Salat Island empfängt die ersten zwölf Siedler

Salat Island empfängt die ersten zwölf Siedler

Kurz vor dem Wochen­ende war es soweit — zwölf Orang-Utans dürfen in unser neues Vor-Auswil­de­rung (Pre-Release) Gebiet – Salat Island einziehen. Sie werden die ersten Siedler im neuen Habitat. 200 Orang-Utans aus Nyaru Menteng können am Ende insge­samt die Insel besiedeln.

Der Groß­teil wird dort die Abschluss-Phase der Reha­bi­li­ta­tion absol­vieren – die soge­nannte Wald-Univer­sität. Eine große Entlas­tung für unsere Rettungs­sta­tion Nyaru Menteng. Schließ­lich ist sie seit mehreren Jahren weit über ihre Kapa­zi­täten ausge­lastet. Konzi­piert wurde die Station ursprüng­lich für 300 Orang-Utans. Momentan leben knapp 500 Tiere in Nyaru Menteng.

Ein grünes Para­dies für unsere Orang-Utan-Studenten

Die Fütterungsplattform wird eingeweiht
Die Fütte­rungs­platt­form wird eingeweiht

Die Fluss­insel Salat Island in Zentral-Kali­mantan ist insge­samt 3.419 Hektar groß. Von diesen hat die BOS Foun­da­tion 655 Hektar erworben. Salat Island hat einen intakten Wald, ist isoliert, beher­bergt keine wilde Orang-Utan Popu­la­tion und stellt genü­gend Nahrung zur Verfü­gung. Die Verhand­lungen über die Land­nut­zungs­rechte dauerten länger als erwartet. Doch Ende gut, alles gut! Das BOS-Team vor Ort hat die letzten Monate die drin­gendst benö­tigte Infra­struktur für den Einzug der ersten Tiere geschafft: Ladungs­steg, Futter- und Beob­ach­tungs­platt­formen, Basis Camp. Sie begleiten, die Orang-Utans bei ihrem letzten Schritt vor der Auswil­de­rung. Und die ersten Siedler haben sie sogar bereits besucht.

Paten­tier Nita gehört zu den ersten Siedlern

Nita besucht ab jetzt die Wald-Universität
Nita besucht ab jetzt die Wald-Universität

Wir freuen uns sehr, dass es nun mit Salat Island losgeht. Vor allem, weil unser Paten­tier Nita in der ersten Gruppe der Insel-Siedler sein darf. Ihre Mitbe­wohner auf der Insel heißen Tristan, Sisil, Lido, Clara, Danida, Jack, Lexi, Lyeka, Riski, Rawang und Romeo.

Ein Alters­heim für die Pflegebedürftigen

Aber nicht nur eine soge­nannte Wald-Univer­sität soll auf der Insel entstehen.
Ca. 50 Tiere wurden von unserem medi­zi­ni­schen Team in Nyaru Menteng als unge­eignet für eine Auswil­de­rung einge­stuft. Für diese Orang-Utans soll auf Salat Island eine Art Alters- und Pfle­ge­heim entstehen. Bisher mussten gerade die älteren von ihnen in Käfigen leben, weil sie aufgrund ihres Alters und ihrer Größe für die Baby­sitter durchaus eine ernst­hafte Bedro­hung darstellen. Nun können auch diese Orang-Utans ihren Lebens­abend in einer begrenzten Frei­heit, außer­halb eines Käfigs genießen.

Unser Dank gilt den Spendern

Diese Erfolgs­ge­schichte wurde nur durch unsere vielen enga­gierten Spen­de­rinnen und Spender ermög­licht, die uns sowohl bei dem Erwerb der Nutzungs­rechte, als auch bei der Finan­zie­rung der Infra­struktur groß­artig unter­stützt haben. Wir danken Ihnen vielmals!

Errich­tung eines Natur­schutz­areals auf einem Teil von Salat Island

Errich­tung eines Natur­schutz­areals auf einem Teil von Salat Island

Nach lang­wie­rigem Vorlauf konnte BOSF zusammen mit den örtli­chen Gemein­schaften die Rechte für eine Teil­nut­zung der Insel in Zentral­ka­li­mantan einholen und so sicher­stellen, dass eine Schutz­zone für Orang-Utans errichtet wird, die zugleich die Umwelt bewahrt. Es werden zunächst zwölf reha­bi­li­tierte Orang-Utans auf Salat Island frei­ge­lassen, wo sie ihre Fähig­keiten für die endgül­tige Auswil­de­rung vervoll­stän­digen können.

Die BOS Foun­da­tion reha­bi­li­tiert zurzeit um die 500 verwaiste bzw. vertrie­bene Orang-Utans, die durch Konfis­ka­tionen in Zusam­men­ar­beit mit der zustän­digen Natur­schutz­be­hörde gerettet werden konnten. 

Diese erfahren einen langen Prozess der Reha­bi­li­ta­tion, bevor sie zurück in die Frei­heit entlassen werden. Dieser Prozess kann sieben Jahre dauern, begin­nend in der „Baby­schule“ und sich über verschie­dene Levels stei­gernd (durchaus vergleichbar mit einem mensch­li­chen Schul­system), bis die Orang-Utans bereit für ihre endgül­tige Auswil­de­rung sind.

Der letzte Teil der Reha­bi­li­ta­tion muss auf einer natur­nahen Insel statt­finden, wo die Orang-Utans die Chance haben, in einer Umge­bung zu leben, die der echten Wildnis stark ähnelt. Dort kann man ihr Verhalten genau beob­achten und sicher­stellen, dass sie bereit für die Auswil­de­rung sind.

Die ideale Kapa­zität von Nyaru Menteng beträgt eigent­lich nur 300 Orang-Utans, dennoch müssen wir für fast 500 Indi­vi­duen Sorge tragen. Mehr­heit­lich sind die Tiere zwar bereit für ihre Vor-Auswil­de­rung (Pre-Release), jedoch haben die drei bisher verfüg­baren Inseln ihre maxi­male Aufnah­me­ka­pa­zität erreicht. Daher benö­tigt die BOS Foun­da­tion neue Areale. 60 Orang-Utans haben aktuell ihre Reha­bi­li­ta­tion inner­halb der Wald­schulen voll­endet und sind bereit für die nächste Stufe, aber hunderte von Tieren stehen sozu­sagen Schlange.

Die Fluss­insel Salat Island in Zentral­ka­li­mantan ist insge­samt 3.419 Hektar groß. Von diesen hat die die Borneo Oran­gutan Survival Foun­da­tion  (BOSF) 655 Hektar erworben. Salat Island hat einen intakten Wald, ist isoliert, beher­bergt keine wilde Orang-Utan Popu­la­tion und stellt genü­gend Nahrung zur Verfügung.

Die Verein­ba­rung zwischen BOSF und der örtli­chen Regie­rung besagt, dass der Arbeits­be­reich der BOSF ganz Zentral­ka­li­mantan umfasst. Wie verein­bart, werden BOSF, die Natur­schutz­be­hörde BKSDA und die örtliche Regie­rung zusammen daran arbeiten, dass so viele Orang-Utans wie möglich auf die Insel gebracht werden. Um sie vorzu­be­reiten, ist es nötig, ein Voraus­wil­de­rungs­ge­biet zu haben, das den so wich­tigen letzten Teil der Reha­bi­li­ta­tion unter­stützt. Die Bereiche Badak Kecil und Badak Besar auf Salat Island werden dieser Aufgabe gerecht.

Die Aufnah­me­ka­pa­zität beider Bereiche liegt bei 100 — 200 Orang-Utans. Auch können dort Tiere dauer­haft artge­recht unter­ge­bracht werden, die aufgrund von Verlet­zungen oder Krank­heit nicht ausge­wil­dert werden können.

BOSF Chef Dr. Ir. Jamartin Sihite sagte: „ Wir haben immer noch Verpflich­tungen zu erfüllen, die den indo­ne­si­schen Orang-Utan-Schutz und den Akti­ons­plan 2015 [Anm.: ursprüng­li­cher Plan der indo­ne­si­schen Regie­rung, bis 2015 alle Orang-Utans aus Rettungs­sta­tionen frei­zu­lassen] betreffen. Die Reha­bi­li­ta­ti­ons­zen­tren sollten leer sein. Aber aufgrund der hohen Anzahl Orang-Utans in den Zentren haben wir immer noch mit Schwie­rig­keiten zu kämpfen.

Wir sehen uns nach wie vor einer großen Anzahl von Indi­vi­duen konfron­tiert, die eigent­lich bereit für die Auswil­de­rung sind. Käfige, so komfor­tabel und gut ausge­stattet auch immer, sind keine Alter­na­tive für sie. Optimal sind dagegen geeig­nete natur­nahe Habi­tate. Salat Island ist dafür ideal. BOSF ruft dazu auf, den Orang-Utan Schutz zu unterstützen.“

Auch H. Sugi­anto Sabran, Gouver­neur von Zentral­ka­li­mantan, unter­stützt die Initia­tive nach­drück­lich und meinte: „ Die Regie­rung von Zentral­ka­li­mantan begrüßt die Anstren­gungen und Akti­vi­täten von BOSF, die Zusam­men­ar­beit mit anderen Betei­ligten zu verste­tigen, in diesem Fall Akteure aus dem privaten Sektor. Als Gouver­neur verpflichte ich mich klar, diese gewal­tige Zusam­men­ar­beit zu unter­stützen. Umwelt­schutz ist eine kollek­tive Leis­tung, und dies zeigt sich ganz beson­ders in diesem Augenblick. 

Das Ausmaß der Zerstö­rung, das wir letztes Jahr erfahren mussten, war signi­fi­kant. Jetzt stehen uns große Aufgaben bevor, nämlich Orang-Utans zu reha­bi­li­tieren, zu schützen und die verblie­benen Wälder mitsamt ihrer biolo­gi­schen Viel­falt zu bewahren.“

H. Eddy Pratowo, S.E: M.M., Distrikt­chef von Pulang Pisau, fügte hinzu: „Pulang Pisau unter­stützt den Schutz der Orang-Utans voll und ganz­voller Unter­stüt­zung zugunsten des Orang-Utan-Schutzes, da diese bedrohten Tiere seit jeher fester Bestand­teil unseres Lebens in Zentral Kali­mantan sind. Wir schätzen diese Leis­tung, die BOSF erbracht hat, sehr. Das gesamte Team der Distrikts­ver­wal­tung und ich bieten unsere volle Unter­stüt­zung an.“ 

Die Einrich­tung dieses Schutz­areals zeigt die gute Koope­ra­tion zwischen BOSF und den anderen Betei­ligten, nament­lich der Provinz- und Distrikt­re­gie­rungen und der örtli­chen Gemeinden. BOSF möchte auch nicht zuletzt ihre Dank­bar­keit gegen­über ihren inter­na­tio­nalen Part­nern von BOS Austra­lien, BOS Deutsch­land, BOS Schweiz und WAP, die uns in dieser außer­or­dent­li­chen wich­tigen Initia­tive groß­zügig unter­stützt haben, zum Ausdruck bringen.

BOS Deutsch­land bedankt sich herz­lichst bei unseren Spen­dern und Unter­stüt­zern, die diesen Erfolg möglich gemacht haben.

Die neunte Orang-Utan Auswil­de­rung der BOS Foun­da­tion im Wald von Kehje Sewen

Die neunte Orang-Utan Auswil­de­rung der BOS Foun­da­tion im Wald von Kehje Sewen

Die BOS Foun­da­tion gönnt sich keine Pause. Schon zum zweiten Mal im Oktober wilderte sie erfolg­reich Orang-Utans aus. So kommt sie ihrem Ziel immer näher: Anläss­lich ihres 25. Jubi­läums insge­samt 250 Orang-Utans in die Wildnis geschickt zu haben. In der dritten Okto­ber­woche hat unser Team gemeinsam mit der regio­nalen Natur­schutz­be­hörde BKSDA fünf weitere Orang-Utans im Wald von Kehje Sewen ausgewildert.

Unter den neuen Wilden ist ein ganz beson­derer Fall – Kent, der jetzt seine zweite Chance in der Frei­heit bekommt. Denn Kent wurde bereits am 22. März 2014 erst­mals ausge­wil­dert. Leider musste er zwei Monate später zurück nach Samboja Lestari gebracht werden. Er war in einen Revier­kampf mit einem anderen Männ­chen geraten, was ernste Verlet­zungen zur Folge hatte. Seitdem sind zwei Jahren vergangen, in denen er sich erholen konnte und natür­lich weiterhin am Reha­bi­li­ta­ti­ons­pro­gramm teil­ge­nommen hat. Jetzt wurde er zusammen mit Rafli, Jamur, J‑Lo und Saprol im Wald von Kehje Sewen ausgewildert.

Die BOS Foun­da­tion bereitet alle Auswil­de­rungen sorg­fältig vor. Die Technik muss gecheckt, die Ausrüs­tung über­prüft, die Arzt­ta­schen für alle Even­tua­li­täten befüllt und Nahrung und Flüs­sig­keit für Mensch und Tier verpackt werden. Penibel arbeiten die BOS-Mitar­beiter alle Sicher­heits-Check­listen ab, damit am Ende eine erfolg­reiche und sichere Auswil­de­rung statt­finden kann. Die Orang-Utans werden von unserem Vete­rinär-Team sediert und in die Trans­port­kä­fige gesetzt. Diese Trans­port­be­hälter werden anschlie­ßend gut gesi­chert auf die Autos verladen. Dann bricht der Konvoi zu seiner aufre­genden Reise ins Auswil­de­rungs­ge­biet auf.

Feier­li­cher Abschied

Vor dem Büro des Gouver­neurs von Ost-Kali­mantan wurde auch diesmal eine offi­zi­elle feier­liche Zere­monie abge­halten, um den neuen Wilden und unserem Team eine gute Reise zu wünschen. Viele wich­tige Gäste waren bei der Veran­stal­tung dabei, darunter der Geschäfts­führer der BOS Foun­da­tion, Dr. Jamartin Sihite, sowie der Gouver­neur der Provinz, Prof. H. Awang Faroek Ishak. Auch Vertreter der Natur­schutz­be­hörde BKSDA, des Umwelt­mi­nis­te­riums und weiterer Insti­tu­tionen waren anwesend.

Über alle Hinder­nisse hinweg

Die Fahrt vom Büro des Gouver­neurs bis nach Muara Wahau, der Haupt­stadt der Provinz Ost-Kutai, sollte 12 Stunden dauern.

Doch diesmal machte das Wetter leider nicht mit. Während der gesamten Fahrt ließ der Regen nicht nach – eine zusätz­liche Heraus­for­de­rung für das Team.

Auf der letzten Etappe der Reise durch­querte der Konvoi ein ehema­liges Holz­kon­zes­si­ons­ge­biet, in dem der Weg sehr schlammig und extrem rutschig war. Das Team musste die stecken­ge­blie­benen Autos durch Ziehen und Drücken aus dem Schlamm befreien, um auch die letzte mit dem Auto mögliche Wegstrecke bewäl­tigen zu können. Hier, am Ende der Straße, begeg­nete die Reise­gruppe den Dayaks, die einen tradi­tio­nellen, spiri­tu­ellen Tanz vorführten, um den Auswil­de­rungen ihren Segen zu geben.

Doch bald tauchten neue Hinder­nisse auf. Das Team musste einen nassen und rutschigen Steil­hang hinab­klet­tern, um an das Ufer des Flusses Telen zu kommen. Dann folgte die Über­que­rung des über­flu­teten Flusses. Am anderen Ufer stand schon der Truck aus dem Nles Mamse Camp bereit, der die Käfige in Rich­tung der Auswil­de­rungs­punkte beför­dern sollte.

Das letzte Stück der Reise wurde am späten Nach­mittag zurück­ge­legt. Gegen 17 Uhr gingen endlich die Klappen auf und die Orang-Utans durften endlich zurück in die Freiheit.

Saprol

Aufgrund der einset­zenden Dämme­rung und des anhal­tenden Regens, beschloss das Team, in der Nähe des Auswil­de­rungs­ortes ein provi­so­ri­sches Camp zu errichten. Das ermög­lichte es dem Team, früh mit der Nest-zu-Nest Über­wa­chung der neuen Wilden zu beginnen.

Mit der neunten Auswil­de­rung aus Samboja Lestari steigt die Anzahl der Orang-Utans, die wir seit 2012 in Ost-Kali­mantan ausge­wil­dert haben, auf 49 Orang-Utans. In Zentral-Kali­mantan beträgt die Anzahl mitt­ler­weile 185 Tiere.

Wir möchten uns bei all unseren tollen Part­nern und Unter­stüt­zern bedanken, die durch ihr jahre­langes Enga­ge­ment auch diese Auswil­de­rung möglich gemacht haben.

 

2016 feiert BOS Deutsch­land sein 15-jähriges Jubi­läum. Das sind 15 Jahre erfolg­rei­cher Einsatz für den Erhalt der Orang-Utans und ihrer Habi­tate! Noch so viele Orang-Utans warten auf den Tag ihrer Auswil­de­rung. Schenken Sie Frei­heit! Helfen Sie uns dabei, diese wunder­baren Tiere auf die Reise zu schicken.

Orang-Utan imitiert spontan mensch­liche Laute

Orang-Utan imitiert spontan mensch­liche Laute

Neben der non-verbalen Kommu­ni­ka­tion, die mindes­tens fünfzig Prozent der Kommu­ni­ka­tion zwischen Indi­vi­duen einnimmt, hat die verbale Kommu­ni­ka­tion einen erheb­li­chen Anteil am gegen­sei­tigen Verständnis.

Verbale Kommu­ni­ka­tion besteht aus stimm­haften und stimm­losen Lauten. Bei ersteren werden die Laute mithilfe der Stimm­lippen produ­ziert, z. B. /a/ oder /u/. Stimm­lose Laute werden unab­hängig der Stimm­lippen gebildet. Sie werden viel­mehr durch Bewe­gungen der Zunge, der Lippen und des Kiefers beein­flusst (Lameira, Maddieson, & Zuber­bühler, 2014).

Schon seit Längerem ist sich die Forschung des Laut­re­per­toires der Primaten bewusst. Sowohl stimm­hafte, als auch stimm­lose Laute kommen in der Kommu­ni­ka­tion der Menschen­affen vor. Über­durch­schnitt­lich ist jedoch ihre Fähig­keit und Reich­hal­tig­keit stimm­lose Laute zu bilden. Klicken, Schnalzen, Kuss­ge­räu­sche und Knacken gehören somit zur alltäg­li­chen Kommu­ni­ka­tion in den Prima­ten­po­pu­la­tionen. Durch Studien des engli­schen Forschers Serge Wich (Wich et al., 2009) konnte soziales Lernen inner­halb der Kommu­ni­ka­tion der Orang-Utans nach­ge­wiesen werden. Es konnten beim Nestbau der Sumatra-Orang-Utans andere Laute beob­achtet werden, als bei den Popu­la­tionen der Borneo-Orang-Utans. Andere Popu­la­tionen auf beiden Inseln waren hingegen still bei der Errich­tung neuer Nester. Wiederum unter­scheiden sich einige Laute frei­le­bender Orang-Utans von Artge­nossen in der Gefan­gen­schaft. Dies liefert klare Evidenzen für die These, dass Orang-Utans und andere Primaten (vor allem Schim­pansen) in der Lage sind, durch soziales Lernen ihre vokalen Fähig­keiten zu modi­fi­zieren und fast schon zu revolutionieren.

Alle Studien zu diesem Thema waren bisher geprägt durch inten­sives mensch­li­ches Trai­ning. Umso erstaun­li­cher ist die erste nach­ge­wie­sene Imita­tion mensch­li­cher Laute ohne dieses Trai­ning. Sie geschah aus dem Nichts – spontan. Das Orang-Utan-Weib­chen Bonnie lebt seit 1983 in einem Zoo in Washington D.C.. Nachdem bisher unbe­kannte Laute in ihrem Rufver­halten beob­achtet worden sind und auch das Orang-Utan-Weib­chen Indah ähnliche atypi­sche Laute von sich gab, begannen die Wissen­schaftler um Serge Wich den Fall Bonnie zu unter­su­chen. Leider war bei Indah keine empi­ri­sche Unter­su­chung mehr möglich, da sie bereits verstorben war und in einem anderen Zoo unter­bracht war. Indah war neben Bonnie die zweite belegte Orang-Utan-Dame, die Laute des Menschen spontan imitieren konnte. Bonnie wurde in den 2000er-Jahren mehreren Tests unter­zogen. Zuerst wurde ihre Laut­se­quenz aufge­nommen und digi­ta­li­siert, um ein auswert­bares Spek­tro­gramm zu erhalten. Es handelte sich dabei um eine Art Pfeifen. Daraufhin wurde die Sequenz bezüg­lich der nied­rigsten, höchsten und maxi­malen Frequenz über­prüft und die Dauer des jewei­ligen Pfei­fens analy­siert. In der Folge fanden zehn Tests statt, in denen es unter­schied­lichste Formen mensch­li­cher Inter­ven­tion gab, z. B. gab es die Auffor­de­rung „Bonnie can you make a whistle?“ oder eine mensch­liche Pfeif-Sequenz wurde einge­spielt. Die Ergeb­nisse zeigen, dass sich Bonnie durchaus von der mensch­li­chen Sequenz beein­flussen ließ. Waren die mensch­li­chen Pfiffe länger, waren auch ihre Pfiffe im Anschluss signi­fi­kant länger. Auch produ­zierte sie eher zwei­fache Pfiffe, wenn in der mensch­li­chen Spur zwei­fache Pfiffe vorkamen.

Zwar lässt sich durch diese Studie von Wich und Kollegen eine Beein­flus­sung durch den Menschen auf die Sequenz des Orang-Utans empi­risch belegen, jedoch nicht, dass er für das Lernen der Laute bei Bonnie verant­wort­lich war. Sie sind also in der Lage auf mensch­liche Laute zu reagieren und ihre Dauer sowie die Anzahl der Pfiffe zu kopieren. Aber dieses Kopieren kann nicht geschehen, so lange ein Orang-Utan nicht die Fähig­keit erlernt hat, mensch­liche Laute zu produ­zieren. Seit 1983 wurde dies nie mit Bonnie trai­niert. Es handelt sich also um eine Form des indi­vi­du­ellen Lernens. Auch findet die Produk­tion dieser Laute nicht nur im kommu­ni­ka­tiven Prozess mit Menschen statt. Bonnie zeigte nämlich auch mensch­liche Laute, wenn sie nur für sich war. Eine Inter­ak­tion ist dafür nicht notwendig gewesen. Auch beim Orang-Utan-Männ­chen Rocky konnten 2012 nach der Auswer­tung von 12.000 Stunden Video­ma­te­rial mensch­liche Laute nach­ge­wiesen werden (Lameira et al., 2016).

Das erste Mal in Deutsch­land wurden derar­tige Laute beim Orang-Utan-Weib­chen Tilda 2014 nach­ge­wiesen. Verhal­tens­for­scher um Lameira fanden neben Pfiffen, auch menschen­ähn­liche Vokal­laute und Zungen­klicks (Lameira et al., 2015).

Bisher konnten die mensch­li­chen Laute bei Orang-Utans nur in der Gefan­gen­schaft nach­ge­wiesen werden. Inter­es­sant bleibt es zu erfor­schen, ob diese Laute durch mensch­li­chen Kontakt bedingt sind. Zwar scheint kein Trai­ning notwendig zu sein, könnte doch aber der tägliche Umgang mit Menschen das Erlernen dieser Fähig­keit begüns­tigt haben. Inwie­weit der Effekt des sozialen Lernens genau eine Rolle spielt, kann nur durch eine Vergleichs­studie mit Orang-Utans in freier Wild­bahn bewiesen werden. Die Zukunft wird zeigen, ob derar­tige Studien möglich sind. Doch führen uns die jetzigen Erkennt­nisse vor Augen, dass wir uns noch ähnli­cher sind, als wir dachten.

Jan Mücher

Auch Orang-Utan-Mütter brau­chen Erholung

Auch Orang-Utan-Mütter brau­chen Erholung

Orang-Utans hangeln und klet­tern bekann­ter­maßen den Groß­teil ihrer Zeit durch die Bäume und genießen die Früchte des Waldes. Auch ihre Schlaf­nester bauen sie in den Baum­kronen. Die Sicher­heit der Bäume verlassen sie norma­ler­weise nur, um die Gegend zu erkunden oder Nahrungs­quellen zu nutzen,
die sie nur auf dem Boden finden.

Orang-Utan-Dame Emen begab sich aber noch aus anderen Gründen nach unten.
Emen ist die Mutter vom sieben Jahre alten Orang-Utan-Männ­chen Embong. In diesem Alter beginnen die Kinder, sich bereits langsam von der Mutter zu lösen. Sie verbringen immer mehr Zeit allein, suchen ihr Futter selbst­ständig und erkunden die Umge­bung ohne Mutter. Embong sah das aller­dings anders und bestand darauf, weiterhin zu saugen und auf dem Rücken seiner Mutter getragen zu werden.

Emen und Embong im Baum

Man kann sich vorstellen, dass Emen mit ihrem großem Baby Embong im Schlepptau schnell erschöpft war und Pausen brauchte.

Deshalb ergriff sie bei Gele­gen­heit die Chance und zog sich ohne ihren Spät­ent­wickler an ein Fluss­ufer zurück um ein Schläf­chen zu halten. Unsere Mitar­beiter beob­ach­teten sie dabei, wie sie nach einer Mahl­zeit Embong auf einem Baum zurück­ließ. Embong kommt gene­rell nur ungern auf den Boden und folgte seiner Mutter somit nicht. Emen bewegte sie sich etwas unbe­holfen am Ufer über verschie­dene Felsen und schien keine gemüt­liche Stelle zu finden. Einige Meter weiter bot sich ihr dann doch eine schat­tige Sand­bank und sie konnte sich vom anstren­genden Alltag einer Mutter etwas erholen. Dabei gab sie ein ziem­lich lustiges Bild ab. Als sie die Sand­bank erreichte, ließ sie sich nach ein paar Sekunden Über­le­gungs­zeit fallen, Arme und Beine wie ein Seestern von sich gestreckt. Emen hatte das Schläf­chen offenbar sehr nötig und es sich auch redlich verdient.

2016 feiert BOS Deutsch­land sein 15-jähriges Jubi­läum. Das sind 15 Jahre erfolg­rei­cher Einsatz für den Erhalt der Orang-Utans und ihrer Habi­tate! Noch so viele Orang-Utans warten auf den Tag ihrer Auswil­de­rung. Schenken Sie Frei­heit! Helfen Sie uns dabei, diese wunder­baren Tiere auf die Reise zu schicken.