Die letzten Paradiese

Die letzten Paradiese

Inmitten des Indo­pa­zifik liegt Borneo, die dritt­größte Insel der Welt. Fast zu glei­chen Teilen gehört Borneo zu Indo­ne­sien und Malaysia. Der nörd­liche, malay­si­sche Teil Borneos ist Sabah. 

Sabah ist mit tiefen Regen­wald über­zogen, nur große Flüsse wie der Kina­ba­tangan ermög­li­chen einen Zugang in das grüne Herz. Einzig­ar­tige Tiere und Pflanzen blieben lange unent­deckt, wie zum Beispiel die skur­rilen Nasen­affen oder wunder­schöne Orchi­deen. Der Orang Utan, der „Mensch des Waldes“, kommt nur hier und auf Sumatra vor, genau wie das massiv vom Aussterben bedrohte Sumatra Nashorn. Sie alle teilen sich den Urwald mit den Einge­bo­renen, wie denen aus dem Stamm der Murut. 

Anna und die wilden Tiere

Anna und die wilden Tiere

Gorillas und Schim­pansen hat Anna bereits in Afrika besucht. Zu den Menschen­affen gehören aber auch die Orang-Utans. Und die möchte die Tier­re­por­terin in den Wäldern von Sumatra aufspüren. Unsere nächsten Verwandten sind vom Aussterben bedroht. Der Biologe Peter möchte das verhin­dern: Mitten auf Sumatra hat er eine Schule für Orang-Utans in Not gegründet. Und Anna nimmt auch am Unter­richt teil.

Albino-Orang-Utan Alba darf zurück in den Regenwald

Albino-Orang-Utan Alba darf zurück in den Regenwald

Der welt­weit einzige bekannte Albino-Orang-Utan Alba darf zurück in den Regen­wald. Am 18. Dezember macht sich das sechs­jäh­rige Weib­chen auf den Weg zu ihrem Auswil­de­rungsort im Bukit Baka Bukit Raja (BBBR) Nationalpark. 

Am 29. April 2017 hatte die BOS Foun­da­tion Alba aus der Gefan­gen­schaft in einem Dorf in Zentral-Kali­mantan befreit. Seither lebt sie im BOS-Schutz­zen­trum Nyaru Menteng, wo sich Experten um das außer­ge­wöhn­liche Tier geküm­mert haben. Lange war nicht klar, ob Albas körper­liche Verfas­sung eine Rück­kehr in die Frei­heit des Regen­waldes zulassen würde.
Doch Alba hat – wieder einmal – alle über­rascht: Auch nach der Zeit im BOS-Rettungs­zen­trum zeigt sie noch immer ausge­prägtes wildes Verhalten. Inner­halb der Gruppe Orang-Utans, mit denen Alba das vergan­gene Jahr zusam­men­lebte, nahm das Albino-Mädchen die domi­nante Posi­tion ein. Ihr Gesund­heits­zu­stand ist sehr gut. Selbst ihre Sehschwäche aufgrund ihres Albi­nismus behin­dert sie, soweit wir fest­stellen konnten, nicht beim Klet­tern. Immerhin verbrachte Alba die ersten fünf Jahre ihres Lebens im Regen­wald, ehe sie für zwei Tage in mensch­liche Gefan­gen­schaft geraten war. „Seit Alba ins BOS-Schutz­zen­trum Nyaru Menteng kam, hat sich ihre körper­liche Verfas­sung deut­lich verbes­sert“, berichtet Dr. Jamartin Sihite, CEO der BOS Foun­da­tion. „Sie beweist erfreu­liche Klet­ter­fä­hig­keiten und bewegt sich mühelos in den Bäumen, was ein gutes Zeichen dafür ist, dass Alba bereit ist, in freier Wild­bahn zu leben.“

 

Die Entschei­dung

Albas Auswil­de­rung in den Regen­wald wird von der indo­ne­si­schen Regie­rung unter­stützt und geför­dert. „Die Entschei­dung, Alba wieder in den Wald zurück­zu­bringen, fiel im Rahmen des Enga­ge­ments der Regie­rung — in diesem Fall des Minis­te­riums für Umwelt und Forst­wirt­schaft — für den Schutz aller Wild­tiere Indo­ne­siens, einschließ­lich der Orang-Utans und ihres Lebens­raums. Als ausfüh­render Partner der Auswil­de­rung bemüht sich die BOS Foun­da­tion mit all ihrer Exper­tise und jahr­zehn­te­langen Erfah­rung die Pläne der Regie­rung zu unter­stützen und diese Auswil­de­rung so erfolg­reich wie möglich zu gestalten“, erklärt Dr. Jamartin Sihite.

So schätzt auch Indra Explo­tasia, ein hoher Vertreter des indo­ne­si­schen Umwelt und Forst­mi­nis­te­riums, diese Auswil­de­rung: „Die Regie­rung hat die Verpflich­tung, die Wild­tier­be­stände in ihren natür­li­chen Lebens­räumen zu erhöhen. Nach den geltenden Vorschriften können Tiere in ihren natür­li­chen Lebens­raum entlassen werden, sofern sie sich in guter körper­li­cher Verfas­sung befinden. Unter­su­chungen haben gezeigt, dass Orang-Utans einst im Bukit Baka Bukit Raya Natio­nal­park heimisch waren. Jede Auswil­de­rung erhöht die gene­ti­sche Vielfalt.“

Alba kommt in die Transportbox - Copyright BOSF
Alba kommt in die Trans­portbox — Copy­right BOSF

 

Nicht allein

In ihr neues Leben in Frei­heit wird Alba gemeinsam mit ihrer besten Freundin Kika starten. Kika wurde im Februar 2017 in einem Dorf in Zentral-Kali­mantan beschlag­nahmt, wo sie illegal als Haus­tier gehalten worden war. Das heute sieben Jahre alte Weib­chen zeigte seit ihrer Rettung sehr deut­lich wildes Verhalten. Auf die Gegen­wart von Menschen reagiert sie, wie Alba auch, instinktiv mit Flucht. Eine gute Voraus­set­zung für ihr künf­tiges Leben in Freiheit.

Kika kommt in die Transportbox - Copyright BOSF
Kika kommt in die Trans­portbox — Copy­right BOSF

Albas und Kikas Käfige werden voraus­sicht­lich im Laufe des 19. Dezember im Regen­wald geöffnet werden. Infor­ma­tionen darüber, wie den beiden Orang-Utans ihre neue Heimat gefällt, erhalten wir erst, wenn das Auswil­de­rungs­team der BOS Foun­da­tion wieder zurück in der Zivi­li­sa­tion ist. 

 

Immer im Blick

Im Regen­wald wird Alba sich selbst­ver­ständ­lich nicht selbst über­lassen. Das erfah­rene Team der BOS Foun­da­tion wird durch extra geschultes Personal der regio­nalen Natur­schutz­be­hörde (BKSDA) und Rangern des Natio­nal­parks BBBR verstärkt. Über einen implan­tierten Peil­sender kann das Beob­ach­tungs­team Albas Aufent­haltsort im Regen­wald loka­li­sieren. So kann das Team Alba intensiv beob­achten und sicher­stellen, dass sie in ihrem neuen Leben zurechtkommt. 

„Abge­sehen von ihrer Sehstö­rung aufgrund ihres Albi­nismus, ist Alba in guter körper­li­cher Verfas­sung“, erklärt Dr. Agus Fahroni, Chef­tier­arzt der BOS Foun­da­tion in Nyaru Menteng mit über zehn Jahren Erfah­rung als Orang-Utan-Vete­rinär. „Aufgrund ihrer Sehbe­hin­de­rung werden wir ihre Fähig­keit, sich sicher durch den Regen­wald zu bewegen und genü­gend Nahrung zu finden, nach ihrer Frei­las­sung sehr sorg­fältig über­wa­chen. Wir haben in der Vergan­gen­heit bereits Orang-Utans mit Sehstö­rungen frei­ge­lassen, aber erst wenn wir Alba im Wald sehen, können wir sicher wissen, wie sehr sich dies auf ihr tägli­ches Leben auswirkt. Aufgrund des Mela­nin­man­gels in der Haut von Albinos sind diese beson­ders anfällig für Haut­schäden durch die UV-Strah­lung der Sonne. Wir müssen daher auch Albas Haut genau beob­achten. Und auch, ob sie sich eher dem Sonnen­licht aussetzen wird oder Schutz unter dem dichten Blät­ter­dach der Bäume sucht.“

Das Beob­ach­tungs­team wird Alba mit der soge­nannten Nest-zu-Nest-Methode intensiv im Auge behalten. Das heißt, man folgt ihr, bis sie sich in ihrem Schlaf­nest zur Ruhe begibt und startet am nächsten Morgen mit ihr, wenn sie sich im Regen­wald auf Futter­suche begibt. Die Kunst für die erfah­renen Beob­achter besteht darin, Alba im unweg­samen Gelände auf der Spur zu bleiben, ohne sie durch die mensch­liche Präsenz aufzu­regen oder – schlimmer noch – sie daran zu gewöhnen. Denn nur, wenn sie sich von Menschen fern­hält, hat sie eine sichere Zukunft im Regenwald.

Alba ist bereit für die Reise in den Regenwald - Copyright BOSF
Alba ist bereit für die Reise in den Regen­wald — Copy­right BOSF

Daniel Merdes, Geschäfts­führer von BOS Deutsch­land e.V.: „Wir von BOS Deutsch­land freuen uns für Alba, die nun die Chance erhält, ihr weiteres Leben in ihrem natür­li­chen Habitat zu verbringen. Sie ist somit nicht nur ein Symbol für die Über­le­bens­fä­hig­keit ihrer Art geworden, sondern auch das schönste Weih­nachts­ge­schenk für alle, denen das Schicksal der Wald­men­schen am Herzen liegt.“

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2018 Rück­blick und Ausblick

2018 Rück­blick und Ausblick

Die vergan­genen zwölf Monate haben wieder einmal gezeigt, dass unsere Arbeit Früchte trägt. Neun neuge­bo­rene Orang-Utan-Babys in unseren Schutz­ge­bieten: Eine Rekord­zahl. Das Jüngste sogar in der zweiten Gene­ra­tion! Und seit letzter Woche schwingt sich der 384. ausge­wil­derte  Orang-Utan durch unsere Schutzgebiete. 

Das sind gute Nach­richten. Aller­dings müssen sie vor dem Hinter­grund betrachtet werden, dass Orang-Utans weiterhin akut vom Aussterben bedroht sind. Daran ändert leider auch die Erkenntnis einer neuen Studie der indo­ne­si­schen Regie­rung nichts, nach der eine gewisse Erhö­hung der Zahl der Borneo-Orang-Utans zu konsta­tieren sei. Tatsäch­lich gilt das sogar nur für unsere Auswilderungsgebiete!

Sayang und ihr Baby

Auch 2018 meldeten die zustän­digen indo­ne­si­schen Behörden wieder mehrere grau­same Orang-Utan-Tötungen. Doch immerhin, 21 junge Orang-Utans wurden durch unsere Teams gerettet und zogen neu in die Rettungs­zen­tren ein. 

Die BOS Foun­da­tion verfolgt weiterhin einen holis­ti­schen Ansatz. Neben den reha­bi­li­tierten und ausge­wil­derten Tieren tragen wir in unseren Stationen auch für solche Orang-Utans Sorge, die aus verschie­denen Gründen nicht mehr ausge­wil­dert werden können. Dazu gehören kranke oder zu alte Tiere, aber auch solche, die einfach zu spät aus Gefan­gen­schaft befreit wurden und nicht mehr allein im Regen­wald über­leben würden. 2018 war auch in dieser Hinsicht ein ganz beson­deres Jahr. 

Eine welt­weit einzig­ar­tige Schutzinsel

Mit Badak Kecil wurde die welt­weit erste größere Schutz­insel für Orang-Utans eröffnet, die nicht mehr ausge­wil­dert werden können. Auf der 104 Hektar großen Insel werden solche Orang-Utans ohne Gitter­stäbe in natur­nahem Wald, aber unter der Obhut unserer Fach­kräfte artge­recht leben — betreutes Wohnen für Orang-Utans sozu­sagen. Das ist ein bisher einma­liges Projekt im Orang-Utan-Schutz! Als erste durften im November 2018 sechs der Menschen­affen dorthin über­sie­deln. Etwa 40 weitere werden in nächster Zeit folgen. Unsere Arbeit für nicht mehr auswil­de­rungs­fä­hige Orang-Utans hört damit aller­dings nicht auf, da noch weitere Kandi­daten auf ihren Platz für eine würdige Exis­tenz warten. Deswegen werden wir uns auch 2019 mit dem Bau weiterer Schutz­in­seln befassen müssen. 

Badak Kecil Schutzinsel

Mawas: Orang-Utans-Schutz ist auch Menschen­schutz — durch Klimaschutz 

BOS ist an der Entwick­lung oder besser gesagt der Rena­tu­rie­rung weiter Teile des Mawas-Gebiets betei­ligt. In diesem über 300.000 Hektar großen Torf­wald­ge­biet in Zentral-Kali­mantan geht es sowohl um Wieder­auf­fors­tung als auch darum, Entwäs­se­rungs­ka­näle zu blockieren, die im Rahmen eines geschei­terten Reis­an­bau­pro­jekts ange­legt wurden. Ziel ist es, durch Wieder­vernäs­sung die ursprüng­liche Torf­wald­öko­logie wieder herzustellen. 

Seit Beginn gehört es zum Selbst­ver­ständnis von BOS, mit der orts­an­säs­sigen Bevöl­ke­rung zusam­men­zu­ar­beiten. In Koope­ra­tion mit BOS Deutsch­land hat die BOS Foun­da­tion ein 2017 durch das Bundes­mi­nis­te­rium für wirt­schaft­liche Zusam­men­ar­beit (BMZ) geför­dertes lokales Entwick­lungs­pro­jekt umge­setzt. Bestand­teil der „nach­hal­tigen Gemein­de­ent­wick­lung in Mang­katip” war neben anderen wich­tigen Maßnahmen auch Ausbil­dung und Ausrüs­tung zweier Feuer­wehr­teams. Diese kamen schon im Sommer 2018 wirksam zum Einsatz, als in Mawas wieder einmal Feuers­brünste zu bekämpfen waren. 

Mawas­brände im Juli 2018

Poli­ti­sches Engagement

Im vergan­genen Jahr ist schon einiges Uner­freu­li­ches im Bereich „Palmöl im ‚Bio‘-Sprit“ passiert. Die Euro­päi­sche Kommis­sion hat die eindeu­tige Empfeh­lung des EU-Parla­ments igno­riert, schon ab 2021 kein Palmöl mehr als Biokraft­stoff­bei­mi­schung zu verwenden. Jetzt darf Palmöl noch bis 2030 im Tank sein. BOS Deutsch­land setzt sich weiter mit verschie­denen Part­nern für einen früheren Ausstieg ein – möglichst ab 2021, wie vom EU-Parla­ment empfohlen. Eine vom Markt­for­schungs­in­stitut IPSOS erstellte aktu­elle Studie zeigt übri­gens, dass sieben von zehn Euro­päern gegen Palmöl im Tank sind. 

 

Urwald­scho­ko­lade

Urwald­scho­ko­lade / Copy­right: Fairventures

Kurz vor Weih­nachten 2018 ist auch der Prototyp eines ganz beson­deren Produkts zur Welt gekommen: Die „Urwald­scho­ko­lade“. In Koope­ra­tion mit Fair Ventures und der Scho­ko­la­den­firma Schell wollen wir lang­fristig nach­hal­tige Alter­na­tiven zu Raubbau für die lokale Bevöl­ke­rung auf Borneo erschließen, diese also am Gewinn des Projektes betei­ligen. So wird in Zukunft der Kakao für die Scho­ko­lade aus den Grenz­ge­bieten unserer betreuten Regen­wälder stammen. Durch sinn­volles Agro­fo­res­ting sollen die Menschen vor Ort zu Wald­schüt­zern werden. Somit wird Orang-Utan Schutz auch für sie zu einer lukra­tiven Einnahmequelle. 

Und zu guter Letzt: Taymur ist jetzt Filmstar

Nach seiner drama­ti­schen Vorge­schichte ist der junge Orang-Utan Taymur nun einer der Stars der neuen TV-Serie Oran­gutan Jungle School. Die erste Staffel lief schon sehr erfolg­reich in Neusee­land und Groß­bri­tan­nien. Wir hoffen, dass die Serie nächstes Jahr auch in Deutsch­land Furore machen wird. 

Auch im zu Ende gehenden Jahr 2018 waren alle Erfolge wieder nur durch die tatkräf­tige Unter­stüt­zung aller unserer Unter­stützer möglich! Dafür danken wir Ihnen Allen sehr! 

 

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Faszi­na­tion Erde – mit Dirk Steffens

Faszi­na­tion Erde – mit Dirk Steffens

Dirk Stef­fens folgt den Spuren von Alfred Russel Wallace durch die sagen­hafte Insel­welt Indo­ne­siens und Malay­sias. Er begegnet „Wald­men­schen“, erklimmt Urwald­riesen und harrt für seine Beob­ach­tungen aus auf einer wack­ligen Platt­form inmitten einer riesigen Höhle.

Er erkundet Orte, die wirken, als seien sie Spiel­plätze der Evolu­tion: mit flie­genden Fröschen, riesigen Echsen und Kängurus in Bäumen. Noch heute ein Aben­teuer, waren die Reisen zu Zeiten von Wallace lebens­ge­fähr­lich. Das Studium unge­wöhn­li­cher Insekten, die sich zum Teil sehr ähnlich sind, ließ in ihm die Über­zeu­gung reifen: Da muss es Über­gänge geben, irgend­etwas, das eine Entwick­lung von einer zur anderen Insek­tenart trig­gert. Und der Blick in die Gesichter der „Wald­men­schen“, der Orang-Utans, ließ ihn womög­lich ahnen: Auch der Mensch gehört in eine solche Entwicklungsreihe.

Aus der Reihe „Terra X: Faszi­na­tion Erde — mit Dirk Stef­fens“ (Deutsch­land, 2018)