Drei Wochen ist es mittlerweile her, seit die BOS Foundation sämtliche Einrichtungen für die Öffentlichkeit geschlossen hat. Nur die engsten und wirklich absolut notwendigen Mitarbeiter dürfen noch in die Nähe unserer Orang-Utans kommen. Wie beispielsweise unsere Post-Release-Monitoring-Teams.
Sie patrouillieren regelmäßig in unseren Schutzgebieten und erfüllen damit gleich zwei wichtige Aufgaben: Sie behalten das Wohlergehen der rothaarigen Menschenaffen im Auge und stellen gleichzeitig sicher, dass in diesen Krisenzeiten keine Unbefugten das Gelände betreten.
Unsere Auswilderungs- und Schutzgebiete sind größtenteils von den Bevölkerungszentren abgeschnitten, in denen sich COVID-19 derzeit ausbreitet. Dennoch haben wir die Standorte weiter isoliert, indem nur noch solche Aktivitäten stattfinden, die überlebenswichtig sind, z.B. der Transport von Lebensmitteln, Vorräten und Gehältern. Es finden also nur noch Fahrten ausgewählter Mitarbeiter statt, wenn dies unbedingt erforderlich ist.
Für die Transporte versuchen wir, wann immer möglich, auf private Fahrzeuge zurückzugreifen, um den Kontakt mit der Öffentlichkeit zu vermeiden. Ist dies nicht umsetzbar, werden die Mitarbeiter nach Erreichen unserer Standorte für zwei Wochen unter Quarantäne gestellt. Wir sind uns jedoch bewusst, dass diese Maßnahmen nicht ausfallsicher sind. Daher wird die Temperatur der Mitarbeiter in den Lagern jeden Morgen überprüft. Sie werden isoliert, wenn sie krank werden sollten. Außerdem werden die Lager regelmäßig desinfiziert und mindestens zehn Meter Abstand zu allen Orang-Utans gehalten.
Durch diese Vorsichtsmaßnahmen können unsere PRM-Teams ihre wichtige Arbeit fortsetzen. Jeden Morgen verlassen die Teammitglieder frühzeitig das Lager und wandern entlang der Gebiete, wo sie zuvor freigelassene Orang-Utans antreffen können. Diese Aktivität dauert bis zum späten Nachmittag, wenn das Team wieder ins Camp zurückkehren muss. Die Daten zu Orang-Utan-Aktivitäten und ‑Verhalten, die im Laufe des Tages gesammelt wurden, werden dann während eines nächtlichen Meetings unter den Teammitgliedern besprochen.
Das PRM-Team führt außerdem regelmäßig phänologische Untersuchungen durch, um Daten zur im Wald gedeihenden Flora zu sammeln. Phänologische Daten zeigen die Standorte und saisonalen Fruchtzyklen der Pflanzen an, von denen sich Orang-Utans ernähren. Mit diesem Wissen kann unser Team den besten Standort für zukünftige Auswilderungen bestimmen, da neu freigelassene Menschenaffen sofort Futter suchen müssen, um im Wald zu überleben.
Teammitglieder, die nicht an der Durchführung der beiden oben beschriebenen Aktivitäten beteiligt sind, haben in der Regel die Aufgabe, überwachsene Gebiete in Stand zu halten, Niederschlags- und Feuchtigkeitsniveaus zu überprüfen, Biodiversitätserhebungen durchzuführen oder den Freisetzungsbereich zu überwachen. Obwohl wir weit entfernt vom nächsten Dorf und von menschlichen Siedlungen arbeiten, setzen wir uns dafür ein, dass der Wald frei von menschlichen Eingriffen bleibt.
Die ganze BOS Foundation dankt Ihnen, dass Sie in dieser schweren Zeit um soziale Distanz bemüht sind. Aber bitte denken Sie auch weiterhin an unsere außergewöhnlichen, vom Aussterben bedrohten Tiere. Die Orang-Utans und der Regenwald brauchen uns. Gerade jetzt. Vielen Dank für Ihre Unterstützung.
Es war schon lange her, dass wir Long zum letzten Mal gesehen hatten. Vor Kurzem hatten wir jedoch das Glück, die prächtige Orang-Utan-Dame wieder einmal zu erblicken. Ihr Revier ist der südliche Teil des Kehje Sewen-Schutzwaldes in Ost-Kalimantan, Einzugsgebiet unseres Beobachtungsteams aus dem Nles Mamse Camp.
Seit ihrer letzten Sichtung hatte Long offenkundig an Gewicht zugelegt — ein gutes Zeichen dafür, dass sie sich im Regenwald gut eingelebt hatte. Und noch etwas anderes deutete darauf hin, dass sie sich in ihrer neuen Heimat wohlfühlte: Die Orang-Utan-Dame war nicht allein unterwegs! An ihrer Seite sichteten wir ein stattliches Männchen mit deutlich ausgeprägten Backenwülsten.
Für den Herren an Longs Seite galt offensichtlich das Motto: “Es kann nur einen geben!” Denn er äußerte sein Missfallen über unsere Anwesenheit sehr deutlich. Typisches Kuss-Schmatzen und das Werfen von Zweigen in unsere Richtung signalisierten uns, dass wir besser auf Abstand gehen sollten. Das taten wir auch. Dennoch wollten wir wissen, wer der imposante Orang-Utan war, der so eindeutig Longs Zuneigung suchte.
Normalerweise helfen uns bei der Identifikation unserer ausgewilderten Menschenaffen die bei ihnen implantierten Chips mit Peilsendern. Doch diese geben irgendwann den Geist auf, wenn die Batterien leer sind. Dann können wir in der Regel immer noch auf Fotos aus unserer Datenbank zurückgreifen, um unsere Schützlinge zu identifizieren. Doch auch das war uns diesmal nicht möglich.
Der Grund: Werden männliche Orang-Utans in jungen Jahren ausgewildert, sind oftmals ihre Gesichtszüge noch nicht eindeutig ausgeprägt. Diese können sich im Alter zwischen 15 und 20 Jahren drastisch verändern — vor allem, wenn es sich um dominante Männchen handelt. Bei diesen prägen sich die Wangenpolster oder Wangenwülste sehr aus. Dies wiederum verändert ihr komplettes Aussehen. In diesem Fall haben wir noch nicht herausgefunden, wer Longs neuer Verehrer war.
Eines konnten wir jedoch beobachten: Die zwei schienen sich prächtig zu verstehen. Denn Long folgte dem jungen Herren ziemlich schnell tiefer in den Regenwald hinein. Es war unübersehbar, dass das Pärchen allein gelassen werden und seine Privatsphäre genießen wollte.
Wir sind auf jeden Fall gespannt auf Neuigkeiten von den beiden!
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Es war einmal… So fangen in der Regel Märchen an. Aber wir wollen hier kein Märchen erzählen, obwohl das Gebiet, über das wir hier berichten wollen, schon etwas von einer Traumwelt hat. Sie ist aber real und nennt sich Kehje Sewen.
Kehje Sewen Forest — das ist nicht nur seiner Namensbedeutung nach ein “Wald für Orang-Utans”. Hierher siedeln wir viele unserer Schützlinge um, nachdem sie in jahrelanger Ausbildung in den Rettungszentren von BOS die Dschungelreife erlangt haben. Kehje Sewen befindet sich im „Ecosystem Restoration Concession“ in Ost-Kalimantan. Ein Gebiet voller fruchtbarer Wälder und lebenspendender Flüsse — für die rothaarigen Waldmenschen und viele andere Arten Spielplatz und Nahrungsquelle zugleich.
Der Telen-Fluss, welcher durch das Waldgebiet des Kehje Sewen fließt, verbindet als eine der wichtigsten “Verkehrsstraßen” die märchenhafte mit der modernen Welt. Er bildet nämlich ein praktisches Beförderungssystem für lokale Anwohner und Holzfällereien. Als Hauptwasserstraße, auf der die Einheimischen mit ihren „ces“-Booten weite Strecken zurücklegen, ist der Telen unverzichtbar. Hin und wieder treten auch Orang-Utans eine Reise auf dem Fluss an — dann, wenn sie von uns ausgewildert werden.
Das Leben am Fluss wird von Gezeiten sowie Trocken- und Regenperioden bestimmt. Hin und wieder sinkt der Wasserstand so tief, dass auch wir bei der Beförderung unserer Schützlinge in ihre neue Heimat vor große Herausforderungen gestellt werden. Dann sind gute Planung und Vorbereitung gefragt, denn das Risiko für eine Strandung unserer Boote auf freiliegenden Steinen und somit ihre Beschädigung sind dann extrem hoch.
BOS Foundation schafft nötige Jobs für Einheimische
Und noch etwas klingt wie ein Abenteuer aus vergangenen Zeiten, ist aber höchst real: Illegale Holzfäller und Wilderer treiben im Dickicht von Kehje Sewen ihr Unwesen. Um den Lebensunterhalt für ihre Familien zu verdienen, plündern sie den Wald. Sie fällen Bäume, roden ganze Landstriche und rauben damit vielen Tierarten den Lebensraum. Während ihrer illegalen Raubzüge fallen ihnen immer wieder auch Orang-Utans zum Opfer. Erwachsene Tiere werden dabei oft getötet, Jungtiere als zusätzliche Einnahmequelle verkauft.
BOS Foundation hat in der Vergangenheit ein Mittel gegen solche räuberischen Machenschaften gefunden. Nein, keinen Zaubertrank, das Wundermittel heißt Arbeit. Wilderer und illegale Holzfäller kennen sich oft unglaublich gut in den Regenwaldgebieten Borneos aus. Sie wissen auch um die Routen, auf denen sie Tiere finden und Schmuggler und Wilderer unterwegs sind. Indem BOS diesen Menschen eine legale Verdienstmöglichkeit verschafft, entsteht eine Win-Win-Situation. Es wird ein Problem angegangen, das in Ländern wie Indonesien schon lange besteht: Arbeitslosigkeit. Durch die Schaffung sicherer Jobs mit einem konstanten Einkommen, werden zugleich Strukturen aufgelöst, welche sonst die Arbeit von Natur- und Artenschützern zu Nichte machen.
Am Ende siegt also das Gute über das Böse — könnte man meinen. Doch der Kampf um den Erhalt so märchenhafter Gebiete wie die des Kehje Sewen ist noch lang und beschwerlich. Es helfen keine Zaubersprüche oder Feen. In der modernen Zeit sind Aufklärungsarbeit und das Schaffen von Arbeitsplätzen und Alternativen die einzige Alternative. Unsere Helden von heute sind die BOS-Mitarbeiter vor Ort und unsere Unterstützer in aller Welt.
Orang-Utans und Bananen – für viele bildet das eine Symbiose. Doch in unseren Schutzzentren konnten wir beobachten, dass bei weitem nicht alle unserer Schützlinge die gelbe Frucht mögen.
Klar gibt es kleine Vielfraße wie Valentino, die von nichts genug bekommen, auch nicht von Bananen. Doch erst kürzlich berichteten wir von Hamzah, der lieber Mangos verspeist. Und auch anderen Orang-Utans scheint es so zu gehen, dass sie hin und wieder ihre Speisekarte erweitern. Das zumindest kann unser Monitoring-Team aus Camp Lasik berichten.
Die Mitarbeiter hier hoch im Norden des Kehje Sewen-Schutzwaldes waren unlängst bei der Vorbereitung für eine ihrer Beobachtungstouren, als sie eine ungewöhnliche Unruhe in der unmittelbaren Nähe einer Farm feststellten, die direkt hinter dem Camp liegt.
Wie gut, dass es Ferngläser gibt! Denn dadurch konnte das Team unser Mutter-Kind-Gespann Sayang und Padma erspähen. Sayang labte sich genüsslich an den Früchten rundherum. Tatsächlich stellen diese neben Blättern und ähnlichem mit etwa 60 Prozent den größten Bestandteil der Orang-Utan-Mahlzeiten dar. Diesmal jedoch bemerkten unsere Mitarbeiter noch etwas anderes: Sayang verließ die hohen Baumkronen, um sich ein paar Kürbisse auf der Farm zu pflücken.
Ungewöhnlich, aber auch gefährlich, zumal sich jetzt noch ein weiteres Duo der Farm näherte: Teresa und Berani hatten die Kürbisse ebenfalls entdeckt und machten sich daran zu schaffen. Natürlich freute sich unser Team über den Appetit dieser ausgewilderten Menschenaffen. Gleichzeitig bereitete ihnen die Situation auch Sorgen.
Suche nach Nahrung birgt Konflikte zwischen Mensch und Tier
Der Grund: Wann immer Orang-Utans auf Nahrungssuche in von Menschen besiedelte Bereiche eindringen, kann es zu Problemen kommen. Der Kehje Sewen Forest ist ein von der BOS Foundation gepachtetes und somit geschütztes Gebiet. Hier leben Orang-Utans und andere bedrohte Arten ihr Leben ohne große Bedrohung wie etwa Wilderer.
Dennoch gibt es auch angrenzende Waldbereiche, die eben nicht unter Naturschutz stehen. Gerade in solchen nicht geschützten Wäldern wird oft massive Rodung betrieben, um die Palmölwirtschaft Indonesiens weiter voran zu treiben. Die Folge ist, dass Orang-Utans keine Nahrung mehr finden und gezwungen sind, auf die Anpflanzungen einheimischer Bauern zurückzugreifen.
Dabei können Konflikte entstehen, bei denen es ums Überleben geht, beispielsweise wenn ein verängstigter Bauer mit seiner Schrotflinte dem friedlichen Orang-Utan gegenübersteht. Ein Mensch, der sich selbst und sein Hab und Gut bedroht fühlt, handelt manchmal aus Angst und oft auch aus Unwissen zum Nachteil unserer Schützlinge.
Unser Ziel bei BOS ist ein friedliches Zusammenleben zwischen Mensch und Tier. Dazu bedarf es einer guten Aufklärungsarbeit und der Schaffung eines nachhaltigen Bewusstseins für Artenschutz in der Bevölkerung ebenso wie dem Schaffen beruflicher Perspektiven für die Einheimischen. Diese Probleme sind nicht von heute auf morgen lösbar. Wir tun aber alles, auch und gerade jetzt in der weltweiten Corona-Krise, um unsere Arbeit in den Schutzwäldern ohne Unterbrechung weiterzuführen.
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Wie auch wir Menschen müssen Orang-Utans sprechen lernen. Natürlich unterscheidet sich ihre Sprache von der unseren. Dennoch, über verschiedene Laute verständigen unsere Artverwandten sich exzellent untereinander.
Während bei Menschen das erste Wort ein Meilenstein in der sprachlichen Entwicklung darstellt, ist bei Orang-Utans der sogenannte Longcall etwas ganz Besonderes. Dieser charakteristische Ruf ist nicht nur eindrucksvoll wahrnehmbar, er zeigt auch die Dominanz der Männchen in einem Revier an.
Bei solch einem wunderbaren Ereignis konnte kürzlich auch unser Monitoring-Team vom Camp Nles Mamse in Ost-Kalimantan dabei sein. Früh morgens machten sich die Teammitglieder auf, um Titon, ein Männchen mit mittlerweile eindrucksvollen Backenwülsten, zu suchen. Er war erst im November 2019 ausgewildert worden. Nun sollte überprüft werden, wie er sich im Regenwald eingelebt hatte.
Unser Team machte sich also mit Hilfe seiner technischen Ausrüstung (Peilsender & Co.) auf in die Richtung, wo Titon zuletzt gesichtet wurde. Relativ bald drangen lange, laute Rufe durch den Schutzwald. Offensichtlich war ein dominanter Orang-Utan in der Nähe. Denn unsere Mitarbeiter identifizierten den typischen Longcall eines solchen.
Da Longcalls über sehr weite Distanzen zu hören sind und auch von dichtem Baumbestand nicht aufgehalten werden, kann es schwierig sein, den Verursacher zu finden. Kein Hindernis für unsere erfahrenen Mitarbeiter, denn sie sichteten schon bald Titon. Und waren überrascht: Denn der noch relativ junge Orang-Utan wurde zwar aufgrund seiner großen Backenwülste und seiner kräftigen Statur schon als dominantes Männchen kategorisiert. Bislang hatte man bei ihm jedoch noch nie einen Longcall gehört oder gar aufgezeichnet.
Diese Premiere war also gelungen. Und auch sonst zeigte Titon sich in prächtiger Verfassung: Er verschlang unfassbar große Mengen an jungen Blättertrieben, während er sich durch den Dschungel von Ast zu Ast schwang. Seine Beobachter ließ er lässig links liegen, ab und an gönnte sich der junge Mann eine Pause auf geeigneten Ästen.
Am Nachmittag fand Titon ein bereits benutztes Nest, für das er sich brennend interessierte. Nach den Aufzeichnungen unseres Teams war das Nest von Mori, einem anderen Orang-Utan, gebaut worden. Titon recycelte kurzerhand die vorhandene Schlafstätte und peppte sie mit einem Haufen frischer Blätter auf. Fertig war der Second-Hand-Schlafplatz!
Diese Beobachtung war für unser Team ein großartiger Beweis, wie sehr sich die zurück liegenden Jahre der Rehabilitation für Titon gelohnt haben. Jetzt, nachdem er ein “echter Mann” geworden ist, können wir vielleicht auch damit rechnen, dass er demnächst nach weiblicher Begleitung Ausschau hält. Wir halten Sie auf dem Laufenden!
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