Orang-Utans sind eine außer­ge­wöhn­liche Spezies

Orang-Utans sind eine außer­ge­wöhn­liche Spezies

Man muss kein Lego-Fan sein, um sich von den lebens­nahen Modellen des Künst­lers Felix Jaensch faszi­nieren zu lassen. Uns haben natür­lich vor allem seine realis­ti­schen Orang-Utan-Skulp­turen begeis­tert – zumal wir wissen, wie schwierig es sich gestaltet, die ausdrucks­starken Gesichter natür­lich abzu­bilden. So haben wir beim Künstler nach­ge­fragt, wie er eigent­lich auf den Orang-Utan kam und was ihn an den Tieren so inspiriert.

Herr Jaensch, Sie haben (fast) lebens­große, sehr beein­dru­ckende Modelle von Orang-Utans aus Lego gebaut. Wieso ausge­rechnet von diesen Tieren?
Ich habe zwar schon viele verschie­dene Tiere gebaut, aber ich finde Orang-Utans beson­ders inter­es­sant und sympa­thisch. Daher wollte ich unbe­dingt ein großes Modell von diesen Tieren bauen.

Und wieso nutzen sie ausge­rechnet eckige Plas­tik­steine, um Ihre Skulp­turen zu erstellen?
Die meisten kennen Lego vor allem aus ihrer Kind­heit. Aller­dings ist Lego auch ein sehr gutes (und benut­zer­freund­li­ches) Medium, um Plas­tiken zu erstellen. Es ist jedoch sehr heraus­for­dernd, orga­ni­sche Formen mit eckigen Steinen zu schaffen. Mich reizt diese Heraus­for­de­rung. Und mich faszi­niert das ganz­heits­psy­cho­lo­gi­sche Phänomen, das unser Gehirn, unge­achtet aller Ecken und Kanten, das Ergebnis zu einem sinn­vollen orga­ni­schen Bild zusammenfügt.

Legosteine zum Leben erweckt
Lego­steine zum Leben erweckt

Was faszi­niert Sie an Orang-Utans?
Mich faszi­nieren gene­rell intel­li­gente Tiere. Vom Kopf­füßer bis zum Raben­vogel. Aller­dings sind Orang-Utans eine außer­ge­wöhn­liche Spezies. Selbst unter den Primaten. Insbe­son­dere die tech­ni­sche Intel­li­genz ist ganz beson­ders ausge­prägt. Ihre Neugier und die Fähig­keit zur Anti­zi­pa­tion sowie zur Problem­lö­sung sind bemer­kens­wert. Aller­dings mag ich Orang-Utans auch wegen ihres Sozi­al­ver­hal­tens. Natür­lich ist das aggres­sive Poten­tial bei Menschen und anderen Primaten manchmal ein evolu­tio­närer Vorteil. Aller­dings finde ich das Wesen des Orang-Utans sehr viel sympathischer.

Wie lange arbeiten Sie an einem so großen Modell? Und was sind die größten Herausforderungen?
Ich brauche Monate für ein großes Projekt. Die effek­tive Zeit kann ich nicht benennen.
Da ich kein Digi­tal­pro­gramm benutze, ist die Form zunächst gene­rell ein Problem. Man kann sagen, dass ich jedes Körper­teil mindes­tens zweimal gebaut habe, bis ich zufrieden bin. Aller­dings machen mir die Maße beson­ders zu schaffen. Ich versuche mitt­ler­weile immer in Origi­nal­größe zu bauen. Dafür braucht man relativ eindeu­tige Maßan­gaben. Diese sind jedoch schwer zu recher­chieren und auch schwer umzu­setzen. Meis­tens gibt es nur Angaben zur Kopf-Rumpf­länge. Häufig nicht einmal das! Ich muss sehr viel abschätzen. Außerdem bin ich auf die Form und Größe der Steine zurück­ge­worfen. Da muss ich manchmal Kompro­misse machen. Am Ende zählt der Gesamteindruck.

Die Natur zum Vorbild
Die Natur zum Vorbild

Was sind Ihre Vorlagen? Wie gehen Sie so ein Projekt an?
Wenn ich eine Idee für ein Modell habe, sammle ich Fotos aus Büchern und dem Internet. Ich suche verschie­dene Quellen mit Größen­an­gaben. Aber die sind, wie bereits gesagt, meis­tens unbe­frie­di­gend. Manchmal fertige ich auch einfache, lebens­große Skizzen an, um die Propor­tionen einzu­schätzen. Die endgül­tige Haltung und die Größe können aber während des Entste­hungs­pro­zesses leicht abweichen.

Wir haben gelesen, dass Sie Ihre Tier- und Mensch­mo­delle mit dem Gesicht starten. Warum bauen Sie nicht von unten nach oben?
Von unten nach oben zu bauen macht natür­lich Sinn, wenn man eine Anlei­tung hat. Aber ich stehe erst einmal vor dem „Nichts“ und muss einen Anfang finden. Also fange ich mit dem Wich­tigsten an. Wenn das dann nicht funk­tio­niert, brauche ich gar nicht erst weiter­zu­ma­chen. Und das Gesicht, insbe­son­dere die Augen, sind für uns Menschen nun mal am wich­tigsten, um das Gegen­über als Lebe­wesen wahrzunehmen.
Der Rest wächst dann meis­tens von oben nach unten. Ich schätze dabei die Größe und die Propor­tion anhand der bereits gebauten Partien ab. 

Das Modell ist fast lebensgroß
Das Modell ist fast lebensgroß

Von anderen Künst­lern hören wir immer wieder, wie schwierig es ist, gerade einen Orang-Utan ausdrucks­stark abzu­bilden. Können Sie davon auch ein Lied­chen singen?
Ehrlich gesagt nicht. Wenn man sich mit der Spezies beschäf­tigt und genau hinsieht, gibt es eigent­lich keinen Unter­schied zu der Darstel­lung von anderer Primaten. Alle haben eine spezi­fi­sche Physio­gnomie und eine typi­sche Mimik. Aller­dings sehe ich mir fast jeden Tag Bilder von Primaten und insbe­son­dere Orang-Utans an. Viel­leicht habe ich daher mehr Erfahrung. 

Bauen Sie nur zum Spaß und Zeit­ver­treib oder haben Sie eine Intention? 
Ich bin Künstler, daher ist das Bauen mit Lego­steinen mitt­ler­weile sehr viel mehr als ein Zeit­ver­treib. Meine Inten­tion ist es haupt­säch­lich Werke zu schaffen, die die Menschen faszi­nieren und unter­halten. Wenn ich dabei das Inter­esse für Zoologie wecke oder stärke, finde ich das sehr gut. Wenn ich sie auf die Bedro­hung von Orang-Utans aufmerksam machen sollte, umso besser! Aber ich möchte mit meiner Kunst nicht aufdring­lich sein. Ich habe eine Abnei­gung gegen Kunst, die dem Publikum eine Aussage aufdrängt. Das finde ich mehr als anma­ßend. Sogar respektlos, wenn sich der Künstler dabei für die hand­werk­li­chen Ausfüh­rung noch nicht einmal Mühe gibt und die Schöp­fungs­höhe allein in der Meta­ebene sieht.

Stellen Sie Ihre Modelle auch aus? Kann man sie irgendwo in natura bewundern?
Zurzeit nicht. Mal sehen, ob es viel­leicht nächstes Jahr die Möglich­keit gibt.

Stehen Sie in Kontakt zum Lego-Konzern? Haben die Inter­esse, Ihre Modelle in Parks, Läden o. ä. auszustellen?
Ich bin freier Künstler und habe bisher keinen Kontakt zum Legokonzern. 

Was sind Ihre nächsten Baupläne?
Ich habe noch einige unvoll­endete Projekte. Zum Beispiel einen Marabu, einen Kolk­raben und mehrere Personen. 

Bei so großen Modellen braucht man ja tausende von Steinen. Und sind sie fertig, nehmen sie viel Raum in der Wohnung ein. Wie muss man sich das bei Ihnen vorstellen? Begegnet man in Ihrer Wohnung überall Affen, Vögeln, Hunden und anderen Lego-Objekten? Oder nehmen Sie die Modelle nach einiger Zeit wieder auseinander?
Ich habe tatsäch­lich viele meiner Modelle hier in der Wohnung stehen. Teil­weise erin­nert es an Taxi­dermie. Wenn ich ein Modell voll­endet habe, nehme ich es in der Regel nicht mehr auseinander.
Ich bin jedoch selten endgültig mit einem Modell zufrieden. Daher kann es sein, dass ich später noch kleine Verän­de­rungen vornehme.

Noch mehr Modelle von Felix Jaensch können auf seiner Website und auf seinem Insta­gram-Profil bewun­dert werden.

 

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Vorbe­rei­tungen auf ein Leben in freier Wildbahn

Vorbe­rei­tungen auf ein Leben in freier Wildbahn

Eines der wich­tigsten Krite­rien für eine erfolg­reiche Auswil­de­rung ist, sich in freier Wild­bahn selbst­ständig ernähren zu können. Norma­ler­weise lernen Orang-Utan-Kinder diese wich­tige Über­le­bens­fer­tig­keit von ihrer Mutter. Unsere Waisen­kinder in den BOS-Rettungs­zen­tren nehmen daher am mehr­jäh­rige Wald­schul­pro­gramm teil.

Je nach Verbrei­tungs­ge­biet und Wald­be­schaf­fen­heit ernähren sich Orang-Utans von etwa 100 bis zu knapp 400 verschie­denen Pflan­zen­arten (1). Dabei verzehren sie – je nach Gebiet – auch oft unter­schied­liche Teile der Pflanzen, wie etwa Frucht, Blüten, Blätter, Rinde oder Mark (1). Orang-Utans fressen primär Früchte – falls diese verfügbar sind. Zu den bevor­zugten Wald­früchten gehören zum Beispiel Mangos, verschie­dene Feigen­arten, Zibet­früchte, Lits­chip­flaumen und Jabon Früchte.

Wald-Mango
Wald-Mango

Neben Früchten werden auch Blätter, Blatt­sprossen, Ameisen, Termiten, Raupen, Grillen und andere Insekten, mine­ral­hal­tige Erde, Honig, gele­gent­lich sogar Vogel­eier und kleine baum­le­bende Wirbel­tiere (2) gefressen. In Zeiten von Frucht­knapp­heit verbringen Orang-Utans weniger Zeit damit, im Regen­wald umher­zu­streifen. Dann inves­tieren sie mehr Zeit in die Nahrungs­auf­nahme. Man kann sie oft dabei beob­achten, wie sie die Rinde von spezi­ellen Baum­arten entfernen, um an das Baum­kam­bium – eine nähr­stoff­reiche Schicht direkt unter der Rinde – heranzukommen.

Wie lange dauert es in freier Wild­bahn, bis das Jung­tier all das Know-how der Nahrungs­be­schaf­fung erlernt hat? 

Bis das Jung­tier ein ähnli­ches Nahrungs­spek­trum wie das der Mutter entwi­ckelt hat, dauert es etwa acht Jahre (siehe Grafik; 3).

Es dauert acht Jahre, bis das volle Nahrungsspektrum erreicht ist
 

 

Wie lernen Orang-Utan-Kinder? 

Orang-Utan-Mütter unter­richten ihren Nach­wuchs nicht aktiv, sondern Jung­tiere lernen durch Zuschauen und selbst­stän­diges Auspro­bieren. Im Laufe ihrer Entwick­lung bis zum Alter von etwa 15 Jahren, kommt es zu ca. 9.000 — 38.000 Zuschau-Sequenzen in denen Jung­tiere ihren Müttern ganz genau bei Nahrungs­wahl, Werk­zeug­ge­brauch und Nestbau zuschauen (4). Weib­liche Jung­tiere orien­tieren sich bei der Nahrungs­wahl vor allem an ihren Müttern oder anderen Weib­chen. Männ­liche Jung­tiere wählen, wenn sie älter werden, zuneh­mend fremde ausge­wach­sene Männ­chen als Vorbilder (5). In unseren Auffang­sta­tionen über­nehmen die speziell dafür ausge­bil­deten Pfleger:innen diese lang­jäh­rige, komplexe Aufgabe, um die Orang-Utan-Waisen­kinder best­mög­lich auf ein Leben in freier Wild­bahn vorzu­be­reiten. Eine Studie, die in unserem Rettungs­zen­trum Nyaru Menteng durch­ge­führt wurde (6), hat gezeigt, dass die Wald­schüler insge­samt mit über 100 verschie­denen Nahrungs­mit­teln konfron­tiert werden. Über 80 davon kommen natür­lich im Wald vor.

eine ausgewogene Ernähung schützt das Immunsystem
Eine ausge­wo­gene Ernäh­rung schützt das Immunsystem

Orang-Utans säugen ihr Junges bis zu neun Jahre lang – länger als alle Affen der Welt (7). Dies ist vermut­lich eine natür­liche Anpas­sung an Zeiten, in denen Nahrung knapp ist. Orang-Utans leben in Wäldern, die durch Dürre­pe­ri­oden gekenn­zeichnet sind und in denen Früchte nur zu bestimmten Zeiten reif werden. Um das benö­tigte Kalo­rien- und Nähr­stoff­pensum des Jung­tiers auszu­glei­chen, säugt die Mutter das Junge daher zusätz­lich über viele Jahre hinweg. Im ersten Lebens­jahr besteht die Nahrung ausschließ­lich aus Milch, dann kommen nach und nach andere Nahrungs­mittel hinzu. Auch unsere Waisen­kinder bekommen, abhängig von ihrem Alter, Milch­er­satz von den Pfleger:innen ange­boten. Junge Orang-Utans unter einem Jahr werden mit einem, auf die indi­vi­du­ellen Ernäh­rungs­be­dürf­nisse ange­passten, Voll­milch­er­satz aus der Flasche gefüt­tert. Diese Milch ist für mensch­liche Säug­linge gemacht und enthält Molken­pro­tein, Laktose, Soja, Mine­ral­stoffe, Spuren­ele­mente, Anti­oxi­dan­tien, Vitamine und Probio­tika. Ältere Orang-Utans, die schon gezahnt haben und feste, pflanz­liche Kost zu sich nehmen können, bekommen lokal herge­stellte Soja­milch als Ergän­zung. Soja­ei­weiß hat eine hohe biolo­gi­sche Wertig­keit und ist daher eine wert­volle Proteinquelle.

Orang-Utan Babys bleiben rund acht Jahre bei ihrer Mutter
Das Junge wird bis zu neun Jahre lang gesäugt

Früchte. Das Jung­tier muss lernen, welche Früchte essbar sind, wo und zu welcher Jahres­zeit man sie findet und wie man sie frisst. Ganze, weiche Früchte wie wilde Feigen und Guaven zu essen ist einfach. Unsere fort­ge­schrit­tenen Wald­schüler müssen lernen, wie sie Früchte mit harter Schale, wie zum Beispiel Durian Früchte, bear­beiten müssen. In der Wald­schule lernen sie Tech­niken, auch hart­scha­lige Früchte zu knacken, zu schälen und aufzu­bre­chen, um an das Frucht­fleisch und die Samen heran­zu­kommen. Im Regen­wald befinden sich die Früchte oft in zehn bis 15 Metern Höhe. Daher werden die Tiere von den Baby­sit­te­rinnen immer wieder ermun­tert, sich die Nahrung selbst vom Baum zu holen. Dazu werden Äste mit Früchten bespickt und diese auf höher im Baum gele­genen Nahrungs­platt­formen verteilt oder auf Obst-Spieße verteilt, die in die Höhe gehalten werden. Oder sie werden zu Früchte tragenden Bäumen im Wald geführt, um ihnen die Möglich­keit zu geben, ihre Klet­ter­fä­hig­keiten zu verfei­nern und diese selbst zu pflücken.

Baum­kam­bium. Das Baum­kam­bium, eine saftige Schicht unter der Rinde eines Baumes, ist während der Trocken­zeit eine wich­tige Nahrungs­quelle für Orang-Utans. Ihre Zähne sind kräftig und gut geeignet, die Rinde von bestimmten Bäumen aufzu­bre­chen und das Kambium heraus­zu­schälen. In der Wald­schule zeigen unsere Pfleger:innen den Orang-Utans, wie sie an das Kambium herankommen.

Insekten. Orang-Utans fressen Insekten. Auf dem Spei­se­plan stehen zum Beispiel Termiten, Ameisen, Bienen, Gall­wespen, Grillen, Raupen und Heim­chen. Je nach Beob­ach­tungs­ge­biet sind sie etwa vier bis 14 Prozent der Zeit, die sie mit Fressen verbringen, damit beschäf­tigt, die prote­in­rei­chen Krab­bel­tier­chen aus dem Holz zu schälen oder zu angeln (8, 9). Dabei verbringen die Männ­chen mehr Zeit damit, boden­be­woh­nende Termiten zu fressen, als Weib­chen oder junge Orang-Utans, die kaum Zeit in Boden­nähe verbringen (8). In der Wald­schule wird den Waisen zum Beispiel gezeigt, wie man verrot­tende Holz­stücke ablöst, um an die darin lebenden prote­in­rei­chen Lecker­bissen zu gelangen.

Wasser. Wasser nehmen Orang-Utans aus Blatt- und Blüten­kel­chen oder Baum­lö­chern zu sich. Sie tauchen dazu ihre Hand in das Loch und saugen dann das Wasser auf, das von den behaarten Armen tropft. Auch das muss gelernt sein!

Pflan­zen­mark. Das Abschälen des schüt­zenden Äußeren einer Pflanze legt ihr weiches, inneres Mark frei. Das Mark vieler Pflan­zen­arten ist eine wich­tige, immer verfüg­bare Nahrungs­quelle für Orang-Utans.

Blätter. Eine Analyse hat ergeben, dass Orang-Utans in freier Wild­bahn bevor­zugt prote­in­reiche, junge Blätter fressen (10). In der Wald­schule lernen die jungen Orang-Utans von den Baby­sit­te­rinnen, welche Blätter und Pflan­zen­teile essbar sind und wo sie zu finden sind.

Nach der Wald­schule ab auf die Insel! Nachdem die Wald­schüler das mehr­jäh­rige Trai­ning absol­viert haben, verbringen sie circa ein bis drei Jahre auf einer der Voraus­wil­de­rungs­in­seln. Diese Zeit­spanne ist nötig, um ihr Verhalten zu analy­sieren und ihre erlernten Fähig­keiten zu über­prüfen, ehe sie in den Regen­wald zurück­ge­bracht werden können. Im Durch­schnitt dauert der gesamte Reha­bi­li­ta­ti­ons­pro­zess, vom Ankommen in der Station bis zur Auswil­de­rung etwa zehn Jahre.

Eines unserer wich­tigsten Ziele ist es, mehr Regen­wald­flä­chen zu erwerben und zu Schutz­wald für unsere Orang-Utans umzu­wan­deln. Helfen auch Sie, diesen faszi­nie­renden Lebens­raum und seine gewal­tige Arten­viel­falt zu erhalten und zu schützen. Jeder Beitrag hilft.

 

Ein Beitrag von Dr. Isabelle Laumer

 

Refe­renzen:
1.    Anne E. Russon, Serge A. Wich, Marc Ancrenaz, Tomoko Kana­mori, Cheryl D. Knott, Noko Kuze, Helen C. Morrogh-Bernard, Peter Pratje, Hatta Ramlee, Peter Rodman, Azrie Sawang, Kade Sidi­yasa, Ian Singleton and Carel P. van Schaik (2009). Geogra­phic varia­tion in oran­gutan diets. In book: Oran­gutans: Geogra­phic Varia­tion in Beha­vi­oral Ecology and Conser­va­tion (pp.135–156) Publisher: Oxford Univer­sity Press.

2.    Sugard­jito, J., Nurhuda, N. Meat-eating beha­viour in wild orang utans, Pongo pygmaeus . Primates 22, 414–416 (1981).

3.    Schuppli C, Forss SI, Meulman EJ, Zweifel N, Lee KC, Rukmana E, Vogel ER, van Noor­dwijk MA, van Schaik CP. Deve­lo­p­ment of fora­ging skills in two oran­gutan popu­la­tions: needing to learn or needing to grow? Front Zool. (2016) Sep 29;13:43.

4.    Schuppli, C and van Schaik, C (2019). Social lear­ning among wild oran­gutans: is it affec­tive? In Clément, F and Dukes, D (eds), Foun­da­tions of Affec­tive Social Lear­ning: Concep­tua­li­sing the Trans­mis­sion of Social Value. Cambridge: Cambridge Univer­sity Press.

5.    Ehmann B, van Schaik CP, Ashbury AM, Mo¨rchen J, Musdarlia H, Utami Atmoko S, et al. (2021) Imma­ture wild oran­gutans acquire rele­vant ecolo­gical know­ledge through sex-specific atten­tional biases during social lear­ning. PLoS Biol 19(5): e3001173.

6.    Adams, L. Social lear­ning oppor­tu­ni­ties in oran­gutans. Unpubl. Master’s Thesis, York Univ. Toronto. (2005).

7.    Smith T.M., Austin C., Hinde K., Vogel E., Arora M. (2017) Cyclical nursing pattern in wild oran­gutans. Science Advances, 3: e1601517.

8.    Galdikas, B. M. F. 1988. Oran­gutan diet, range and acti­vity at Tanjung Putting, Central Borneo. Inter­na­tional Journal of Prima­to­logy 9:1–35.

9.    Rijksen, H.D. 1978. A field Study of Suma­tran Oran­gutan (Pongo pygmaeus abelii Lesson 1827): Ecology, Beha­vior, and Conser­va­tion. Nether­lands: Veenan and Zonen.

10.  Dieren­feld, E.S. (1997) Oran­gutan Nutri­tion. In: Oran­gutan SSP Husbandry Manual. C. Sodaro Ed. Oran­gutan SSP and Brook­field Zoo, Brook­field, Illinois

 

 

„Think Tank“ — Die Schule der Affen

Die zier­liche Indah und der statt­liche Azy sind die Stars des „Think Tank“, der Sprach­schule für Orang-Utans im Zoo von Washington. Menschen­affen können zwar aufgrund ihrer Anatomie nicht wirk­lich spre­chen, aber immer mehr Forscher wollen trotzdem mit den Tieren kommu­ni­zieren, um deren komplexe Denk­struk­turen zu verstehen.

Ein Abend mit Orang-Utan Mutter Inung und Indie

Ein Abend mit Orang-Utan Mutter Inung und Indie

Gemäch­lich klet­tert Inung, unser Orang-Utan-Weib­chen, das vor acht Jahren im Bukit Batikap Regen­wald ausge­wil­dert wurde, mit ihrem neuge­bo­renen Baby Indie durch das dichte Blät­ter­dach – stets darauf bedacht, stabile Äste beim Klet­tern auszu­wählen. Sie ist auf der Suche nach einem geeig­neten Schaf­platz, denn der Tag neigt sich bald dem Ende zu. Es war ein entspannter Tag, an dem sie mit ihrer Kleinen viele wohl­schme­ckende Früchte gefunden hat. Doch bevor sie und Indie sich zum Schlafen legen können, muss Inung erst ein Nest hoch oben in den Bäumen bauen.

Glück­li­cher­weise wird sie schnell fündig und beginnt mit der kompli­zierten Konstruk­tion. Der Regen­wald ist erfüllt von abend­li­chen Klängen, als aus der Ferne, ein soge­nannter ‘Long Call‘ erklingt. Inung erkennt an der indi­vi­du­ellen Struktur dieses komplexen Rufes, dass dieser von Indies Vater stammt. Entspannt baut sie weiter, um sich dann zusammen mit Indie zum Schlafen hinzu­legen. Was dieser Ruf bedeutet, und welche Infor­ma­tionen Inung dadurch über­mit­telt werden, erläu­tern wir später. Nun widmen wir uns erstmal dem Schlaf von Orang-Utans.

Dr. Isabelle Laumer ist Primatologin und forscht über Orang-Utans
Dr. Isabelle Laumer ist Prima­to­login und forscht über Orang-Utans

Was passiert im Schlaf?

Wenn wir schlafen, sinken Puls, Atem­fre­quenz und Blut­druck ab, die Gehirn­ak­ti­vität verän­dert sich und wir driften in verschie­dene Stadien der NREM Schlaf­phase (non-rapid eye move­ment ‘Schlaf ohne rasche Augen­be­we­gung‘ e.g. 1). Schlaf beim Menschen, Orang-Utans und anderen Säuge­tieren ist durch zykli­sche Phasen von NREM und REM Schlaf (rapid eye move­ment) gekenn­zeichnet. Im REM-Schlaf steigen Gehirn­ak­ti­vität, Puls- und Atem­fre­quenz wieder an, begleitet von einem verrin­gerten Tonus der Skelett­mus­ku­latur. Bewe­gungen, die man im Traum durch­lebt, werden so im Schlaf nicht ausge­führt (was bei Schlaf in einem Baum­nest fatal wäre). Während Menschen im Durch­schnitt sieben bis acht Stunden Schlaf benö­tigen, so ist die Schla­fens­zeit bei Säuge­tieren stark artspe­zi­fisch und reicht von rund zwei Stunden bei Elefanten (2) zu bis zu 20 Stunden bei manchen Fleder­maus­arten (3). Orang-Utans schlafen ähnlich lange wie der Mensch – etwa neun Stunden (4). Die Frage, ob Orang-Utans und andere Tiere träumen und ob sie sich dessen bewusst sind, kann bisher zumin­dest von rein wissen­schaft­li­cher Seite nicht beant­wortet werden. Aller­dings spre­chen die ähnli­chen Schlaf­phasen und andere Indi­zien dafür, dass zumin­dest Säuge­tiere wie Orang-Utans, ähnlich wie wir Menschen, Tages­er­leb­nisse im Traum reka­pi­tu­lieren (e.g. 5, 6).

Schlaf­nester bei Menschenaffen.

Alle vier Menschen­affen, Orang-Utans, Schim­pansen, Bonobos und Gorillas, schlafen in selbst­ge­bauten Schlaf­nes­tern. Die Nester werden selten wieder­holt genutzt und jeden Tag an einer neuen Stelle neu gebaut. Manchmal wird auch tags­über ein Nest konstru­iert, um etwa nach der Nahrungs­auf­nahme zu ruhen. Gorillas fallen etwas aus der Reihe, da sie ihre Nester, im Gegen­satz zu den anderen Menschen­affen, meist auf dem Boden errichten. Man geht davon aus, dass Menschen­affen Schlaf­nester bereits im Miozän, etwa vor 18–14 Millionen von Jahren (das ist der Zeit­punkt als Menschen­affen entwick­lungs­ge­schicht­lich entstanden sind), gebaut haben, als evolu­tio­näre Anpas­sung an ihre zuneh­mende Körper­größe und Schlaf­be­dürf­nisse. Inter­es­san­ter­weise ist das Nest­bauen nicht ange­boren. Menschen­af­fen­kinder müssen es erlernen (7).

Lernen ein stabiles, mehr­schich­tiges Schlaf­nest zu bauen – ein jahre­langes Unterfangen.

Schlafnester sind in mehreren Schichten aufgebaut
Schlaf­nester sind in mehreren Schichten aufgebaut

Junge Orang-Utans müssen von ihrer Mutter lernen, wie man ein stabiles Schlaf­nest hoch oben in den Baum­wip­feln baut. Diese komplexen, ovalen Gebilde bestehen oft aus bis zu sieben Schichten und können sogar ein 90kg schweres Männ­chen sicher tragen. Zual­ler­erst werden an einer geeig­neten Stelle im Baum – oft dort, wo sich eine Astgabel befindet – mehrere große Äste zur geplanten Mitte des Nestes umge­bogen. Diese bilden die Platt­form, auf der das eigent­liche Schlaf­nest entsteht. Dabei muss vorsichtig gear­beitet werden, damit die Äste beim Biegen nicht ausein­an­der­bre­chen und die Holz­fa­sern immer noch mitein­ander verbunden sind. Nun werden mittel­große und klei­nere Äste zur Mitte hinge­bogen und mit dem Unter­grund verwebt, so dass ein Latten­rost-ähnli­ches Gebilde entsteht. Im Verlauf von etwa einer halben Stunde werden weitere kurze Äste und Blätter von den umlie­genden Ästen gepflückt und geschickt mit dem Unter­grund zu einer Matratze verwebt. Je nach Bedarf, werden sogar Kopf­kissen und Decke aus Pflan­zen­ma­te­rial herge­stellt. Zum Schluss wird manchmal auch noch ein Dach aus großen Blät­tern über dem Nest konstru­iert – wer möchte schon im Schlaf nass geregnet werden?

Welche Höhe und welche Baum­arten werden bevorzugt?

Große erwach­sene Männ­chen bauen ihre Nester meist tiefer auf einer Höhe von etwa fünf bis neun Metern.  Die leichter gewich­tigen Weib­chen und klei­neren Männ­chen ohne sekun­däre Geschlechts­merk­male wie Wangen­wülste und Kehl­säcke (die bilden sich meist erst später aus), schlafen weiter oben im Baum, in einer Höhe von durch­schnitt­lich 10–14 Metern (8). Tag-Nester werden meist in größerer Höhe, zwischen 10 bis 24 Metern, errichtet.
Doch nicht nur eine bestimmte Höhe wird bevor­zugt. Man hat heraus­ge­funden, dass beson­ders Orang-Utan-Mütter Wert auf einen von dichten Blät­tern geschützten Platz im Baum legen (9). Vermut­lich um ihren Nach­wuchs vor poten­ti­ellen Gefahren, wie Wilde­rern oder den selten gewor­denen Sunda-Nebel­par­dern zu schützen. Je nach Gebiet und Beschaf­fen­heit des Regen­waldes, bevor­zugen Orang-Utans bestimmte Bäume als Schlaf­orte. In Zentral­ka­li­mantan nisten Orang-Utans am häufigsten in Bäumen der Fami­lien Elaeo­car­paceae, Euphor­biaceae und Anacar­diaceae (8). Das Holz dieser Bäume ist sehr stabil, und die Zweige weisen eine hohe Flexi­bi­lität auf. Inter­es­san­ter­weise scheinen manche dieser Baum­arten sogar pflanz­liche Inhalt­stoffe aufzu­weisen, die Insekten wie Moskitos abhalten.

Und nun enträt­seln wir die Botschaft des ‘Long Calls‘, die Inung von dem Männ­chen vernommen hat. Neueste Studien haben ergeben, dass dieser komplexe mehr­tei­lige Ruf, der bis zu 1500 Meter weit hörbar ist und in eine bestimmte Rich­tung geäu­ßert wird, den Weib­chen in der Umge­bung mitteilt, wohin es am nächsten Morgen geht. Das Revier eines Männ­chens über­schneidet sich oft mit dem von mehreren Weib­chen. Wenn das Männ­chen weiter­zieht, folgen ihm die Weib­chen. Somit planen männ­liche Orang-Utans schon einen Tag im Voraus, in welche Rich­tung es am nächsten Tag gehen soll (10, 11).

Eines unserer wich­tigsten Ziele ist es, mehr Regen­wald­flä­chen zu erwerben und zu Schutz­wald für unsere Orang-Utans umzu­wan­deln. Helfen auch Sie diesen faszi­nie­renden Lebens­raum und seine gewal­tige Arten­viel­falt zu erhalten und zu schützen. Werden auch Sie zum BOS-Unter­stützer. Mit ihrer Spende helfen sie den Orang-Utans und dem Regen­wald! Jeder Beitrag hilft.

Text:
Dr. Isabelle Laumer

Refe­renzen:

1.    Rasch B, and Born J. (2013) About sleep’s role in memory. Physio­lo­gical Reviews 93(2):681–766.

2.    Gravett N, Bhag­wandin A, Sutcliffe R, Landen K, Chase MJ, Lyamin OI, Siegel JM, and Manger PR (2017). Inactivity/sleep in two wild free-roaming African elephant matri­archs — Does large body size make elephants the shor­test mamma­lian slee­pers? PLOS ONE 12:e0171903.

3.    Zepelin H, Rcht­schaffen A (1974). Mamma­lian Sleep, Longe­vity, and Energy Meta­bo­lism. Brain Beha­vior and Evolu­tion 10:425–470.

4.    Samson DR, Shumaker RW (2013). Docu­men­ting oran­gutan sleep archi­tec­ture: slee­ping plat­form comple­xity increases sleep quality in captive Pongo. BEHAVIOUR 150:845–861.

5.    PR Manager, JM Siegel (2020) Do all mammals dream? The Journal of Compa­ra­tive Neuro­logy Rese­arch in Systems Neuro­sci­ence. DOI 10.1002/cne.24860.

6.    HF Olaf­s­dottir, C Barry , AB Saleem, D Hass­a­bism, H J Spiers (2015) Hippo­campal place cells cons­truct reward related sequences through unex­plored space. eLife; 4:e06063.

7.    Videan EN. 2006. Bed-buil­ding in captive chim­pan­zees (Pan troglo­dytes): the importance of early rearing. American Journal of Prima­to­logy 68(7):745–751.

8.    Didik Prasetyo, Sri Suci Utami, Jatna Supri­jatna (2012) Nest struc­tures in Bornean oran­gutans. Journal Biologi Indo­nesia 8 (2): 217–227.

9.    Arora, N., Van Noor­dwijk, M.A., Acker­mann, C., Willems, E.P., Nater, A., Greminger, M., Niet­lis­bach, P., Dunkel, L.P., Atmoko, S.U., Pamungkas, J., Perwi­ta­sari-Fara­jallah, D., (2012) Paren­tage-based pedi­gree recon­s­truc­tion reveals female matri­li­neal clus­ters and male-biased dispersal in nongre­ga­rious Asian great apes, the Bornean oran­gutans (Pongo pygmaeus). Mol. Ecol. 21 (13), 3352–3362.

10.    van Schaik CP, Dame­rius L, Isler K (2013) Wild Oran­gutan Males Plan and Commu­ni­cate Their Travel Direc­tion One Day in Advance. PLoS ONE 8(9): e74896.

11.    Askew J, A, Morrogh-Bernard H, C (2016) Acou­stic Charac­te­ristics of Long Calls Produced by Male Orang-Utans (Pongo pygmaeus wurmbii): Adver­ti­sing Indi­vi­dual Iden­tity, Context, and Travel Direc­tion. Folia Primatol; 87:305–319.

12.    F Fauzi, Suemarno, A Afandhi, AS Leksono (2020) Nesting beha­vior of Bornean imma­ture oran­gutan (Pongo pygmaeus wurmbii) in Nyaru Menteng Arbo­retum School, Palangka Raya, Central Kali­mantan, Indo­nesia; Biodi­ver­sitas: Volume 21, 5, 2172–2179.

 

Ein Fall für Lesch und Steffens

„Alter­na­tive Fakten“ haben Konjunktur. Die Wahr­heit kommt dabei unter die Räder. Harald Lesch und Dirk Stef­fens verfolgen Verschwö­rungs­ideo­lo­gien und entde­cken immer die glei­chen Muster. Verschwö­rungs­ideo­lo­gien verbreiten sich heute mit Licht­ge­schwin­dig­keit um die Welt. Dabei gewinnen die großen Fragen an Bedeu­tung: Woran glauben wir? Was können wir wissen — und wem vertrauen? Doch Verschwö­rungs­my­then wurden früher auch schon gezielt in die Welt gesetzt.

Nie zuvor haben Menschen über so viel Wissen verfügt wie heute — und dieses Wissen gerät immer häufiger in Verruf. Während die Welt die größte Krise der vergan­genen Jahr­zehnte erlebt, verfallen immer mehr Menschen dem Irrglauben von Verschwö­rungs­ideo­lo­gien. Sie halten das neue Coro­na­virus für eine Biowaffe oder alter­nativ für eine gigan­ti­sche Lüge der Regie­rungen. Kondens­streifen sind mit böser Absicht von „Mäch­tigen“ ausge­brachte Chem­trails. Der Klima­wandel ist ein inter­es­sen­ge­lei­teter Mythos. Die Liste ließe sich noch fort­setzen. Ins Kreuz­feuer gerät dabei ausge­rechnet eine Säule der Gesell­schaft, die seriös und mit objek­tiven Methoden ermit­telte Fakten liefert: die Wissen­schaft. Grund genug für Astro­phy­siker Harald Lesch und Wissen­schafts­jour­na­list Dirk Stef­fens zu erfor­schen, welches der Nähr­boden für Verschwö­rungs­my­then ist und wie diese sich entlarven lassen. Dabei ist es nicht immer einfach, Lüge von Wahr­heit zu unter­scheiden. Die beiden beginnen bei einer abstrus klin­genden, wenn­gleich harm­losen Idee: Soge­nannte Flacherdler behaupten, die Erde sei eine Scheibe und würde flach wie eine Flunder durchs Weltall schweben. Am Ratze­burger See zeigen Lesch und Stef­fens in einem Expe­ri­ment — das jeder Skep­tiker selbst durch­führen könnte, wenn er wollte -, dass diese Vorstel­lung mit der Wirk­lich­keit nichts zu tun hat. Doch für Verschwö­rungs­gläu­bige ist die Fakten­lage neben­säch­lich. Im Gespräch mit Giulia Silber­berger, die seit Jahren Aufklä­rungs­ar­beit über Verschwö­rungs­ideo­lo­gien leistet, erfährt Harald Lesch, welchen Sog solche Glau­bens­ge­mein­schaften ausüben können und wer letzt­lich vom Irrglauben der Anhänger profi­tiert. Dirk Stef­fens will selbst erfahren, ob man am Himmel giftige Wolken, Chem­trails, erzeugen kann. Mit einem erfah­renen Piloten steigt er zu einer aben­teu­er­li­chen Aktion auf — und spürt: Diese Flie­gerei kann tatsäch­lich krank machen. Doch das liegt eher an den hals­bre­che­ri­schen Loopings, die der Pilot fliegt. Für die myste­riösen strei­fen­ar­tigen Wolken am Himmel gibt es eine ganz simple wissen­schaft­liche Erklä­rung. Doch Chem­trail-Gläu­bige kann diese nicht über­zeugen. Mit einem Streifzug durch die Geschichte zeigen Harald Lesch und Dirk Stef­fens, dass Verschwö­rungs­ideo­lo­gien eine lange Tradi­tion haben. Manchmal ist ihr Ursprung ein beson­ders ausge­prägtes Macht­in­ter­esse. So wurden etwa die Tempel­ritter zu Opfern einer Verschwö­rung, weil sie ein will­kom­menes Feind­bild abgaben und die verbrei­tete Theorie glaub­haft schien: Man hatte schließ­lich schon immer vermutet, dass sie insge­heim Böses im Schilde führten. Spezi­fi­sche Inter­essen befeuern auch die Zweifler an der Klima­ver­än­de­rung durch menschen­ge­machte Treib­haus­gase. So erkunden Harald Lesch und Dirk Stef­fens, wie die Öl-Lobby bereits vor Jahr­zehnten aus dem Klima­wandel ein Schau­er­mär­chen machte, das noch heute seine Wirkung zeigt. Beim Erkunden der Mecha­nismen hinter Verschwö­rungs­ideo­lo­gien offen­baren sich Gemein­sam­keiten, die zeigen, wieso zu allen Zeiten immer wieder Menschen dem „Virus“ von Verschwö­rungs­ideo­lo­gien verfallen. Selbst das Aufde­cken der Wahr­heit, selbst wissen­schaft­liche Belege sind kein Garant dafür, dass Lügen und längst wider­legte Theo­rien verschwinden. Auf einer aufre­genden Reise durch die Welt der Verschwö­rungs­ideo­lo­gien begegnen Lesch und Stef­fens Geschichten von „Flacherd­lern“, Chem­trai­lern und Klima­leug­nern. Sie tauchen ein in die Welt der Tempel­ritter, erkunden geheime Machen­schaften der CIA und gehen der Frage nach, was die Pest mit Verschwö­rungs­glauben zu tun hat. Die beiden erleben, wie Verschwö­rungs­theo­rien die Gesell­schaft spalten und einen gesell­schaft­li­chen Konsens schwie­riger machen. Doch für Lesch und Stef­fens ist klar: Aufgeben ist keine Option. Denn es gibt etwas, das sich immer lohnt: das Streiten für die Wahrheit.