Mit Orang-Utans ist es nie langweilig

Mit Orang-Utans ist es nie langweilig

Ein wich­tiger Teil unserer Arbeit ist die Beob­ach­tung der ausge­wil­derten Orang-Utans in ihrem neuen Lebens­raum. Sie aufzu­spüren ist jedoch manchmal etwas heraus­for­dernd: Einige der Tiere meiden die Menschen, manche reagieren aggressiv und wieder andere nähern sich neugierig den Post-Release-Moni­to­ring-Teams, sobald sie sie erspähen. Der Grund für das unter­schied­liche Verhalten liegt meist in ihrer persön­li­chen Geschichte.

Manche Orang-Utans halten sich von Menschen fern

Mona beobachtet Menschen lieber aus der Entfernung
Mona beob­achtet Menschen lieber aus der Entfernung

Unsere Post-Release-Moni­to­ring (PRM)-Teams bringen von ihren Touren durch die Auswil­de­rungs­ge­biete jedes Mal neue Eindrücke von ihren Begeg­nungen mit den „Neuen Wilden“ mit. Auf einer ihrer letzten Patrouillen traf das Team aus Camp Lesik unter anderem auf Mona, die schon seit über sieben Jahren im Kehje-Sewen-Wald lebt. Das Weib­chen tendiert dazu, den Menschen keine große Beach­tung zu schenken. Kommen sie dann näher, wird jedoch eine starke Abnei­gung spürbar und Mona reagiert bisweilen aggressiv. Dann ist Vorsicht geboten.

Auch Marlies mag Menschen nicht so gern. Bevor sie 2003 in unser Schutz­zen­trum kam, wurde sie illegal als Haus­tier gehalten. Sobald sie Menschen sieht, stellen sich Ihre Haare auf – ein untrüg­li­ches Zeichen, dass sie Wut verspürt. In diesem erregten Zustand kann Marlies unbe­re­chenbar sein. Daher bleibt das Team immer wachsam und trifft die notwen­digen Vorkeh­rungen, um eine uner­war­tete Begeg­nung mit ihr zu vermeiden. Im schlimmsten Fall kann das Team einfach in den Fluss springen. Das ist tatsäch­lich schon vorge­kommen. Orang-Utans können nicht schwimmen, daher ist das Wasser für die Beob­achter ein sicherer Ort. Wenn Marlies weiß, dass es eine Barriere zwischen ihr und den Menschen gibt, beru­higt sie sich dann jedoch immer wieder und zieht sich zurück.

Wenn Marlies Gänsehaut bekommt, ist Vorsicht geboten
Wenn Marlies Gänse­haut bekommt, ist Vorsicht geboten

Andere treibt die Neugier

Doch es gibt auch ausge­spro­chen neugie­rige Orang-Utans, die sich unseren Teams nähern, sobald sie sie erspähen. Ein Grund: Die Ausrüs­tung, die unsere Teams immer dabei­haben, scheint die Tiere magisch anzu­ziehen. Ob Fern­glas, Regen­mantel, Stirn­lampe, Pack­sack oder Markie­rungs­band – die farben­frohen Gegen­stände wecken großes Inter­esse und sind begehrtes „Diebesgut“. Die schlauen Orang-Utans finden immer einen Weg, unsere Leute auszu­tricksen und mit Teilen der Ausrüs­tung im Wald zu verschwinden… Ein wahrer Meister darin ist das bald 13jährige Männ­chen Robert, der schon in der Wald­schule so lern­be­gierig und geschickt was, dass er eine „Klasse“ über­springen konnte. Sobald Robert in die Nähe des PRM-Teams kommt, wird das Equip­ment nicht mehr aus den Augen gelassen – sowohl vom Menschen als auch vom Tier.

Robert ist sehr geschickt
Robert ist sehr geschickt

Jedes Tier hat eine eigene Persönlichkeit

Indem wir die Indi­vi­duen erfor­schen, erfahren wir sehr viel über die Art und ihre Anpas­sungs­fä­hig­keit an ihren Lebens­raum. Und genauso wie jedes Tier, ist auch jede Begeg­nung anders: von aufre­gend und lustig bis zu ange­spannt und nerven­auf­rei­bend. Das Verhalten eines Orang-Utans kann sich inner­halb eines Augen­blicks völlig ändern. Ein Tier, dass tage­lang in derselben Routine unter­wegs ist, verhält sich am nächsten Tag plötz­lich komplett anderes. Was die Verhal­tens­än­de­rung ausge­löst hat, ist dabei nicht immer klar. Daraus die rich­tigen Schlüsse zu ziehen, ist nicht einfach und erfor­dert jahre­lange Beobachtung.

Das Monitoring-Team ist immer mit Ausrüstung unterwegs
Das Moni­to­ring-Team ist immer mit Ausrüs­tung unterwegs

Anpas­sung an den Lebens­raum erfolgreich

Auch wenn es für unsere Teams manchmal heraus­for­dernd ist, wenn einer der Schütz­linge aggressiv reagiert, Dinge stibitzt oder sofort verschwindet – sie alle sind bestens an ihren Lebens­raum im Regen­wald von Borneo ange­passt. Wir wünschen ihnen und uns, dass das so bleibt.

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Haben Menschen­affen Humor?

Haben Menschen­affen Humor?

Bisher wurde neckendes Verhalten bei Menschen­affen in wissen­schaft­li­chen Studien als eine Form von Aggres­sion oder Spiel abgetan und nicht weiter unter­sucht. Eine aktu­elle Studie zeigt nun, dass mehr dahin­ter­steckt. Bereits bei Klein­kin­dern ab einem Alter von unter einem Jahr kann man schon beob­achten, dass sie Andere spie­le­risch necken (1–3). So halten sie beispiels­weise der Mutter ein Spiel­zeug hin und ziehen es dann wieder­holt spie­le­risch zurück – im letzten Moment, sobald die Mutter danach greifen möchte.

Oder es werden beab­sich­tigt Hand­lungen wieder­holt ausge­führt, von denen das Kind genau weiß, dass diese verboten sind. Wie etwa den Herd einschalten. Man kann Klein­kinder auch dabei beob­achten, wie sie absicht­lich bestimmte Tätig­keiten der Eltern stören. Beispiels­weise stän­diges Hinein­greifen, während das Eltern­teil etwas schreibt, liest oder wenn das Kind einen Erwach­senen wieder­holt beim Schlafen stört.

Bei all diesen Situa­tionen kann man beob­achten, dass die Kinder dabei aktiv in das Gesicht der jewei­ligen Person blicken, lachen und auf eine emotio­nale Reak­tion des Anderen warten. Sie scheinen vor allem nach posi­tiven emotio­nalen Reak­tionen zu suchen, denn Hand­lungen, die zu nega­tiven Reak­tionen der Eltern führen, werden selten wieder­holt (4). Durch das spie­le­ri­sche Necken können soziale Grenzen ausge­testet und bei gegen­sei­tigem Spaß, sogar die Bezie­hung unter­ein­ander gestärkt werden. Ganz nach dem Motto, „was sich liebt das neckt sich“.

Aus wissen­schaft­li­cher Sicht ist spie­le­ri­sches Necken beson­ders faszinierend.

Zum Beispiel scheint ein Kind vorher­zu­sehen, dass die Mutter nach dem Spiel­zeug greifen wird, und dass ein vorzei­tiges Zurück­ziehen einen Moment der Über­ra­schung provo­ziert. Damit wird also die Erwar­tungs­hal­tung der Mutter, nämlich den Gegen­stand zu erhalten, nicht erfüllt. Das Kind ist sich also der Erwar­tung der Mutter bewusst und weist diese absicht­lich zurück (5). Die Fähig­keit, Gefühle, Bedürf­nisse und Absichten bei Anderen zu vermuten – also eine Art Gedan­ken­lesen: „Wenn ich das tue, werde ich sie damit über­ra­schen“ – gehört zu den höheren, bis vor kurzem für rein mensch­lich gehal­tenen, Fähig­keiten. Obwohl dieses Thema von Experten derzeit noch strittig disku­tiert wird, so gibt es erste Hinweise darauf, dass Menschen­affen zumin­dest Vorstufen dieser Fähig­keit besitzen (e.g. 6).

Zeigen Menschen­affen auch spie­le­ri­sches Necken?

Unsere nächsten Verwandten kommu­ni­zieren über Laute, Körper­sprache und Gesten. Sie zeigen eine ausge­prägte Mimik, verfügen über ein komplexes Sozi­al­leben und eine hohe Intel­li­genz. Was etwa die Mimik betrifft, so gibt es einige bemer­kens­werte Ähnlich­keiten zu mensch­li­chen Gesichts­aus­drü­cken (7). Wenn Orang-Utans, Gorillas, Schim­pansen und Bonobos mitein­ander spielen, zeigen sie das soge­nannte „Spiel­ge­sicht“. Dabei ist der Mund entspannt geöffnet und die oberen Schnei­de­zähne von der herab­hän­genden Ober­lippe bedeckt. Beim vollen Spiel­ge­sicht sind auch die oberen Schnei­de­zähne sichtbar. Manchmal kann beim Spielen oder beim sich gegen­sei­tigem Kitzeln sogar Lachen vernommen werden, das in vielerlei Hinsicht mit mensch­li­chem Lachen vergleichbar ist (8).

Doch zeigen sie auch ähnliche Formen von spie­le­ri­schem Necken wie Kleinkinder?

Es gibt erste Hinweise darauf, dass Orang-Utans, Schim­pansen und Bonobos, das zuvor bei Kindern beschrie­bene spie­le­ri­sche Anbieten und Zurück­ziehen von Gegen­ständen zeigen (9–11). In den beob­ach­teten Fällen wurden die Hand­lungen mehr­mals, auf spie­le­ri­sche Art und Weise wiederholt.
Im Bild unten sieht man, wie ein männ­li­cher Orang-Utan auf der linken Seite, ein Weib­chen, das sich auf der rechten Seite befindet, mit einem Stecken neckt. Sobald sie danach greift, zieht er ihn zurück. Kurz danach wedelt er mit dem Stecken direkt vor ihrem Gesicht. Als sie daraufhin versucht, in den Stecken hinein­zu­beißen, zieht er ihn schnell wieder zurück (5).

Spielerisches Necken unter Laborbedingungn
Spie­le­ri­sches Necken unter Laborbedingungen

Es gibt auch einige wenige anek­do­ti­sche Beschrei­bungen, in denen ein Menschen­affe scheinbar bewusst etwas anderes, als das von ihm erwünschte, tut. Ein Beispiel: Das Gorilla- Weib­chen Koko war in einer modi­fi­zierten Form der ameri­ka­ni­schen Gebär­den­sprache ausge­bildet. Manchmal gab sie scheinbar beab­sich­tigt falsche Antworten auf Fragen, auf die sie laut Aussage ihrer Betreuerin die rich­tige Antwort kannte. Auf die Frage „Was benutzt Penny, um ihre Zähne zu putzen?“ signa­li­sierte Koko „Fuß“. Als Antwort auf die nächste Frage „Was tut Penny auf ihre Zahn­bürste?“ signa­li­sierte sie „Nase“, um daraufhin den Fuß zur Nase zu bringen und ein Spiel­ge­sicht zu zeigen (12).

Auch die dritte Form von kind­li­chem spie­le­ri­schem Necken wurde bereits bei Menschen­affen beschrieben. Zum Beispiel berich­tete die briti­sche Verhal­tens­for­scherin Jane Goodall davon, wie junge Schim­pansen ältere Tiere beim Schlafen störten, indem sie auf sie sprangen, sie spie­le­risch bissen und an den Haaren zogen. Die Erwach­senen reagierten darauf weitest­ge­hend gelassen, manchmal sogar mit Spiel (e.g. 13).

Nicht-verbales neckendes Verhalten könnte demnach ein evolu­tionär altes Verhalten sein, das mögli­cher­weise bereits unser gemein­samer Vorfahre zeigte. Um genaue Rück­schlüsse zu ziehen, und mögliche Formen und Funk­tionen des spie­le­ri­schen Neckens zu erfor­schen, sind aller­dings noch weitere Studien nötig.

Wenn Menschenaffen miteinander spielen, zeigen sie das Spielgesicht
Wenn Menschen­affen mitein­ander spielen, zeigen sie das Spielgesicht

Eines unserer wich­tigsten Ziele ist es, mehr Regen­wald­flä­chen zu erwerben und zu Schutz­wald für unsere Orang-Utans umzu­wan­deln. Helfen auch Sie, diesen faszi­nie­renden Lebens­raum und seine gewal­tige Arten­viel­falt zu erhalten und zu schützen. Werden auch Sie zum BOS-Unter­stützer. Mit ihrer Spende helfen sie den Orang-Utans und dem Regen­wald, der Heimat dieser und anderer beson­derer Tiere. Jeder Beitrag hilft.

Dr. Isabelle Laumer arbeitet derzeit an der UCLA an einem Projekt über spie­le­ri­sches Necken, Freude und Humor bei Menschen­affen. Sie freut sich schon, Ihnen bald noch mehr über dieses faszi­nie­rende Verhalten bei unseren nächsten Verwandten zu berichten.

 

Refe­renzen:

1.    Mire­ault G, Reddy V. 2016 Humor in infants. Cham, Switz­er­land: Springer.
2.    Reddy V. 1991 Playing with others’ expec­ta­tions: teasing and mucking about in the first year. In natural theo­ries of mind: evolu­tion, deve­lo­p­ment and simu­la­tion of ever­yday mind­re­a­ding. Cambridge, MA: Basil Blackwell.
3.    Reddy V, Mire­ault G. 2015 Teasing and clow­ning in infancy. Curr. Biol. 25, R20–R23.
4.    Reddy V. 1991 Playing with others’ expec­ta­tions: teasing and mucking about in the first year. In natural theo­ries of mind: evolu­tion, deve­lo­p­ment and simu­la­tion of ever­yday mind­re­a­ding. Cambridge, MA: Basil Blackwell.
5.    Eckert J, Winkler SL, Cart­mill EA. 2020 Just kidding: the evolu­tio­nary roots of playful teasing. Biol. Lett. 16: 20200370.
6.    Krupenye C, Kano F, Hirata S, Call J, Toma­sello M, 2016. Great apes anti­ci­pate that other indi­vi­duals will act accor­ding to false beliefs. Science, 7 : 110–114.
7.    M. E. Kret, E. Prochaz­kova, E. H.M. Sterck, Z. Clay, 2020 Emotional expres­sions in human and non-human great apes, Neuro­sci­ence & Biobe­ha­vi­oral Reviews, 115, 378–395.
8.    M. Davila Ross, M. J Owren, E. Zimmer­mann, 2009 Recon­s­truc­ting the Evolu­tion of Laughter in Great Apes and Humans, Current Biology 19, 1106–1111.
9.    Call J, Toma­sello M. 2007 The gestural reper­toire of chim­pan­zees (pan troglo­dytes). In The gestural commu­ni­ca­tion of apes and monkeys, pp. 17–39. New York, NY: Taylor & Francis Group/Lawrence Erlbaum Associates.
10.    Cart­mill EA, Byrne RW. 2010 Seman­tics of primate gestures: inten­tional meanings of oran­gutan gestures. Anim. Cogn. 13, 793–804.
11.    Krupenye C, Tan J, Hare B. 2018 Bonobos volun­t­a­rily hand food to others but not toys or tools. Proc. R. Soc. B 285, 20181536.
12.    Hiller B, Patterson PG. 1986 Conver­sa­tions with Koko. Gorilla Journal. 10, 7–8.
13.    Van Lawick-Goodall J. 1968 The beha­viour of free living chim­pan­zees in the Gombe stream reserve. Anim. Behav. Monogr. 1, 161-IN12.

 

Zehn Orang-Utans fliegen mit dem Heli­ko­pter in die Freiheit

Zehn Orang-Utans fliegen mit dem Heli­ko­pter in die Freiheit

Wir sind über­glück­lich: Nach einem Jahr Corona-Zwangs­pause konnten wir in Zusam­men­ar­beit mit der indo­ne­si­schen Natur­schutz­be­hörde (BKSDA) zehn Orang-Utans aus unseren Rettungs­zen­tren die lang­ersehnte Frei­heit schenken. Mit dem Hubschrauber ging es unter erhöhten Hygie­ne­auf­lagen in die entle­genen und geschützten Auswil­de­rungs­wälder in Zentral- und Ostka­li­mantan. Hier beginnen die sieben männ­li­chen und drei weib­li­chen Orang-Utans nun ihr neues, wildes Leben.

Höchste Hygie­ne­stan­dards sorgten für noch mehr Sicherheit

Letzter Check vor der Abreise
Letzter Check vor der Abreise

Die Vorbe­rei­tungen für beide Touren waren dieses Mal ganz beson­ders penibel. Ein Team aus Medi­zi­nern, Biologen, Behörden und weiteren Experten hat ein strenges Hygie­ne­pro­to­koll für diese Auswil­de­rungen aufge­stellt. So konnten dieses Mal nur die absolut notwen­digen Begleit­per­sonen mit den Tieren auf Reisen gehen. Jeder, der in die Nähe der Orang-Utans oder ihrer Trans­port­kisten kam, musste entspre­chende Schutz­klei­dung tragen. Vor allem aber wurde durch den Trans­port über den Luftweg vermieden, Dörfer und Sied­lungen zu durch­queren. Das mini­mierte das Risiko einer gesund­heit­li­chen Gefähr­dung der Tiere inmitten der noch immer gras­sie­renden Pandemie noch mehr. Alle Auswil­de­rungs­kan­di­daten und ihre Begleit­per­sonen wurden vor der Abreise wieder­holt auf Corona getestet.

Auf dem Luftweg ins Herz des Regenwaldes

Es geht hoch hinaus
Es geht hoch hinaus

Am 16. Februar begann das Aben­teuer Frei­heit für die erste Gruppe: Nenuah, Bali, Hugus, Noel, Strada und Disha mit ihrem Sohn Deijo wurden für ihren Flug in die Frei­heit vorbe­reitet. Ziel: Der Schutz­wald Bukit Batikap in Zentral­ka­li­mantan. Bevor es in die Trans­port­kisten ging, wurde jedes Tier ein letztes Mal vom Tier­arzt unter­sucht und für die Reise mit Beru­hi­gungs­mit­teln leicht sediert. Gut gesi­chert wurden die Kisten dann auf die Autos geladen – und auf ging es zum Flug­hafen von Kuala Kurun, wo der gechar­terte Hubschrauber schon abflug­be­reit wartete. Die Orang-Utans wurden in ihren Boxen, die an einer Longline unter dem Hubschrauber hingen, direkt zu den Auswil­de­rungs­plätzen im Schutz­wald von Bukit Batikap geflogen. Knapp eine Stunde dauerte es, bis die Kisten auf dem impro­vi­sierten Lande­platz aufsetzten. Dort wartete schon das zuvor ange­reiste „Empfangs­team“ und verlud die Kisten für die Weiter­reise auf Boote.

In der Frei­heit angekommen

Die letzten Meter des Trans­portes geht es immer zu Fuß. Meist braucht es vier starke Personen, um eine Kiste durch das unweg­same Gelände zu tragen, beim Trans­port eines ausge­wach­senen Männ­chens gern auch mehr. Das ist echte Knochen­ar­beit. Doch alle Mühe ist vergessen, wenn sich dann die Trans­port­kisten öffnen, und die Tiere den letzten Schritt in ihr Leben in Frei­heit gehen. Es ist immer ein beson­derer Moment – für die Tiere sowieso, aber auch für die Menschen. Denn für diesen Moment arbeiten wir.

Jedes Tier hat seine eigene Geschichte

Nenuah vor ihrer Auswilderung

Nenuah vor ihrer Auswilderung

Eines der jetzt ausge­wil­derten Tiere ist das 19 Jahre alte Orang-Utan-Weib­chen Nenuah. Sie wurde vor vielen Jahren aus einem Vergnü­gungs­park in Thai­land gerettet und kam 2006 nach Nyaru Menteng, zusammen mit 47 anderen Orang-Utans. Vor Nenuah konnten nur sechs andere Tiere aus dieser 48-köpfigen Gruppe ausge­wil­dert werden. Die übrigen waren aufgrund ihrer langen Gefan­gen­schaft in Thai­land nicht in der Lage, die natür­li­chen Fähig­keiten und Verhal­tens­weisen zu erlernen, die für eine Auswil­de­rung erfor­der­lich sind. Doch Nenuah ist es gelungen, ihre Vergan­gen­heit zu über­winden und alles für ihr Leben im Regen­wald zu lernen.

190 Tiere sind im Schutz­wald von Bukit Batikap zu Hause

Alle ausge­wil­derten Tiere haben einen kleinen Sender unter der Haut, der es den Moni­to­ring-Teams vor Ort erlaubt, die neuen Bewohner aufzu­spüren und über die Zeit zu beob­achten. Auf diese Weise wird über­prüft, ob die Orang-Utans gut in ihrer neuen Heimat ange­kommen sind. Die Wahr­schein­lich­keit, dabei auch auf andere von uns ausge­wil­derte Tiere zu treffen, ist gar nicht mal so gering: 190 Orang-Utans hat BOS in den vergan­genen Jahren im Bukit Batikap Schutz­wald frei gelassen.

Nenuah rennt zielstrebig in den Wald
Nenuah rennt ziel­strebig in den Wald

Neue Bewohner auch für den Kehje Sewen Wald

Nur wenige Tage, nachdem die erste Gruppe sicher im Bukit Batikap Schutz­wald ange­kommen war, ging es für die zweite Gruppe auf die Reise: Auch für Britney und die beiden Männ­chen Freet und Juve ging es per Hubschrauber zu ihrer Auswil­de­rungs­stelle im Norden des Kehje Sewen Waldes im Osten von Kali­mantan. Dieser Teil des Regen­waldes ist noch schwerer zugäng­lich als die anderen Auswil­de­rungs­ge­biete der BOS Foun­da­tion. Ab einem bestimmten Punkt kommt man weder mit Autos noch Booten weiter – deswegen können wir die Orang-Utans hier nur mit einem Heli­ko­pter ans Ziel bringen.

Unsere drei Glücks­pilze haben einen langen Reha­bi­li­ta­ti­ons­pro­zess im Schutz­zen­trum Samboja Lestari durch­laufen und sind nun bereit, in ihr neues, wildes Leben weitab von den Menschen zu starten. Mit ihnen haben insge­samt 121 von uns ausge­wil­derte Orang-Utans ein neues Zuhause im Kehje Sewen Wald gefunden.

Corona hat unsere Arbeit verändert

Volle Schutzkleidung auch beim Verladen
Volle Schutz­klei­dung auch beim Verladen

Aufgrund der nahen Verwandt­schaft zum Menschen (97 Prozent iden­ti­sche DNA), steht zu befürchten, dass sich auch Orang-Utans mit dem Corona-Virus infi­zieren könnten – auch wenn es bisher welt­weit noch keinen bestä­tigten Fall gab. Aus diesem Grund hat die BOS Foun­da­tion schon im März 2020 die Rettungs­zen­tren abge­rie­gelt und erhöhte Hygiene- und Sicher­heits­stan­dards einge­führt, um die Gesund­heit der Tiere und Mitar­beiter zu schützen. Auch Auswil­de­rungen wurden für rund ein Jahr ausge­setzt. Doch für die Rettung von in Not gera­tenen Tieren gibt es keinen Lock­down, und unsere Arbeit in den Schutz­zen­tren ging unter Berück­sich­ti­gung aller Auflagen die ganze Zeit weiter. In Zusam­men­ar­beit mit der Regie­rung und weiteren Experten ist es möglich gewesen, diese ersten Auswil­de­rungen seit Beginn der Pandemie durch­zu­führen. Dafür sind wir sehr dankbar. Denn aktuell warten in den BOS-Rettungs­zen­tren noch sehr viele Orang-Utans darauf, auch bald den Weg zurück in die Frei­heit gehen zu können.

Seit 2012 hat die BOS Foun­da­tion 478 Orang-Utans in zwei Auswil­de­rungs­ge­bieten in Zentral­ka­li­mantan (Schutz­wald Bukit Batikap und Bukit Baka Bukit Raya Natio­nal­park) und einem in Ostka­li­mantan (Kehje Sewen Forest) ausge­wil­dert. Wir danken all unseren Spen­dern herz­lich für ihre Unter­stüt­zung, mit deren Hilfe wir diese Arbeit zum Arten- und Lebens­raum­schutz weiter voran­treiben können.

Noch warten weitere 400 Orang-Utans in unsren Rettungs­ze­tren auf Ihren ganz persön­li­chen Ruf der Freiheit.

Bitte helfen Sie, auch diesen Orang-Utans ein Leben in ihrem wahren Zuhause zurück zu geben. Spenden Sie noch heute und schenken Sie auch ihnen die Freiheit!

 

 

Justin ist ein Feinschmecker

Justin ist ein Feinschmecker

Leuch­tend gelb und saftig ist die Jabon-Frucht, die Justin zum Schlemmen verführt. Bei ihr kann das 13-jähige Orang-Utan-Männ­chen einfach nicht wider­stehen – genüss­lich nascht er die Früchte, wo immer er sie findet. Und glück­li­cher­weise gibt es davon reich­lich im Wald von Kehje Sewen, wo Justin 2017 ausge­wil­dert wurde. Die Bäume der Frucht, die auch als Antho­ce­phalus-Frucht bekannt ist, wachsen bis zu 45 Meter in den Himmel. Sie tragen nicht das ganze Jahr über Früchte; umso größer ist die Freude bei den Orang-Utans, wenn die Bäume voll hängen.

Die Anthocephalus-Frucht ist saftig und süß
Die Antho­ce­phalus-Frucht ist saftig und süß

Abwechs­lungs­rei­cher Speisenplan

Die Nahrung von Orang-Utans ist sehr abwechs­lungs­reich: Sie essen Baum­rinde, Pflan­zen­kerne sowie junge Blätter, und auch prote­in­reiche Termiten stehen auf dem Spei­sen­plan. Und natür­lich Früchte, am liebsten ganz viele davon. Eine Ausnah­me­le­ckerei ist Honig, der aller­dings oft nur mithilfe von Werk­zeug zu ergat­tern ist.  

Eigen­stän­dige Nahrungs­suche für ein Leben in Freiheit

Die Fähig­keit, sich eigen­ständig in der Wildnis zu ernähren, ist eine der Grund­vor­aus­set­zungen für die Frei­las­sung der Orang-Utans. Daher wird auf dieses Thema in allen Phasen der Reha­bi­li­ta­tion ein wich­tiger Fokus gelegt.

Justin ist ein Feinschmecker
Justin ist ein Feinschmecker

Um Justin müssen wir uns keine Sorgen machen. Unser Moni­to­ring Team vom Nles Mamse Camp sah ihn neulich dabei, wie er sich genüss­lich eine Jabon-Frucht nach der anderen in den Mund schob. Der Orang-Utan-Mann weiß sehr genau, wie er sich im Wald sattessen kann. Wir wünschen „Guten Appetit!“

Werden auch Sie zum Unter­stützer von BOS. Mit Ihrer Spende helfen Sie den Orang-Utans, dem Regen­wald und damit auch unserem Klima. Jeder Beitrag hilft.