In den letzten Jahren wurde sehr viel Geld und Mühe in den Erhalt der Regenwälder dieser Welt gesteckt. Es konnte vieles erreicht werden, doch am Ende sind alleine 2017, laut einer Studie der Maryland University, 158.000 km² tropischen Regenwaldes verloren gegangen. Das entspricht ungefähr der Größe Griechenlands. Eine ungeheuer hohe Zahl. Die zweithöchste seit Anfang der Datenerhebung im Jahr 2001, um genau zu sein. Doch was genau läuft eigentlich schief? Wo muss angesetzt werden um tatsächlich den Verlust von Regenwald zu stoppen?
Um diese Frage zu klären trafen sich wichtige Entscheidungsträger und Naturschützer in Oslo und fassten zusammen was bisher für den Regenwaldschutz getan wurde und was zukünftig passieren muss um die Situation zu verbessern. Im Bericht „Saving the rainforest 2.0“, der Ende Juni von der Rainforest Foundation Norway veröffentlicht wurde, werden diese Fragen besprochen.
Die vorhandenen Kohlenstoffspeicher sollen erhalten bleiben
Der Großteil der gerodeten Regenwälder fiel der landwirtschaftlichen Nutzung zum Opfer. Laut Dr. Chris Malins, ein Polit-Experte für Kohlenstoff und saubere Kraftstoffe und Mitwirkender am Bericht, sollten wir daher in Zukunft, anstatt nur weniger Kohlenstoffemissionen zu erzeugen, vor allem die vorhandenen Kohlenstoffspeicher der Erde erhalten. Dazu gehören Wälder. So wurde zum Beispiel mit dem Gesetz der EU zur Beimischung von erneuerbaren Energien in Biosprit eigentlich eine Verringerung der CO2 Emissionen erwartet. Jedoch ist genau das Gegenteil passiert. Durch die Nachfrage nach Palmöl als günstigstes Pflanzenöl, wichen riesige Flächen Regenwald für Palmölplantagen. So wurde das Feuer, welches man anfangs versuchte zu löschen, erst richtig entfacht.
Daher beinhaltet der Bericht hauptsächlich Vorschläge zur Verbesserung der vorherrschenden Situation. Zum Beispiel findet Anders Haug Larsen, Mitautor des Berichts, dass Regierungen den Markt besser regulieren müssen. Produkte, welche die Abholzung von Regenwald nach sich ziehen sollten vom Markt genommen werden, während andere, die dem entgegenwirken gefördert werden sollten.
Ähnliches gilt für die Entwicklungszusammenarbeit. So wird in dem Bericht gesagt, dass der Anteil internationaler Hilfe, der einen potentiell negativen Einfluss auf den Regenwald ausübt, 3,5 mal höher ist, als der Anteil, welcher den Regenwaldschutz und die Wiederaufforstung unterstützt. Daher wird Regierungen der Geberländer geraten, als Bedingung für eine finanzielle Unterstützung, Verträge mit ‚Regenwaldländern‘ abzuschließen. Diese dürften dann keine Regierungssubventionen mehr vergeben, die mit der Regenwaldrodung ihr Geld verdienen.
Kartierung des Landes soll Priorität werden
Wie auch in anderen Studien erwähnt, sollte ein Hauptaugenmerk auf der Kartierung des Landes für dessen zukünftige Nutzung liegen. Denn schon oft fiel Regenwald falscher Planung und falschem Management zum Opfer. Auch sollte der wirtschaftliche Vorteil von Regenwaldschutz für die indigene Bevölkerung mehr im Fokus stehen. Es sollte klargestellt werden, dass nachhaltige Regenwaldbewirtschaftung langfristig besser für den Lebensunterhalt der Bevölkerung sorgt als z.B. Monokulturen, die den Boden auslaugen und zerstören. Hier könnten Geberländer zum Beispiel solche Ideen vermehrt fördern, die sich mit Landnutzungsplanung oder Bildung vor Ort beschäftigen. Insgesamt ist diese Art der Einflussnahme ein sehr effektives Instrument.
Der Bericht richtet sich aber auch an die Privatwirtschaft, einer der Hauptverursacher von Entwaldung in den Tropen. Genau diese Unternehmen spielen bei der Lösung des Problems eine erhebliche Rolle. Laut Glenn Hurowitz (Geschäftsführer bei Mighty Earth) brauchen wir wahrscheinlich genau sie, um aus dem Schlamassel, in das sie uns gebracht haben, wieder herauszukommen.
Vor ein paar Stunden ist die Nachricht aus den Trilog-Verhandlungen (EU-Rat, EU-Parlament und EU-Kommission) zur Erneuerbare-Energien-Richtlinie eingetroffen: Palmöl und Soja dürfen ab 2030 nicht mehr in Biosprit eingesetzt werden. Wir lehnen die Ausweitung der Fristen strikt ab. Immerhin geht es um weitere neun Jahre, in denen unzählige Orang-Utans und ihr Lebensraum der Palmölproduktion zum Opfer fallen.
Am 17.01.2018 stimmte das EU-Parlament dem Entwurf einer Richtlinie zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen zu. Danach sollte ab 2021 kein Palmöl mehr als Biokraftstoffbeimischung verwendet werden. Heute früh war das Ergebnis doch wesentlich anders: Palmöl und Soja sollen erst ab 2030 aus der Biokraftstoffbeimischung verschwinden. Die Europäische Kommission hat sich einen stufenweisen Rückzug überlegt. Danach darf sich die Menge an Palmöl und Soja, die bis dahinBiokraftstoffen beigemischt wurden, nicht weiter erhöhen. Ab 2023 muss der Einsatz von beiden Pflanzenarten sukzessive reduziert werden.
„Wir sind enttäuscht über die Fristverlängerung bis 2030 und appellieren eindringlich an alle EU-Staaten und die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft, nicht bis zur letzten Frist zu warten“, sagt Daniel Merdes, Geschäftsführer von BOS Deutschland e.V. „Palmöl muss schon vorher aus den Tanks verschwinden. Kein Europäer darf gezwungen sein, Palmöl oder Nahrung in seinem Tank zu verbrennen und damit wissentlich zur Zerstörung des Regenwalds beizutragen.“
Schlechte Neuigkeiten für kritische Beobachter in Sachen Palmöl: Am 22. Januar 2018 zog der Europäische Rat sechs Einsprüche durch Argentinien und Indonesien gegen Importzölle von Biodieselrohstoffen beim Europäischen Gerichtshof zurück.
Dadurch wurden seit März die Antidumpingzölle, die seit 2013 in Kraft waren, praktisch abgeschafft. Ein Segen für die indonesische Palmölindustrie und ein Fluch für den Regenwald und das weltweite Klima. Kurz nach der Einführung der Antidumpingzölle vor fünf Jahren war der Import von Biodiesel aus Indonesien signifikant abgestürzt. Eine Tendenz, die jetzt durch die Abschaffung der Zölle wieder rückgängig gemacht wird.
Der Vorsitzende des Verbandes der indonesischen Biodiesel-Produzenten prognostizierte in einem Statement gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, dass Indonesien bereits 2018 wieder 432.000 Tonnen Biodiesel in die EU exportieren wird. Das sind zwar weniger als die etwa eine Million Tonnen Palmölmethylester, die Indonesien 2012, also noch ein Jahr vor der Einführung der Zölle, exportierte, aber dennoch viel mehr als in den Jahren darauf, wie die Tabelle veranschaulicht.
Die Entwicklungen auf dem internationalen Rohölmarkt spielen mit
Ein wichtiger zusätzlicher Faktor für diese Entwicklung ist die aktuelle Preisentwicklung für Dieselkraftstoff und Palmöl. Beide haben aktuell fast das gleiche Preisniveau erreicht. Die Großhandelspreise für Diesel in Deutschland haben sich seit ihrem letzten Tiefstand Ende Juni 2017 bis dato um fast 47 Prozent auf rund 51 Cent/ Liter verteuert.
Die Gründe dafür liegen in der stetigen Nachfrage einer aktuell florierenden Weltkonjunktur. Gleichzeitig haben die OPEC-Staaten und Russland ihre Fördermengen gekürzt. Auch die angedrohten US-Sanktionen gegen Iran befeuern zusätzlich den Anstieg der Erdölpreise. Gleichzeitig übten eine rückläufige internationale Nachfrage, höhere indische Importzölle auf Palmöl und steigende Vorräte in Indonesien und Malaysia in den vergangenen Monaten Druck auf die Palmölpreise aus. Dadurch sind die Großhandelspreise für Diesel und Palmöl momentan fast auf dem Niveau.
Diese Entwicklung ist beunruhigend und steht im Konflikt mit der Entscheidung des EU-Parlaments, ab 2021 kein Palmöl mehr als Biokraftstoffbeimischung zu verwenden. Wir von BOS Deutschland verfolgen beunruhigt die Trilog-Verhandlungenund hoffen, dass die Entscheidung des Parlaments nicht der Palmöllobby zum Opfer fallen wird.
Es ist ungesund und extrem umweltschädigend: Palmöl. Das billige Öl wird in den ärmsten Ländern der Welt produziert, wo profitgierige Unternehmen für den Anbau rücksichtslos ganze Wälder roden und Dörfer regelrecht ausradieren. Auch viele Tierarten sind durch die Zerstörung ihrer Heimat vom Aussterben bedroht. Trotzdem versteckt sich das Öl in der Hälfte unserer Lebensmittel.
Die Dokumentation beleuchtet die Hintergründe der Palmöl-Industrie und deren verheerende Folgen. Zudem unterzieht sich Regisseur Michael Dorgan einem Selbstexperiment. Er nimmt einen Monat lang regelmäßig Palmöl zu sich. Das Ergebnis ist erschreckend.
Anfang des Jahres stimmte das Europa-Parlament über die Neuauflage der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED) ab. Das Votum des Parlaments war nicht vollkommen zufriedenstellend. Es wird dennoch begrüßt, denn es deckelt Biokraftstoffe aus unbehandelten und raffinierten Pflanzenölen, die man sonst auch für Ernährung nutzen könnte, lenkt Investitionen in Richtung Kraftstoffe der Zukunft (Elektrizität, fortgeschrittene Biokraftstoffe) und verbietet Palmöl in Biodiesel ab 2021.
Die Palmöl exportierenden Länder reagierten erbost auf das Votum. Angeführt von Indonesien und Malaysia, die gemeinsam 85% des weltweiten Palmöls produzieren, haben sie eine gut finanzierte und aggressive Kampagne gestartet, die Europas “Palmöl-Apartheid“ anprangert und drohen mit einem “Rückschlag“.
Der allmähliche Abbau von Palmöl in Biodiesel bis 2021 wird Europas fehlgeschlagene Biokraftstoff-Strategie nicht gänzlich richten. Dennoch ist es ein wichtiger Schritt, der getan werden muss.
Die 2009 verabschiedete RED verpflichtet EU-Länder dazu, dass 10% des Kraftstoffes aus erneuerbaren Energien bestehen muss, Biokraftstoff also. Erneuerbare Energien sind z.B. Windenergie, Sonnenenergie, Energie aus Biomasse etc. Für die Beimischung in Biokraftstoffe eignet sich Energie aus Biomasse. Dabei unterscheidet man Biokraftstoffe erster, zweiter und dritter Generation. Erstere bestehen aus Raps, Palmöl, Getreide, Mais etc. Diese stehen in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion für Mensch und Tier. Biokraftstoffe zweiter Generation sind landwirtschaftliche oder organische Abfälle oder schnell wachsende Energiepflanzen, die auf Flächen angebaut werden können, die nicht für die Landwirtschaft geeignet sind. Biokraftstoffe dritter Generation sind noch in der Entwicklung und stellen z.B. Algen dar.
Die RED — Startsignal für den EU Palmöl-Importboost
Die RED von 2009 war das Startsignal für den Palmöl-Importboost in die EU, da es extrem preisgünstig ist und die EU bis dato noch keine angemessenen Nachhaltigkeitsstandards adaptiert hatte. Seit 2009 fußt nahezu das gesamte Biokraftstoffwachstum auf Palmöl, was zurzeit grob für ein Drittel des Biodiesels in der EU steht. Dies macht Autofahrer zu den Hauptkonsumenten von Palmöl in Europa.
Die Umweltauswirkungen dieser Entwicklung sind verheerend. Enorme Flächen tropischen Regenwaldes in Malaysia und Indonesien werden gerodet, um Platz für Ölpalmplantagen zu machen. Uralte Wälder und Feuchtgebiete sind verschwunden und damit auch Habitate von Pflanzen- und Tierarten, die auf der Schwelle zum Aussterben stehen. Auch die Landnutzungskonflikte mit den Einheimischen und der indigenen Bevölkerung sind verheerend. Menschen, die von und im Wald leben, werden umgesiedelt und vertrieben, manchmal sogar getötet. Währenddessen fällt die, ursprünglich als nachhaltig erachtete, Regelung in sich zusammen. Biokraftstoffe erster Generation sind 80% und Palmöl-Biodiesel im speziellen sogar dreimal schädlicher als fossile Öle wie z.B. Erdöl.
Das EU-Parlament versäumte Nutzpflanzen-Biodiesel komplett auslaufen zu lassen, oder alternativ wenigstens indirekte Landnutzungsänderungen (ILUC) auch in die Treibhausgasbilanzierung von Biokraftstoffen einzuberechnen. Lediglich dem übelsten aller Biodiesel schenkten sie, dafür aber in hohem Maße, Aufmerksamkeit: Palmöl-Biodiesel. Dieses soll bis 2021 nicht mehr als Biokraftstoff verwendet werden. Doch auch diese Empfehlung des Parlaments kommt nicht von ungefähr. Schon 2012 machte die US EPA als Vorreiter die Ankündigung, dass Palmöl sich nicht für die amerikanische RED (RFS) eigne, beruhend auf den hohen Treibhausgas-Emissionen. Norwegen ist dem gleichgezogen.
Die Entscheidung des EU-Parlaments hat die Palmöl-Nationen auf die Barrikaden getrieben. Sie werfen dem Parlament vor, Palmöl gänzlich zu verbieten. Dies stimmt jedoch so nicht. Palmöl kann immer noch in die EU verkauft werden. Alleine der, auf Palmöl basierende, Biodiesel soll nicht länger zu dem 10%-Ziel bis 2021 angerechnet werden. RED ist ein Grundpfeiler der Klimapolitik der EU, deswegen ist das Disqualifizieren von Brennstoffen, die schlimmer als Erdöl sind, essentiell für die Glaubwürdigkeit dieser Richtlinie. Eine objektive Methode Biodiesel zu disqualifizieren, bei dessen Gewinnung breite Flächen Regenwald für den Anbau von Ölpalmen und Sojabohnen abgeholzt werden, ist eine berechtigte Regelung und würde eine Obergrenze für Nutzpflanzen-Biodiesel einläuten.
Zertifizierung von Palmöl für Biodiesel — eine Fehlkonstruktion
Palmöl-Produzenten betonen immer, dass ihre Produkte nach den internationalen Standards als nachhaltig zertifiziert sind. Allerdings konnte ein kürzlich veröffentlichter Report zeigen, dass die Hauptzertifizierungssysteme (RSPO/ ISPO) unzureichend sind. Eine Verbesserung kann und muss hinsichtlich des nachhaltigen Anbaus von Ölpalmen angesteuert werden. Der Palmöl-Biodiesel muss aus diesen Systemen ausgenommen werden, da Zertifizierung für Biodiesel aus Palmöl schlicht und einfach nicht funktionieren kann. Der Biodiesel-Markt ist künstlich von den Gesetzgebern kreiert worden. Dieses Konstrukt befeuert die Nachfrage nach Biomasse, übt somit Druck auf landwirtschaftliche Nutzfläche aus und gefährdet die Ernährungssicherheit. Das zwingt Landwirte dazu, sich nach neuem bebaubarem Land umzuschauen, was wiederum Entwaldung und die Entwässerung von Torfmoorböden bedeutet. Diese indirekte Landnutzungsänderung (ILUC) wird nicht von den bestehenden Zertifizierungssystemen erfasst.
Ein weiteres Argument der Palmöl-Produzenten ist, dass ein Verbot von Palmöl den Kleinbauern schaden würde und die “nachhaltige Entwicklung“ untergrabe. Die Realität jedoch ist viel komplexer. Es gibt etliche Berichte von Kleinbauern, die von ihrem Land vertrieben wurden, um den Platz für große Plantagen zu schaffen. Diejenigen, die Widerstand leisten, leiden unter Unterdrückung und riskieren sogar ihr Leben. Viel fundamentaler ist aber, dass die Produktion von Palmöl, um es dann in den Motoren von Autos, LKWs oder Flugzeugen zu verbrennen, niemals ein nachhaltiges Businessmodell sein kann. Je schneller Indonesien und Malaysia das einsehen, desto besser.
Steigt der diplomatische Druck auf die Kommission
All die aufgeführten Argumente der Produzentenländer, sind nicht wirklich überzeugend. Aus diesem Grund wird nun ein hoher diplomatischer Druck auf die Kommission, das Europa-Parlament und die nationalen Regierungen ausgeübt. Sie drohen damit, die WTO zu verklagen, die laufenden Verhandlungen über das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Indonesien zu beenden, und auch Auswirkungen auf militärische Kooperationen.
Europa sollte all dies für das nehmen, was es ist: nicht mehr als ein gut inszenierter und geschickt ausgeführter großer Bluff. Die EU ist weltweit der größte Binnenmarkt, die drittgrößte Wirtschaftsmacht und sollte deshalb ein wenig diplomatischem Druck standhalten können. Europas Bürger werden genau hinsehen, ob die EU den Bluff der Palmöl-Nationen als solchen aufdeckt.
Anmerkung: Die in Brüssel ansässige Organisation Transport und Environment veröffentlichte diesen Text im März anlässlich der neusten Entscheidung des Europa-Parlaments über den allmählichen Abbau von Palmöl in Biodiesel bis 2021. (https://www.transportenvironment.org/newsroom/blog/will-eu-call-palm-oil-nations%E2%80%99-bluff)
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