Lalita Tri Adila koordiniert das BOS-Orang-Utan-Patenschaftsprogramm in Indonesien. Normalerweise arbeitet sie im Hauptsitz der BOS Foundation in Bogor auf Java. Doch mehrfach im Jahr besucht sie unsere Rehabilitationszentren Nyaru Menteng und Samboja Lestari auf Borneo, um von dort die neuesten Nachrichten und schönsten Fotos unserer Paten-Orang-Utans für die Patenpost mitzubringen. Dafür geht sie in die Waldschulklassen, spricht mit den Babysitterinnen und Tierärzten und trifft natürlich auch auf die Waldschüler.
Lalita, wie ist es, wenn Sie die Waldschulgruppen besuchen – dürfen Sie dann auch mal mit den kleinen Orang-Utans spielen und kuscheln?
Oh nein, auf keinen Fall! Auch wenn das manchmal zu den schwierigsten Momenten meines Jobs gehört. Aber es ist auch für mich absolut tabu, die Orang-Utans anzufassen, sie zu streicheln oder mit ihnen zu interagieren. Das dürfen wirklich nur die Babysitterinnen und die Tierärzte. Selbst wenn ein kleiner Orang-Utan neugierig auf mich zukommen sollte und darum betteln würde, auf den Arm genommen zu werden, muss ich meine Arme hochhalten und ihn ignorieren. Ganz egal, wie schwer mir das fällt. Aber es ist absolut notwendig.
Die Waldschüler sind keine Kuscheltiere
Denn wir wollen ja nicht, dass sich die Orang-Utans daran gewöhnen, zu Menschen – außer ihren Babysittern – zu gehen und von ihnen etwas zu bekommen. Unsere Waldschüler sollen lernen, wilde Orang-Utans zu sein und keine Kuscheltiere.
Sie bekommen bei Ihren regelmäßigen Besuchen sehr viel von unseren Paten-Orang-Utans mit. Haben Sie denn Lieblingswaldschüler?
Jeder Orang-Utan ist auf seine Art etwas ganz Besonderes. Aber Bumi, Monita und Monyo haben mein Herz erobert. Bumi war so klein und zart als er zu uns kam. Und inzwischen ist er so ein frecher, aufgeweckter, intelligenter und gewitzter Orang-Utan-Junge, der sich immer neue Streiche ausdenkt. Auch Monita ist sehr schlau und neugierig und immer auf der Suche nach Abenteuern. Monyo ist ja noch deutlich jünger, aber er zeigt auch jetzt schon, wieviel Neugier in ihm steckt. Aber tatsächlich liebe ich alle Waldschüler und es ist spannend zu erleben, wie sie sich entwickeln.
Wie werden die Orang-Utans für das Patenschafts-Programm auswählt?
Neue Kandidaten für das Patenschaftsprogramm wählen wir normalerweise immer dann aus, wenn die bisherigen die Waldschule abgeschlossen haben. Dann beginnen wir sowohl in der Zentrale in Bogor als auch in den Zentren Nyaru Menteng und Samboja Lestari, junge Waldschüler und deren Hintergrundgeschichte zu prüfen. Bevor wir eine Entscheidung treffen, besprechen wir ausführlich mit den Tierärzten die gesundheitliche Vorgeschichte der Tiere und ob es aktuelle Probleme gibt. Wir sprechen auch mit den Babysitterinnen über die Persönlichkeiten und die Fortschritte, die die Schüler in der Waldschule gemacht haben. Wir suchen nicht nur nach einer aussagekräftigen Hintergrundgeschichte, die die ernsthaften Bedrohungen verdeutlicht, denen Orang-Utans ausgesetzt sind, sondern berücksichtigen auch ihre Verhaltensmerkmale wie ihre Intelligenz, ihre ausgeprägten Persönlichkeiten und ihre kontinuierliche Entwicklung von Fähigkeiten. Monyo wurde zum Beispiel ausgewählt, weil er sich schnell mit anderen Orang-Utans versteht und außerordentlich neugierig ist.
Wenn unsere Unterstützerinnen und Unterstützer die Patenschaft für einen Orang-Utan übernehmen, helfen sie nicht nur diesem speziellen Orang-Utan. Was bewirken sie sonst noch mit ihrer Patenschaft?
Unser Ziel ist es, dass die Patinnen und Paten etwas über den Schutz der Orang-Utans erfahren und dank ihrer Hilfe unsere finanzielle Belastung verringert wird, die wir durch den gesamten Rehabilitationsprozess tragen. Die Paten unterstützen also nicht nur speziell die Paten-Orang-Utans, sondern alle Orang-Utans, die bei BOS betreut werden.
Unsere Paten helfen all unseren Orang-Utans
Der Rehabilitationsprozess ist langwierig und sehr komplex und erfordert viel Geld. Wir haben derzeit über 400 Orang-Utans in unseren beiden Rettungszentren, die täglich versorgt werden müssen, einschließlich Nahrung, tierärztlicher Versorgung, Transport zu den Vorauswilderungsinseln und in die Auswilderungsgebiete sowie die ständige Pflege und Fürsorge in den Rettungszentren für alle Orang-Utans, die nicht ausgewildert werden können.
Was macht das BOS-Patenschaftsprogramm so einzigartig für die Unterstützerinnen und Unterstützer?
Durch die Patenschaft können sie die Geschichte „ihres“ Orang-Utans mitverfolgen und so auch mehr über unsere Arbeit erfahren. Wir verschicken regelmäßig aktuelle Informationen, Fotos und auch Videos. So kann eine richtige Beziehung zwischen den Patinnen und Paten und dem Orang-Utan entstehen. Welche Fortschritte macht mein Patenkind, hatte es Probleme, gibt es lustige Anekdoten? Und wenn es dann eines Tages so weit ist, und der Paten-Orang-Utan ausgewildert werden kann, ist es für viele Paten fast so, als würde ein Kind der Familie flügge und ins Leben hinausziehen. Darüber hinaus ist das Orang-Utan-Patenschaftsprogramm natürlich auch die perfekte Möglichkeit, sich langfristig für das Überleben der Orang-Utans und ihres Lebensraums zu engagieren. Eine Patenschaft ist nicht nur spannender, sondern auch wirkungsvoller als eine einmalige Spende, da sie ein kontinuierliches Engagement sowohl für den Paten-Orang-Utan als auch für die Tierart als Ganzes darstellt.
Warum sind die Mütter der Orang-Utan-Babys tot? Wie leicht können sich Orang-Utans bei uns Menschen mit Krankheiten anstecken? Was müssen Orang-Utan-Waisen in der Waldschule lernen? Wie funktioniert eine Auswilderung? Sind die Orang-Utans noch zu retten? Aber vor allem: Was können wir tun, um den Orang-Utans und dem Regenwald zu helfen?
Diese und noch viel mehr Fragen hatten die Schülerinnen und Schüler der International School Hannover Region (ISHR) an Dr. Jamartin Sihite, CEO der BOS Foundation, und Lalita Tri Adila, Kommunikations- und Fundraising Mitarbeiterin der BOS Foundation, bei deren Besuch an der Schule im Mai. Einen ganzen Schultag lang, von morgens bis zum Nachmittag, wanderten die beiden Gäste aus Indonesien bei ihrem Deutschlandbesuch von einem Klassenzimmer zum nächsten, um den Kindern aus erster Hand von ihrer wichtigen Arbeit im Artenschutz zu berichten. Mit großer Aufmerksamkeit lauschten sie den Vorträgen und stellten so viele neugierige Fragen, dass auch wir oftmals nur staunen konnten.
„Dieser Tag war für uns sehr inspirierend. Denn auch wir lernen viel von den Kindern. Was sie bewegt und wie wir unsere Botschaft noch besser vermitteln können“, lobt Dr. Sihite und strahlt, als er dann auch noch einen Spendenscheck über 900 Euro von stolzen Fünftklässlern überreicht bekommt, die bei einer Spendenaktion der Schule eine Woche zuvor gesammelt wurden.
900 Euro haben die Schülerinnen und Schüler bei einer Schulaktion für die Orang-Utans gesammelt
Dies war nicht unsere erste Aktion an der ISHR. Tatsächlich verbindet BOS und die Schule schon seit 2018 eine enge Beziehung.
Wie alles begann
Damals kam Jennifer von Estorff, Lehrerin an der Schule, auf unsere Regionalgruppe Hannover-Braunschweig zu. Inspiriert von einer Malaktion, die die Regionalgruppe durchgeführt hatte, fragte sie, ob so etwas nicht auch für ihre Viertklässler möglich wäre. Unsere Ehrenamtlichen machten es möglich – und die Liebe zu Orang-Utans sprang auf die Schülerinnen und Schüler über.
Hier nahm alles seinen Anfang: Die Malaktion mit Viertklässlern der Internationalen Schule Hannover im Jahr 2018
Inzwischen besuchen die damaligen Viertklässler die achte Klasse der englischsprachigen Schule. Die Liebe zu Orang-Utans und das Interesse an ihrem Schutz hat sie all die Jahre begleitet – und viele jüngere Schülerinnen und Schüler sind ihnen gefolgt. „Für die Kinder ist das Engagement für die Orang-Utans toll, weil sie dadurch verstehen, wie wichtig Klimaschutz und Artenschutz und der Erhalt des Regenwalds sind“, sagt Jennifer von Estorff. „Sie erleben sich als selbstwirksam und können selbst einen Beitrag leisten.“
Großes Engagement für Orang-Utans
Immer wieder organisieren die Nachwuchs-Artenschützer Spendenaktionen für BOS. Mal ist es ein Kuchenverkauf, mal die Teilnahme an einem Staffellauf, mal wird ein Schulevent genutzt, um über die bedrohten Menschenaffen und ihre Heimat aufzuklären und Spenden zu sammeln. Auch Patenschaften wurden schon abgeschlossen und ausgiebig in unserem BOS-Spendenkaufhaus geshoppt.
Von den gesammelten Spenden übernahmen die Kinder Patenschaften und shoppten im BOS-Spendenkaufhaus
2019 besuchte Dr. Jamartin Sihite die ISHR erstmals zu einem Vortragsevent. Während der Corona-Pandemie fragte Frau von Estorff im Namen der Schülerinnen und Schüler bei uns nach, wie es „ihren“ Orang-Utans denn gerade ginge. Daraufhin organisierten wir einen Online-Vortrag – von Indonesien direkt in die Klassenzimmer von Hannover.
Schon 2019 besuchte Dr. Jamartin Sihite die ISHR — und erhielt eine großartige SpendeDie Kinder wollten 2021 wissen, wie es den Orang-Utans während der Pandemie ergeht……woraufhin wir eine Online-Konferenz zwischen Hannover und Indonesien ausmachten
Keine Frage, dass Dr. Sihite seinen ersten Deutschlandbesuch nach der Pandemie nutzte, um die treuen Orang-Utan-Schützer in Hannover auf den neuesten Stand zu bringen und sich ihren interessierten Fragen zu stellen. „Für unsere Schule ist es ein wichtiges Anliegen, unseren Schülern die Möglichkeit zu geben, sich mit globalen Themen auseinanderzusetzen und ein Gefühl der Verantwortung für die Welt um sie herum zu entwickeln“, beschreibt Jennifer von Estorff den Schul-Spirit. „Und gerade erlebtes Lernen und Wissen ist das, was in den Köpfen – und Herzen – bleibt.“
Vielen Dank an die Schülerinnen, Schüler, Lehrerinnen und Lehrer der Internationalen Schule Hannover Region! Für Eure Unterstützung, Euer Engagement und Euren Einsatz. Ihr macht uns Mut, schenkt uns Hoffnung und Kraft.
Im Jahr 2022 mussten wir 18 Orang-Utans in unseren Rettungszentren Nyaru Menteng und Samboja Lestari aufnehmen. Meist handelte es sich um verwaiste Babys oder Kleinkinder, die in unseren Waldschulen in den kommenden Jahren nun alles lernen müssen, was ein wilder Orang-Utan können und wissen muss. Eine unserer Neuzugänge ist Rumba.
Rumba war noch nicht ganz ein Jahr alt, als sie im Rettungszentrum Nyaru Menteng in Zentral-Kalimantan ankam. Das hübsche Mädchen wurde mutterseelenalleine auf einer Palmölplantage gefunden mit einer gelähmten Hand. In der Quarantäne wurde die Kleine liebevoll von unseren Babysitterinnen umsorgt. Und das Tierärzteteam kümmert sich darum, dass Rumba auch körperlich wieder fit wurde. Ihr Gesundheitszustand hat sich in diesen drei Monaten stabilisiert und so konnte die Waise endlich auch in der kleinen Waldschulgruppe aufgenommen werden. Um ihre Hand zu mobilisieren erhält Rumba jedoch weiterhin täglich von ihrer Ersatzmama Letha Physiotherapie.
Rumba hängt sehr an ihren ErsatzmütternBeim Erkunden der Waldschule
Junge Orang-Utans haben, genau wie menschliche Kinder, jeder ganz einzigartige Eigenschaften und Besonderheiten. Sie können aktiv, fleißig, faul oder unglaublich neugierig sein. Manche sind sehr sozial und immer im Mittelpunkt des Geschehens, andere sind in sich gekehrt und lieber nur für sich. Rumba ist eher eine Einzelgängerin, die die meiste Zeit damit verbringt, sich in der Waldschule an ihre Babysitterin zu klammern. Der einzige andere Orang-Utan, mit dem sie spielt, ist Iqo, eine Freundin, die sie schon während ihrer Zeit in der Quarantäne kennen gelernt hatte. Viel Spaß hat Rumba mit den vielen Schlammpfützen auf dem Gelände. Darin plantscht und spielt sie mit großem Vergnügen.
Ein richtiges Klammeräffchen
Abgesehen von der Zeit, die sie planschend in den Pfützen verbringt, ist Rumba in der Waldschule nicht sehr aktiv: Normalerweise macht sie ein Nickerchen in der Hängematte, in der die Babysitterinnen sitzen, während sie die Orang-Utans beim Spielen in den Bäumen beobachten. Die Babysitterinnen waren schon mehrmals gezwungen, ihre Hängematten aufzugeben, damit Rumba ein Nickerchen machen kann.
So fühlt Rumba sich am wohlsten
Rumba hängt sehr an den Babysitterinnen. Wenn eine sich bewegt, um zum Beispiel Früchte aus dem Korb zu holen, schreit Rumba sofort los, als hätte sie Angst, zurückgelassen zu werden. Das Trauma, das sie erlebt haben muss, hat sie anscheinend noch nicht überwunden. Doch obwohl sie unsicher ist, lernt Rumba schnell. Vor kurzem hat sie gelernt, auf Bäume zu klettern und Blätter von den Bäumen in der Waldschule zu fressen. Beim Essen ist sie grundsätzlich nicht wählerisch und futtert alles, was die Ersatzmütter ihr anbieten. Aber besonders zufrieden ist sie, wenn unser Tierarzt ihr Bananen und Vitamin C gibt.
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Unserem Tierärzteteam zufolge ist Rumba bei guter Gesundheit. Auch in der Waldschule wird sie immer aktiver. Wir hoffen, dass sie weiter an Selbstvertrauen und Unabhängigkeit gewinnt, damit sie eines Tages die Wälder von Kalimantan erkunden kann.
Danke, dass Sie unsere Arbeit unterstützen. Damit ermöglichen Sie uns, Tiere wie Rumba aufzuziehen und auf ein Leben in Freiheit vorzubereiten. Jeder Beitrag hilft.
Wir haben es endlich wieder getan! Nach zwei Jahren Corona-Zwangspause konnten wir nun glücklicherweise wieder fünf rehabilitierten Orang-Utans in unserem Auswilderungswald Kehje Sewen in Ost-Kalimantan die langersehnte Freiheit schenken. Die letzte Auswilderung in dieses Gebiet fand am 18. Februar 2021 statt – viel zu lange her.
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Kommen Sie mit auf unsere 25. Auswilderung aus dem Rettungszentrum Samboja Lestari
Am 16. Mai 2023 begann das große Abenteuer Freiheit, Seite an Seite mit der indonesischen Naturschutzbehörde BKSDA – und natürlich nach wie vor unter Einhaltung strenger Gesundheitsprotokolle. Die Auswilderung wurde seit Monaten geplant und vorbereitet und verlief – trotz einiger unerwarteter Hürden – reibungslos.
Leicht sediert – und damit entspannt und friedlich – geht es huckepack zum letzten Check-up
Nachdem die Auswilderungskandidaten Andreas (10), Mayer (10), Leann (13), Elaine (13) und Riana (10) leicht betäubt, aus ihren Käfigen geholt und ein letztes Mal von unseren Tierärzten durchgecheckt wurden, durften sie ihre Transportboxen beziehen. Gut auf den Ladeflächen der Jeeps gesichert, starteten die fünf gegen 11 Uhr mit dem Team vom Rettungszentrum Samboja Lestari nach Muara Wahu.
Die Kolonne macht sich auf den Weg mit ihrer wertvollen Fracht
Nach rund zwölf Stunden Autofahrt setzte das Team nach einem Zwischenstopp seine Reise zum Pier 67 fort, an dem der Telen-Fluss überquert werden sollte. Diese Anlegestelle ist unser Hauptzugang zu den Auswilderungsstellen im schwer zugänglichen und unwegsamen Wald von Kehje Sewen.
Gefährliche Überfahrt
Was für europäische Ohren nach einer zwar langen, aber doch machbaren Autoreise klingt, kann auf Borneo schnell zu einem gefährlichen Abenteuer werden. Denn die „Straßen“ sind größtenteils unbefestigt und verwandeln sich nach starken Regenfällen schnell in Schlammpisten. Oder schlimmeres. Denn plötzlich stieß das Team auf einen Erdrutsch, der eine ohnehin schon brüchige Holzbrücke beschädigt hatte. Was nun? Zunächst verließen alle menschlichen Passagiere die Fahrzeuge und gingen zu Fuß weiter. Die geschickten und wagemutigen Fahrer mussten dann das wenige, was von der Brücke noch intakt war, sehr vorsichtig befahren, um ihre wertvolle Fracht sicher auf die andere Seite zu bringen. Die Orang-Utans verfolgten den aufregenden Zwischenfall übrigens interessiert aber entspannt aus ihren Transportkäfigen auf den Ladepritschen der Jeeps.
Fingerspitzengefühl, Geschick und Wagemut gehören dazu, um auch diese brenzlige Situation zu meistern
Glücklicherweise ging alles gut und alle Fahrzeuge schafften es unbeschadet auf die andere Seite, wo das Team die Orang-Utans in ihren mit „Schwimmwesten“ gesicherten Transportboxen in die bereitstehenden Motorboote verlud. So wurde einer nach dem anderen auf die andere Uferseite des Telen-Flusses zur Auswilderungsstelle im Regenwald von Kehje Sewen verfrachtet.
Gut gesichert geht es über den rauschenden Telen-Fluss
Nach einer 20-stündigen Reise auf dem Land- und Flussweg vom Rettungszentrum Samboja Lestari zur Südseite des Kehje Sewen Waldes, konnten endlich die Transportboxen an den zuvor ausgewählten Auswilderungsorten geöffnet werden. Mayer und Elaine wurden am ersten Ort gemeinsam ausgewildert, während Andreas, Leann und Riana am zweiten Ort ihre ersten Schritte in die Freiheit unternahmen.
Mayer hatte genug von der langen Reise. Darum durfte er als Erster in die Freiheit
Mayer war der erste, der aus der Transportbox entlassen wurde. Und das war auch höchste Zeit, wie er dem Team leicht aggressiv klar machte. Nicht ungewöhnlich für Mayer, auf diese Weise die lange und stressige Reise zu bewältigen. Doch schnell hatte er sich beruhigt und schnappte sich erstmal den restlichen Reiseproviant aus der Box, ehe er schließlich einen Baum erklomm und sich an den wilden Früchten und Blättern labte.
Elaines erster Blick in ihre neue Heimat
Ganz anders reagierte Elaine auf die Öffnung ihrer Box. Sie begann sofort, ihre neue Umgebung zu erkunden und kletterte auf die nächsten Bäume. Ihre erste Rast in ihrem neuen Zuhause machte sie in den bequemen Äste eines Rasamala-Baums (Altingia excelsa).
Andreas hat es eilig, den Baum zu erklimmen
Auch am zweiten Auswilderungsort wurde zunächst die Transportbox des Männchens – Andreas – geöffnet. Der aktive Orang-Utan-Mann kletterte sofort auf den Baum vor ihm und baute ein Nest. Doch mit seiner Ruhe war es gleich zu Ende, als wir Leanns Transportkäfig geöffnet hatten. Sofort machte er sich auf, um seine neue Nachbarin zu begrüßen und sein Interesse an ihr kundzutun, was damit endete, dass sich die beiden paarten. Wir könnten nicht stolzer auf Andreas und Leann sein, die es sich bereits gemütlich gemacht haben und versuchen, die Zahl der Orang-Utans in Kehje Sewen auf natürliche Weise zu vergrößern!
Großes Interesse, die Orang-Utan-Population auf natürliche Weise zu vergrößern
Riana war die letzte, die aus ihrer Box schlüpfen durfte. Sie kletterte auf den nächsten Baum und genoss erstmal ausführlich ihren Ausblick, ehe sie sich Andreas und Leann näherte. An ihrem ersten Tag im Wald hielt sich das Trio nur wenige Meter voneinander entfernt auf. Als die Sonne unterzugehen begann, machte sich Riana an die Arbeit und baute sich ein Nest, in dem sie am Abend friedlich schlafen konnte.
Riana genießt erstmal entspannt die Aussicht im Regenwald
Wir hoffen sehr, dass sich diese fünf rehabilitierten Orang-Utans gut an ihr neues Zuhause, den Kehje-Sewen-Wald, gewöhnen werden. Das sollte kein Problem sein, denn Kehje Sewen bedeutet in der Sprache der Wehea Dayak so viel wie „Heimat der Orang-Utans“. Mit der Ankunft dieser fünf Orang-Utans steigt die ausgewilderte Orang-Utan-Population von Kehje Sewen auf 126 Tiere und das Potenzial für neuen Orang-Utan-Nachwuchs wächst. Genießt die Freiheit, für die ihr so hart gearbeitet habt, Riana, Leann, Andreas, Elaine und Mayer!
Zwölf Jahre haben wir Ben auf sein selbstständiges Leben im Dschungel vorbereitet. Wir haben ihn alles gelehrt, was ein wilder Orang-Utan können und wissen muss und ihm im November 2022 die Freiheit im Nationalpark Bukit Baka Bukit Raya (Zentral-Kalimantan) geschenkt. Ben war der 500. rehabilitierte Orang-Utan, den BOS seit 2012 ausgewildert hat. Jetzt, nach fast sechs Monaten im Regenwald, können wir berichten, wie es dem jungen Orang-Utan-Mann inzwischen geht.
Früh morgens um fünf Uhr brachen Andri und Yardi – zwei Mitglieder unseres Beobachtungsteams im Nationalpark Bukit Baka Bukit Raya – zu einer ihrer Patrouillen auf. Auf dem Weg zum Rangkong-Fluss kreuzte der zwölfjährigen Ben ihren Weg, der seit fast sechs Monaten den geschützten Regenwald erkundet.
Ben, der 500. von BOS ausgewilderte Orang-Utan, genießt seine Freiheit
Wie gut wir unsere Schützlinge auf die große Freiheit vorbereitet haben, zeigt sich letztendlich erst, wenn sie auf sich allein gestellt im Dschungel zurechtkommen müssen. Um sicher zu gehen, dass es allen ausgewilderten Tieren gut geht – und im Notfall auch eingreifen zu können – durchstreifen unsere Beobachtungsteams die Auswilderungswälder. Dabei sammeln sie nicht nur Daten von den neuen Wilden, sondern auch von der Phänologie der Pflanzen und Begegnungen mit anderen Arten.
Wie Nadeln im Heuhaufen
Einen unserer Orang-Utans im über 180.000 Hektar großen Auswilderungsgebiet des Nationalparks zu treffen, hat mit Erfahrung, aber auch mit Glück zu tun. Die Tiere bekommen von uns zwar einen Sender implantiert, doch der schickt seine Signale maximal 300 Meter weit. Und Orang-Utans sind nicht nur sehr gut darin, sich im dichten Blätterdach unsichtbar zu machen, sondern haben die menschlichen Besucher meist schon viel früher ausgespäht. Gute Indikatoren für unsere Beobachtungsteams, dass sich Orang-Utans in der Nähe aufhalten, sind vor allem frische Schlafnester in den Bäumen und Speisereste auf dem Boden.
So war es auch bei Ben, den Andri und Yardi nicht weit von seinem in der Nacht zuvor gebauten Nest entdeckten. Die beiden machten sich direkt daran, Ben zu beobachten und seine Verhaltensdaten aufzuzeichnen. Der ruhte sich auf den Ästen eines Kapokbaumes (Ceiba pentandra) aus und naschte dabei dessen Blätter. Die Menschen hatte er natürlich längst entdeckt und stieß einige Male ein missbilligendes Grunzen aus.
Ben auf Erkundungstour im Regenwald
Die beiden Beobachter konnten erfreut feststellen, dass sich Ben über den ganzen Tag auf der Suche nach Nahrung aktiv durch die Bäume bewegte und eine Menge unterschiedlicher Waldfrüchte, Blätter und Rinden fraß. Auch die Barriere des Rangkong-Flusses meisterte er, indem er ihn über die Äste überquerte. Ehe der Regen einsetzte, baute Ben ein bequemes und stabiles Nest in der Spitze eines Ficus-Baumes, wo er sich für die Nacht einrichtete. Das war das Zeichen für unser Team, ihr Tagwerk zu beenden und sich selbst auf den Rückweg zu machen, ehe die Nacht einsetzte.
Ben hat sich gut eingelebt
Bens Body Condition Score (BCS) – eine Maßeinheit, die den Ernährungszustand bei Tieren bewertet – zeigt, dass er bei guter Gesundheit ist. Seine Erkundung des Waldes und seine Aktivität bei der Nahrungssuche deuten eindeutig darauf hin, dass Ben sich seit seiner Auswilderung gut an seine neue Umgebung angepasst hat. Ben ist der 189. neue Wilde im Nationalpark Bukit Baka Bukit Raya, 190 Orang-Utans fanden die Freiheit im Schutzwald Bukit Batikap, 121 im Auswilderungswald Kehje Sewen. Wir sind zuversichtlich, dass Ben seinen Teil dazu beitragen wird, eine neue, wilde Orang-Utan-Population in den Wäldern von Borneo zu schaffen.
Mit Ihrer Spende helfen Sie den Orang-Utans und ihrem Lebensraum. Jeder Beitrag hilft.
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