro­hungen,  Hütten wurden verbrannt, Pflanzen vergiftet und die Mili­tär­po­lizei trat äußerst gewaltsam auf.

Indo­ne­siens etwa 2500 Millionen Menschen spre­chen mehr als 300 Spra­chen und gehören einer Viel­zahl von Natio­na­li­täten an. Der erste Präsi­dent des Landes, Sukarno, hatte versucht, eine Art Land­re­form zu schaffen, um das Problem von sich wider­spre­chenden euro­päi­schen und tradi­tio­nellen Besitz­sys­temen zu lösen.

Aber seine Regie­rung zerfiel 1965 und musste der US-gestützten Herr­schaft des Gene­rals Suharto Platz machen, unter dem bis zu einer Million des „Kommu­nismus“ beschul­digter Zivi­listen getötet wurden. Dessen Regime dauerte bis 1998. Als Widodo 2014 zum Präsi­denten gewählt wurde, erschien er als Hoff­nungs­träger, vergleichbar mit Barack Obama. Er versprach, die Ansprüche Indi­gener zu unter­stützen. Aber wie Obama erntete er auch sehr viel Kritik und hat sich um die Beant­wor­tung etli­cher kriti­scher Fragen gedrückt. Akti­visten wollen den Präsi­denten an sein Verspre­chen erin­nern und drängen auf die Umwand­lung von 70 Millionen Hektar Land in tradi­tio­nelles Gemeineigentum.

„Das Problem in Indo­ne­sien ist, dass oft sich wider­spre­chende Ansprüche auf das gleiche Land vorliegen. Das liegt daran, dass Nutzungs­kon­zes­sionen unter der Suharto-Diktatur an Gene­räle und Freunde poli­ti­scher Eliten vergeben wurden“, so John McCarthy, Professor bei der Austra­lian National Univer­sity, der Land­rechte in Indo­ne­sien untersucht.