Die wilde Nobri – eine Geschichte die Hoff­nung schenkt

Die wilde Nobri – eine Geschichte die Hoff­nung schenkt

Es gibt eine Nach­richt, die wir neun Monate geheim gehalten haben. Aber jetzt wollen wir nicht länger warten! Auch wenn sich am Grund unserer Geheim­nis­krä­merei nichts geän­dert hat. Jetzt reicht es uns! Denn: Es gibt ein neues wildes Baby im Schutz­wald Bukit Batikap!!! Und warum haben wir das nicht gleich verkündet? Weil Mama Nobri ihr Kleines so gut vor uns versteckt, dass wir noch kein Foto machen konnten. 

Es war der 27. Januar 2020. Unser Beob­ach­tungs­team war wie immer im Schutz­wald Bukit Batikap unter­wegs und hielt Ausschau nach unseren ausge­wil­derten Orang-Utans. Da entdeckten sie, nicht weit vom Fluss­ufer des Joloi entfernt, Orang-Utans in einem Baum. Bei genauerem Hinsehen erkannten sie Manggo (15) mit ihrem 2019 erst­mals gesich­teten Baby. Daneben saß Nobri. So wie wir sie kennen: Empört über die Sich­tung von Menschen, tat sie ihren Ärger mit lauten Kuss­ge­räu­schen kund. Doch Moment mal – etwas war anders: An Nobris Seite klam­merte sich ein kleines, zartes Baby! Nobri war Mutter geworden! Und wir wurden Zeugen des ersten wild­ge­bo­renen Orang-Utan-Kindes des Jahres 2020. Es ist das 14. Baby, das in Bukit Batikap geboren wurde. 

Doch leider wollte Nobri ihr Glück nicht mit uns teilen. Sie verbrachte den ganzen Tag im Balda­chin des Regen­waldes, gut versteckt hinter Laub und Geäst. Unser Team konnte weder ein Foto von Mutter und Kind machen, noch das Geschlecht des Babys bestimmen. Wir hatten gehofft, dass sich bald eine weitere Gele­gen­heit ergeben würde, ein Foto zu machen. Doch bis heute hat Nobri das verhin­dert. Und so sehr uns das wurmt, sind wir eigent­lich recht stolz auf Nobri. Denn ihr Verhalten ist muster­gültig für einen wilden Orang-Utan, der nichts von uns Menschen wissen will. Und über­ra­schen tut es uns bei Nobri auch nicht. Lebt sie doch seit ihrer Geburt wild und (fast) frei. Trotzdem ist sie ein BOS-Schütz­ling. Wieso? Das erzählen wir jetzt – sozu­sagen zum Ausgleich für das fehlende Foto – etwas ausführlicher.

Shellis freie Tochter

Nobri erblickte am 29. August 2005 auf der Voraus­wil­de­rungs­insel Kaja das Licht der Welt. Doch ihre Geschichte beginnt eigent­lich viel früher – mit der Ankunft des acht­jäh­rigen Orang-Utan-Mädchens Shelli am 30. Mai 2001 in Nyaru Menteng. Shelli lebte bis dahin viele Jahre als ille­gales Haus­tier in Indo­ne­siens Haupt­stadt Jakarta. Dann wurde sie gerettet und zu BOS gebracht.

Shelli
Shelli

Obwohl sie all die Jahre in völliger Abhän­gig­keit von Menschen gelebt hatte, holte Shelli in der BOS-Wald­schule das nötige Wissen erstaun­lich schnell auf. In nur zwei Jahren war sie soweit: Ab 2003 durfte Shelli auf der Voraus­wil­de­rungs­insel ihre Fähig­keiten unter Beweis stellen. Und genau dort gebar sie 2005 ihre erste Tochter Nobri, die auf Kaja aufwuchs. Genau wie ein wilder Orang-Utan im Regenwald. 

Shelli war eine groß­ar­tige Mutter, die die kleine Nobri zu einem voll­kommen selbst­stän­digen Wald­men­schen aufzog. Ihre Unab­hän­gig­keit musste Nobri dann auch bereits im Alter von fünf Jahren unter Beweis stellen. Denn Shelli schenkte 2010 ihrer Tochter Forest das Leben. Und damit spielte Nobri fortan maximal die zweite Geige in Shellis Leben. Doch das war kein Problem für die immer schon frei­heits­lie­bende Nobri. 

Zu wild für die Auswilderung

Doch genau diese Unab­hän­gig­keit und ihre starke Abnei­gung gegen­über Menschen wurden Nobri 2013 zum Verhängnis. Denn die inzwi­schen Acht­jäh­rige war ausge­wählt worden, gemeinsam mit Mutter Shelli und Schwester Forest in Bukit Batikap ausge­wil­dert zu werden. Aber Nobri ließ sich nicht einfangen. Sie war zu vorsichtig und zu schnell, so dass unsere Tier­ärzte trotz unzäh­liger Versuche aufgeben mussten. Nobri blieb auf der Insel – und ein anderer Orang-Utan durfte an ihrer Stelle in die Wildnis umziehen. 

Nobri vor ihrer Auswilderung
Nobri vor ihrer Auswilderung

Nobris großer Moment sollte noch drei Jahre auf sich warten lassen. Als unsere Tier­ärzte die Kandi­daten für die zwölfte Auswil­de­rung aus Nyaru Menteng vorbe­rei­teten, bot sich eine Gele­gen­heit – und unser Team ergriff sie. Sie erwischten Nobri voll­kommen entspannt und ahnungslos und konnten sie endlich einfangen. So begann das Aben­teuer Regen­wald für dieses stolze Orang-Utan-Weib­chen am 22. April 2016 in Bukit Batikap.

Nobris Käfig ist auf
Nobris Käfig ist auf

Mit dem Moment der Käfig­öff­nung bewies Nobri ihre wilden Fähig­keiten. Und stellte unsere Beob­ach­tungs­teams vor enorme Heraus­for­de­rungen. Kein Baum war hoch genug für sie, kein Dickicht zu dicht. Und wütende Kuss­ge­räu­sche ertönten, sobald unsere Mitar­beiter ihr doch einmal zu nahe kamen. Dabei taten die doch nur ihren Job.

Immer ganz weit oben
Immer ganz weit oben

Große Sorgen

Im November 2017 gelang es unserem Team endlich einmal wieder, Nobri zu beob­achten. Doch obwohl sie sich von ihrer starken, unab­hän­gigen Seite präsen­tierte, begannen wir uns Sorgen um die Zwölf­jäh­rige zu machen. An ihrer Achsel­höhle war eine selt­same Schwel­lung zu erkennen. Weil ihr Verhalten aber völlig normal schien, entschied das Team, vorerst nicht einzu­greifen, Nobri aber weiterhin zu beobachten. 

Mit der Zeit jedoch wurden die Schwel­lungen an ihren Achseln größer. Und schlimmer noch: Ihr Kehl­sack schwoll an. In der Regel ein Zeichen für eine bakte­ri­elle Entzün­dung des Kehl­sacks und der Atem­wege, die sehr schmerz­haft ist und leider oft tödlich endet. Wir mussten schnell eingreifen, obwohl Nobri noch immer kraft­voll agierte und man ihr keinerlei Schmerzen ansah.

Der Kehlsack ist deutlich angeschwollen
Der Kehl­sack ist deut­lich angeschwollen

Es war Ende 2018, als unser Beob­ach­tungs­team Hilfe in Nyaru Menteng anfor­derte. Sofort machten sich der beste Scharf­schütze für Betäu­bungs­pfeile, Pak Sugi, gemeinsam mit Tier­arzt Greggy auf den drei Tage langen, beschwer­li­chen und gefähr­li­chen Weg in das Schutz­ge­biet. Nobri wurde sediert und ins Moni­to­ring-Camp gebracht, wo ihre Behand­lung begann. Mitten im Dschungel wurden zahl­reiche Opera­tionen durch­ge­führt, an die sich eine wochen­lange Anti­bio­ti­kakur schloss.

Not-OP im Wald
Not-OP im Wald

Zwei­ein­halb Monate musste Nobri im Camp behan­delt werden. Zwei­ein­halb Monate, die für die wilde Nobri nur schwer zu ertragen waren. Doch schließ­lich entschied der Tier­arzt: Nobri darf wieder in die Frei­heit zurück. Leider ist die Gefahr eines Rück­falls bei bakte­ri­ellen Kehl­sa­ck­ent­zün­dungen sehr hoch. Doch fürs erste hatte Nobri den Kampf gewonnen.
Mit dem festen Vorhaben, Nobri im Auge zu behalten, wurde sie Anfang 2019 erneut ausge­wil­dert.

Die zweite Auswilderung
Die zweite Auswilderung

Doch auch Nobri hatte einen Plan: So schnell und so weit wie möglich weg von allem was mensch­lich ist. 

Versteck­spiel im Regenwald

Wie sehr wir uns auch bemühten, von Nobri gab es keine Spur. Erst im Mai fanden wir sie wieder. Und Nobri war nicht erfreut darüber.
Sofort schallten dem Team Kuss­ge­räu­sche entgegen und erbost rüttelte Nobri an den Zweigen. Aber unser Team wusste, dass es dran bleiben musste. Je näher wir kamen, umso größer wurden unsere Ängste. Es schien, als sei ihr Kehl­sack wieder geschwollen. War die Entzün­dung zurück­ge­kehrt? Als die Nacht kam, mussten wir die Beob­ach­tung einstellen. Und als wir früh am nächsten Tag wieder zurück­kehrten, gab es keine Spur mehr von Nobri…

Unsere Sorge wuchs Woche für Woche, Monat für Monat. Egal wo wir suchten, egal wo wir unter­wegs waren, Nobri war unauf­findbar. Erst sechs Monate später hatten wir Erfolg. Wir empfingen ein Funk­si­gnal von Nobri! Aber es war schwach und setzte immer wieder aus. 

Wir hatten große Angst. Es war der 27. Januar 2020 – genau ein Jahr war vergangen, seitdem wir Nobri nach ihrer Behand­lung wieder ausge­wil­dert hatten. Wir suchten und folgten dem Signal. Und dann schließ­lich entdeckten wir Manggo in Beglei­tung von Nobri und ihrem süßen Geheimnis. 

Manggo
Manggo

Auch als Mutter blieb Nobri sich treu: So viel Abstand zu Menschen zu halten, wie möglich. In den höchsten Wipfeln der Bäume verbrachte sie den Tag, so gut versteckt, dass wir nicht einmal ein Foto vorzeigen können. Und das ist bis heute so geblieben. So gern wir der Welt  auch ihr Baby vorstellen würden, so sind wir doch auch stolz auf unsere Nobri. Denn genau so ein Verhalten wünschen wir uns von den Orang-Utans: Wild, frei, unab­hängig und weit weg von Menschen sollen sie im Regen­wald leben. 

Nobris Baby ist nicht nur der erste wild­ge­bo­rene Orang-Utan des Jahres 2020 in unseren Schutz­ge­bieten, sondern ein weiteres Baby der zweiten Gene­ra­tion des BOS-Rehabilitationsprogramms.
Fast 20 Jahre nachdem Shelli aus dem Groß­stadt­dschungel von Jakarta gerettet wurde, ist nun ihr Enkel frei im wilden Regen­wald Borneos geboren worden. Nobris Geschichte zeigt uns, dass es immer Hoff­nung gibt. Ganz gleich, wie unüber­windbar die Hinder­nisse erscheinen mögen – wenn wir ihnen eine Möglich­keit bieten, werden die Orang-Utans auch einen Weg finden.

 

Werden auch Sie zum BOS-Unter­stützer. Mit Ihrer Spende helfen Sie den Orang-Utans, dem Regen­wald und damit auch unserem Klima. Jeder Beitrag hilft.

Virus­er­kran­kungen – keine „neue“ Gefahr für unsere Schützlinge

Virus­er­kran­kungen – keine „neue“ Gefahr für unsere Schützlinge

Orang-Utans sind uns Menschen sehr ähnlich, wir teilen sogar 97% unseres Erbgutes mit ihnen (1). Leider macht sie diese Tatsache auch anfällig für bei Menschen vorkom­mende Viren und Krank­heiten. Unser Team unter­nimmt derzeit alles um unsere Schütz­linge in den Schutz­zen­tren vor der gefähr­li­chen Corona-Pandemie zu schützen. Doch bereits in Zeiten vor Corona, waren Gesund­heits­checks, Präven­ta­tion und strenge Hygie­ne­maß­nahmen ein fester Bestand­teil der tägli­chen Routine.

Jeder Orang-Utan, der in unseren Schutz­zen­tren ankommt, wird sofort von unserem Ärzte­team versorgt und muss vorerst in Quaran­täne. Dort wird das Tier auf bestehende Krank­heiten, Viren und gefähr­liche Bakte­ri­en­stämme getestet. Dies ist eine sehr wich­tige Sicher­heits­maß­nahme, um eine Anste­ckung der gesunden Orang-Utans, die auf ein Leben in Frei­heit vorbe­reitet werden, zu verhindern.

Viele unserer Neuzu­gänge wurden vor ihrer Rettung illegal und oft jahre­lang als Haus­tiere in kleinen Käfigen gehalten. Diese, oftmals trau­ma­ti­sche Zeit­spanne erhöht, neben der Gefahr psychi­scher Erkran­kungen (2), auch die Wahr­schein­lich­keit einer Anste­ckung mit mensch­li­chen Viren und Krank­heiten, wie zum Beispiel Hepa­titis B.

Hepa­titis bei Orang-Utans

Hepa­titis ist eine virale Entzün­dung der Leber, die beim Menschen entweder akut, über einen kurzen Zeit­raum, oder chro­nisch verläuft. Doch nicht nur bei uns Menschen treten diese Viren auf. Hepad­na­viren, sind eine evolu­tionär alte Virus­form, die bisher bei allen Menschen­affen und anderen Säuge­tieren (3), sowie bei Vögeln und Repti­lien (4) nach­ge­wiesen werden konnten. Bei wilden Orang-Utans wurden bisher zwei natür­lich vorkom­mende, verschie­dene Hepa­titis B Virus­stämme entdeckt, OUHV1 und OUHV2 (5). Wie beim Menschen, werden diese Viren über Körper­flüs­sig­keiten über­tragen. Glück­li­cher­weise heilt die Virus­in­fek­tion, meist symptomlos, in 90% der Fälle komplett ab (6).

Unsere Vorge­hens­weise

Durch Labortests wird festgestellt , welche Form von Hepatitis der Neuankömmling hat.
Durch Labor­tests wird fest­ge­stellt , welche Form von Hepa­titis der Neuan­kömm­ling hat.

Unser Tier­ärz­te­team stellt zuerst mit Hilfe von Labor­tests fest ob, und falls ja, welche Form von Hepa­titis der Neuan­kömm­ling hat. Dies ist wichtig um die Tiere, mit unter­schied­li­chen Hepa­titis B Virus­stämmen, getrennt vonein­ander in der Schutz­sta­tion unter­zu­bringen, damit eine Anste­ckung unter­ein­ander vermieden wird. 

Die gute Nachricht 

Da Orang-Utan spezi­fi­sche Hepa­titis auch in der natür­li­chen Popu­la­tion vorkommt, können Orang-Utans die positiv auf spezi­fi­sche Anti­körper getestet wurden, trotzdem ausge­wil­dert werden. Die Virus­er­kran­kung ist zu diesem Zeit­punkt komplett abge­heilt. Um die Wild­po­pu­la­tion so gesund wie möglich zu halten, werden nur Tiere mit dem glei­chen, lokal vorkom­menden Virus­stamm in das jewei­lige Wald­ge­biet entlassen. Bisher konnten wir mehr als 40 dieser Orang-Utans auf ein Leben in freier Wild­bahn vorbe­reiten und erfolg­reich auswil­dern (7).

Die weniger gute Nachricht 

Leider trifft diese Rege­lung nicht für die Tiere zu, die sich durch einen an Hepa­titis B erkrankten Menschen ange­steckt haben. Hepa­titis ist in Indo­ne­sien immer noch ein großes Gesund­heits­pro­blem (8), und Orang-Utans die illegal als Haus­tiere gehalten werden, haben ein höheres Risiko an der mensch­li­chen Hepa­titis-Form zu erkranken. Um die vom Aussterben bedrohten Orang-Utans in freier Wild­bahn nicht durch artfremde Viren zu gefährden, können diese Tiere leider nicht ausge­wil­dert werden (7, 9). Glück­li­cher­weise ist eine Anste­ckung mit mensch­li­chem Hepa­titis B relativ selten.

Ein Leben auf der Insel 

Vorauswilderungsinsel in Samboja Lestari
Voraus­wil­de­rungs­insel in Samboja Lestari

Die BOS Foun­da­tion besitzt derzeit sieben Schutz­in­seln inner­halb des Schutz­walds Samboja Lestari, auf denen nicht-auswil­der­bare Orang-Utans dauer­haft ein annä­hernd freies Leben mit Artge­nossen in der Natur verbringen können und sepa­rate Voraus­wil­de­rungs­in­seln auf denen gesunde Tiere an ein unab­hän­giges Leben in Frei­heit gewöhnt werden. Die, durch natür­liche Barrieren gesi­cherten Schutz­in­seln sind weit­flä­chig mit tropi­schem Regen­wald bewachsen, bieten natür­liche Klet­ter­mög­lich­keiten, Futter­quellen, sowie natür­liche Struk­turen und Mate­ria­lien um Schlaf­nester zu bauen und genü­gend Möglich­keiten zu Sozi­al­kon­takt mit Artge­nossen. Zweimal am Tag werden die Tiere von unseren Mitar­bei­tern zusätz­lich mit frischen Früchten und anderem Futter versorgt, wobei auch ihr Gesund­heits­status kontrol­liert wird. 

Unser Ziel ist es mehr solcher Schutz- und Voraus­wil­de­rungs­in­seln zu erschaffen, um unsere Schütz­linge auf ein Leben in freier Wild­bahn vorzu­be­reiten und auch den nicht-auswil­der­baren Orang-Utans ein Leben in der Natur zu ermöglichen.

Helfen sie uns bei diesem Projekt mit ihrer Spende! Werden auch Sie zum BOS-Unter­stützer. Mit Ihrer Spende helfen Sie den Orang-Utans, dem Regen­wald und damit auch unserem Klima. Jeder Beitrag hilft. 

Text: Dr. Isabelle Laumer

Die BOSF Reha­bi­li­ta­ti­ons­zen­tren werden durch das inter­na­tio­nale tier­ärzt­liche Fach­ärz­te­team OVAG (Oran­gutan Vete­ri­nary Advi­sory Group) beraten. Meetings und Work­shops für Mitar­beiter finden jähr­lich statt.

 

Refe­renzen:

  1. Locke, D., Hillier, L., Warren, W. et al. (2011) Compa­ra­tive and demo­gra­phic analysis of orang-utan genomes. Nature 469, 529–533.
  2. Brüne M, Brüne-Cohrs U, McGrew WC, Preuschoft S (2006) Psycho­pa­tho­logy in great apes: concepts, treat­ment options and possible homo­lo­gies to human psych­ia­tric disorder. Neuro­sci­ence and Biobe­ha­vioural Reviews, 30, 1246–1259.
  3. Sa-Nguanmoo P, Riant­ha­vorn P, Amorn­sa­wad­wattana S, Poovo­rawan Y. (2009) Hepa­titis B virus infec­tion in non-human primates. Acta Viro­lo­gica, 53(2):73–82.
  4. Suh A, Weber CC, Kehl­maier C, et al. (2014) Early meso­zoic coexis­tence of amniotes and hepad­na­vi­ridae. PLoS Genet., 10(12):e1004559.
  5. Verschoor EJ, Warren KS, Langen­hui­jzen S, Heri­yanto, Swan RA and Heeney JL (2001). Analysis of two genomic vari­ants of oran­gutan hepad­na­virus and their rela­ti­onship to other primate hepa­titis-like viruses. Journal of General Viro­logy, 82: 893–897.
  6. Warren, K.S., Heeney, J.L., Swan, R.A., Heri­yanto & Verschoor, E.J. (1999), A new group of Hepad­na­vi­ruses natu­rally infec­ting oran­gutans (Pongo pygmaeus), Journal of Viro­logy, 73: 7860–7865.
  7. Jamartin Shiite (CEO, BOSF) in Oran­gutan Vete­ri­nary Advi­sory Group work­shop report (2017) Prepared with orga­ni­zing committee of the Oran­gutan Conser­vancy: R. Commi­tante, S. Unwin, F. Sulistyo, R. Jaya, Y. Saras­wati, C. Nente, S. Sumita, A. Rose­tya­dewi, P.Nagalingam.
  8. Raihan R. Hepa­titis in Malaysia: Past, Present, and Future. (2016) Euro­asian J Hepa­to­gas­tro­en­terol 6(1):52–55.
  9. Oran­gutan Vete­ri­nary Advi­sory Group work­shop report (2009) R. Commi­tante, S. Unwin & D. Cress.
Mang Usup – Ein Orang-Utan-Warrior

Mang Usup – Ein Orang-Utan-Warrior

Im dritten Teil unserer Orang-Utan-Warrior-Reihe möchten wir Ihnen unseren Moni­to­ring-Kollegen Muhammad Usup vorstellen. Er ist schon seit 2012 für die BOS Foun­da­tion tätig und wurde von PT. RHOI sogar schon als bester Mitar­beiter ausgezeichnet.

Kein Wunder, denn für Mang Usup, wie er von uns allen genannt wird, ist seine Tätig­keit eine Beru­fung. Einmal musste er aus privaten Gründen für einige Zeit kündigen. Doch ohne die Orang-Utans hielt er es nicht lange aus. Nach sechs Monaten Absti­nenz kehrte er wieder zur BOS Foun­da­tion zurück. Und wir waren dank­barer denn je für seine wert­volle Unter­stüt­zung und seine Fach­kennt­nisse. Denn mit seiner lang­jäh­rigen Erfah­rung ist Mang Usup für die Zukunft der Orang-Utans von unschätz­barem Wert. 

Aber fangen wir doch einfach am Anfang an. Mang Usup bewarb sich 2012 bei unserem Post-Release-Moni­to­ring-Team, nachdem er von einem Verwandten erfahren hatte, dass wir neue Mitar­beiter suchen. Zuvor hatte er eine Ausbil­dung im Ragunan Zoo in Jakarta gemacht. Hier studierte er Beob­ach­tungs­me­thoden und Etho­logie, also Verhal­tens­for­schung von Tieren und wie man diese am besten obser­viert. Danach fing er direkt in unserem Moni­to­ring­team im gerade eröff­neten Auswil­de­rungs­ge­biet von Kehje Sewen an. 2012 war ein ganz beson­deres Jahr für BOS und auch für Mang Usup, denn es war das erste Mal nach über einer Dekade, dass wir endlich wieder Orang-Utans auswil­dern konnten. Gerade durch die Tatsache, dass er somit prak­tisch seit Stunde null dabei ist, hat Mang Usup heute einen unglaub­lich wert­vollen Erfah­rungs­schatz und beein­dru­ckende Fach­kennt­nisse auf dem Gebiet des Monitorings. 

Mang Usup bei der Arbeit
Mang Usup bei der Arbeit

Die Aufgaben des Teams umfassen dabei nicht nur das Beob­achten von ausge­wil­derten Orang-Utans. Unsere Kollegen betreiben auch Studien zur Phäno­logie. Dabei beob­achten sie die jahres­zeit­li­chen Verän­de­rungs­pro­zesse im Wald und ihren Einfluss auf Flora und Fauna. Darüber hinaus patrouil­lieren sie gegen Wilderer und bei Wald­brand­ge­fahr, sie halten die Über­nach­tungs­camps instand und bereiten geplante Auswil­de­rungen vor. 

Vor dem Basecamp im Wald von Kehje Sewen
Vor dem Base­camp im Wald von Kehje Sewen

Die Arbeit von Mang Usup ist also unglaub­lich viel­seitig. Kein Wunder, dass er nach so vielen Jahren so einige erin­ne­rungs­wür­dige Momente in seinem Herzen trägt. Einmal z. B. war er mit seinem Team auf einer Beob­ach­tungs­tour, als sie auf Orang-Utan-Dame Mona stießen. Sie war 2013 ausge­wil­dert worden und eigent­lich an Menschen gewöhnt. So dachten sie zumin­dest. Denn Mona war nicht gut auf die Gruppe zu spre­chen. Sie wurde sehr aggressiv und machte tatsäch­lich Anstalten, das Team anzu­greifen. Die Kollegen zogen sich schnell zurück. Naja, nicht schnell genug, denn einen bekam Mona noch zu fassen. Ehe er wusste, wie ihm geschah, hatte ihn das Weib­chen schon am Beim gepackt. 

Glück­li­cher­weise konnte Mona schnell abge­lenkt werden und das Moni­to­ring­team suchte das Weite. Das war ein Schlüs­sel­mo­ment für Mang Usup. Denn es gab bisher keine doku­men­tierten Fälle, bei denen Orang-Utans Menschen ange­griffen hatten. Mang Usup war ganz schön verblüfft und es war ihm eine Lehre. 

„Es hat mir gezeigt, dass wir auch die reha­bi­li­tierten Orang-Utans niemals unter­schätzen dürfen. Egal wie lange sie auch Menschen gekannt haben, sie sind einfach Wild­tiere mit Über­le­bens­in­stinkt und somit unbe­re­chenbar. Wir sollten uns niemals in Sicher­heit wähnen. Wenn wir stets wachsam bleiben und uns an die Stan­dard­vor­ge­hens­weise halten, sollte alles gutgehen“, resü­miert Mang, während er sich an den Vorfall mit Mona erinnert.

Aber natür­lich gibt es auch viele schöne Momente, an die Mang Usup zurück­denkt. Gerade Begeg­nungen mit Orang-Utan-Müttern und ihren Kindern bedeuten ihm uner­mess­lich viel. Wie sich die Weib­chen um ihre Babys kümmern, berührt den Moni­to­ring-Kollegen auf ganz beson­dere Weise. „Sie verhalten sich eigent­lich genauso wie mensch­liche Mütter“, schwärmt er.

Mang Usup hofft, dass sowohl PT.RHOI als auch die BOS Foun­da­tion noch viele und große Erfolge feiern werden. Und er wünscht sich, dass die Moni­to­ring­teams auch weiterhin genug Unter­stüt­zung erhalten, um ihrer wich­tigen Arbeit nach­gehen zu können und wich­tige Daten zu sammeln und auszu­werten. Sein größter Wunsch ist jedoch, dass die reha­bi­li­tierten Orang-Utans in der Wildnis weiter aufblühen und eine neue Gene­ra­tion an starken Wald­men­schen gründen. Sie sollen ihre Art und den Regen­wald vor dem Aussterben beschützen. 

So spricht ein echter Orang-Utan-Warrior. Danke Mang Usup für Deinen groß­ar­tigen Einsatz!

 

Lernen Sie auch unsere Mitar­beiter Hanni und Imam Ghozali kennen.

 

Werden auch Sie zum BOS-Unter­stützer. Mit Ihrer Spende helfen Sie den Orang-Utans, dem Regen­wald und damit auch unserem Klima. Jeder Beitrag hilft.

In die Falle getappt

In die Falle getappt

In Zusam­men­ar­beit mit der Univer­sity of British Columbia und der Bogor Agri­cul­tural Univer­sity hat die BOS Foun­da­tion Ende 2019 im Auswil­de­rungs­wald Bukit Batikap mit der ersten Phase zu einer neuen wissen­schaft­li­chen Studie über die Nutzung von Kame­ra­fallen begonnen. Jetzt liegen erste Ergeb­nisse vor.

Seit 2012 haben wir 183 Orang-Utans im Schutz­wald von Batikap ausge­wil­dert. Die neuen Wilden haben wir seither vor allem mithilfe der implan­tierten Funk­sender über­wacht und so eine Menge Daten zu ihren Verhal­tens­mus­tern gesam­melt. So konnten wir einschätzen, wie gut sich die reha­bi­li­tierten Menschen­affen an ihren neuen Lebens­raum ange­passt haben. Das Problem: Die Lebens­dauer der Batte­rien in den Sendern ist begrenzt – und inzwi­schen bei vielen Tieren abge­laufen. Also suchten wir nach anderen, neuen Möglich­keiten, unsere Schütz­linge besser im Auge behalten zu können und so auch lang­fristig mehr über ihr Leben im Regen­wald zu erfahren.

Jacqui und Ginting installieren Kamerafalle BAT020 in Batikap
Jacqui und Ginting instal­lieren Kame­ra­falle BAT020 in Batikap

Also haben wir uns mit der Univer­sity of British Columbia (UBC) in Kanada und der Bogor Agri­cul­tural Univer­sity (Institut Perta­nian Bogor — IPB) in Indo­ne­sien zusam­men­getan. In der gemein­samen Pilot­studie haben wir nun einige Kame­ra­fallen aufge­stellt, um einen ersten Test­lauf zu machen. Damit wollen wir heraus­finden, ob diese sich viel­leicht als kosten­güns­tiges, nicht-inva­sives Forschungs­in­stru­ment zur Unter­stüt­zung unserer Moni­to­ring­ar­beit nach den Auswil­de­rungen eignen.
Es ist das erste Mal, dass wir in unseren Auswil­de­rungs­wäl­dern Kame­ra­fallen instal­lieren. Und noch wissen wir nicht, ob sie wirk­lich für unsere Forschungs­zwecke ausrei­chen. Aber einige Vorteile zeigen sich schon jetzt: Dadurch, dass wir mit ihnen den poten­zi­ellen Kontakt zwischen Orang-Utans und Menschen redu­zieren, mindern wir auch gleich­zeitig das Risiko, Krank­heiten zu über­tragen und in die wilden Popu­la­tionen einzuschleppen. 

Die versteckte Kamera
Die versteckte Kamera

Die ersten Ergeb­nisse der Pilot­studie sehen viel­ver­spre­chend aus. Ende Februar brachte ein gemein­sames Team der BOS Foun­da­tion und der UBC insge­samt 30 Kame­ra­fallen im Wald von Bukit Batikap an. Diese sammeln nun Daten, die uns zeigen sollen, wie sich die Orang-Utans im Wald verteilt haben, wie hoch die aktu­elle Popu­la­ti­ons­dichte ist und wie groß die lang­fris­tige, indi­vi­du­elle Über­le­bens­rate ist. Es hängt viel davon ab, ob die Kameras genü­gend Daten aufzeichnen werden – und wie gut sich die Orang-Utans (und anderen Tiere) benehmen können. Denn insbe­son­dere ausge­wil­derte reha­bi­li­tierte Orang-Utans neigen zu großer Neugier und Erfin­dungs­reichtum, wenn sie etwas Neues entde­cken. Hoffen wir also, die Kameras halten dem Stand. 

Orang-Utan (Zakia)
Orang-Utan (Zakia)

Obwohl wir noch ganz am Anfang unserer Forschungs­ar­beit stehen, können wir doch schon einige Erfolge aufweisen. So konnten wir Aufnahmen von einigen Orang-Utans machen, darunter Mardi­anto (ausge­wil­dert im August 2015) und Zakia (ausge­wil­dert im April 2016). Aber auch eine Viel­zahl weiterer Tier­arten gingen uns in die Kame­ra­falle, darunter Malai­en­bären, Nebel­parder, Leopard­katzen, Marmor­katzen, Makaken, Weiß­stirn­lan­guren, Bart­schweine, Munt­jaks, Pango­line und viele mehr. Es ist für uns etwas ganz Beson­deres, die vielen im Verbor­genen lebenden und extrem scheuen Wild­tier­arten zu sehen, die alle in unserem Orang-Utan-Schutz­wald Bukit Batikap leben. Ein Jahr lang werden wir nun regel­mäßig die Kameras über­prüfen, die Daten abrufen und SD-Karten und Batte­rien wechseln. 

Nebelparder
Nebelparder
Buntmarder
Buntmarder
Malaienbär
Malaienbär
Muntjak
Muntjak
Bartschweine
Bartschweine

Auch im Corona-Lock­down geht die Arbeit unserer Beob­ach­tungs­teams – unter strengen Hygie­ne­maß­nahmen – im Wald von Batikap weiter. Doch jetzt werden sie von den 30 Kame­ra­fallen unter­stützt, die im gesamten Gebiet neue Daten für uns sammeln.
Wir danken Jacqui Sunder­land-Groves (UBC), Melki Deus Purba, Mhd Andri Lesmana Ginting und dem Moni­to­ring­team in Batikap sowie dem Biologen Eko Prasetyo (Tyo) und Gloria Mang­ga­la­gita (BOSF) für ihre Unter­stüt­zung bei der Durch­füh­rung dieser wich­tigen Studie!

Werden auch Sie zum BOS-Unter­stützer. Mit Ihrer Spende helfen Sie den Orang-Utans, dem Regen­wald und damit auch unserem Klima. Jeder Beitrag hilft.

 

Keine neuen Wilden

Keine neuen Wilden

Eigent­lich hätten unsere Kollegen in Samboja Lestari und Nyaru Menteng gerade alle Hände voll zu tun. Denn viele Orang-Utans in unseren Schutz­zen­tren haben ihre Reha­bi­li­ta­tion erfolg­reich abge­schlossen und sind mehr als bereit, ihr neues Leben im geschützten Regen­wald zu beginnen. Doch daraus wird jetzt nichts. 

Denn die welt­weite Corona-Pandemie hat all unsere Pläne zunichte gemacht. Schon Anfang des Jahres gab das indo­ne­si­sche Umwelt­mi­nis­te­rium die Order aus, vorerst keine Auswil­de­rungen mehr durch­zu­führen, um eine mögliche Ausbrei­tung des gefähr­li­chen Virus in wilde Popu­la­tionen zu verhin­dern. Und zwar nicht nur unter Orang-Utans, sondern womög­lich auch unter anderen ende­mi­schen und bedrohten Tier­arten im Wald. 

Tief in den Regenwald bringen wir unsere neuen Wilden
Tief in den Regen­wald bringen wir unsere neuen Wilden

Auch ohne die Order der Regie­rung wäre es für uns undenkbar, in der aktu­ellen Situa­tion mit einer Auswil­de­rung solch ein Risiko einzu­gehen. Dennoch ist es bitter: Etwa 450 Orang-Utans leben zurzeit in unseren Zentren und viele von ihnen warten schon lange darauf, ihr Leben in Frei­heit beginnen zu können. 468 reha­bi­li­tierte Menschen­affen konnten wir seit 2012 in unseren drei Auswil­de­rungs­wäl­dern ansie­deln. Auf diesem Weg wollten wir weiter­gehen. Doch nun wurden wir ausge­bremst. Und niemand kann sagen, wie lange dieser Zustand andauern wird.

Dr. Jamartin Sihite bei einer Auswilderung vor zwei Jahren
Dr. Jamartin Sihite bei einer Auswil­de­rung vor zwei Jahren

Schon einmal mussten wir elf Jahre warten, ehe wir ab 2012 wieder Tiere auswil­dern konnten. Damals standen uns einfach keine Auswil­de­rungs­flä­chen zur Verfü­gung. „Das möchten wir auf gar keinen Fall noch einmal durch­ma­chen“, erklärt Dr. Jamartin Sihite, CEO der BOS Foun­da­tion. „Unsere Zentren waren damals voll­kommen über­lastet. Eine echte Heraus­for­de­rung für Tier und Mensch.“ Dennoch: höchste Prio­rität hat die Sicher­heit der Orang-Utans. „Wir setzen so lange mit den Auswil­de­rungen aus, bis wir sicher sein können, dass unseren Schütz­lingen und den anderen Tieren im Wald keine Gefahr droht. Bis dahin bauen wir auf unser starkes Netz­werk, das uns auch in Krisen­zeiten unter­stützt, einschließ­lich der Regie­rung, den lokalen Gemein­schaften und unseren Part­nern und Unter­stüt­zern auf der ganzen Welt.“

Die ist auch drin­gend notwendig. Denn zur Ausnah­me­si­tua­tion in unseren Schutz­zen­tren durch die verschärften Hygie­ne­re­geln und der Angst, dass das Virus dennoch einen Weg in unsere Stationen finden könnte, steigt der wirt­schaft­liche Druck mit jedem Tag. Bei dras­tisch gestie­genen Kosten aufgrund von Preis­an­he­bungen gerade bei der Schutz­aus­rüs­tung, fehlen uns seit Monaten die Einnahmen durch Besu­cher. Und auch die Spen­den­be­reit­schaft sinkt welt­weit aufgrund der ange­spannten wirt­schaft­li­chen Lage. „Dies ist eine heraus­for­dernde Zeit für uns“, erklärt Jamartin Sihite.

Werden auch Sie zum BOS-Unter­stützer. Mit Ihrer Spende helfen Sie den Orang-Utans, dem Regen­wald und damit auch unserem Klima. Jeder Beitrag hilft.