Tiere aus Kali­mantan: Der Borneo-Plumplori

Tiere aus Kali­mantan: Der Borneo-Plumplori

Kali­mantan ist der indo­ne­si­sche Name für die Insel Borneo, der dritt­größten Insel der Welt nach Grön­land und Neuguinea. Kali­mantan ist auch die Heimat der Borneo-Orang-Utans, die sie sich natür­lich mit unzäh­ligen anderen Tier­arten teilen. Viele von ihnen sind nicht minder bedroht als unsere rothaa­rigen Vettern. Wir wollen hier in loser Reihen­folge immer mal wieder einige dieser faszi­nie­renden Geschöpfe vorstellen. 

Borneo-Plum­plori (Nycti­cebus borne­anus)

Plum­ploris heißen so, weil sie sich für gewöhn­lich langsam und mit Bedacht durchs Geäst bewegen. Dabei sind sie nicht wirk­lich plump, sondern können beim Fang von Insekten und kleinen Wirbel­tieren blitz­schnell zupa­cken. Ansonsten ernähren sie sich von Früchten, Knospen, Blüten und Baum­säften. Sie sind gut halb so groß wie Haus­katzen und leben prak­tisch nur auf Bäumen. Ihre Zeit ist die Nacht. Bei Tage schlafen sie zusam­men­ge­rollt in dichtem Geäst. 

Plumploris sind nachtaktiv
Plum­ploris sind nachtaktiv

Zoolo­gisch gehören sie zu den Primaten und zwar zur Unter­ord­nung der Streps­irrhini, der Feucht­na­sen­pri­maten. Wie der Name ausdrückt, besitzen sie feuchte, äußere Nasen­schleim­häute, wie zum Beispiel Hunde oder Katzen. Ihr Geruchs­sinn ist daher auch besser entwi­ckelt als bei den Haplo­rrhini, den Trocken­na­sen­affen. Zu diesen zählen alle „rich­tigen“ Affen einschließ­lich Menschen­affen und Menschen. 

Man unter­scheidet heute acht Arten von Plum­ploris, die in verschie­denen Wald­re­gionen des tropi­schen Asiens behei­matet sind. Vier davon kommen auf Borneo vor, der danach benannte Borneo-Plum­plori vorrangig in den eher südli­chen Regionen Kali­mantans. Damit sind sie Bewohner des Natio­nal­parks Bukit Baka Bukit Raya, wo BOS auch Orang-Utans auswil­dert. Die Plum­plo­ri­arten ähneln sich alle in ihrer Lebens­weise. Sie sind einzel­gän­ge­risch oder leben in kleinen Fami­li­en­gruppen zusammen, aller­dings ist ihr Sozi­al­ver­halten noch wenig erforscht. 

Vorsicht giftig
Vorsicht giftig

Plum­ploris weisen eine unter Säuge­tieren sehr seltene Eigen­schaft auf: Sie sind giftig. An den Armen besitzen sie spezi­elle Drüsen, deren Sekret in Verbin­dung mit dem Spei­chel toxi­sche Wirkung bei Beute­tieren und unvor­sich­tigen Fress­feinden hervor­ruft. Ledig­lich einige Arten von Spitz­mäusen, sowie die urtüm­li­chen eier­le­genden Säuger Schna­bel­tier und Amei­sen­igel aus der austra­li­schen Tier­welt, verfügen auch noch über Giftdrüsen. 

Apropos Fress­feinde: Zu ihnen können auch Orang-Utans gehören. 2011 beob­ach­teten die nieder­län­di­sche Zoologin Made­leine E. Hardus und andere ein Orang-Utan-Weib­chen auf Sumatra, wie es einen getö­teten Plum­plori verspeiste. Ein solches Verhalten wurde bis jetzt neunmal auf Sumatra doku­men­tiert, aber man kann vermuten, dass es auch unter Borneo-Orang-Utans vorkommt. Orang-Utans gehen nicht regel­mäßig auf Jagd wie Schim­pansen und decken ihren Bedarf an tieri­schem Eiweiß in der Regel mit Termiten und anderen Insekten. Hin und wieder jedoch scheint dieser Bedarf größer zu sein, mögli­cher­weise beson­ders in Zeiten mit wenig Früchten. So wurde zum Beispiel bei einigen BOS-Orang-Utans beob­achtet, wie sie sich Fische fingen. 

Die IUCN (Inter­na­tional Union for Conser­va­tion of Nature) hat speziell für den Borneo-Plum­plori noch keine Einstu­fung erstellt, gene­rell aber gelten Plum­ploris als gefährdet („vulnerable“). Sie sind somit noch nicht akut bedroht, aber ihre Bestände sinken. Die Gründe liegen im weiter fort­schrei­tendem Verlust an Wald­ge­bieten, aber auch Wilderei trägt ihren Teil zur Bedro­hung der Plum­ploris bei. Die Tiere sind begehrte Objekte des ille­galen Wild­tier­han­dels. Weil sie so nied­lich und vermeint­lich zutrau­lich sind, halten viele sie für geeig­nete Haus­tiere. Das sind sie frei­lich über­haupt nicht! Ihre „Zahm­heit“ ist ledig­lich ihr ange­bo­renes Verhalten, bei Bedro­hung möglichst still zu verharren. Bevor sie in die Hände der „Tier­freunde“ gelangen, werden ihnen oft auch die spitzen Eckzähne entfernt. Das verrin­gert zwar die Wahr­schein­lich­keit von Gift­bissen, ist aber für die Tiere natür­lich äußerst schmerz­haft und führt zu schweren Entzündungen. 

Wild­tiere sind grund­sätz­lich keine Haus­tiere. Der lang­fristig beste Schutz für diese faszi­nie­renden Primaten besteht darin, den ohnehin ille­galen Handel mit Wild­tieren konse­quent zu unter­binden und vor allem ihren Lebens­raum zu schützen. 

Die Orang-Utans und all die anderen Bewohner des Regen­waldes brau­chen uns. Gerade jetzt. Vielen Dank für Ihre Unterstützung.

Orang-Utans und Groß­katzen rücken zusammen — mit Folgen

Orang-Utans und Groß­katzen rücken zusammen — mit Folgen

Nur sehr wenige Tiere können Orang-Utans gefähr­lich werden. Hier berichten wir von Angriffen des seltenen Sunda-Nebel­par­ders auf Olbert und Olivia, zwei von der BOS Foun­da­tion ausge­wil­derte Orang-Utans. Dank unseres erfah­renen Tier­ärz­te­teams sind beide Tiere bereits wieder auf freiem Fuß in unserem Schutz­wald Bukit Batikap unter­wegs. Der starke Rück­gang des natür­li­chen Regen­waldes und die damit verbun­denen Ressour­cen­knapp­heit macht sich leider auch auf diese Weise bemerkbar.

Das war knapp. Nach über zwei­mo­na­tiger Behand­lung waren Olberts tiefe, dolch­zahn­ar­tige Biss­wunden an Rücken und Kopf endlich verheilt. Wenn unser Team ihn nicht gefunden und behan­delt hätte, wäre er vermut­lich an der Infek­tion seiner Wunden gestorben. Auch Orang-Utan Weib­chen Olivia wurde, eben­falls drei Jahre nach ihrer erfolg­rei­chen Auswil­de­rung, wegen infi­zierter Biss­wunden in unsere Schutz­sta­tion zurück­ge­bracht und behan­delt. Derar­tige Verlet­zungen können, laut Aussage unserer erfah­renen Tier­ärzte, nur von einer großen Katze, dem Sunda-Nebel­parder stammen. All jene, die den Anblick offener Wunden wegste­cken können, finden Bilder in der Galerie unter diesem Text (Spoiler-Alarm: die Wunden schauen wirk­lich nicht schön aus).

Seltene Schönheiten

Sunda-Nebel­parder sind selten gewor­dene, wahre Schön­heiten, die vor allem nachts, manchmal aber auch am Tag im Regen­wald aktiv sind. Mit Schwanz einbe­rechnet, erreicht die Groß­katze eine Länge von bis zu knapp zwei Metern. Ihr Fell weist die artspe­zi­fi­sche Wolken­zeich­nung auf und mit ihren perfekt ans Dämmer­licht ange­passten, scharfen Augen, ihrem wendigen, grazilen Körperbau, langen, dolch­ar­tigen Eckzähnen und scharfen Krallen sind sie Meister der Jagd.

Wie auch manch andere Feliden, können auch Nebel­parder gut klet­tern und nutzen Bäume als Ruhe­plätze, sowie manchmal auch um ihre Beute für ein späteres Mahl zu verste­cken (1). Dennoch ist ein Angriff hoch oben in den Bäumen eher unwahr­schein­lich. Ein ausge­wach­sener Orang-Utan, immerhin das größte baum­be­woh­nende Säuge­tier der Welt, ist mit seinem perfekt ans Klet­tern ange­passten Körper und starken, lang­glied­rigen Greif­händen, vermut­lich einer noch so gut klet­ternden Groß­katze überlegen.

Passt nicht ganz ins Beuteschema

Angriffe von Nebel­par­dern sind selten. Zum natür­li­chen Beute­spek­trum der Groß­katze gehören boden­be­woh­nende Vögel, Hirsch­arten, kleine Primaten, Nage­tiere und gele­gent­lich auch Fische und Schlangen (1). Bisher sind nur drei Fälle außer­halb unserer Schutz­wälder doku­men­tiert (2,3,4), in denen Orang-Utans von Nebel­par­dern ange­griffen wurden. Nur ein Einziger davon endete in Folge tödlich. Bei Olivia und Olbert wird auf Grund der Rücken­ver­let­zungen vermutet, dass die Angriffe von hinten am Boden erfolgt sind. Beide Tiere waren dafür bekannt, mehr Zeit als andere ausge­wil­derte Orang-Utans am Boden zu verbringen – dies hat sich inzwi­schen glück­li­cher­weise geän­dert. Neueste Beob­ach­tungen zeigen, dass Olbert nun vorsich­tiger geworden ist, er verbringt seit seiner erneuten Auswil­de­rung nur noch insge­samt 5 % seiner Zeit am Boden (5). Auch Olivia wird hoffent­lich in Zukunft wach­samer sein.

Olbert im sicheren Baum
Olbert im sicheren Baum

Unter Beobachtung

Bisher haben wir 183 Orang-Utans in unserem Schutz­wald Bukit Batikap erfolg­reich in die lang ersehnte Frei­heit entlassen. Nach der Auswil­de­rung werden die Tiere von unserem Team mit Hilfe von Sendern geortet und ihr Gesund­heits­zu­stand auf Sicht­kon­takt über­prüft. Dazu gehört, neben der Evalu­ie­rung ihres Zustands, auch, ob sie natür­lich vorkom­mende Futter­res­sourcen wie Früchte und Pflan­zen­ma­te­rial suchen und verzehren (das ist einer der Indi­ka­toren dafür, dass sie ein selbst­stän­diges Leben in der freien Wild­bahn führen können), sich Schlaf­nester bauen und diese auch am Tag verlassen (denn wenn es ihnen schlecht geht, bleiben sie manchmal sogar im Nest), und wie viel Zeit sie am Boden oder in den Bäumen verbringen (denn kranke Tiere sind im extremsten Fall manchmal sogar zu schwach zum Klettern).

Orang-Utan in der Kamerafalle
Orang-Utan in der Kamerafalle

Die größte Gefahr

Für Orang-Utans stellt die durch den Menschen verur­sachte Abhol­zung des Regen­waldes die größte Bedro­hung dar. Nur sehr wenige Tiere können Orang-Utans in freier Wild­bahn gefähr­lich werden, dazu gehören neben dem Sunda-Nebel­parder, Schlangen, wie zum Beispiel Pythons, und Kroko­dile (ja auch die gibt es auf Borneo!). Andere große Säuge­tiere, wie Malai­en­bären, sind nicht bekannt dafür Orang-Utans anzu­greifen. Sie fressen haupt­säch­lich Früchte und eher selten kleine Säuge­tiere, Insekten und Honig (3).
Auch der Sunda-Nebel­parder ist durch den stetig voran­schrei­tende Lebens­raum­ver­lust gefährdet (6,7). Zudem ist die ille­gale Jagd, um Körper­teile wie Fell und Knochen für große Geld­summen am Schwarz­markt zu verkaufen, ein großes Problem. Dies geschieht nicht nur unter teil­weise kata­stro­phalen hygie­ni­schen Verhält­nissen, die eine poten­ti­elle Gefahr für die Entste­hung von Zoonosen wie COVID-19 darstellen, sondern auch für einen dubiosen Zweck: die Tier­teile finden Verwen­dung in der tradi­tio­nellen chine­si­schen Medizin.

Der tropi­sche Regen­wald, die soge­nannte grüne Lunge der Erde, ist eine der letzten Zufluchts­stätten der Arten­viel­falt und spielt eine zentrale Rolle für das Ökosystem und unser Klima. Beim Wachstum binden die Bäume und andere Pflanzen große Mengen an Kohlen­stoff aus der Atmo­sphäre, spei­chern ihn in ihrer Biomasse und produ­zieren Sauer­stoff. Ein gesunder Wald bietet Zuflucht, Lebens­raum und genü­gend verfüg­bare, natür­liche Ressourcen für alle darin lebenden Tiere – für Pflan­zen­fresser, sowie Beute­greifer. Durch das faszi­nie­rende Zusam­men­spiel jedes einzelnen Teiles, von der kleinsten Mikrobe bis zu den größten Tieren, wie Orang-Utan und Nebel­parder, wird ein empfind­li­ches Gleich­ge­wicht herge­stellt. Jedes Glied im Ökosystem Wald ist wichtig, um die natür­liche Balance zu erhalten.

Eines unserer wich­tigsten Ziele ist es, mehr Regen­wald­flä­chen zu erwerben und zu Schutz­wald für unsere Orang-Utans und andere wilde Tiere umzu­wan­deln. Helfen auch Sie diesen faszi­nie­renden Lebens­raum und seine gewal­tige Arten­viel­falt zu erhalten und zu schützen. Werden auch Sie zum BOS-Unter­stützer. Mit ihrer Spende helfen sie den Orang-Utans und dem Regen­wald, der Heimat dieser und anderer beson­derer Tiere! Jeder Beitrag hilft.

Text:
Dr. Isabelle Laumer / Bilder und Inhalte stammen von einem gemein­samen Projekt von BOSF, Univer­sity of British Columbia (UBC) und Bogor Agri­cul­tural Univer­sity Institut Perta­nian Bogor (IPB).

Refe­renzen:

1.    Chiang PJ, Allen ML (2017) A review of our current know­ledge of clouded leopards (Neofelis nebu­losa). Int J Avian Wildl Biol 2:148–154.

2.    Marzec AM, Kunz JA, Falkner A, Utami Atmoko SS, Alavi SE, Moldawer AM, Vogel ER, Schupplil C, van Schaik CP, van Noor­dwijk MA (2016) The dark side of the red ape: male­me­diated lethal female compe­ti­tion in Bornean oran­gutans. Behav Ecol Socio­biol 70:459–466.

3.    Kana­mori T, Kuze N, Bernard H, Malim TP, Kohshima S (2012) Fata­lity of a wild Bornean oran­gutan (Pongo pygmaeus morio): beha­viour and death of a wounded juve­nile in Danum Valley, North Borneo. Primates 53:221–226.

4.    van Noor­dwijk MA, Utami Atmoko SS, Knott CD, Kuze N, Morrogh-Bernard HC, Oram F, Schuppli C, van Schaik CP, Willems EP (2018) The slow ape: high infant survival and long inter­birth inter­vals in wild oran­gutans. J Hum Evol 125:38–49.

5.    Sunder­land-Groves, J.L., Tandang, M.V., Patis­pa­thika, F.H. et al. (2020) Suspected Sunda clouded leopard (Neofelis diardi) preda­tion attempts on two rein­tro­duced Bornean oran­gutans (Pongo pygmaeus wurmbii) in Bukit Batikap Protec­tion Forest, Central Kali­mantan, Indo­nesia. Primates.

6.    Hearn, A., Ross, J., Brodie, J., Cheyne, S., Haidir, I.A., Loken, B., Mathai, J., Wilting, A. & McCarthy, J. (2015). Neofelis diardi. The IUCN Red List of Threa­tened Species 2015:
       e.T136603A97212874.

7.    Hearn, A., Sanderson, J., Ross, J., Wilting, A. & Sunarto, S. (2008). Neofelis diardi ssp.
borneensis. The IUCN Red List of Threa­tened Species 2008: e.T136945A4351615.

 

Bong schließt Freundschaften

Bong schließt Freundschaften

Orang-Utan-Dame Bong treffen wir häufig an in unserem Auswil­de­rungs­wald Kehje Sewen. Sie hat sich das Gebiet rund um unser Camp Lesik als Revier gesucht. Kein Wunder, hier gibt es eine Menge Bäume, die reich­lich Nahrung für Orang-Utans bieten. Bei den letzten Begeg­nungen zeigte sich Bong vor allem von ihrer sozialen Seite.

Camp Lesik, eines unserer festen Lager für die Moni­to­ring-Teams, liegt im nörd­li­chen Teil des Kehje Sewen-Waldes in Ost-Kali­mantan in einem wunder­schönen Tal, umgeben von Flüssen und Hügeln, die mit vielen Frucht­bäumen bedeckt sind. So gibt es viele ausge­wil­derte Orang-Utans, die regel­mäßig hier auf der Suche nach Nahrung vorbeischauen.
Eine davon ist die 18-jährige Bong, die seit knapp vier Jahren zu den neuen Wilden gehört. Bong kam 2006 im Alter von vier Jahren ins BOS-Reha­bi­li­ta­ti­ons­zen­trum Samboja Lestari, gerettet aus einem viet­na­me­si­schen Zoo. 

Als wir Bong zuletzt in der Nähe des Camps ange­troffen hatten, suchte sie Kontakt zu Mona (27), die bereits vor sieben Jahren ausge­wil­dert wurde. Zunächst zeigte Mona ihr die kalte Schulter. Doch Bong blieb hart­nä­ckig. Und schließ­lich sahen wir die beiden auch am nächsten Tag noch auf gemein­samer Futter­suche einträchtig beieinander. 

Bong
Bong

Auch dieses Mal trafen wir Bong beim Versuch der Kontakt­auf­nahme mit einem anderen Orang-Utan-Weib­chen. Sayang, die 2009 auf unserer Voraus­wil­de­rungs­insel Kaja zur Welt kam und im Dezember 2013 ausge­wil­dert wurde, war mit ihrer zwei­jäh­rigen Tochter Padma unter­wegs. Auch hier stieß Bong mit ihren Kontakt­ver­su­chen zunächst auf Wider­stand. Sayang hat schließ­lich auch ihren Nach­wuchs zu beschützen. Doch schließ­lich konnte Bong die junge Mutter über­zeugen, dass sie voller fried­li­cher Absichten war. Gemeinsam verbrachten sie auch den nächsten Tag auf gemein­samer Futtersuche.

Bong und Sayang
Bong und Sayang

Orang-Utans sind in der Regel Einzel­gänger – semi-solitär nennen Biologen ihr Verhalten. Weib­liche Orang-Utans jedoch, vor allem Verwandte, verbringen immer mal Zeit gemeinsam auf Futter­suche. Dieses Verhalten beob­achten wir bei unseren reha­bi­li­tierten Tieren regel­mäßig. Wahr­schein­lich kann man dies auf die Erfah­rungen zurück­führen, die die Tiere während ihrer Reha­bi­li­ta­tion gesam­melt haben, wo sie gemeinsam mit Gleich­alt­rigen aufge­wachsen sind.
Bong hat diese Zeit wohl in guter Erin­ne­rung behalten. Genauso wie ihre guten Umgangsformen. 

 

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Messi ist bereit

Messi ist bereit

„Stopp!“ rief ich, „Da ist einer ganz oben im Baum da drüben.“ Ich hatte Mühe, das Moto­ren­ge­räusch unseres Bootes zu über­tönen, aber schließ­lich hörte mich endlich unser Skipper und verlang­samte. Wir, das Moni­to­ring­team, waren auf dem Fluss Joloi im Bukit Batikap Wald unter­wegs, um nach ausge­wil­derten Orang-Utans zu suchen.

Hoch oben im Blät­ter­dach hatte ich einen entdeckt, der sich von einem Ast hängen ließ und fraß. Schnell manö­vrierten wir das Boot ans Ufer, um uns unseren ehema­ligen Schlütz­ling etwas näher anzu­gu­cken. Es stellte sich heraus, dass es nicht nur ein Orang-Utan war – es waren ganze drei!

Sofort machten wir uns daran, heraus­zu­finden, wen wir denn da genau aufge­spürt hatten. Wir beob­ach­teten sie genau und versuchten, sie anhand ihrer äußer­li­chen Merk­male zu iden­ti­fi­zieren. Erst schafften wir es nicht, weil die drei ständig in Bewe­gung waren. 

Schließ­lich aber zogen wir unsere Foto-Daten­bank zu rate, anhand derer wir unsere selbst gemachten Bilder mit denen unserer ehema­ligen Schütz­linge verglei­chen konnte. Und schon hatten wir drei Treffer. Die, die wir da entdeckt hatten, waren Messi, Monic und Gina. Das Trio hatte sich in der selben Umge­bung nieder­ge­lassen und fraß nun gemüt­lich, was der Wald so hergab.

Monic, Messi und Gina
Monic, Messi und Gina

Messi war vor sieben Jahren schon im Batikap Wald geboren worden. Seine Mama, Monic, hatten wir ein Jahr zuvor dorthin ausge­wil­dert. Seitdem hat sie bewiesen, was für eine groß­ar­tige Mutter sie ist. Sie hat ihm beigebracht, Nahrung zu iden­ti­fi­zieren, Schlaf­nester zu bauen, hoch oben in den Baum­wip­feln zu klet­tern, und natür­liche Feinde zu erkennen. Während unserer Beob­ach­tungen konnten wir sehen, dass Messi alles wusste und konnte, was er in seinem Alter wissen und können sollte. 

Messi ließ sich von uns auch nicht weiter stören, während er hoch oben in den Baum­kronen nach Nahrung stöberte. Von Zeit zu Zeit neckte er Gina, die wir vor vier Jahren hierhin ausge­wil­dert hatten. Als sich das Weib­chen schließ­lich auf dem Wald­boden nieder­ließ, um Termiten zu fressen, wuchs Messis Inter­esse gleich noch ein biss­chen mehr.

Insge­samt fraßen die drei Orang-Utan-Gefährten an diesem Tag Rinde vom Shorea Baum, Rattan, Rattan­mark, junge Blätter, Panda­nus­mark, Ameisen, verschie­dene Früchte und Termiten. 

Messi verspeist Rinde vom Shorea Baum
Messi verspeist Rinde vom Shorea Baum

Was uns auch aufge­fallen ist, ist, dass Monic schwanger sein könnte. Auf jeden Fall konnten wir erkennen, dass ihr Körper Anzei­chen hormo­neller Verän­de­rungen wie bspw. geschwol­lene Brust­warzen und einen vergrö­ßerten Bauch. Sollte Monic tatsäch­lich schwanger sein, würde das für Messi bedeuten, dass er bald auf eigenen Orang-Utan-Füßen stehen müsste – ohne seine Mama. Nichts­des­to­trotz wich Monic ihrem Sohn an diesem Tag nicht von der Seite. Viel­leicht kann sich ja auch die Mama noch nicht so ganz trennen?!

Monic
Monic

Es war eindeutig und sehr berüh­rend zu sehen, wie stark die Bindung zwischen Monic und Messi ist. Und auch wenn der Sohn schon im Alter ist, wo er langsam unab­hängig sein könnte, ist es doch auch einfach schön, dass er noch ein biss­chen im Hotel Mama leben möchte. Bereit für ein eigen­stän­diges Leben ist Messi auf jeden Fall. Das konnten wir an diesem Tag viel­fach sehen und bezeugen. 

Wir freuen uns schon darauf, Messi eines Tages als mit dicken Backen­wülsten als domi­nantes Orang-Utan-Männ­chen durch den Batikap Wald streifen zu sehen. Viel­leicht wird er bald selber schon ersten Nach­wuchs zeugen und die wild­le­bende Orang-Utan-Popu­la­tion zu stärken. Wir können es kaum erwarten!

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Mang Usup – Ein Orang-Utan-Warrior

Mang Usup – Ein Orang-Utan-Warrior

Im dritten Teil unserer Orang-Utan-Warrior-Reihe möchten wir Ihnen unseren Moni­to­ring-Kollegen Muhammad Usup vorstellen. Er ist schon seit 2012 für die BOS Foun­da­tion tätig und wurde von PT. RHOI sogar schon als bester Mitar­beiter ausgezeichnet.

Kein Wunder, denn für Mang Usup, wie er von uns allen genannt wird, ist seine Tätig­keit eine Beru­fung. Einmal musste er aus privaten Gründen für einige Zeit kündigen. Doch ohne die Orang-Utans hielt er es nicht lange aus. Nach sechs Monaten Absti­nenz kehrte er wieder zur BOS Foun­da­tion zurück. Und wir waren dank­barer denn je für seine wert­volle Unter­stüt­zung und seine Fach­kennt­nisse. Denn mit seiner lang­jäh­rigen Erfah­rung ist Mang Usup für die Zukunft der Orang-Utans von unschätz­barem Wert. 

Aber fangen wir doch einfach am Anfang an. Mang Usup bewarb sich 2012 bei unserem Post-Release-Moni­to­ring-Team, nachdem er von einem Verwandten erfahren hatte, dass wir neue Mitar­beiter suchen. Zuvor hatte er eine Ausbil­dung im Ragunan Zoo in Jakarta gemacht. Hier studierte er Beob­ach­tungs­me­thoden und Etho­logie, also Verhal­tens­for­schung von Tieren und wie man diese am besten obser­viert. Danach fing er direkt in unserem Moni­to­ring­team im gerade eröff­neten Auswil­de­rungs­ge­biet von Kehje Sewen an. 2012 war ein ganz beson­deres Jahr für BOS und auch für Mang Usup, denn es war das erste Mal nach über einer Dekade, dass wir endlich wieder Orang-Utans auswil­dern konnten. Gerade durch die Tatsache, dass er somit prak­tisch seit Stunde null dabei ist, hat Mang Usup heute einen unglaub­lich wert­vollen Erfah­rungs­schatz und beein­dru­ckende Fach­kennt­nisse auf dem Gebiet des Monitorings. 

Mang Usup bei der Arbeit
Mang Usup bei der Arbeit

Die Aufgaben des Teams umfassen dabei nicht nur das Beob­achten von ausge­wil­derten Orang-Utans. Unsere Kollegen betreiben auch Studien zur Phäno­logie. Dabei beob­achten sie die jahres­zeit­li­chen Verän­de­rungs­pro­zesse im Wald und ihren Einfluss auf Flora und Fauna. Darüber hinaus patrouil­lieren sie gegen Wilderer und bei Wald­brand­ge­fahr, sie halten die Über­nach­tungs­camps instand und bereiten geplante Auswil­de­rungen vor. 

Vor dem Basecamp im Wald von Kehje Sewen
Vor dem Base­camp im Wald von Kehje Sewen

Die Arbeit von Mang Usup ist also unglaub­lich viel­seitig. Kein Wunder, dass er nach so vielen Jahren so einige erin­ne­rungs­wür­dige Momente in seinem Herzen trägt. Einmal z. B. war er mit seinem Team auf einer Beob­ach­tungs­tour, als sie auf Orang-Utan-Dame Mona stießen. Sie war 2013 ausge­wil­dert worden und eigent­lich an Menschen gewöhnt. So dachten sie zumin­dest. Denn Mona war nicht gut auf die Gruppe zu spre­chen. Sie wurde sehr aggressiv und machte tatsäch­lich Anstalten, das Team anzu­greifen. Die Kollegen zogen sich schnell zurück. Naja, nicht schnell genug, denn einen bekam Mona noch zu fassen. Ehe er wusste, wie ihm geschah, hatte ihn das Weib­chen schon am Beim gepackt. 

Glück­li­cher­weise konnte Mona schnell abge­lenkt werden und das Moni­to­ring­team suchte das Weite. Das war ein Schlüs­sel­mo­ment für Mang Usup. Denn es gab bisher keine doku­men­tierten Fälle, bei denen Orang-Utans Menschen ange­griffen hatten. Mang Usup war ganz schön verblüfft und es war ihm eine Lehre. 

„Es hat mir gezeigt, dass wir auch die reha­bi­li­tierten Orang-Utans niemals unter­schätzen dürfen. Egal wie lange sie auch Menschen gekannt haben, sie sind einfach Wild­tiere mit Über­le­bens­in­stinkt und somit unbe­re­chenbar. Wir sollten uns niemals in Sicher­heit wähnen. Wenn wir stets wachsam bleiben und uns an die Stan­dard­vor­ge­hens­weise halten, sollte alles gutgehen“, resü­miert Mang, während er sich an den Vorfall mit Mona erinnert.

Aber natür­lich gibt es auch viele schöne Momente, an die Mang Usup zurück­denkt. Gerade Begeg­nungen mit Orang-Utan-Müttern und ihren Kindern bedeuten ihm uner­mess­lich viel. Wie sich die Weib­chen um ihre Babys kümmern, berührt den Moni­to­ring-Kollegen auf ganz beson­dere Weise. „Sie verhalten sich eigent­lich genauso wie mensch­liche Mütter“, schwärmt er.

Mang Usup hofft, dass sowohl PT.RHOI als auch die BOS Foun­da­tion noch viele und große Erfolge feiern werden. Und er wünscht sich, dass die Moni­to­ring­teams auch weiterhin genug Unter­stüt­zung erhalten, um ihrer wich­tigen Arbeit nach­gehen zu können und wich­tige Daten zu sammeln und auszu­werten. Sein größter Wunsch ist jedoch, dass die reha­bi­li­tierten Orang-Utans in der Wildnis weiter aufblühen und eine neue Gene­ra­tion an starken Wald­men­schen gründen. Sie sollen ihre Art und den Regen­wald vor dem Aussterben beschützen. 

So spricht ein echter Orang-Utan-Warrior. Danke Mang Usup für Deinen groß­ar­tigen Einsatz!

 

Lernen Sie auch unsere Mitar­beiter Hanni und Imam Ghozali kennen.

 

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