Smarte Denker – ein Einblick in das intel­li­gente Verhalten von Orang-Utans

Smarte Denker – ein Einblick in das intel­li­gente Verhalten von Orang-Utans

Dass Orang-Utans sehr intel­li­gent, einfalls­reich und kreativ sind, kann jeder bestä­tigen, der ein biss­chen Zeit mit den rothaa­rigen Wald­men­schen verbracht hat. Doch wie klug sind Orang-Utans? Und wie kann man ihre Intel­li­genz erforschen?

Was ist eigent­lich Intelligenz?

Intel­li­genz ist ein viel­schich­tiger Begriff, der viele Fähig­keiten zusam­men­fasst. Eine schnelle Auffas­sungs­gabe und Infor­ma­ti­ons­ver­ar­bei­tung, die Fähig­keit schnell zu lernen, sich flexibel an neue Umwelt­be­din­gungen anzu­passen und logisch und effi­zient Probleme zu lösen sind nur einige davon. Doch wie erforscht man Intel­li­genz bei Tieren, die uns ja nicht durch verbale Sprache mitteilen können, was sie wahr­nehmen und denken? Hier sind Prima­to­logen und Kogni­ti­ons­bio­logen gefragt.

Von allen vier Menschen­affen, ist das Verhalten von Orang-Utans – neben dem von Gorillas, Bonobos und Schim­pansen – am schwie­rigsten in freier Wild­bahn zu erfor­schen. Das liegt vor allem daran, dass Orang-Utans im Gegen­satz zu den anderen Menschen­affen die meiste Zeit hoch oben im dichten Blät­ter­dach des Regen­waldes verbringen. Um mehr über ihre beson­deren Fähig­keiten zu erfahren, ist es daher neben der Frei­land­be­ob­ach­tung wichtig, ihr Verhalten auch unter kontrol­lierten Bedin­gungen zu beob­achten. Zum Beispiel, indem man sie mit einem neuen Problem konfron­tiert. Das ist für die Orang-Utans, die in Auffang­sta­tionen oder Zoos leben, eine will­kom­mene Abwechs­lung: So kommen Sie an beson­dere Lecke­reien, werden geistig geför­dert, und ihr Alltag wird berei­chert. Wir erhalten dadurch wich­tige Erkennt­nisse, um unsere nächsten Verwandten noch besser zu verstehen.

Orang-Utans benutzen Werk­zeuge, denken ökono­misch und treffen Entschei­dungen je nach Marktsituation.

In der Waldschule lernen die Tiere, Werkzeuge einzusetzen
In der Wald­schule lernen die Tiere, Werk­zeuge einzusetzen

Weniger als ein Prozent aller Tier­arten auf der Welt verwenden Werk­zeuge [1]. Da Werk­zeug­ge­brauch so extrem selten ist, wird er oft fälsch­li­cher­weise pauschal als intel­li­gent gewertet. Es gibt beispiels­weise Insekten, wie etwa Amei­sen­löwen, die Werk­zeuge nutzen. Jedoch ist ihr Verhalten ange­boren und stereotyp, wird also typi­scher­weise immer gleich­blei­bend in nur einer bestimmten Situa­tion eingesetzt.

Intel­li­genter Werk­zeug­ge­brauch erfor­dert die Fähig­keit, mehrere Infor­ma­ti­ons­ebenen zu inte­grieren, und das Verhalten schnell und flexibel an wech­selnde Situa­tionen anzu­passen. Und genau das können Orang-Utans. In meinen Studien haben wir heraus­ge­funden, dass Orang-Utans sorg­fältig zwischen sofort verfüg­barer Nahrung und Werk­zeug­ein­satz abwägen [2]. Wenn etwa das Futter in der Appa­ratur besser war als das sofort verfüg­bare Futter, wählten sie lieber das Werk­zeug und den damit verbun­denen Arbeits­ein­satz, um an den Lecker­bissen in der Appa­ratur zu gelangen. Dabei hinter­fragten die Tiere auch Details wie Quali­täts­un­ter­schiede beim Futter und ob ein bestimmtes Werk­zeug in der jewei­ligen Situa­tion über­haupt funk­tio­nieren könnte.

Padana nutzt einen Haken als Werkzeug
Versuch: Padana nutzt einen Haken als Werkzeug

Und das sogar wenn die Aufgabe immer komplexer und mehr­di­men­sio­naler wurde. In der freien Wild­bahn muss ein Orang-Utan auch ökono­mi­sche Entschei­dungen treffen. Beob­ach­tungen zeigen, dass Orang-Utans einen sehr guten Orien­tie­rungs­sinn haben und sich scheinbar merken können wann, wo, welche Früchte reif werden. Das ist beacht­lich, da Orang-Utans je nach Gebiet zwischen 100 bis zu über 300 verschie­dene Pflan­zen­arten und davon mehr als 150 verschie­dene Frucht­sorten fressen, von denen viele zu unter­schied­li­chen Zeiten reif werden [3, 4].

Was die Erfin­dung eines Haken­werk­zeuges betrifft, sind Orang-Utans auf dem Level von acht­jäh­rigen Kindern.

Orang-Utans können nicht nur Werk­zeuge gebrau­chen, sie stellen diese sogar selbst her. Doch sind sie auch in der Lage, ein neues Werk­zeug aus einem unbe­kannten Mate­rial und für ein noch nie zuvor ange­trof­fenes Problem erfinden? An dem soge­nannten ‘Haken­test‘ schei­tern sogar Kinder bis zu einem Alter von circa acht Jahren [5, 6]. Der  Test geht so: Ein mit einer Beloh­nung befülltes Körb­chen mit Henkel befindet sich  am Boden eines durch­sich­tigen Röhr­chens. Als einziges Hilfs­mittel gibt es eine Schnur und ein gerades Stück Draht. Um an die Beloh­nung zu gelangen, muss der Draht an einem Ende –  und zwar in einem bestimmten Winkel – zu einem Haken gebogen werden, während das rest­liche Stück gerade bleibt. Nun muss der Draht richtig herum einge­führt, der Haken in den Henkel einge­hängt und das Körb­chen vorsichtig nach oben gezogen werden. Oben ange­kommen wird es dann mit der anderen Hand entgegengenommen.

Padana zieht mit dem selbst gebogenen Haken ein Körbchen hoch
Padana zieht mit dem selbst gebo­genen Haken ein Körb­chen hoch

Da so viele unbe­lohnte Teil­schritte nötig sind, gilt der Versuch in der Verglei­chenden Psycho­logie als sehr schwierig. Da nicht bekannt war, ob Primaten in der Lage sind, dieses komplexe Problem zu lösen, entschied ich mich, diese Studie mit Orang-Utans durch­zu­führen. Mit Verblüf­fung und Freude wurde ich Zeuge, wie zwei der fünf Orang-Utans, Padana und Pini, inner­halb der ersten Minuten auf die Lösung kamen [7]. Die genaue Analyse ergab, dass sie dabei ziel­ori­en­tiert vorgingen. Sie bogen den Haken meis­tens direkt mit ihren Zähnen und dem Mund, während sie den Rest des Werk­zeugs gerade hielten. Danach führten sie es sofort richtig herum ein, hakten es in den Henkel ein und zogen das Körb­chen hoch. Inter­es­san­ter­weise verbes­serten sie das Werk­zeug­de­sign sogar in den folgenden Durch­gängen, da die Haken gegen Ende in einem stei­leren Winkel gebogen wurden als noch zu Beginn.
Diese Fähig­keit bei einem unserer nächsten Verwandten zu finden, ist erstaun­lich. In der mensch­li­chen Evolu­tion erscheinen Haken­werk­zeuge erst relativ spät. Erste archäo­lo­gi­sche Funde von Angel­haken und harpu­nen­ar­tigen, gekrümmten Objekten sind etwa 16.000 — 60.000 Jahre alt [8].

Verschiedene Haken als Werkzeug
Verschie­dene Haken als Werkzeug

Flexibel und schnell.

Wie flexibel und schnell die Orang-Utans aus dem Draht ein weiteres Werk­zeug herstellen können, zeigte sich in einer zweiten Aufgabe. Hier befand sich die Beloh­nung in der Mitte eines hori­zon­talen Röhr­chens. Um zu dem Futter zu gelangen, mussten die Tiere auf die Idee kommen ein um 90 Grad gebo­genes Draht­stück gerade zu biegen, um es als Stoß­werk­zeug zu benutzen. Auf diese Lösung kamen alle teil­neh­menden Orang-Utans [7].

Einfalls­reich und kreativ.

In anderen Studien wurden Orang-Utans mit einer Erdnuss konfron­tiert, die sich uner­reichbar tief in einer Röhre befand. Die Tiere spuckten spontan mehr­mals Wasser in das Gefäß. Dadurch hob sich der Wasser­spiegel, wobei die an der Ober­fläche schwim­mende Erdnuss immer höher beför­dert wurde, bis die Tiere sie schließ­lich greifen konnten. Dabei gingen sie immer ziel­stre­biger vor. Während sie beim ersten Mal noch knapp zehn Minuten benö­tigten, um auf die Idee zu kommen, brauchten sie beim letzten von zehn Durch­gängen nur noch wenige Sekunden [10, 11].

Gene­rell scheinen tech­ni­sche Intel­li­genz und die Fähig­keit neuar­tige Probleme zu lösen bei Orang-Utans stark ausge­prägt zu sein. In freier Wild­bahn lässt sich das zum Beispiel anhand der komplexen Nest­kon­struk­tionen beob­achten. Eine kürz­lich veröf­fent­lichte Studie hat die Schlaf­nester genauer unter­sucht. Dabei wurde fest­ge­stellt, dass Orang-Utans manchmal Äste von zwei oder sogar mehreren neben­ein­an­der­lie­genden Bäumen  zu einem Nest verknüpfen — ganz flexibel an die jewei­ligen Bedin­gungen ange­passt [9].

Planen Orang-Utans zukünf­tige Handlungsschritte?

Ob Menschen­affen für die Zukunft planen, wird immer noch disku­tiert [z.B. 12]. Dennoch gibt es mehrere Studien, die darauf hinweisen, dass Orang-Utans sowie andere Menschen­affen das passende Werk­zeug für eine zukünf­tige Anwen­dung auswählen, mit sich trans­por­tieren, um das Werk­zeug dann eine Stunde später oder sogar erst am nächsten Tag verwenden zu können [13, 14]. Inter­es­san­ter­weise entscheiden Orang-Utans, wenn sie die Wahl zwischen einer sofor­tigen Beloh­nung (einer wohl­schme­ckenden Traube) und mehreren unter­schied­li­chen Werk­zeugen haben, für das Werk­zeug, mit dem sie mehr als eine Stunde später an noch besser schme­ckenden Frucht­saft gelangen. Und dass, obwohl der Apparat während der Auswahl nicht sichtbar ist, das Werk­zeug in der Warte­zeit komplett funk­ti­onslos ist, und diese Wahl erst ganz am Ende zu Erfolg führt [14].

Ich bin davon über­zeugt, dass wir weiter darüber staunen werden, welche beson­deren Fähig­keiten diese außer­ge­wöhn­li­chen, so selten gewor­denen Tiere besitzen. Es gibt noch viel zu entdecken.

Eines unserer wich­tigsten Ziele ist es, mehr Regen­wald­flä­chen zu erwerben und zu Schutz­wald für unsere Orang-Utans umzu­wan­deln. Helfen auch Sie diesen faszi­nie­renden Lebens­raum und seine gewal­tige Arten­viel­falt zu erhalten und zu schützen. Werden auch Sie zum BOS-Unter­stützer. Mit ihrer Spende helfen sie den Orang-Utans und dem Regen­wald! Jeder Beitrag hilft.

Beitrag von Dr. Isabelle Laumer

Dr. Isabelle Laumer ist Primatologin und forscht über Orang-Utans
Dr. Isabelle Laumer ist Prima­to­login und forscht über Orang-Utans

Refe­renzen

1.    Biro D, Haslam M, Rutz C. (2013) Tool use as adapt­a­tion. Phil Trans R Soc B 368: 20120408.

2.    Laumer I.B., Auer­sperg A.M.I., Bugnyar T., Call J. (2019) Oran­gutans (Pongo abelii) make flexible decis­ions rela­tive to reward quality and tool func­tion­a­lity in a multi-dimen­sional tool-use task. PLoS One 14(2): e0211031.

3.    Galdikas, B. M. F. (1988). Oran­gutan diet, range and acti­vity at Tanjung Putting, Central Borneo. Inter­na­tional Journal of Prima­to­logy 9:1–35.

4.    Rijksen, H.D. (1978). A field Study of Suma­tran Oran­gutan (Pongo pygmaeus abelii Lesson 1827): Ecology, Beha­vior, and Conser­va­tion. Nether­lands: Veenan and Zonen.

5.    Cutting N, Apperly IA, Beck SR. (2011) Why do children lack the flexi­bi­lity to inno­vate tools? Journal of Expe­ri­mental Child Psycho­logy 109, 497–511.

6.    Cutting N., Apperly I.A., Chap­pell J., Beck, S.R. (2014) The puzzling diffi­culty of tool inno­va­tion: Why can´t children piece their know­ledge toge­ther? Journal of Expe­ri­mental Child Psycho­logy 125, 110–117.

7.    Laumer I.B., Call J., Bugnyar T., Auer­sperg A.M.I. (2018) Spon­ta­neous inno­va­tion of hook-bending and unben­ding in oran­gutans (Pongo abelii). Scien­tific Reports 8:16518

8.    Brad­field J., Choyke A.M. (2016) Bone tech­no­logy in Africa. Ency­clo­paedia of the History of Science, Tech­no­logy, and Medi­cine in Non-Western Cultures. 10.1007/978–94-007‑3934-5_8476‑2

9.    Didik Prasetyo, Sri Suci Utami, Jatna Supri­jatna (2012) Nest struc­tures in Bornean oran­gutans. Journal Biologi Indo­nesia 8 (2): 217–227.

10.    Mendes N., Hanus D., Call J. (2007) Raising the level: oran­gutans use water as a tool. Biology Letters 3, 453–455.

11.    DeLong C.M., Burnett C. (2020) Bornean Oran­gutans (Pongo pygmaeus pygmaeus) use water as a tool in the floa­ting object task. Animal Beha­vior and Cogni­tion, 7(3):327–342.

12.    Sudden­dorf T, Corballis MC, Collier-Baker E. (2009) How great is great ape fore­sight? Anim. Cogn. 12, 751–754.

13.    Mulcahy N., Call J. (2006) Apes Save Tools for Future Use. Science: 1038–1040.

14.    Osvath M., Osvath H. (2008) Chim­panzee (Pan troglo­dytes) and oran­gutan (Pongo abelii) forethought: self-control and pre-expe­ri­ence in the face of future tool use Animal Cogni­tion 11:661–674.

Die Rettung der Orang-Utans

Seit zehn Jahren setzt sich ein Ärzte­team in Borneo für die Rettung der stark gefähr­deten Orang-Utans ein. In der Station werden sie medi­zi­nisch versorgt, aufge­päp­pelt und anschlies­send wieder ausge­wil­dert. Mit viel Herz­blut ist das Team enga­giert und erklärt, wie nah verwandt wir mit den Orang-Utans sind.

Dieser Film zeigt die lebens­wich­tige Arbeit des Ärzte­teams und erklärt, weshalb einer unserer engsten Verwandten stark vom Aussterben bedroht ist. Die Doku­men­ta­tion zeigt Aufnahmen von Rettungs­mis­sionen, ergänzt diese durch Exper­ten­bei­träge, und wirft die Frage auf, ob in Zukunft noch Hoff­nung für die Rettung der Orang-Utans besteht.

Unsere Stars der ORANGUTAN JUNGLE SCHOOL: Big Boy Beni

Unsere Stars der ORANGUTAN JUNGLE SCHOOL: Big Boy Beni

Diese Orang-Utans berühren die Herzen hundert­tau­sender Menschen welt­weit. In der Sendung ORANGUTAN JUNGLE SCHOOL können Sie unsere Wald­schüler im Schutz­zen­trum von Nyaru Menteng auf ganz beson­dere Weise kennen­lernen und sie durch ihren Alltag begleiten. Und dabei sind es vor allem die ganz indi­vi­du­ellen Persön­lich­keiten der Tiere, die zum Staunen, Lachen und Weinen einladen. In unserer Portraitreihe möchten wir Ihnen einige unserer tieri­schen TV-Stars noch einmal vorstellen.

Wenn es einen echten Star in der „Oran­gutan Jungle School“ gibt, dann ist das ohne Zweifel Big Boy Beni. Gegen seinen Charme kann selbst die einzig­ar­tige Alba einpa­cken. Beni, der Uner­sätt­liche, ist einfach ein echter Showman – unter­haltsam, liebens­würdig und irgendwie auch immer ein biss­chen der trau­rige Clown, den man einfach nur in die Arme schließen möchte. Eine echte Marke eben, dem keiner lange böse sein kann. Ganz egal was für einen Unfug er nun wieder ange­stellt hat.

Gerettet wurde Beni 2016 im Alter von zwei Jahren - ein magerer Bursche
Gerettet wurde Beni 2016 im Alter von zwei Jahren — ein magerer Bursche

Doch Benis Start ins Leben war hart, so wie der von all unseren Schütz­lingen. Als Baby verlor er seine Mutter, die vermut­lich von Wilde­rern getötet worden war. Die Bewohner eines Dorfes in Zentral-Kali­mantan entdeckten ihn, wie er allein auf einem Tele­fon­mast herum­ge­klet­tert war. Sie fingen ihn ein und brachten ihn zum örtli­chen Bezirksamt. Als unser Rettungs­team am 8. April 2016 gerufen wurde, fanden sie einen winzigen Orang-Utan vor, der in einem Käfig vor dem Bezirksamt gehalten wurde. Er wog nur 4,3 Kilo­gramm – viel zu wenig für ein zwei­jäh­riges Orang-Utan-Baby. Außerdem war er stark dehy­driert, litt unter einer Wurm­in­fek­tion und hatte Fieber. Wir vermuten, dass er nie als Haus­tier gehalten worden war, denn er zeigte noch natür­liche Verhal­tens­weisen und verhielt sich wie ein wilder Orang-Utan. Völlig verängs­tigt und aufge­bracht war der kleine Beni, als er in unsere Obhut kam. 

Glück­li­cher­weise konnte er sich im Rettungs­zen­trum Nyaru Menteng schnell erholen. Und Essen wurde zu seiner neuen Leiden­schaft. Alles was süß und lecker war, schnappte er sich. Und das auf dem bequemsten Weg wie möglich. Sei es direkt aus dem Futter­korb der Baby­sit­te­rinnen oder aus den Händen seiner Mitschüler. Und doch konnte ihm niemand lange böse sein. Sein freund­li­cher Charme, sein Bitten, Betteln und Jammern erweichte jedes Herz. 

Im Rettungszentrum Nyaru Menteng erholt er sich schnell
Im Rettungs­zen­trum Nyaru Menteng erholt er sich schnell

Leider blieb das jedoch nicht folgenlos. Denn so sehr Beni das süße Futter liebt, so wenig liebt er es, sich dafür anzu­strengen. Klet­tern? Ist doch viel zu mühsam. Und so wurde Big Boy Beni bald zum Sorgen­kind. Mit zehn Kilo Über­ge­wicht und wenig Moti­va­tion den Lektionen der Wald­schule zu folgen, wuchsen unsere Sorgen, ob er jemals ein Kandidat für die Auswil­de­rung werden könnte. Denn im Dschungel ist das Wissen, das in der Wald­schule gelehrt wird, überlebenswichtig. 

 Futtern
Lieb­lings­be­schäf­ti­gung: Futtern

Streng und unnach­giebig mussten die Baby­sit­te­rinnen und Tier­ärzte bei Beni durch­greifen. So schwer es allen fiel. Beni bekam eine Diät verordnet. 

Der qualvolle Moment auf der Waage. Zeigt die Diät Wirkung?
Der qual­volle Moment auf der Waage. Zeigt die Diät Wirkung?

Und tatsäch­lich verbes­serte sich sein Gesamt­zu­stand. Zwar ist Beni noch immer größer und kräf­tiger als seine Alters­ge­nossen, und auch sein Appetit ist noch immer unge­zü­gelt, aber das Gesamt­paket Beni hat eine erfreu­liche Entwick­lung durchgemacht.

Groß, größer, Big Boy Beni
Groß, größer, Big Boy Beni

So hat er nun, mit sieben Jahren, die Wald­schule abge­schlossen und wartet darauf, bald einen Platz auf der Wald­uni­ver­sität – einer Voraus­wil­de­rungs­insel – zuge­wiesen zu bekommen. Bis es soweit ist, lebt er in einem Sozia­li­sie­rungs­ge­hege. Denn Beni ist jetzt mitten­drin in der Pubertät. In der Wildnis lösen sich die Jung­tiere im Alter von sechs bis acht Jahren von ihren Müttern, werden unab­hängig und beginnen, ihren eigenen Weg zu gehen. In dieser Zeit werden sie aggres­siver und demons­trieren ihre Stärke, wenn sie sich einge­schüch­tert fühlen oder schlecht gelaunt sind. Vor allem die jungen Männ­chen, die das Poten­tial haben, sich zu einem domi­nanten Orang-Utan zu entwi­ckeln. Und das Poten­tial zeigt Big Boy Beni ganz eindeutig. Beni ist für unsere Baby­sit­te­rinnen einfach unkon­trol­lierbar geworden. Mit seiner körper­li­chen Stärke und seinem Dick­schädel könnte Beni unseren Mitar­bei­tern oder seinen Mitschü­lern unab­sicht­lich eine schwere Verlet­zung zufügen. 

Auf dem Weg, ein Orang-Utan-Mann zu werden
Auf dem Weg, ein Orang-Utan-Mann zu werden

Jetzt können wir es kaum erwarten bis Beni bald auf einer Insel zeigen kann, was für ein wilder Kerl in ihm steckt. Und wir freuen uns auf den Tag, an dem er in seine wahre Heimat, den Regen­wald, zurück­kehren darf.

Möchten Sie einen unserer Wald­schüler auf seinem Ausbil­dungsweg begleiten und ihm dabei Stück für Stück sein Leben in Frei­heit zurück­geben? Dann werden Sie Pate!

Der Frei­heit einen Schritt näher

Der Frei­heit einen Schritt näher

Der erste Tag an der Uni ist ein großer Tag. Man lässt die Kind­heit hinter sich, meist das Eltern­haus und die alten Freunden. Man beginnt einen neuen Lebens­ab­schnitt voller Frei­heit, span­nender Erfah­rungen, großer Selbst­stän­dig­keit und neuer Freunde. Aber auch ein Leben mit größerer Verant­wor­tung, neuen Aufgaben und Heraus­for­de­rungen. Genauso erging es Valen­tino, Cinta und sechs weiteren Orang-Utans, die jetzt auf der Voraus­wil­de­rungs­insel ihren letzten Ausbil­dungs­ab­schnitt begonnen haben. 

In unserem Rettungs­zen­trum Nyaru Menteng haben Cinta, Valen­tino, Jumbo, Hanin, Jiga, Petruk, Gonzales und Timpah zuletzt sehn­süchtig in den Sozia­li­sie­rungs­kä­figen ausge­harrt, ehe es für sie nun endlich auf die Voraus­wil­de­rungs­insel Badak Besar, die zum Salat Island Cluster gehört, gehen konnte. In einem ersten Trip wurden Valen­tino, Jumbo, Cinta und Hanin zur Insel gebracht, die vier anderen Wald­men­schen folgten zwei Tage später. 

Um die Tiere vor der Reise noch einmal durch­zu­che­cken und sicher in die Trans­port­boxen zu verladen, müssen sie sediert werden. Immer ein etwas stres­siger Moment für die Orang-Utans. Doch diesmal reagierten einige mit aufge­stellten Haaren und Kuss­lauten – deut­liche Unmuts­äu­ße­rungen – auf unser Team. Das Problem: Alle Mitar­beiter waren aufgrund unserer strengen Gesund­heits­pro­to­kolle von Kopf bis Fuß in Schutz­klei­dung gehüllt, um vor COVID-19 geschützt zu sein. Ein Anblick, der die Orang-Utans schwer irritierte.
Alle Orang-Utans und die Mitar­beiter, die an dem Transfer betei­ligt waren, wurden einem PCR-Test unter­zogen, um sicher­zu­stellen, dass sie nicht Träger von COVID-19 sind und die Krank­heit mögli­cher­weise in einem größeren Gebiet verbreiten könnten. 

Die Transportboxen werden auf das Schnellboot geladen
Die Trans­port­boxen werden auf das Schnell­boot geladen

Mit einem Schnell­boot ging es dann zur Voraus­wil­de­rungs­insel. Etwa vier Stunden dauerte die Reise, da wir einige Umwege in Kauf nahmen, um Begeg­nungen mit Anwoh­nern zu vermeiden. Auch aus Gründen des Gesund­heits­schutzes. Ankunfts­zeit auf der Insel war jeweils in den heißen Mittagsstunden. 

Vier Stunden dauert die Reise auf der "Dschungelautobahn"
Vier Stunden dauert die Reise auf der “Dschun­gel­au­to­bahn”

Ganz unter­schied­lich reagierten die frisch­ge­ba­ckenen Wald­stu­denten auf ihre neue Heimat. „Oran­gutan Jungle School“-Star Valen­tino zum Beispiel war sicht­lich verwirrt, als sein Käfig geöffnet wurde. Er hatte die zurück­lie­genden Monate in einem Einzel­ge­hege unter voll­kommen anderen Bedin­gungen gelebt als jetzt auf der Voraus­wil­de­rungs­insel. Da kann man schon mal baff vor Staunen sein. 

Valentinos erste Schritte auf der Insel
Valen­tinos erste Schritte auf der Insel

Jumbo hingegen schoss aus seinem Käfig und schnappte sich gleich einige Bananen, wobei er unser Team völlig igno­rierte. Als Cinta ihren Käfig verließ, versuchte sie, sich Mitglie­dern des Teams zu nähern. Aber zum Glück erregte Hanin, die bereits hoch oben in einem Baum saß und leckeres Dschun­ge­lobst genoss, ihre Aufmerksamkeit.

Jumbo hat sich Bananen geschnappt. Valentino ist noch etwas verunsichert
Jumbo hat sich Bananen geschnappt. Valen­tino ist noch etwas verunsichert

Zwei Tage später, bei der zweiten Voraus­wil­de­rung, verließ Timpah schnell ihre Box auf der Suche nach Wald­früchten. Sie igno­rierte die Anwe­sen­heit unseres Teams völlig und konzen­trierte sich direkt auf das verlo­ckende Obst an der Futter­platt­form. Zwei Männ­chen, Gonzales und Petruk, taten das Gleiche, entschieden sich aber für einen Platz oben in den Bäumen.

Timpah hat sich einen guten Beobachtungsposten gesichert
Timpah hat sich einen guten Beob­ach­tungs­posten gesichert

Zuletzt wurde Jigas Käfig geöffnet, da das 14-jährige Männ­chen für sein aggres­sives Verhalten bekannt ist. Und er machte seinem Ruf alle Ehre. Sofort nach dem Verlassen seines Käfigs geriet er in einen Kampf mit Petruk, während Timpah aus der Nähe zuschaute, während sie eine schmack­hafte Mahl­zeit genoss. 

Gonzales schwingt sich durch die Äste
Gonzales schwingt sich durch die Äste

Aufge­putscht von seinem Kampf mit Petruk, rich­tete Jiga dann seine Aufmerk­sam­keit auf unsere Team­mit­glieder, die sich schnell auf das sichere Boot zurück­ziehen mussten. Bei der eiligen Flucht aufs Schiff kam es zu einigen Stürzen. Aber am Ende kamen alle sicher an Bord. Da Jiga deut­lich gemacht hatte, dass er auf mensch­liche Beob­achter so gar keine Lust hatte, ließ das Team die Orang-Utans erstmal in Ruhe ihr neues Leben beginnen und fuhr zurück nach Hause. 

Jiga macht klar, wer der Boss ist
Jiga macht klar, wer der Boss ist

Viel Erfolg an der Walduni, wünschen wir den acht Orang-Utans! Seid schön flei­ßige Studenten, dann dürft ihr auch bald in den Regen­wald einziehen. 

 

Möchten Sie einen unserer Wald­schüler auf seinem Ausbil­dungsweg begleiten und ihm dabei Stück für Stück sein Leben in Frei­heit zurück­geben? Dann werden Sie Pate!

 

 

Tierisch unglaub­lich! — Fakten des Tierreichs

Wer weiß schon, dass Orang-Utans so stark wie mehrere Menschen zusammen sind, Schweine über einen ausge­spro­chen guten Geruchs­sinn verfügen, und Raben und Krähen echte Intel­li­genz­bes­tien sind? „Tierisch unglaub­lich! — Fakten des Tier­reichs“ liefert geballtes Wissen und erstaun­liche Erkennt­nisse rund um die Fauna unseres Planeten.

Jede der 30 Minuten langen Folgen widmet sich zwei Tier­arten. Mit äußerster Akribie, einer Prise Humor und immer auf dem neuesten Stand der Forschung nimmt die Sendung die Beson­der­heiten der jewei­ligen Art unter die Lupe. Inter­views mit den welt­weit führenden Experten kommen dabei ebenso zum Einsatz wie Compu­ter­ani­ma­tionen und Grafiken, die komplexe Zusam­men­hänge verdeut­li­chen und verblüf­fende Einblicke erlauben. Aufnahmen aus freier Wild­bahn und Zeit­lu­pen­se­quenzen führen vor Augen, wie Körper­merk­male und Verhal­tens­weisen zusam­men­wirken und den Tieren das Über­leben sichern.