In Indonesien haben sich einige Tiere aufgrund ihres isolierten Inseldaseins manchmal kleiner, manchmal auch größer als ihre Artgenossen auf dem Festland entwickelt. Der Dreihornkäfer etwa ist mit seinen zehn Zentimetern ein wahres Rieseninsekt. Und er ist einer der stärksten Kreaturen der Erde — gemessen an seinem Körpergewicht.
Mit ihren beeindruckenden Hörnern fechten die Männchen Rangkämpfe aus, ein Kampf der Giganten. Palmendiebe sind mit 40 Zentimetern Körperlänge die größten an Land lebenden Krebstiere. Für ihre Lieblingsnahrung klettern sie geschickt auf Palmen, die „geernteten“ Kokosnüsse knacken sie mit ihren starken Scheren. Indonesien ist der größte Inselstaat der Welt. Die über 17 000 Inseln liegen in einem weiten Bogen zwischen Pazifik und Indischem Ozean entlang des Äquators. In seinen tropischen Gewässern und unberührten Regenwäldern haben sich faszinierende Lebensgemeinschaften gebildet. Tiere und Pflanzen sind teils mit asiatischen, teils mit australischen Arten verwandt, da noch vor 10 000 Jahren aufgrund eines niedrigeren Wasserspiegels die Inseln zum Festland gehörten.
Unabhängig der peinlichen Verhandlungsergebnissen der „Staatengemeinschaft“ in Glasgow, findet in deren Schatten ein weiterer Skandal statt. In diesem Falle im grünen Mantel.
Große Klima- und Landverschmutzer wie Shell und Nestlé hausieren aktuell mit einer relativ neuen Betrugsmasche – den sogenannten „Nature-based Solutions“ (NbS): Sie kommunizieren öffentlichkeitswirksam, dass sie ihre Treibhausgasemissionen auf null senken und gleichzeitig weiterhin fossile Brennstoffe verbrennen, mehr vom Planeten abbauen und die industrielle Fleisch- und Milchproduktion steigern. Sie nennen dies die Reduzierung der Emissionen auf „Netto-Null“. Das Pflanzen von Bäumen, der Schutz von Wäldern und die Optimierung der industriellen Anbaumethoden, so behaupten sie, wird genug zusätzlichen Kohlenstoff in Pflanzen und im Boden speichern, um die Treibhausgasemissionen auszugleichen, die sie in die Atmosphäre pumpen.
Klimaschutz als beinhartes Geschäftsmodell
Was Konzerne und große Naturschutzunternehmen „naturbasierte Lösungen“ nennen, ist eine gefährliche Ablenkung. Ihre Marketingkonzepte sind geschmückt mit unbewiesenen Daten und der steilen Behauptung, dass bis 2030 37 Prozent der CO2-Einsparungen realistisch seien. Immer mehr Unternehmen, von Total über Microsoft bis Unilever, machen „naturbasierte Lösungen“ zum Kern ihrer Klimaaktionspläne, während die Naturschutzindustrie auf die Finanzierung von „naturbasierten Lösungen“ von Unternehmen zurückgreift, um im grünen Markt zu dominieren. Denn auch dieser ist ein beinhartes Geschäft voller Partei- bzw. Industrielobbyinteressen.
Aus Sicht der Naturschutzindustrie ist die Idee einfach: Unternehmen bezahlen sie dafür, Wälder zu umschließen oder Bäume auf Land zu pflanzen, von dem sie behaupten, dass es „degradiert“ sei und dass bei einer Wiederherstellung mehr Kohlenstoff absorbiert werden könnte.
Im Gegenzug behaupten die Konzerne, dass die Klimaschäden durch ihre anhaltenden Treibhausgasemissionen ausgeglichen werden. Oft wird ein Dokument, das als Carbon Credit (CO2-Zertifikat) bezeichnet wird, verwendet, um diese Aufrechnungsforderung zu vermarkten.
Naturbasierte Lösungen oder naturbasierte Enteignungen
Wenn Konzerne und große Naturschutzorganisationen von „Natur“ sprechen, meinen sie meist geschlossene Räume ohne Menschen. Gemeint sind Schutzgebiete, Baumplantagen und große Monokulturbetriebe. Ihre „Natur“ ist unvereinbar mit der Natur, die als Territorium verstanden wird, als Lebensraum, der untrennbar mit den Kulturen, Ernährungssystemen und Lebensgrundlagen der Gemeinschaften verbunden ist, die sich um sie kümmern und sich als intrinsische Teile davon verstehen.
„Naturbasierte Lösungen“ sind also keine Lösung, sondern ein Betrug. Die vermeintlichen Lösungen werden zu „naturbasierten Enteignungen“ führen, weil sie die verbleibenden Lebensräume von indigenen Völkern, Bauern und anderen waldabhängigen Gemeinschaften einschließen und „die Natur“ zu einem Dienstleister zwecks Ausgleiches der Umweltverschmutzungen durch Konzerne und zum Schutz von Gewinnen reduzieren werden. Der Unternehmen, die am meisten für das Klimachaos verantwortlich sind. Indigene Völker, Bauern und andere waldabhängige Gemeinschaften, deren Territorien eingeschlossen werden, werden mit mehr Gewalt, mehr Einschränkungen bei der Nutzung ihres Landes und mehr Kontrolle über ihr Territorium konfrontiert sein.
Neues Gewand für alte Taktik
„Naturbasierte Lösungen“ sind eine Wiederholung der gescheiterten REDD+-Baumpflanzungs- und Waldschutzprogramme, die dieselben Naturschutzgruppen seit 15 Jahren fördern. REDD+ hat nichts getan, um die globalen Treibhausgasemissionen zu reduzieren oder die großen Lebensmittel- und Agrarunternehmen zu beherrschen, die die Entwaldung vorantreiben. Sein bleibendes Vermächtnis ist jedoch der Verlust von Land und Wäldern für bäuerliche und waldbasierte Gemeinschaften und starke Einschränkungen bei der Nutzung ihres Landes. REDD+ hat auch eine Branche von „Nachhaltigkeits- und Sicherheitsberatern“ und Projektbefürwortern hervorgebracht, die davon profitieren, REDD+-Projekte als „nachhaltig“ zu deklarieren, trotz der Verletzungen von Rechten, die solche Projekte verursachen. Die Befürworter „naturbasierter Lösungen“ wenden nun die gleiche Taktik von Zertifizierungssystemen und Schutzmaßnahmen an, um Kritik abzuwehren und die Übernahme von Gemeinschaftsland und ‑wäldern durch die Unternehmen zu verschleiern.
Woher soll all das Land kommen?
Die Unternehmen mit „naturbasierten Lösungen“ in ihren Klimaschutzplänen wollen ihre Produktion stark umweltbelastender Produkte steigern. In der fehlerhaften Logik der „naturbasierten Lösungen“ von Unternehmen bedeutet mehr Umweltverschmutzung, dass Unternehmen mehr Land als ihre Kohlenstoffspeicher beanspruchen müssen; es wird mehr Enteignungen und weitere Beschränkungen der bäuerlichen Landwirtschaft und der gemeinschaftlichen Nutzung ihrer Territorien bedeuten. Es wird auch eine noch stärkere Kontrolle der Unternehmen über Land und Wälder bedeuten.
Der italienische Energiekonzern Eni zum Beispiel will bis 2050 noch 90 Prozent seiner Energie aus fossilen Brennstoffen gewinnen. Um diese Emissionen auszugleichen, muss er das gesamte Potenzial aller Wälder in Italien beanspruchen, um Kohlenstoff zu absorbieren – acht Millionen Hektar für Enis „Netto-Null“-Anspruch!
Laut Oxfam könnten allein die Netto-Null-Ziele von nur vier der großen Öl- und Gaskonzerne (Shell, BP, Total und Eni) eine Landfläche benötigen, die doppelt so groß ist wie die Großbritanniens. Das sind nur einige der großen Energiekonzerne. Der „Netto-Null“-Plan des weltgrößten Lebensmittelkonzerns Nestlé könnte 4,4 Millionen Hektar Land pro Jahr für den Ausgleich benötigen. Und auch die Pläne von Big-Tech-Firmen wie Microsoft und Amazon basieren auf der Anrechnung ähnlich großer Flächen.
Mehr Klimachaos und Biodiversitätsverlust
Konzerne und die großen Naturschutz-NGOs bieten diese „grünen“ Unternehmenslösungen nicht nur in den Klimagesprächen an; sie drängen die Idee auch in Regierungssitzungen der UN-Konvention über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity). Im Zusammenhang mit dem UN-Food Systems Summit im September 2021 wird „nature-positive production“ als ähnliches Konzept wie NbS genutzt – um die Landwirtschaft weiter zu industrialisieren und die Kontrolle der Unternehmen auszubauen. Wenn diese Versuche erfolgreich sind, kommt es zu mehr Klimachaos und einem noch schnelleren Verlust an Biodiversität, während Konzerne weiterhin von der Zerstörung und Verbrennung fossilen Kohlenstoffs profitieren.
Regierungen müssen wissen, dass es eine wachsende Bewegung von Gemeinschaften, Organisationen und Aktivisten an vorderster Front für Klimagerechtigkeit gibt.
Ich plädiere dafür, „naturbasierte Lösungen“ und alle Ausgleichsprogramme neu zu überdenken. In ihrer jetzigen Form sind sie nicht darauf ausgelegt, der Klimakrise zu begegnen. Ihre Hauptfunktion besteht darin, ein oder zwei Jahrzehnte ungezügelter Unternehmensgewinne aus der Ausbeutung von fossilem Kohlenstoff und der industriellen Landwirtschaft zu erkaufen und gleichzeitig die Kontrolle über die Gebiete der Gemeinschaft von außen zu erhöhen.
Klimaneutralität bedeutet kaum mehr als Papiereinsparungen, erreicht durch kreative Buchführung und nicht überprüfbare Behauptungen, hypothetische Emissionen verhindert zu haben. Die Zeit für solche Ablenkungen ist abgelaufen. Nur ein rascher und terminierter Plan, die verbleibenden Kohle‑, Öl- und Gasreserven im Boden zu belassen und die industrielle Landwirtschaft ökologisch zu reformieren, wird ein katastrophales Klimachaos verhindern.
Grassroots-Gemeinschaften an vorderster Front, die gegen die Förderung fossiler Brennstoffe, Pipelines, Minen, Plantagen und andere Projekte der Rohstoffindustrie sind, weisen den Weg. Der Widerstand gegen „naturbasierte Lösungen“ und der gemeinschaftliche Widerstand gegen die Zerstörung unterirdischer Kohlenstoffvorkommen, den Bergbau und die Agrarindustrie durch Konzerne müssen als Teil desselben Kampfes verstanden werden.
Grassroots-Gemeinschaften stehen auch an vorderster Front bei den Kämpfen um Ernährungssouveränität und Agrarökologie, die notwendig sind, um die vielfältige Krise des Planeten zu lösen. Wir erkennen und unterstützen die Kämpfe, die von Basisgemeinschaften um die Kontrolle über die Gebiete geführt werden, von denen sie heute und in Zukunft abhängen.
In Mawas reparieren wir zerstörte Torfmoore, forsten auf und unterstützen die lokalen Gemeinden durch neue, sichere und nachhaltige Einnahmemöglichkeiten. Sie können helfen!
Erstaunlicherweise ist die diesjährige Artenschutzkonferenz zumindest in den deutschen Medien untergangen. Offensichtlich sind Koalitionsspekulationen von größerem Interesse als die Zukunft der weltweiten Biodiversität. Als hätte Covid-19 als Warnschuss nicht stattgefunden.
Gleichzeitig fühlten sich viele Delegierte der sog. Entwicklungsländer vernachlässigt und konnten während des zweitägigen hochrangigen Diskurses nicht rechtzeitig sprechen, wiederum aufgrund technischer Probleme. Dies war eine weitere Erinnerung an die unausgewogenen Ergebnisse der globalen Entwicklung.
Die Verhandlungsführer haben nun nur noch sieben Monate bis zum zweiten und letzten Teil des Treffens Zeit, und es mangelt nicht an Meinungsverschiedenheiten, insbesondere in Bezug auf Finanzierung und Umsetzung. In der in der vergangenen Woche veröffentlichten Kunming-Erklärung fassten die Unterzeichner ihre Absicht zusammen, “dass die biologische Vielfalt bis spätestens 2030 auf den Weg der Erholung gebracht wird”. Es bleibt jedoch unklar, ob sie dazu in der Lage sein werden.
Schwierige Themen
Ziel der ersten Sitzung des Treffens war es, neue politische Ambitionen zu schaffen, anstatt in echte Verhandlungen einzusteigen. Die Delegierten bekräftigten daher ihre bestehenden Positionen.
Die Idee, bis 2030 30 Prozent des Landes und der Meere der Erde unter Schutz zu stellen – bekannt als das „30×30× Ziel“ wurde während der ersten Sitzung häufig erwähnt: Mehr aber noch nicht.
Eine Bewertung von IPBES (Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services) aus dem Jahr 2019 ergab, dass nur 15 Prozent der globalen Land- und Süßwasserflächen und 7 Prozent der Meeresgebiete geschützt sind. Obwohl einige Parteien das 30-Prozent-Ziel angesichts der aktuellen Fortschritte für zu radikal halten, tauchte die auffällige Zahl immer noch im Entwurf der Rahmenverhandlungen auf — eine seltene Demonstration von Ehrgeiz. Allerdings sind sich nicht alle einig, was diese 30 Prozent bedeuten sollen.
30 Prozent von was genau? Von der gesamten Oberfläche der Welt? Oder müssen es sowohl 30 Prozent des Landes als auch 30 Prozent des Ozeans sein? Oder würde jedes Land 30 Prozent seines Territoriums schützen? Der Entwurf in seiner jetzigen Form ist schlichtweg unklar. Besonders umstritten ist die Idee, 30 Prozent des Ozeans zu schützen, was andere multilaterale Prozesse in die Länge ziehen würde. Wenn Fragen rund um Schutzgebiete auf hoher See nicht im Rahmen des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen (UNCLOS) gelöst werden können, wäre das Ziel nicht möglich.
Was für 30 Prozent? Einige Länder befürchten, dass eine Fokussierung auf Quantität über Qualität zum Schutz von Gebieten mit geringem Erhaltungswert führen wird, nur um die Zahlen zu bilden. Doch wie sollten Qualitätsziele festgelegt werden? Der Rahmenentwurf sagt das nicht. Ein weiteres Problem ist, dass Reservate in der Vergangenheit meist funktioniert haben, indem sie menschliche Aktivitäten ausgeschlossen haben.
Das 30×30 Ziel würde die Ausweitung von Schutzgebieten vorsehen, und es gibt Bedenken, dass dies die Rechte indigener Völker und lokaler Gemeinschaften, die gerade in Regionen mit besonderer biologischer Vielfalt leben, beeinträchtigen könnte. Einige NGOs sind daher ambivalent oder sogar gegen das Ziel.
Finanzierung und Umsetzung
Der Rahmenentwurf weist auf eine jährliche Finanzierungslücke von 700 Milliarden US-Dollar hin. Woher soll dieses Geld kommen? Alle reden gerne über den Ausbau der Finanzierungsquellen, die Nutzung nichtstaatlicher Akteure und insbesondere des Privatsektors, aber die sog Entwicklungsländer sind sich darüber im Klaren, dass sie mehr Geld von den Regierungen der Industrieländer sehen wollen — da dies die zuverlässigste Finanzierungsquelle ist.
Bei der Abschlusszeremonie betonte die Afrikanische Gruppe erneut die Notwendigkeit eines speziellen Biodiversitätsfonds sowie die Bedeutung von Technologietransfer und Kapazitätsaufbau. Die Lateinamerika- und Karibikgruppe warnte, dass zwei Jahre der Pandemie zu einem beispiellosen Mangel an Mitteln geführt hätten, was die Erfüllung von Verpflichtungen schwierig mache. “Eine echte Verpflichtung zur Bereitstellung von Ressourcen ist eine der wichtigsten Änderungen, die vorgenommen werden müssen, wenn wir die aktuelle Biodiversitätskrise stoppen und umkehren wollen”, sagt die Gruppe.
Die EU und andere Industrieländer hielten an ihrer bestehenden Haltung fest: Es müssen mehr private Mittel mobilisiert werden, und Hilfsgelder dürfen nicht in schädliche Subventionen fließen. Im vergangenen Jahr veröffentlichten das Paulson Institute und andere internationale Organisationen einen Bericht über die Finanzierung der biologischen Vielfalt und stellten fest, dass die Umleitung von Agrar‑, Forst- und Fischereisubventionen, die der Biodiversität schaden, fast 300 Milliarden US-Dollar freisetzten würden. Wir kennen diese Gegenrechnungen bereits von unserer klimaschädlichen Subventionspolitik. Ein Thema, was in der Bundestagswahl leider auch viel zu kurz kam und in den aktuellen Koalitionsverhandlungen nicht stattfindet. Nun auch keine Versprechen in Kunming. Die NGOs werden es schon richten?
Dagegen hat der französische Präsident Emanuel Macron wiederum 30 Prozent der Klimafinanzierung des Landes für die biologische Vielfalt zugesagt, und Großbritannien versprach, dass ein großer Teil seiner zusätzlichen Klimafinanzierung für die biologische Vielfalt ausgegeben würde. Trotzdem bleibt dies eine Umverteilung von Klimaschutzmitteln und kein Versprechen von neuem Geld.
Chinas wichtige Rolle
Chinas Rolle als Gastgeber ist mit hohen Erwartungen verbunden. Auf einer Pressekonferenz zum Ende der ersten Phase der COP15 fragte ein deutscher Reporter Huang Runqiu, Vorsitzender der Konferenz und Chinas Umweltminister, ob sich China zum 30×30 Ziel verpflichten wolle. Huang gab keine endgültige Antwort, deutete aber an, dass China als Gastgeber daran arbeiten werde, einen Konsens zu erreichen und ehrgeizige Ziele zu erreichen.
Dies ist das erste Mal, dass einer der führenden Politiker Chinas dies ausdrücklich betont, und es ist ein äußerst wichtiger Schritt im Kontext globaler Maßnahmen für die biologische Vielfalt. China hat auch die globale Biodiversitäts-Governance außerhalb der Konferenz gefördert, zum Beispiel in bilateralen Partnerschaften. Während des hochrangigen Umwelt- und Klimadialogs zwischen China und der EU kamen beide Seiten überein, die weltweite Entwaldung zu reduzieren, indem sie die Zusammenarbeit bei der Erhaltung und nachhaltigen Bewirtschaftung von Wäldern, der Nachhaltigkeit der Lieferkette und der Bekämpfung des illegalen Holzeinschlags und des damit verbundenen Handels verstärken.
Das heißt analog zur internationalen Klimadebatte, wird auch der globale Biodiversitätsschutz von China abhängig sein. Die internationale Staatengemeinschaft ist sich dessen bewusst, während wir noch über mögliche Finanzminister diskutieren.
Vor rund drei Jahren trat in Indonesien ein Palmöl-Moratorium in Kraft, das die Vergabe von Lizenzen für Palmölplantagen regelt. Die indonesische Regierung reagierte damit auf den massiven Verlust von Wäldern und Torfgebieten in den Jahren davor – verursacht durch großflächige Waldbrände und die Rodung und Umwandlung der Flächen in Palmölplantagen. Das Moratorium sollte helfen, die Vergabe von Konzessionen neu zu bewerten und zu regeln.
Am 19. September 2021 lief das Moratorium aus. Umwelt- und Naturschützer:innen und Vertreter:innen der Regierung setzen sich nun dafür ein, dass es verlängert wird. Noch hält sich die Regierung mit einer offiziellen Entscheidung zurück – es heißt, es werde noch evaluiert, ob das Moratorium den gewünschten Effekt hat.
Langfristige Perspektive nötig
Indonesien ist der größte Produzent und Exporteuer von Palmöl weltweit. Über die Hälfte des pflanzlichen Öls wird exportiert und ist damit das zweitwichtigste Exportgut für die indonesische Wirtschaft. Doch die Regulierung und Kontrolle des Palmölsektors war schon immer eine große Herausforderung: Die unkontrollierte Zerstörung von Regenwäldern und Torfmooren, eskalierende Konflikte um die Landverteilung und Verstöße gegen die Rechte von Arbeiter:innen stehen auf der Tagesordnung. Das Moratorium sollte da eine Art Atempause verschaffen, den gesamten Markt zu evaluieren und neue Bedingungen für den Anbau von Palmöl zu definieren. Dabei geht es auch darum, perspektivisch die Produktivität auf den Plantagen zu erhöhen und Kleinbäuerinnen und Kleinbauern bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Seit seinem Inkrafttreten wurden keine neuen Konzessionen zum Anlegen von Palmölplantagen mehr vergeben.
Erste Verbesserungen spürbar
Seit Inkrafttreten des Moratoriums hat sich die Situation in den Regenwäldern Indonesiens in einigen Bereichen verbessert. So wurde in den vergangenen Jahren vergleichsweise wenig Primärwald zerstört. Auch die seit Beginn des Moratoriums stattfindende systematische Erhebung von Daten rund um Ölpalmplantagen und Konzessionsgebiete zeigt bereits erste Erfolge. Die Daten bieten eine wichtige Grundlage, um die Einhaltung der Vorgaben zu kontrollieren.
Auch im internationalen Ansehen hat Indonesien durch das Moratorium gewonnen. Denn: Die Entwaldung gilt als Hauptquelle der Treibhausemissionen. Der offiziell verkündete Stopp vor drei Jahren hilft dem Land, die angestrebten Klimaziele zu erreichen. Davon profitiert auch die Wirtschaft. Viele internationale Investoren und Unternehmen verfolgen inzwischen eine „Null-Entwaldungspolitik“ oder investieren nur, wenn gewährleistet ist, dass keine Entwaldung, kein Torfabbau und keine Ausbeutung erfolgt.
Herausforderungen bleiben
Alle Probleme sind damit noch lange nicht gelöst. Von vielen wird das Moratorium als unzureichend für den Schutz von Wäldern und Torfgebieten bewertet – zu viele Schlupflöcher und fehlende oder wenig wirksame Sanktionen, setzen dem nach wie vor stattfindenden illegalen Abholzen zu wenig entgegen. Und die lokalen Regierungen auf Provinz- und Distriktebene haben oft wenig Möglichkeiten, Verstöße konsequent zu verfolgen.
Eine Verlängerung des Moratoriums – im Idealfall unbefristet – würde der Regierung und anderen Akteuren mehr Zeit geben, die notwendigen Schritte anzugehen. Dazu zählt auch der Umgang mit illegalen Plantagen in Waldgebieten – geschätzt um die 3,37 Millionen Hektar.
Moratorium verschafft notwendige Zeit
Unser Fazit: Die Zeit des Moratoriums wurde gut genutzt. Viele kleinere und größere Erfolge zeigen ihre Wirkung. Doch die angestoßenen Prozesse sind noch nicht abgeschlossen. Sollte das Moratorium tatsächlich nicht verlängert werden, könnte dies für mehrere Millionen Hektar Regenwald und Torfmoore ihr definitives Ende bedeuten. Vor allem die Regenwälder, die schon für industrielle Zwecke identifiziert wurden, aber aufgrund des Moratoriums seit 2018 nicht gerodet werden durften. Wälder voller Artenreichtum und Leben.
Schätzungen zufolge leben etwa 20 Prozent aller Orang-Utans auf Borneo in diesen für den Ölpalmenanbau vorgesehen Gebieten. Mit dem Abholzen ihres Lebensraumes verlieren sie nicht nur ihr Zuhause – in den meisten Fällen bedeutet der Verlust des Regenwaldes ihren sicheren Tod.
Umweltschützer:innen sowie einige indonesische Regierungsmitarbeiter:innen aus dem Umwelt- und Forstministerium sowie aus dem Landwirtschaftsministerium fordern die Verlängerung des Verbots von neuen Palmölkonzessionen. Am besten unbefristet. Wir von BOS Deutschland schließen uns dieser Forderung an. Damit die Orang-Utans überleben und ihr Lebensraum bleibt.
Eine Million Arten sind vom Aussterben bedroht — und als Folge davon auch unsere Ernährung, sauberes Wasser und der Sauerstoff zum Atmen. Was tun, damit die biologische Vielfalt neu auflebt? Rewilding heißt ein neuer Trend: Wildnis wagen. Ob im eigenen Vorgarten oder in einer großen Region: Zur Artenvielfalt trägt jedes noch so kleine Ökosystem bei.
Weltweit sprießen Ideen aus dem Boden, wie Pflanzen, Tiere und Menschen miteinander leben können. Iwona Krepic und Jonathan Rauhut wollen die Wildnis nach Europa zurückbringen. Die beiden leben im Grenzgebiet am Stettiner Haff — sie auf der polnischen, er auf der deutschen Seite — und engagieren sich für die Nichtregierungsorganisation „Rewilding Europe“. Die will keine Naturschutzgebiete, in denen der Mensch nicht erwünscht ist. „Das ist das Entscheidende: gemeinsamen Platz schaffen und dafür sorgen, dass die Menschen und die Natur versöhnt werden“, sagt der Umweltschützer. Bei ihnen im Oder-Delta heißt das womöglich: leben auch mit wilden Wisenten, die durch den Garten streifen. Jetzt gilt es, die Einheimischen von ihrer Vision zu überzeugen. Im fränkischen Aufkirchen wagt Nicole Amslinger ein Experiment. „Ich möchte nicht auf meiner Welt herumtrampeln“, sagt sie. „Und deshalb ist ein Garten für mich ein ganz, ganz, ganz wichtiges Projekt, um den Tieren ein Zuhause zu geben.“ Bei der Umgestaltung orientiert sie sich an den Ideen von Garten-Experte Markus Gastl. Ein wilder, vielfältiger Naturgarten soll es werden. Was braucht es, um ein Artenparadies zu schaffen? Die Kluft zwischen Mensch und Natur ist nirgendwo so deutlich wie in einer Großstadt. München aber hat es geschafft, mitten im Zentrum ein gesundes Ökosystem wiederherzustellen: eine Isar, so wild wie ehedem. „Früher war das die Leiche eines Flusses, ein Kanal“, sagt Gewässerökologe Tobias Ruff. „Das kann keinem gefallen, der an Flüssen zu Hause ist und sich immer Naturnähe wünscht.“ Die Renaturierung der Isar hat viel Zeit und Geld verschlungen, doch dafür hat die Stadt nun auch einen besseren Hochwasserschutz, ein Naherholungsgebiet in U‑Bahn-Nähe. Mitverursacher für den Verlust der Artenvielfalt ist die Landwirtschaft. Der englische Farmer Derek Gow möchte der Natur etwas zurückgeben. Deshalb zieht er Tiere heran, die in Großbritannien ausgestorben sind, um sie auszuwildern — darunter Weißstörche, Wildkatzen und Biber. „Dieses Tier ist eine große Hoffnungsgeschichte“, sagt er. Mit ihm entwickelt die Natur wieder ihre Fähigkeit, sich selbst zu heilen. Wir müssen diese Tiere zurück in die Landschaft bringen.” Sein Tatendrang ist ansteckend: Immer mehr Großgrundbesitzer schließen sich ihm an und lassen Teile ihres Landes verwildern — inklusive Biber. Wo sie sind, finden bald auch andere Arten einen Lebensraum.
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