Wenn der Körper vor lauter Erschöp­fung schlapp macht…

Wenn der Körper vor lauter Erschöp­fung schlapp macht…

Über Wochen waren die BOS-Mitar­beiter in unserem Rena­tu­rie­rungs- und Auffors­tungs­ge­biet Mawas im Dauer­ein­satz. Sie kämpften jeden Tag 24 Stunden gegen die tücki­schen Brände im zerstörten und trocken­ge­legten Torf­moor­ge­biet. Wir haben mit Rudi Hartono, dem Lebens­wald-Feld­ko­or­di­nator gespro­chen, der die Akti­vi­täten zum Feuer­schutz leitet.

Gerade kam heraus: Das Jahr 2023 ist sehr wahr­schein­lich das wärmste Jahr seit 125.000 Jahren. Die Kombi­na­tion aus fort­schrei­tendem Klima­wandel, extremer Trocken­zeit und dem El-Niño-Phänomen führten auf Borneo in diesem Jahr zu heftigen Wald­bränden. Über Wochen waren unsere Mitar­beiter in Mawas im Dauer­ein­satz. Zu Hilfe kamen ihnen dabei die bereits durch Stau­dämme geblockten Kanäle. Denn sie sorgten für einen höheren Wasser­pegel. So hatten die Feuer­lösch­teams einen leich­teren Zugang zum Wasser und vernäss­tere Auffors­tungs­flä­chen.
Einer, der täglich an vorderster Front gegen die Flammen und für den Schutz unserer Auffors­tungs­flä­chen kämpft, ist Rudi Hartono.

Drei Männer vom Lebenswald
Rudi Hartono und zwei seiner Kollegen 

Pak Hartono, was genau waren Ihre Aufgaben beim Kampf gegen die Brände in Mawas?

Vor allem koor­di­nierte ich die Einsätze unserer Teams. Das heißt, ich sorgte dafür, dass die Brand­schutz­aus­rüs­tung, also Pumpen, Schläuche und mobile Wasser­tanks einsatz­be­reit waren und dass Boote und Ausrüs­tung im Notfall repa­riert wurden. Ich kümmerte mich um die Logistik und das alle immer gut infor­miert waren. Dazu gehörte auch die Orga­ni­sa­tion von regel­mä­ßigen Einsatz­be­spre­chungen. Bei Strom­aus­fällen sorgte ich für Abhilfe. Außerdem sammelte ich alle Daten vor Ort. Und, ganz wichtig, ich sorgte dafür, dass immer ein kleines medi­zi­ni­sches Team vor Ort ist.

Mit wie vielen Mitar­bei­tern haben Sie sich den Feuern gestellt?

Unser BOS-Feuer­wehr­team besteht aus allen Lebens­wald-Mitar­bei­tern im Gebiet D1, das zusätz­lich von Personal aus den anderen Mawas-Projekten unter­stützt wurde. Insge­samt sind wir 17 Kollegen.

Was waren die größten Heraus­for­de­rungen bei der Brand­be­kämp­fung in den zurück­lie­genden Wochen?

Die größte Heraus­for­de­rung bestand darin, das Auffors­tungs­ge­biet über den langen Zeit­raum vor der Ausbrei­tung der Flammen zu schützen und meine Kollegen zu moti­vieren, die jeden Tag mit großem Einsatz im Feld stehen und Brände löschen.

Karte von Mawas mit Brandgebieten
Die Karte zeigt einen Teil unserer Auffors­tungs­flä­chen in Mawas. Lebens­wald befindet sich in D1. Rot sind die Gebiete markiert, in denen es in den vergan­genen Wochen zu Bränden kam

Was sind aus Ihrer Sicht die Ursa­chen für die Waldbrände?

Vor allem liegt es an der Trocken­zeit und der außer­ge­wöhn­li­chen Hitze in diesem Jahr, die durch El Niño verstärkt wurde. Dazu kommen in der Regel unbe­ab­sich­tigte Akti­vi­täten der Menschen, wie das Roden land­wirt­schaft­li­cher Flächen, die Herstel­lung von Holz­kohle oder das Trocknen von Fisch. Manchmal reicht ein Funke, um einen Brand auszu­lösen, manchmal geraten gelegte Brände – etwa bei Brand­ro­dungen in der Land­wirt­schaft – außer Kontrolle.

Wie waren die Arbeits­schichten orga­ni­siert bzw. wie viele Stunden war ein Team im Einsatz?

Die Feuer­wehr­leute arbeiten im Durch­schnitt in jeder dritten Schicht des Tages. Am Nach­mittag kümmerten wir uns um die Logistik und das Mate­rial und ein Küchen­team versorgte uns mit Essen. Während der Nacht wech­selten sich die Schichten je nach körper­li­cher Verfas­sung ab.

Vom verbrannten Torfmoor steigt Rauch auf
Nach ersten Regen­schauern entspannte sich die Situa­tion auf den Brand­flä­chen. Doch noch lange stieg Rauch aus den Moor­böden auf

Wie viele Stunden haben Sie in den letzten Wochen geschlafen?

Pro Tag bekam ich viel­leicht ein bis drei Stunden Schlaf, oft auch über den Tag verteilt, z. B. eine Stunde morgens, eine am Nach­mittag und eine in der Nacht. Ich war eigent­lich ständig auf der Hut. Und selbst wenn ich schlafen konnte, hielten mich oftmals die Sorge um meine Kollegen im Feld und die Gedanken an das Feuer wach.

Sicher auch die Sorge um Ihre Familie?

Natür­lich auch. Neben der Verant­wor­tung für meine Arbeit und dieses Projekt, sorgte sich mein Herz auch um meine Familie. Wir alle leiden unter dem Rauch und den Bränden. Und wir alle sind traurig, weil das Feuer und der Rauch eine große Gefahr für die Gesund­heit darstellen.

Lebenswald Mitarbeiter Rudi Hartono vor der Aufforstungsfläche in Mawas
Rudi Hartono auf der Lebenswald-Aufforstungsfläche

Hatten Sie bei den Lösch­ar­beiten auch rich­tige Angstmomente?

Oh ja! Auch wenn wir inzwi­schen viel besser auf die Feuer reagieren können, weil wir besser ausge­rüstet und ausge­bildet sind, viele Hydranten im Feld gebaut haben, die Kanäle dank der Stau­dämme mehr Wasser führen, das Moor dank der Dämme stel­len­weise vernässt wurde – trotz der harten Arbeit in den zurück­lie­genden Jahren – kommt es immer wieder zu kriti­schen Situa­tionen. Und dann steht man eben vor den Flammen, aber es gibt gerade keine Wasser­quelle. Oder die Ausrüs­tung geht im falschen Moment kaputt, was bei den extremen Bedin­gungen ja kein Wunder ist. Und wenn der Körper plötz­lich schlapp macht und einem vor lauter Erschöp­fung übel wird, dann bekommt man auch einen ziem­li­chen Schrecken.

Und was waren Ihre alltäg­li­chen Herausforderungen?

Jedem im Team die passende Aufgabe anzu­ver­trauen. Wir sind ja keine haupt­be­ruf­li­chen Feuer­wehr­leute. Unser Alltag besteht norma­ler­weise aus Auffors­tungs- und Baum­pfle­ge­ar­beiten. So hat jeder Mitar­beiter unter­schied­liche Erfah­rungen und Fähig­keiten. Jetzt müssen sie Brände löschen, Essen zube­reiten und die Ausrüs­tung in Schuss halten.
Dazu kommen die extremen Arbeits­be­din­gungen. Unre­gel­mä­ßiges Essen und unre­gel­mä­ßiger Schlaf bringen auch unsere Verdauung durch­ein­ander. Und nach einer harten Schicht zwischen Feuer und Rauch erwar­tete uns auch keine entspan­nende Dusche. Denn das Wasser wurde zum Löschen benötigt.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Ich hoffe auf eine noch inten­si­vere Koor­di­na­tion in der Trocken­zeit, um noch effek­tiver gegen künf­tige Wald­brände vorgehen zu können und den Lebens­wald zu schützen.

Wir danken Rudi Hartono und dem Lebens­wald-Team für ihren uner­müd­li­chen Einsatz, ihr Enga­ge­ment und ihre Opfer­be­reit­schaft, um Mawas vor den verhee­renden Wald­bränden zu schützen. Unsere Gedanken sind bei Euch!

Gemeinsam haben wir schon viel errei­chen können. Und mit Ihrer Unter­stüt­zung stellen wir uns allen Heraus­for­de­rungen, die noch auf uns warten. Vielen Dank dafür.

Ein Feuer­aus­bruch nahe unserer Aufforstungsgebiete

Ein Feuer­aus­bruch nahe unserer Aufforstungsgebiete

Am Mittag des 26. September brach 900 Meter von unserer Auffors­tungs­fläche des „Lebenswald“-Projekts im Torf­moor von Mawas ein Brand aus. Entdeckt wurde der Brand­herd vom Feuer­über­wa­chungs­turm unserer Auffors­tungs­fläche. Sofort haben wir alle Kräfte vor Ort gebün­delt, um das Feuer zu bekämpfen.

Aktuell sind unsere Teams in stän­diger Alarm­be­reit­schaft. In der noch anhal­tenden Trocken­zeit besteht ständig die Gefahr von mögli­chen Feuer­aus­brü­chen. Doch da dieses Jahr auch noch das El-Niño-Phänomen hinzu­kommt, fürchten wir nach wie vor das Schlimmste. Und hoffen auf das Beste!

Wir haben uns vorbereitet

Denn seit den drama­ti­schen Brand­jahren 2015 und 2019 haben wir – dank der Hilfe unserer Spen­de­rinnen und Spender und mit Unter­stüt­zung des Bundes­mi­nis­te­riums für wirt­schaft­liche Zusam­men­ar­beit und Entwick­lung (BMZ) – viel in den Brand­schutz und in die Brand­be­kämp­fung inves­tieren können. Das könnte nun unsere Rettung sein und uns vor drama­ti­schen Zerstö­rungen bewahren.

Regel­mä­ßige Kontrollen

So gehört es zu unserer Feuer­schutz­rou­tine, dreimal am Tag von den Über­wa­chungs­türmen aus das Gebiet und die Umge­bung zu kontrol­lieren. So wurde auch der aktu­elle Brand entdeckt, der sich bis zum Abend auf 600 Metern ausbrei­tete und damit bis auf 300 Meter an unsere „Lebenswald“-Aufforstungsfläche heranfraß.

Zusätz­lich patrouil­lieren wir rund um das Auffors­tungs­ge­biet morgens, nach­mit­tags und abends mit dem Wasser­fahr­zeug und führen auch zu Fuß Patrouillen an brand­ge­fähr­deten Stellen durch. Dabei helfen uns auch Stege, die wir im schwer zugäng­li­chen Torf­moor errichtet haben.

Mehr zum Thema Torf­moor in Mawas und den beson­deren Herausforderungen.

Moor muss nass

Das Mawas-Gebiet wurde in den neun­ziger Jahren für ein geschei­tertes Reis-Projekt groß­flä­chig gerodet und mit kilo­me­ter­langen Kanälen trocken­ge­legt. Stück für Stück blockieren wir nun diese Kanäle mit Stau­dämmen, wodurch das Wasser nicht mehr so leicht abfließen kann, also im Boden bleibt und nach und nach den Moor­boden wieder­vernässt. Das ist eine Mammut­auf­gabe, die uns noch viele Jahre beschäf­tigen wird. Doch erste Erfolge können wir verbu­chen. Gerade rund um die „Lebens­wald“-Auffors­tungs­fläche konnten wir bereits 45 Stau­dämme errichten, die gut funk­tio­nieren und das Wasser in den und um die Kanäle steigen lassen.

Staudammbau Lebenswald Mawas
Mit Stau­dämmen blockieren wir die Kanäle rund um unsere Auffors­tungs­flä­chen, sodass das Wasser nicht mehr so leicht abfließen kann

Die rich­tige Ausrüs­tung ist vorhanden

So haben die von uns ausge­bil­deten Feuer­lösch­teams, die sich, nach Entde­ckung des Brandes sofort mit Motor­pumpen, Schläu­chen und weiterem Werk­zeug auf den Weg machten, vor Ort aktuell ausrei­chend Wasser zur Verfü­gung, um zu löschen.

Aber nicht nur dafür: Damit sich der Brand nicht weiter ausbreitet, ist es entschei­dend, die Flächen rund­herum, in denen sich das Feuer voraus­sicht­lich ausbreiten wird, mit Hilfe von Schläu­chen zu befeuchten. Auch dafür ist ein höherer Wasser­stand in den Kanälen und die Versor­gung mit instal­lierten Hydranten essenziell.

Keine Selbst­ver­ständ­lich­keit

Was viel­leicht so selbst­ver­ständ­lich klingen mag – ausrei­chend Lösch­wasser, Pumpen, Schläuche, einstu­dierte Routinen, Über­wa­chungs­türme – ist es in den entle­genen Gebieten auf Borneo keines­wegs. Nur dank inten­siver Arbeit und Inves­ti­tionen in den zurück­lie­genden sieben Jahren, sind wir heute auf diesem Stand. Und können Bränden schneller und effi­zi­enter etwas entge­gen­setzen als 2015 und 2019. Noch hoffen wir, dass wir aus dieser Trocken­zeit glimpf­lich davon­kommen. Doch unsere Nerven sind ange­spannt. Und noch regnet es nicht auf Borneo.

Gemeinsam haben wir schon viel errei­chen können. Und mit Ihrer Unter­stüt­zung stellen wir uns allen Heraus­for­de­rungen, die noch auf uns warten. Vielen Dank dafür.