Kielings wilde Welt

Kielings wilde Welt

In diesem Teil seiner Expe­di­tion wendet sich Andreas Kieling Regionen zu, die einer­seits für Tier­pa­ra­diese stehen, ande­rer­seits aber auch Orte des bedroh­li­chen Arten­rück­gangs sind. So reist der Tier­filmer rund um die Welt und findet enga­gierte Wissen­schaftler, die sich beispiel­haft um den Tier- und Natur­schutz kümmern. Vogel­for­scher auf Island, Natur­schützer im Baye­ri­schen Wald und Arten­schützer auf Sumatra und den Malediven.

Nach aktu­ellen Schät­zungen gibt es auf unserem Planeten rund 8,7 Millionen verschie­dene Lebens­formen. Nur 76 000 — ein kleiner Bruch­teil davon — sind bislang wissen­schaft­lich erfasst. Es gibt also noch viel zu tun. Die Forschung ist sich einig: Seit dem Verschwinden der Dino­sau­rier war das Arten­sterben niemals so groß wie heute. 22 000 bekannte Arten sind akut bedroht. Evolu­tion findet mitt­ler­weile im Zeit­raffer statt. Denn überall auf der Welt beschneidet der Mensch den Lebens­raum von Pflanzen und Tieren. Zusätz­lich erwärmt sich das Klima rasant. Enga­gierte Wissen­schaftler kümmern sich um gefähr­dete Tiere und unter­nehmen große Anstren­gungen, um ganze Lebens­räume zu schützen. So die Mitar­beiter der Zoolo­gi­schen Gesell­schaft Frank­furt. Auf Sumatra haben sie eine Dschungel-Schule für Orang-Utans aufge­baut. Vor allem verwaiste Tiere werden hier auf ein Leben in Frei­heit vorbe­reitet. Daneben steht der Schutz der gefähr­deten Tief­land­re­gen­wälder, einem arten­rei­chen Lebens­raum, im Fokus der Arbeit. Auf Island trifft Andreas Kieling auf einen enga­gierten Vogel­ex­perten, der sein Leben den Papa­gei­tau­chern verschrieben hat. Er nimmt den Tier­filmer mit auf seine jähr­liche Küsten­rund­fahrt zu den Kolo­nien der drol­ligen Bunt­schnäbel. Für den Rück­gang ihres Bestandes sind die schwin­denden Futter­gründe im Meer rund um die Nord­meer­insel verant­wort­lich. Das nächste Ziel ist Mada­gaskar. Andreas Kieling spürt der Frage nach, warum es ausge­rechnet den ganz „großen“ und „kleinen“ Arten auf dieser Insel so schlecht geht. Wissen­schaftler des welt­weit enga­gierten Manta Trusts haben auch die eleganten Schwimmer rund um die Male­diven im Blick. Zusammen mit den Forschern unter­nimmt der Tier­filmer hier atem­be­rau­bende Tauch­gänge und erfährt viel über das Leben der Mantas. Dass es auch Tier­pa­ra­diese vor der eigenen Haustür gibt, zeigt Andreas Kieling am Beispiel des Baye­ri­schen Waldes. Hier geht er zusammen mit Experten der Frage nach, wie viel Wildnis wir uns in Deutsch­land leisten wollen.

Mutter Teresa kann stolz sein auf ihren Sohn

Mutter Teresa kann stolz sein auf ihren Sohn

Wir mussten uns ein Weil­chen gedulden. Aber schließ­lich hat das Post-Release-Team aus dem Camp Lesik in unserem Auswil­de­rungs­wald Kehje Sewen Mutter Teresa (10) und ihr hübsches Baby doch mal wieder beob­achten können. Umso größer war die Wiedersehensfreude.

Als wir zuletzt über Teresa und ihr Baby berich­teten, war das Kleine noch namenlos. Auch wussten wir noch nicht, ob es sich um einen kleinen Jungen oder ein kleines Mädchen handelt. Stun­den­lang mussten unsere Mitar­beiter die beiden beob­achten, ehe sie sich sicher waren: Der kleine Orang-Utan ist männlich.

Bei dem Wett­be­werb, den BOS Deutsch­land im Dezember auf Face­book und Insta­gram zur Namens­suche ausge­rufen hatte (mit der freund­li­chen Unter­stüt­zung von Zebra Design), gewann der Name Berani. Im Indo­ne­si­schen bedeutet das „mutig“ – wie passend für den kleinen Racker.

Beim jetzigen Wieder­sehen genossen Mutter und Sohn leckere Früchte, während sie auf einem Hügel im Regen­wald rasteten. Beide scheinen sich bester Gesund­heit zu erfreuen. Und Berani ist auch schon sichtbar gewachsen!

Mutter Teresa mit Sohn Berani
 

Dass Berani auch schon einiges von seiner Mutter gelernt hat, führte er unserem Team eindrucks­voll vor. Der junge Orang-Utan erkun­dete seine Umge­bung schon von ganz alleine und sammelte auch selbst­ständig etwas Bambus. Dabei stets beob­achtet von seiner sorg­samen Mutter Teresa, die ihm natür­lich auch immer wieder leckeres Futter anbot.
 

Berani wagt sich mutig voran
Berani wagt sich mutig voran

Am späten Nach­mittag zogen Mutter und Sohn weiter in den dichten Wald von Kehje Sewen. Unsere Mitar­beiter des Post-Release-Moni­to­ring-Teams waren über­glück­lich, sich endlich davon über­zeugen zu können, dass es Teresa und Berani gut geht. Wir sind zuver­sicht­lich, dass sich Berani unter der lieb­vollen Anlei­tung seiner groß­ar­tigen Mutter zu einem selbst­stän­digen Orang-Utan entwi­ckelt, der allen Heraus­for­de­rungen, die ein Leben in der Wildnis zu bieten hat, gewachsen sein wird.

Bleibt gesund und genießt die Frei­heit, Teresa und Berani! 

 

Werden auch Sie zum BOS-Unter­stützer. Mit Ihrer Spende helfen Sie den Orang-Utans, dem Regen­wald und damit auch unserem Klima. Jeder Beitrag hilft.

Frei­heit für sechs weitere Orang-Utans

Frei­heit für sechs weitere Orang-Utans

Der Traum vom Leben in Frei­heit. Gerade ist er für sechs weitere Orang-Utans aus dem BOS-Schutz­zen­trum in Nyaru Menteng in Erfül­lung gegangen. Drei Weib­chen und drei Männ­chen durften im Rahmen unserer #Oran­gut­an­freedom-Kampagne am 12. März in den Bukit Baka Bukit Raya Natio­nal­park (TNBBBR) in Zentral­ka­li­mantan umziehen. 

Diese 28. Auswil­de­rung war für unsere Mitar­beiter vor Ort wieder etwas ganz Beson­deres: Unter den Kandi­daten befanden sich diesmal nämlich sowohl das Mutter-Kind-Gespann Buntok und Borneo sowie der halb­wilde Orang-Utan Rosidin. Ein letzter medi­zi­ni­scher Check, dann konnte es auf die 10- bis 12-stün­dige Reise nach Tumbang Tundu gehen. Die wurde diesmal von heftigen Regen­fällen behin­dert, die es unserem Team schwer machten, auf den matschigen und rutschigen Straßen zu navi­gieren. In Tumbang Tundu ange­langt, ging es für weitere fünf Stunden mit dem Boot weiter auf dem Bemban-Fluss ans endgül­tige Ziel der Reise.

Noch eine Über­nach­tung, dann stand am 13. März der große Augen­blick bevor: Für Danida, Tristan, Paijah, Rosidin, Buntok und Borneo öffneten sich die Käfig­türen in die Frei­heit. Die sechs fingen augen­blick­lich an, ihr neues Zuhause zu entde­cken und machten sich auf die Suche nach Essbarem. Die Öffnung der Käfige bedeutet auch immer den Anfang der Beob­ach­tungen durch unser Post-Release-Moni­to­ring-Team, Dorf­be­woh­nern vom Rand des Schutz­ge­bietes. Dies behält unsere frei­ge­las­senen Schütz­linge konti­nu­ier­lich im Auge, checkt, wie die Regen­wald­neu­linge Nester bauen und sich bei der Nahrungs­suche anstellen.

Buntok und Borneo

Buntok und Borneo

Mit den sechs neuen Bewoh­nern hat die Anzahl der von BOS ausge­wil­derten Orang-Utans in den Bukit Baka Bukit Raya Natio­nal­park nun die 120er Marke geknackt. Seit 2012 wurden insge­samt 392 Orang-Utans aus den Rettungs­zen­tren Nyaru Menteng und Samboja Lestari ausge­wil­dert. In beiden Zentren befinden sich aller­dings noch immer mehr als 500 Tiere, die auf ihre Frei­heit warten. Eine lange Zeit, in der unsere Artver­wandten liebe­voll und artge­recht von zahl­rei­chen Mitar­bei­tern versorgt werden.

Will­kommen im TNBBBR, ihr jungen Wilden! Und danke allen Unterstützern!

Der lang­same Lebens­zy­klus der Orang-Utans

Der lang­same Lebens­zy­klus der Orang-Utans

Orang-Utans haben im Vergleich zu anderen Säuge­tieren eines der längsten Inter­valle für Geburten. Ein soge­nanntes Inter­birth-Inter­vall (IBI), also der Zeit­ab­stand zwischen zwei Geburten, ist bei ihnen länger als bei allen anderen Primaten. Das ist sogar noch bei in Gefan­gen­schaft gehal­tenen Orang-Utans mit durch­schnitt­lich 5,5 Jahren der Fall. 

 

Natür­liche Über­le­bens­rate war früher höher als beim Menschen 

Die Menschen­affen pflanzen sich somit nur sehr langsam fort. Aller­dings ist die Über­le­bens­rate ihrer Jungen auch beson­ders hoch. Das gilt im Prinzip für Primaten allge­mein. Bei Orang-Utans ist dies aber beson­ders ausge­prägt, sogar wenn man den Menschen mit einbe­zieht. Nach neuesten Forschungs­er­geb­nissen erleben mehr als 90 Prozent der wild­le­benden Orang-Utan-Weib­chen mindes­tens ihre erste eigene Nach­kom­men­schaft. Eine ähnlich hohe Über­le­bens­rate wird auch bei den Männ­chen ange­nommen. Bemer­kens­wert, wenn man bedenkt, dass solch eine Über­le­bens­rate vom Menschen erst im 20. Jahr­hun­dert erreicht wurde! 

Mögliche Gründe dieses evolu­tio­nären Erfolges könnte die arbo­reale (baum­be­woh­nende) und weit­ge­hend soli­täre (einzeln lebende) Lebens­weise der Orang-Utans sein. Unsere Artver­wandten sind die größten Baum­be­wohner über­haupt und von allen Primaten am besten an ein Leben in den Baum­kronen ange­passt. Zwar hat man fest­ge­stellt, dass sie sich doch öfter am Boden aufhalten, als ursprüng­lich gedacht, aber ihr eigent­li­cher Lebens­raum sind die mitt­leren und höheren Stock­werke des Regenwaldes. 

Lebens­weise als Grund für hohe Überlebensrate? 

Die Wälder Borneos und Suma­tras bieten für Menschen­affen weniger Früchte als die tropi­schen Wälder Afrikas. Sehr wahr­schein­lich ist dies der Grund, warum Orang-Utans nicht in geschlos­senen Sozi­al­ver­bänden leben, sondern mehr oder weniger solitär. Mutter und Kind streifen natür­lich gemeinsam umher. Und ab und zu sammeln sich etliche Tiere um große, frucht­tra­gende Bäume. Ansonsten bleiben Orang-Utans aber für sich, auch wenn die Weib­chen einer Region häufi­geren Kontakt mitein­ander pflegen.

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Beide Umstände — das ganz über­wie­gende Leben in den Bäumen mit wenig Boden­kon­takt und der nur spora­di­sche Kontakt mit Artge­nossen – bewirken offenbar einen besseren Schutz vor Para­siten und Infek­tionen als es bei anderen Menschen­affen der Fall ist. Orang-Utans haben zudem kaum natür­liche Fress­feinde. Sumatra-Orang-Utans müssen zwar am Boden den Tiger fürchten, aber in den Baum­kronen stellt auf Sumatra und Borneo nur der Nebel­parder eine gewisse Bedro­hung für Jung­tiere dar. Das bedeutet, externe Faktoren wie Krank­heiten, Nahrungs­mangel oder Präda­tion (die Bezie­hung zwischen Räuber und Beute) sind bei wild­le­benden Orang-Utans nur in relativ geringem Maß die Todes­ur­sa­chen. Die meisten sterben unter natür­li­chen Bedin­gungen aus Alters­gründen. Ledig­lich Unfälle wie ein Sturz aus den Höhen der Regen­wald­bäume sind seltene Ausnahmen vom alters­be­dingten Tod. 

Spar­sames Nahrungsangebot

Auch die Säug­lings­sterb­lich­keit ist bei unseren Artver­wandten durch­schnitt­lich geringer als bei anderen Menschen­affen. Die aufwach­senden Jung­tiere werden zudem bis zu acht Jahre lang von der Mutter betreut, haben somit eine relativ große Chance, sich ihrer­seits zu vermehren. Warum aber ist der Fort­pflan­zungs­zy­klus bei Orang-Utans insge­samt so lang? Die Gründe dafür liegen sehr wahr­schein­lich in der schon erwähnten Nahrungs­si­tua­tion, die von längeren Peri­oden der Nahrungs­knapp­heit geprägt ist. Es lässt sich ein Zusam­men­hang zwischen der Verfüg­bar­keit von Futter und den Zeit­in­ter­vallen zwischen den Geburten erkennen. So gebären Orang-Utans in Gefan­gen­schaft (Zoo, Tier­park, usw.) im Durch­schnitt zwei Jahre früher als wilde Orang-Utans. Dennoch ist die Säug­lings­sterb­lich­keit trotz ernäh­rungs­phy­sio­lo­gi­scher Vorteile und tier­ärzt­li­cher Versor­gung in Gefan­gen­schaft höher.

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Alles steht und fällt mit dem Wald 

Das oben Gesagte wurde haupt­säch­lich in größeren und unge­störten Wald­ge­bieten doku­men­tiert. Orang-Utans, die in klei­neren Habi­taten leben, errei­chen die hohen Über­le­bens­raten wahr­schein­lich nicht. Und so gut sie auch an ihren Lebens­raum ange­passt sind, so verwundbar sind sie eben auch. Zwar besitzen sie durchaus eine gewisse Anpas­sungs­fä­hig­keit, aber je mehr mensch­ge­machten Risiken sie ausge­setzt sind, desto häufiger wird ihnen ihre geringe Repro­duk­ti­ons­rate zum Verhängnis. Die Orang-Utans brau­chen unab­dingbar ihre Regenwälder! 

 

Quelle: Maria A. van Noor­dwijk und andere: The slow ape: High infant survival and long inter­birth inter­valls in wild oran­gutans, 2018 

Der wilde Norden Sumatras

Der wilde Norden Sumatras

Sumatra ist zum größten Teil vom tropi­schen Regen­wald bedeckt, der 2004 als Natur­denkmal in die UNESCO Welt­erbe-Liste aufge­nommen wurde. Entspre­chend viel gibt es zu entde­cken. In den Wäldern lebt eine große Viel­falt von Tieren und Pflanzen.

3.500 Pflan­zen­arten wurden im Park gezählt, darunter viele ende­mi­sche Orchi­deen und Farne. Hier ist auch der durch Jagd, Abhol­zung und Tier­handel vom Aussterben bedrohte Sumatra-Orang-Utan zu Hause. Bukit Lawang, ein kleiner Ort am Rande des Natio­nal­parks, ist bekannt für seine Projekte zum Schutz der Orang-Utans. Das machte den Ort zur belieb­testen Touris­ten­at­trak­tion in Sumatra. Von dort starten Dschun­gel­touren, bei denen man die Orang-Utans, die soge­nannten Wald­men­schen, hautnah erleben kann. Sehens­wert ist auch der Tobasee, einer der größten und tiefsten Berg­seen der Welt. Ein Film von Monika Birk