Wilde Orang-Utans haben eine natürliche Scheu vor Menschen. In unseren Schutzzentren betreute Tiere müssen diese erst Schritt für Schritt erlernen. Umso erfreulicher ist es für unsere Mitarbeiter, wenn sie bei ihren Beobachtungen im Regenwald von ehemaligen Schützlingen mit Schreien verjagt oder mit Ästen beworfen werden. Dann haben sie in ihrer jahrelangen Arbeit alles richtig gemacht!
Wie bei unseren drei Ausgewilderten Gadi und deren Töchtern Garu (10 Jahre) und Galaxy (1). Das Damen-Trio wurde im Jahr 2012 in den Bukit Batikap-Schutzwald freigelassen. Bei einer der letzten Observationen stieß unser Team auf die drei Orang-Utans. Die zehnjährige Garu bemerkte ziemlich schnell die Anwesenheit unserer Mitarbeiter. Ihre Unzufriedenheit äußerte sie nicht nur durch schrille Laute, den sogenannten Kiss-Squeak, sondern auch durch das Werfen von Ästen in Richtung der Eindringlinge.
Das Team wusste, hier war ein Rückzug angesagt. Dennoch war es wichtig, die Familie weiterhin zu beobachten. Denn alle drei waren zuvor für längere Zeit nicht gesichtet worden, Garu letztmalig im November 2018, die anderen zwei im Februar 2019. Die Entscheidung des Teams: Alle drei sollten mit äußerster Umsicht zwei Tage lang observiert werden.
Garu avanciert zur Beschützerin
Am ersten Tag der Observation wurde das Trio hauptsächlich beim Verspeisen von Leckereien aus dem Regenwald beobachtet. Auf dem Speiseplan standen Sangkuang-Früchte, junge Blatttriebe und Ameisen. Einmal verschwand Garu in den Weiten des Regenwaldes, kam aber schon bald mit einer großen Variation an Früchten für die ganze Familie zurück.
Eine wahre Familienidylle! Zumindest bis Garu unser Team entdeckte. Das war für die fürsorgliche junge Dame der Startschuss zur Verteidigung ihrer Verwandten. Bäume schüttelnd und laut quietschend versuchte sie abermals das Team zu vertreiben. Offensichtlich hatte sie es sich zur Aufgabe gemacht, die Beschützerin ihrer Mutter und Schwester zu sein. Später dann, als es dämmerte, begann sie ihr Nachtlager zu bauen, etwa 40 Meter vom Nest ihrer Mutter Gadi entfernt.
Die Familie geht über alles!
Am nächsten Tag erreichte das Team die Schlafstätte der drei Damen schon morgens um 5:30 Uhr. Rechtzeitig, denn kurz nach Ankunft der Mitarbeiter begannen schon die Bäume über ihren Köpfen zu zittern, ein untrügliches Zeichen dafür, dass jemand am Aufwachen war. Als erste zeigte sich Garu. Doch sie tauchte in einem Schlafnest auf, das viel näher an dem ihrer Mutter war, als das, welches unser Team am Tag zuvor noch gesehen hatte. Wahrscheinlich hatte sie sich nochmal umentschieden und sich zur Nacht näher an ihrer Familie positioniert.
Kurz darauf erhoben sich Gadis und Galaxy aus ihrem Nest, und die drei aßen zusammen Frühstück. Jetzt war Garu allerdings noch wachsamer als am Tag zuvor. Sie stellte sich hinter Gadis und Galaxy und behielt die menschlichen Eindringlinge konsequent im Auge. Gelegentlich warnte sie mit Kussschmatzen in Richtung Beobachtungsteam und warf Zweige. Mutter Gadis schätzte offensichtlich die Situation ähnlich ein. Indem sie sich vor Baby Galaxy positionierte und dem Team damit den Blick auf das jüngste Familienmitglied versperrte, zeigte sie ganz deutlich: Bleibt fern von uns, wir verteidigen unsere Verwandten! Was für eine tolle Familie!
Für unser Team war diese Beobachtung der größte Lohn für die Arbeit: Garu hatte, wie schon ihre Mutter Gadi, exzellentes instinktives und schützendes Verhalten gezeigt. Sie bewies, dass sie alles tun würde, um ihre Familie angesichts einer wahrgenommenen Bedrohung zu verteidigen. Wünschen wir der kleinen Familie weiterhin ein wildes freies Leben, auf dass sie helfen, den Orang-Utan als eine der Schlüsselfiguren für den Regenwald zu erhalten.
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Orang-Utan-Schutz – darunter verstehen wir bei BOS nicht nur die Rettung, Rehabilitation und Auswilderung der Menschenaffen. Durch effektiven Regenwaldschutz schaffen wir nachhaltig Lebensraum. Und nach einer Auswilderung kümmern wir uns weiterhin um ein sicheres Leben unserer ehemaligen Schützlinge.
Die größte Rolle spielen dabei unsere Post-Release-Monitoring (PRM)-Teams. Sie beobachten und dokumentieren das Verhalten der ausgewilderten Orang-Utans und ihre weitere Entwicklung in der Wildnis. Bei ihren Observationen erleben sie täglich Neues, manchmal Unglaubliches.
Oft werden unsere Mitarbeiter vor Herausforderungen gestellt, wenn es um die Identifikation der ausgewilderten Tiere geht. Wie zum Beispiel erst kürzlich im Schutzwald von Kehje Sewen. Ein dicht behaarter Orang-Utan näherte sich aus sicherer Entfernung unserem Team. Da jedes ausgewilderte Tier einen Ortungschip implantiert bekommt, ist eine Identifikation normalerweise sehr einfach. Die Auswilderung dieses einen Orang-Utans lag allerdings bereits mehrere Jahre zurück, weswegen die Batterie des Transmitters ganz einfach leer war.
Mithilfe eines Bilderalbums konnte jedoch Orang-Utan Dame Mona identifiziert werden. Sie wurde schon im Oktober 2013 ausgewildert. In der Vergangenheit war unser Team schon oft auf Mona getroffen, ohne dass sie sofort in die Tiefen des Regenwaldes geflüchtet wäre. Sie tendiert einfach dazu, den Menschen in ihrer Umgebung keine große Beachtung zu schenken. So ergab sich häufig die Möglichkeit, Artikel und Fotos von Mona zu veröffentlichen.
Nach dem letzten Kontakt wurde Mona allerdings eine ganze Weile nicht gesehen. Unser Team befürchtete schon das Schlimmste. Doch während der Suche nach einem anderen Orang-Utan tauchte das Weibchen dann endlich doch wieder auf. Allerdings wurde schnell klar, dass Mona nach Jahren in der Wildnis Menschen in ihrer näheren Umgebung nicht mehr akzeptierte.
Die Menschenaffen haben eine ganz eigene Weise ihrer Umgebung mitzuteilen wie sie sich fühlen oder wonach ihr Begehr steht. Wenn sie zum Beispiel verärgert sind oder ihnen die Situation nicht geheuer ist, fangen sie an Äste abzureißen oder hohe Quietschlaute von sich zu geben. Nach einer Stunde der Beobachtung hatte Mona genug von unserem Team und zog sich wieder in den Wald zurück.
Egal wie kurz oder lang die Begegnung war, unseren Mitarbeitern war wichtig, Mona in guter Verfassung, gesund und munter im Regenwald von Kehje Sewen zu wissen.
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Orang-Utans und Wildschweine scheinen auf den ersten Blick grundverschieden zu sein. Während sich die Menschenaffen hauptsächlich in den Bäumen aufhalten, durchstreifen die Borstentiere gut geerdet das Naturreich. Beide Tiere haben jedoch neben ihrer Heimat, den Wäldern Borneos, noch weitere Gemeinsamkeiten. Da wäre zum Beispiel die ausgeprägte Vorliebe für die Etlingera.
Etling…was? Die Etlingera ist eine Pflanze, die zu den ganzjährig blühenden Ingwergewächsen gehört. Von einigen Ausnahmen abgesehen, ist sie ausschließlich in Indonesien beheimatet. Allein auf Borneo gibt es etwa 42 Arten. Im Wald Kehje Sewen ist sie im Überfluss vorhanden, zum Glück für die dort lebenden Orang-Utans und Schweine! Doch neben ihnen profitiert noch jemand ganz anderes von dem Gewächs: unser Post-Release-Monitoring- oder auch PRM-Team!
Hilfe beim Auffinden von Menschenaffen
Nach einer erfolgreichen Auswilderung ist unser Team dafür zuständig, unsere ehemaligen Schützlinge zu beobachten und wichtige Daten über sie zu sammeln. Sind die Tiere gesund? Wie bewegen sie sich in ihrer neuen Heimat? Finden sie genug Nahrung, und wie klappt der Nestbau? Bei all dem kann die Etlingera hilfreich sein.
Die Pflanze gibt nämlich entscheidende Hinweise darauf, wo unsere rothaarigen Artverwandten zu finden sind. Denn obwohl unsere Mitarbeiter mittlerweile Profis im Aufspüren der Orang-Utans sind und diese auch einen Peilsender implantiert haben, können wir sie nicht immer sichten.
Etlingera als Suchinstrument
Bäume und Pflanzen, deren Früchte Orang-Utans als Nahrung dienen, sind in solchen Fällen für unsere Teams unentbehrlich. Wie die Etlingera. Indem Mitarbeiter beispielsweise Reste der Pflanze sichten, wissen sie, dass wenigstens ein Orang-Utan aktiv in dieser Umgebung nach Nahrung gesucht hat. Und eine ausführliche Erkundung des Waldes lässt vermuten, dass der Affe sich in einem guten gesundheitlichen Zustand befindet.
Orang-Utans sind für gewöhnlich Einzelgänger. Hin und wieder kommt es jedoch auch unter ihnen vor, dass sie unzertrennlich werden. Das zumindest beobachtete unser Post-Release-Monitoring (PRM)-Team unlängst im Schutzwald Kehje Sewen.
Hierhin wurden das einst aus Gefangenschaft gerettete Orang-Utan-Männchen Komo und das Weibchen Petak am 26. Juni 2019 ausgewildert. Schon, als sich die Käfigtüren öffneten, orientierte Petak sich an Komo. Und auch in den Tagen danach sah man die beiden immer häufiger zusammen. Tatsächlich berichtete unser Team von zunehmend gemeinsamen Unternehmungen.
Dazu gehört beispielsweise das tägliche Frühstück zu zweit ebenso wie ein anschließendes gemeinsames Durchstreifen des Regenwalds. Natürlich „beschnupperten“ Petak und Komo sich auch gegenseitig, wie das nun mal unter Männchen und Weibchen so ist. Und schließlich wurde das Pärchen auch beim Kopulieren beobachtet. Eines war jedoch augenscheinlich: Petak wollte Komo folgen, wohin er auch ging. Selbst ihr Schlafnest baute sie konsequent neben dem seinen.
Schon nach kurzer Zeit zeigte sich, dass die beiden Orang-Utans in der Wildnis völlig selbständig ohne menschliche Hilfe gut klarkommen würden. Dennoch machten sich Thomas und Yudhi vom Observations-Team ein letztes Mal an einem frühen Morgen auf, um das Verhalten der beiden abschließend dokumentieren zu können. Diesmal entdeckten sie allerdings nur einen der beiden: Komo.
Dieser tolerierte zunächst seine Beobachter. Nach zwei Stunden jedoch wurde er unruhig, begann, Äste nach dem Team zu werfen und stieß letztlich einen sogenannten Longcall, einen Warnruf, aus, um die Menschen zu vertreiben. In genau diesem Moment kam Petak aus ihrem Versteck hervor. Der Anblick der Dame schien Komo wieder zu beruhigen. Als ob sie Komos Bedrängnis verstehen würde, schlang Petak sofort ihre Arme um ihn und hielt ihn beruhigend fest. Er schmiegte daraufhin sein Gesicht an ihres. Was für ein zärtlicher Moment!
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Ultra-realistische Tierroboter spähen Affen, Elefanten und viele andere Tierarten aus. Die Roboter mischen sich mit Mini-Kameras unter die Tiergruppen und zeigen uns extrem nah, was Tiere mit Grips und Tricks alles bewerkstelligen.
Die Zuschauer sehen das Geschehen mit den Augen der Akteure aus ungewöhnlichen Blickwinkeln. Die Späh-Roboter finden erneut Erstaunliches aus dem Leben der wilden Zeitgenossen heraus. Die technischen Wunderwerke imitieren Aussehen, Duft und Verhalten so genau, dass sie von den meisten Tieren nicht behelligt und von vielen sogar akzeptiert werden. Näher geht es nicht. Die täuschend echten Roboter beobachten z.B. lebendige Orang-Utans beim Nachahmen menschlicher Tätigkeiten wie dem Gebrauch von Seife oder dem Zersägen von Holz. Oder sie beschatten als künstliche Seeschildkröten Delfine beim Drogenkonsum. Die Spionage-Roboter sind stets direkt dabei und interagieren sogar mit ihrem lebendigen Gegenüber.
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