Imam Ghozali — ein Orang-Utan-Warrior

Imam Ghozali — ein Orang-Utan-Warrior

Heute erzählen wir die Geschichte eines weiteren Orang-Utan-Warriors. Diesmal aus unserem Rettungs­zen­trum Samboja Lestari in Ost-Kali­mantan. Imam Ghozali, ein beharr­li­cher Mann, hat sein Leben den Orang-Utans in diesem Anfang der 90er Jahre gegrün­deten Schutz­zen­trum gewidmet.

Imam Ghozali wurde am 27. August 1970 in Luma­jang, Ost-Java, geboren. Bei BOS kennt man den Koor­di­nator der Wald­schule 2 und der Voraus­wil­de­rungs­in­seln von Samboja Lestari vor allem unter seinem Spitz­namen Pak Cik. Er ist verant­wort­lich für alle Baby­sitter und Tech­niker in Wald­schule 2, wo unsere halb­starken Orang-Utans die grund­le­genden Über­le­bens­fä­hig­keiten lernen und für die Pflege und den Unter­halt unserer künst­li­chen Orang-Utan-Inseln, auf denen Orang-Utans vor ihrer Auswil­de­rung die letzte Phase der Reha­bi­li­ta­tion durchlaufen.

Die Flüsse rund um die Inseln müssen sauber gehalten werden
Die Flüsse rund um die Inseln müssen sauber gehalten werden

1997 entschloss sich Pak Cik, seine Heimat­stadt Luma­jang zu verlassen, um in Kali­mantan Arbeit zu finden. Als er in Ost-Kali­mantan ankam, wurde ihm direkt eine Stelle bei der BOS Foun­da­tion ange­boten, die sich damals noch in Wana­riset Samboja befand. Zu seinen ersten Job-Erfah­rungen gehörte die Teil­nahme an der aller­ersten Orang-Utan-Auswil­de­rung im Gunung Beratus Schutz­wald im Bezirk West Kutai. Zu diesem Zeit­punkt hatte Pak Cik noch keinerlei Erfah­rung im Umgang mit Orang-Utans gehabt.

Für einige Zeit verließ Pak Cik die BOS Foun­da­tion, doch 1999 kam er zurück. Nun arbei­tete er zwei Jahre im Herba­rium, wo er viel über Orang-Utan-Nahrung und das Iden­ti­fi­zieren von Proben im Wald lernte.

Danach arbei­tete Pak Cik als Tech­niker im Orang-Utan-Pfle­ge­kom­plex. Dort kam er den Orang-Utans in seiner Obhut noch näher. Die lang­jäh­rige Arbeit mit Hunderten von Orang-Utans brachten ihn letzt­lich in seine derzei­tige Posi­tion als Koor­di­nator der Wald­schule 2 und unserer Voraus­wil­de­rungs­in­seln. Zu seinen Aufgaben gehört auch die Leitung des Teams, das für Orang-Utan-Beob­ach­tungen in Wald­schule 2 und auf den Inseln verant­wort­lich ist. Die Beob­ach­tungs­daten, die dieses Team sammelt, entscheiden letzt­lich darüber, welche Orang-Utans in die nächste Reha­bi­li­ta­ti­ons­phase gelangen und welche Tiere tatsäch­lich im Regen­wald ausge­wil­dert werden.

Ein Leckerli für seine Pfleglinge
Ein Leckerli für seine Pfleglinge

Das aufre­gendste Erlebnis, an das Pak Cik sich nach seinen vielen Jahren bei der BOS Foun­da­tion erin­nern kann, war, als er und sein Team einen großen ausge­wach­senen Orang-Utan umsie­deln mussten. Dazu muss man wissen, dass das Gewicht und der körper­liche Allge­mein­zu­stand eines Orang-Utans ausschlag­ge­bend sind, wie lange die Betäu­bungs­mittel tatsäch­lich wirken. In diesem spezi­ellen Fall erwachte das massive Orang-Utan-Männ­chen plötz­lich aus der Anäs­thesie, noch bevor das Team sein Ziel erreicht hatte. Jetzt war schnelles und vorsich­tiges Arbeiten erfor­der­lich. Pak Cik nutzte seine Erfah­rung und Führungs­po­si­tion, um seine Team­mit­glieder besonnen anzu­leiten und eine Panik zu verhin­dern, während sie den gerade erwa­chenden Orang-Utan schnell und sicher in einen Käfig betteten. Pak Cik gibt zu, dass der Job manchmal riskant sein kann. Deshalb ist es ihm immer ein Anliegen, seine Kollegen daran zu erin­nern, beson­ders vorsichtig zu sein und ihre Arbeit so profes­sio­nell wie möglich zu machen.

Pak Cik ist mit seiner über 20-jährigen Berufs­er­fah­rung unser rang­höchster Tech­niker, der sich intensiv im Reha­bi­li­ta­ti­ons­zen­trum enga­giert und sich mit großem Einsatz um das Wieder­auf­fors­tungs­pro­jekt auf den 1.800 Hektar Land in Samboja Lestari kümmert. Er hofft, dass dieses Juwel trotz der vielen Minen und Plan­tagen in der Umge­bung weiterhin unge­stört erhalten werden kann und wünscht sich, dass auch künf­tige Gene­ra­tionen die Wälder genießen können und sie ihre Rolle bei der Aufrecht­erhal­tung des Gleich­ge­wichts unserer Erde fort­setzen werden.

„Ich hoffe, dass jeder unserer Orang-Utans in Samboja Lestari, eines Tages ausge­wil­dert werden wird. Aber wir wissen, dass es einige Tiere gibt, bei denen das nicht möglich sein wird. Darum wünsche ich mir, dass wir für all diese nicht auswil­der­baren Orang-Utans hier in Samboja Lestari noch weitere Inseln bauen können.“ 

Die Viel­falt der Pflan­zen­arten in und um Samboja Lestari seien mehr als ausrei­chend, um Orang-Utans zu ernähren, ist Pak Cik über­zeugt. Auch ist er sich sicher, dass die nicht auswil­der­baren Orang-Utans auf künst­lich ange­legten Inseln zumin­dest eine best­mög­liche Frei­heit und ein gutes Leben genießen können.

Danke Pak Cik, Du bist ein echter Orang-Utan-Warrior!

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Eine Botschaft aus Borneo

Eine Botschaft aus Borneo

Von der aktu­ellen Lage in Indo­ne­sien berichtet Dr. Jamartin Sihite in der ersten Ausgabe des Podcasts #OUCast. Hören Sie, wie es den Orang-Utans und unseren Mitar­bei­tern in den BOS-Schutz­zen­tren jetzt geht, mit welchen beson­deren Heraus­for­de­rungen BOS nun umgehen muss und was er sich für die Zeit nach der COVID-Pandemie vor allem wünscht. 

Hier geht es zum #OUCast

 

 

Wie sich der Arten­er­halt im Regen­wald und Palmöl-Plan­tagen vereinen lassen

Wie sich der Arten­er­halt im Regen­wald und Palmöl-Plan­tagen vereinen lassen

Laut eines neuen Reports müssen stren­gere Maßnahmen getroffen werden, damit Primär-Regen­wälder / quali­tativ hoch­wer­tige Wälder intakt bleiben können.
 

- Damit keine weitere Arten­iso­la­tion statt­findet, ist es essen­ziell, bestimmte Regen­wald­ge­biete verbunden zu halten und bedrohten Arten Über­le­bens­chancen zu bieten.

- Um das Problem zu lösen, müsste nach Meinung der Forscher auch die milli­ar­den­schwere Palm­öl­in­dus­trie invol­viert werden, gerade in den palm­öl­ex­por­tie­renden und regen­wald­rei­chen Ländern wie Indonesien.

Forscher in Groß­bri­tan­nien verlangen nach härteren wirt­schaft­lich-poli­ti­schen Maßnahmen, um das Über­leben bestimmter Wälder mit einer hohen Biodi­ver­sität zu sichern. Vor allem, wenn in diesen Palm­öl­plan­tagen liegen.

Die Bedeu­tung der Waldkorridore

Die Lösung sei, eine geogra­fi­sche Verbun­den­heit der Wälder zu erhalten und somit keine evolu­tio­näre Isola­tion zu fördern, was bereits bedrohte Arten noch ernst­hafter gefährden würde.

Die Befunde der Forscher wurden in einer Studie der Univer­sity of York in Groß­bri­tan­nien vom August 2019 zusam­men­ge­fasst und im Journal of Applied Ecology veröffentlicht.
Nach­hal­ti­gere Wege für die Indus­trie wären demnach möglich, wenn die Konzerne die geogra­fi­schen Berüh­rungs­punkte wert­voller Wald­ge­biete nicht zerstören würden.

Die Palm­öl­in­dus­trie konnte beson­ders durch ihre Arbeit in Ländern wie Malaysia und Indo­ne­sien zu einer milli­ar­den­schweren Branche heranwachsen.
Das wirt­schaft­liche Wachstum führt aller­dings gleich­zeitig auch zu kata­stro­phalen Folgen für den Regen­wald und seine Arten­viel­falt und somit letzt­end­lich zum Kollaps des ohnehin verwund­baren Ökosystems.
Daher fordern vor allem Akti­visten den Boykott bzw. das Verbot indo­ne­si­schen Palmöls.

Durch Luft­auf­nahmen und die Kartie­rung des indo­ne­si­schen Regen­waldes konnte sehr gut erkannt werden, dass bestimmte Regen­wald­stücke nicht verbunden sind, was im Endef­fekt logi­scher­weise zu einer Arten­iso­la­tion führt.

Orang-Utans und andere Tiere verlieren ihren Lebensraum
Orang-Utans und andere Tiere verlieren ihren Lebensraum

Mangel­hafter Stan­dard seitens RSPO

Die Orga­ni­sa­tion „Round­table on Sustainable Palm Oil“, kurz: RSPO, setzt sich beson­ders dafür ein, dass der inter­na­tio­nale Palm­öl­handel an Nach­hal­tig­keit gewinnt.
Aller­dings ist die Gestal­tung der Wald­kor­ri­dore und ihre Erhal­tung ein sehr wich­tiger Punkt im Aspekt der Ökologie.
So hat RSPO auch die Aufgabe, das Krite­rium zur Verbun­den­heit der Wald­flä­chen in seine Stan­dards aufzunehmen.

Laut einer weiteren Studie der Univer­sity of York sind diverse Arten heut­zu­tage durch die anstei­gende Abhol­zung des Regen­waldes und somit durch ihren schrump­fenden Lebens­raum sowie den fehlenden Erhalt der natur­be­las­senen Lebens­räume beson­ders bedroht.
Dass diese Arten die Korri­dore zwischen den Regen­wald­arealen brau­chen, um aus eigener Initia­tive umziehen zu können und um alter­na­tive Lebens­räume zu finden, liegt mitt­ler­weile klar auf der Hand.

Sarah Scriven ist eine der Co-Autorinnen der Studie, und auch sie betont, dass die Palmöl-Plan­tagen so auszu­richten wären, dass sie nicht die freie Bewe­gung der in den Regen­wäl­dern lebenden Tieren blockieren.
Denn wenn solche „Regen­wald-Inseln“ geschaffen werden, isoliere das auto­ma­tisch viele Arten, was zu einem einsei­tigem Vermi­schen des Genpools und somit zum letzt­end­li­chen Aussterben bestimmter Arten führe.

Weiterhin hofft Scriven, dass die Verschär­fung der RSPO-Krite­rien vom November 2018 eine Richt­line für die Schaf­fung von Korri­doren und der besseren Verbun­den­heit des Waldes bieten wird.

Sehr wichtig wäre laut Scriven aller­dings der Dialog mit den Konzernen und beson­ders mit der RSPO, um die Ideen und Lösungs­an­sätze umzusetzen.
Denn schluss­end­lich ist das Ökosystem auf den Arten­er­halt ange­wiesen, und beson­ders Regen­wald­be­wohner in unmit­tel­barer Nähe von Palm­öl­plan­tagen wie Orang-Utans, Vögel, Insekten und Fleder­mäuse haben schon längst einen kriti­schen Bestand erreicht.

Monotone Ölpalmenplantage wird zur Wildtieroase
Mono­tone Ölpal­men­plan­tage wird zur Wildtieroase

Ein Pilot­pro­jekt in Malaysia vom Rhino und Forest Fund könnte schon eine erste Erfolgs­ge­schichte bieten. Wissen­schaftler aus dem Leib­nitz-IZW wollen gemeinsam mit Borneos Forst­be­hörden in der Provinz von Sabah Ölpal­men­plan­tagen in Regen­wald umwan­deln. Aus 33,5 Hektar Mono­kultur soll dort zeitnah ein leben­diger Regen­wald entstehen. Dadurch sollen das Tabin-Wild­tier­re­servat mit etwa 123 000 Hektar Fläche und das Kulamba-Wild­tier­re­servat, der Teil eines anderen, knapp 80 000 Hektar großen Natur­schutz­ge­biets, verbunden werden. 

 

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Zoonosen: Was unsere Eingriffe in die Natur mit Corona zu tun haben?

Zoonosen: Was unsere Eingriffe in die Natur mit Corona zu tun haben?

Corona, Sars, Covid-19, Zoonosen und so weiter. Begriffe, die ein Laie noch Anfang des Jahres kaum hätte buch­sta­bieren können oder besten­falls für eine mexi­ka­ni­sche Bier­marke gehalten hätte, gehören mitt­ler­weile fast schon zur Umgangs­sprache. Doch was hat es damit eigent­lich auf sich? 

Das Virus, das gerade die Welt bewegt (bezie­hungs­weise fast zum Still­stand bringt), heißt Severe Acute Respi­ra­tory Syndrome Coro­na­virus 2, kurz SARS-CoV‑2. Es ist die jüngste und bislang bedroh­lichste Erschei­nung einer schon länger bekannten Gruppe von Coro­na­viren (der Name stammt von dem entfernt kronen- oder kranz­ar­tigen Aussehen der Viren in der elek­tro­nen­mi­kro­sko­pi­schen Drauf­sicht). Die Krank­heit, die es auslöst, heißt Corona­virus Disease 2019 oder eben Covid-19 und ist vom Ursprung her eine Zoonose. 

Was sind Zoonosen? 

Zoonosen – vom Grie­chi­schen zoon (Tier) und nosos (Krank­heit) abge­leitet, sind Krank­heiten, die von Tieren auf Menschen und umge­kehrt über­tragen werden können. Zumin­dest der Ursprung der Krank­heit liegt bei Menschen befal­lenden Zoonosen bei einer oder mehrerer Tier­spe­zies; der medi­zi­ni­sche Fach­aus­druck für die Über­tra­gung durch eine Tierart lautet „Vektor“.  Die jewei­ligen Erreger sind außer Viren, Bakte­rien und Proto­zoen (Einzeller) auch mehr­zel­lige Para­siten wie diverse Wurm- oder Milben­arten, para­si­ti­sche Pilze sowie virus­ähn­liche Prote­in­par­tikel (Prionen).  Man kennt über 200 verschie­dene Zoonosen, die aber außer einem Über­tra­gungsweg von einer Spezies zur anderen nicht unbe­dingt viele Gemein­sam­keiten aufweisen müssen. 

Zoonosen springen von Art zu Art
Zoonosen springen von Art zu Art

Dass Krank­heits­er­reger Artgrenzen über­springen, ist zunächst auch nichts Unge­wöhn­li­ches; viele von ihnen plagen die Mensch­heit schon sehr lange. Bekannte Beispiele sind das durch Bisse infi­zierter Tiere über­tra­gene Toll­wut­virus, das über Ratten­flöhe den Menschen befal­lende Pest-Bakte­rium oder die von bestimmten Faden­wür­mern verur­sachte Trichi­nose nach dem Verzehr befal­lenen Schwei­ne­fleisches. Entspre­chend unter­schied­lich wirken die Infek­ti­ons­me­cha­nismen der jewei­ligen Zoonosen und verläuft ihre geogra­phi­sche Verbreitung. 

Orang-Utans und Corona? 

Bisher wurde welt­weit noch bei keinem Menschen­affen eine Infek­tion mit dem neuen Coro­na­virus fest­ge­stellt (ACHTUNG: Neuer Stand Januar 2021). Das bedeutet aber auch, dass niemand weiß, wie ein Indi­vi­duum der jewei­ligen Spezies  gege­be­nen­falls auf die Krank­heit reagieren würde. Für einen Gorilla zum Beispiel kann ein für Menschen schlimms­ten­falls lästiges Schnup­fen­virus lebens­ge­fähr­lich werden. Man muss davon ausgehen, dass alle Menschen­affen, also auch Orang-Utans, für alle Krank­heiten empfäng­lich sind, die auch Menschen bekommen können. Für die Orang-Utans bei BOS und ebenso für die Mitar­beiter wird auf jeden Fall alles Menschen­mög­liche getan

BOS schützt die Orang-Utans
BOS schützt die Orang-Utans

Wild­tier-Zoonosen

Viele Zoonosen werden durch Nutz- und Haus­tiere über­tragen, jedoch stammen etwa 70 Prozent aller dieser Krank­heiten ursprüng­lich von Wild­tieren. Auch das ist grund­sätz­lich nichts Neues. So liegt beispiels­weise der Ursprung der Malaria nach heutigen Erkennt­nissen bei Gorillas. Auch die HIV-Viren exis­tierten in Popu­la­tionen von Gorillas, Schim­pansen und anderen Primaten, bevor sie welt­weit ihren Weg in die Menschen fanden. 

Schimpanse als Überträger? Copyright: böhringer friedrich / CC BY-SA (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5)
Schim­panse als Über­träger? / Copy­right: böhringer fried­rich / CC BY-SA (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5)

Eine andere Tier­gruppe, die gera­dezu ein Reser­voir für Viren darstellt, sind Fleder­mäuse und Flug­hunde. Dadurch, dass diese Tiere meist in großen Kolo­nien ihre Ruhe­zeiten verbringen und ihre Jungen aufziehen, haben sie viel gegen­sei­tigen Körper­kon­takt und begüns­tigen Austausch und Vermeh­rung verschie­dener Viren. Die Fleder­mäuse selbst müssen dabei gar nicht unbe­dingt erkranken – sie fungieren aber als natür­liche Brut­stätte und Evolu­ti­ons­mög­lich­keit der Viren. Dass Fleder­mäuse oft weite Stre­cken im Flug zurück­legen, begüns­tigt dann unter anderem die Ausbrei­tung. Der berüch­tigte Ebola-Virus vor etwa 15 Jahren in Afrika zum Beispiel ging ursprüng­lich sehr wahr­schein­lich auch auf Fleder­mäuse zurück.  Auch von SARS-CoV‑2 nimmt man an, dass es in Fleder­mäusen mutierte, bevor auf die eine oder andere Art der erste Mensch mit ihm infi­ziert wurde. Aller­dings gibt es Anhalts­punkte dafür, dass noch weitere tieri­sche Zwischen­wirte betei­ligt waren, wobei insbe­son­dere das Pangolin vemutet wird

 Piekfrosch / CC BY-SA (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)
Pangolin als Zwischen­wirt / Copy­right: Piek­frosch / CC BY-SA (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)

CoVid-19 hatte in den Jahren 2002/2003 eine Art Vorläufer in der SARS-Pandemie des SARS-CoV‑1, das auch zu den Corona-Viren gehörte. Aus verschie­denen Gründen, die mit der Infek­tio­sität dieses Virus sowie der schnellen Entwick­lung von Nach­weis­ver­fahren zusam­men­hängen, verlief diese Pandemie weniger auffällig als die des SARS-CoVid‑2, führte aber dazu, inten­siver über die Verbrei­tung von Corona-Viren in Wild­tieren zu forschen. 

Ökologie der Krankheiten 

Krank­heiten und ihre Erreger sind im Grunde auch Bestand­teil der Gesamt­öko­logie der Erde, was natür­lich nicht bedeutet, sie etwa nicht zu bekämpfen. Im Gegen­teil, gerade um sie wirksam  bekämpfen zu können, benö­tigt man vertiefte Erkennt­nisse um ihre Entste­hungs- und Verbrei­tungs­zu­sam­men­hänge. Dazu gehört vor allem auch das Wissen, wie der Mensch diese „Ökologie der Krank­heiten“ beein­flusst und verän­dert. Unge­fähr 60 Prozent aller den Menschen betref­fenden Infek­ti­ons­krank­heiten sind Zoonosen und mehr als zwei Drittel davon stammen von Wild­tieren ab. Wie kommt es zum Beispiel, dass Viren, die in tropi­schen Fleder­mäusen vermut­lich schon seit Millionen von Jahren exis­tieren, die gesamte Mensch­heit umfas­sende Pande­mien auslösen? Ein Erklä­rungs­an­satz unter vielen ist, dass der Verlust der Wälder, in denen die Fleder­mäuse eigent­lich leben, die Tiere zwingt, in Plan­tagen und sied­lungs­nahen Gebieten ihre Schlaf­plätze zu suchen. Das macht den Kontakt zu Menschen wahrscheinlicher. 

US National Park Service, Lake Mead National Recreation Area, Nevada / Public domain
Fleder­mäuse / Copyright:US National Park Service, Lake Mead National Recrea­tion Area, Nevada / Public domain

Ein mindes­tens so gravie­rendes Problem besteht im – oft ille­galen, aber gedul­deten – Wild­tier­handel. In vielen tropi­schen Ländern werden Wild­tiere aller mögli­chen Arten entweder für den Eigen­ver­zehr oder für den Verkauf auf Märkten gefangen. Darüber hinaus gelten Körper­teile und ‑flüs­sig­keiten diverser Tier­arten oft als Wunder­mittel in soge­nannter tradi­tio­neller Medizin. Dabei besteht dann eben immer auch die Möglich­keit, dass Viren Artgrenzen über­springen, mutieren und schließ­lich auch Menschen befallen. Wenn solche Zoonosen dann von Mensch zu Mensch über­tragen werden können, besteht die Gefahr einer Epidemie oder sogar Pandemie. 

Vorher­sage und Begeg­nung kommender Katastrophen 

Diese und viele andere Enste­hungs­wege und ‑zusam­men­hänge von Zoonosen zu erfor­schen und nach Möglich­keit voher­zu­sagen, bemühen sich Forscher welt­weit. So soll ein „globaler Atlas zoono­ti­scher Viren“ erstellt werden, um schneller und effek­tiver in der Lage zu sein, wenigs­tens die größten Bedro­hungen recht­zeitig zu erkennen. In diesem Zusam­men­hang steht auch die neuge­grün­dete Coali­tion for Epidemic Prepared­ness (CEPI). In ihr sollen Regie­rungen, Indus­trie, phil­an­thro­pi­sche Einrich­tungen, zwischen­staaat­liche Insti­ti­tu­tionen und Wissen­schaft inter­na­tional zusam­men­ar­beiten, um Impf­stoffe zu entwi­ckeln. Inter­es­san­ter­weise bieten manche Krank­heiten der phar­ma­zeu­ti­schen Indus­trie zu wenig Anreize, um allein mit eigenen Mitteln Impf­stoffe zu entwi­ckeln, so dass es ohne öffent­liche Mittel nicht geht (ebenda).

Ein eigent­lich sehr wich­tiger Verbün­deter und Vorreiter in diesen Bemü­hungen wäre das US-ameri­ka­ni­sche Regie­rungs­pro­gramm Predict (Vorher­sage). Leider wurde es von der Trump-Admin­in­stra­tion im Herbst 2019 passen­der­weise mit Wirkung ab März 2020 bis auf weiteres einge­stellt.

Ausblicke

Im Grunde wussten wir es vorher schon, aber die welt­weite CoVid-19-Kata­strophe müsste nun endgültig allen die Augen geöffnet haben. Wie diese Kata­strophe mensch­lich, sozial und wirt­schaft­lich weiter verlaufen wird, ist noch kaum zu sagen, aber dass diese Pandemie auf das Engste mit der bishe­rigen Art der Globa­li­sie­rung zusam­men­hängt, liegt auf der Hand. Die schnelle Verbrei­tung des Virus durch Reisende, der Handel mit Wild­tieren und Wild­tier­pro­dukten und nicht zuletzt durch globale Kapi­tal­in­ter­essen (oft buch­stäb­lich) befeu­erte Lands­nut­zungs­än­de­rungen haben diese und frühere Pande­mien wesent­lich verur­sacht. Auch die globale Erwär­mung begüns­tigt gerade auch zoono­ti­sche Infek­ti­ons­krank­heiten. Viel­leicht kann auf mitt­lere Sicht eine andere Art globaler Zusam­men­ar­beit die Krise mildern und das Auftreten zukünf­tiger Pande­mien unwahr­schein­li­cher oder wenigs­tens vorher­sag­barer machen. 

Zurzeit aller­dings – und wenn wir so weiter machen wie bisher – haben wir nicht die geringste Garantie, dass die nächste Pandemie nicht jeder­zeit ausbre­chen könnte. Samuel Myers von der ameri­ka­ni­schen Harvard-Univer­sität meint: „Es handelt sich um eine Kombi­na­tion der Größe des ökolo­gi­schen Fußab­drucks des Menschen mit der Globa­li­sie­rung. Wenn ein Krank­heits­er­reger erst den Sprung von Tieren auf Menschen geschafft hat, kann er auch leicht mit dem Flug­ver­kehr rund um den Globus reisen.“ 

Und der Ebola-Forscher und Buch­autor David Quammen ergänzt: „Es gibt Menschen auf der ganzen Welt mit einem verzwei­felten Eiweiß­hunger, die wilde Tiere essen. Es ist nichts, was ich etwa als chine­si­sches Laster dämo­ni­sieren möchte“ (ebenda). Neben Forschung sind somit Habi­tat­schutz, Klima­schutz, eine nach­hal­ti­gere Wirt­schafts­weise, inter­na­tio­nale Zusam­men­ar­beit und Armuts­be­kämp­fung die wich­tigsten Funda­mente einer wirk­samen Pandemie-Prophy­laxe. Genau diesen Prin­zi­pien ist auch BOS immer schon beim Orang-Utan-Schutz gefolgt und wird ihnen auch in Zukunft folgen. 

Die Orang-Utans und der Regen­wald brau­chen uns. Gerade jetzt. Vielen Dank für Ihre Unterstützung.

David gegen Goliath

David gegen Goliath

Zwei kleine Mädchen im Kampf gegen den großen Umwelt­zer­störer. Gut gegen Böse. Wie im Märchen setzt sich das Gute durch, am Ende wird der Regen­wald gerettet, und alle leben glück­lich und zufrieden. 

So zumin­dest klingt es, wenn es nach dem Unter­nehmen Kellogg´s geht. Dieses bedient sich seit nunmehr 18 Monaten zweier Schwes­tern, um sein Image zu polieren. Doch von vorn: In den englisch­spra­chigen Medien wird seit geraumer Zeit über die Initia­tive von Asha (12 Jahre) und Jia Fitz­pa­trick (10) aus dem briti­schen Leighton Buzzard berichtet.

Scho­ckiert über verwaiste Orang-Utan-Babys

Die Mädchen hatten 2018 die „Oran­gutan Jungle School“ gesehen, jene Doku-Serie, die das Leben verwaister Menschen­affen in den Rettungs­zen­tren der BOS Foun­da­tion auf Borneo beleuchtet. Scho­ckiert über die Infor­ma­tion, dass unter anderem der Anbau von Ölpalmen und die massive Produk­tion von billigem Palmöl zum trau­rigen Schicksal von Orang-Utan-Babys beitragen, star­teten die Schwes­tern nur fünf Tage nach der Erst­aus­strah­lung der Sendung in Groß­bri­tan­nien eine Online-Peti­tion. Der Adressat: Kellogg´s.

Orang-Utan-Waisen bewegten die Schwestern zum Protest
Orang-Utan-Waisen bewegten die Schwes­tern zum Protest

In einem Begleit-Video klagten die kleinen Umwelt­schüt­ze­rinnen an: „Da ist Palmöl im Müsli, in Pizza, Eiscreme, Seife und Duschgel. Überall Palmöl! Warum benutzt ihr weiter dieses Palmöl? Täglich sterben 25 Orang-Utans aufgrund der Produk­tion!“ Sie fordern das Unter­nehmen als einen der größten Verar­beiter des billigen Öls auf, sofort auf dessen Verwen­dung zu verzichten oder zumin­dest auf eine nach­hal­tige Produk­tion umzu­steigen. So lange dies nicht gewähr­leistet sei, würden die Schwes­tern kein Müsli mehr essen und ihre Unter­schrif­ten­pe­ti­tion fortführen.

Fordern mehr als zehn Jahre altes Verspre­chen ein

Nach ersten lokalen, später landes­weiten Medien-Bericht­erstat­tungen 2018 erklärte sich der Konzern zu einem Gespräch mit den Mädchen bereit. Zwei weitere Treffen folgten. Nun, einein­halb Jahre und 790.000 Online-Unter­schriften später, der schein­bare Sieg der Massen über den Groß­kon­zern: Kellogg´s verpflichtet sich angeb­lich, die derzeit gängigen Anbau­me­thoden in nach­hal­tige zu ändern. Bis 2025 sollen 100 Prozent des Palmöls nach­haltig beschafft werden. Außerdem wolle man mit „vertrau­ens­wür­digen“ NGOs sowie Klein­bauern zusam­men­ar­beiten, um die Entwal­dung zu stoppen und Flächen zu renaturieren. 

Abgeholzter Regenwald
Abge­holzter Regenwald

Wirk­li­ches Umdenken oder PR-Strategie?

Ein guter Schritt, so scheint es. Denn immerhin landen mindes­tens 70.000 Tonnen Palmöl jähr­lich in den Produkten des Lebens­mit­tel­rie­sens. Doch blickt man auf seine Firmen- und Nach­hal­tig­keits­po­litik im vergan­genen Jahr­zehnt zurück, so zeichnet sich eines ab: Kellogg´s nutzt die derzei­tige Bericht­erstat­tung über die Mädchen haupt­säch­lich, um sein eigenes Image zu polieren. Mit Fotos, in denen die zwei Müsli­schach­teln präsen­tieren und nied­lich lächelnd in Kameras blicken.

Tatsäch­lich jedoch ist diese angeb­lich jetzt erst getrof­fene Entschei­dung über die Ände­rung der Nach­hal­tig­keits­po­litik bereits mehr als zehn Jahre alt! Der ursprüng­liche Plan sah vor, bis spätes­tens 2015 auf nach­haltig produ­ziertes Palmöl umzu­steigen. Dieses Ziel wurde nicht erreicht bezie­hungs­weise immer wieder verschoben. Zunächst auf 2020. Dann auf 2023. Nach derzei­tigem Stand soll nun bis 2025 die Umstel­lung erfolgt sein.

Das verkün­dete das Unter­nehmen nun in einem Grund­satz­pa­pier. Spre­cherin Alison Last: „Als sozial verant­wort­li­ches Unter­nehmen ist Kellogg’s bestrebt, mit seinen globalen Palm­öl­lie­fe­ranten zusam­men­zu­ar­beiten, um voll­ständig rück­ver­folg­bares Palmöl zu beschaffen, das auf umwelt­ver­träg­liche, sozial vorteil­hafte und wirt­schaft­liche Weise herge­stellt wird, einschließ­lich der Eindäm­mung der Entwaldung.“

Orang-Utan-Waise Bumi im Waldkindergarten
Orang-Utan-Waise Bumi im Waldkindergarten

Umwelt­schützer und Orga­ni­sa­tionen wie „Palmoil Inves­ti­ga­tions“ kriti­sieren die jetzige „Neue­rung“ des Unter­neh­mens als perfides PR-Manöver und extreme Täuschung der Verbrau­cher. Auch große Medien hätten, statt sauber zur Nach­hal­tig­keits­stra­tegie der Firma in der Vergan­gen­heit zu recher­chieren, das Märchen vom Siegeszug zweier kleiner Mädchen über den Lebens­mit­tel­gi­ganten, gutgläubig geschrieben.

Den Geschwis­tern hingegen wird mitt­ler­weile welt­weit Respekt entge­gen­ge­bracht. Sie wollen weiter­ma­chen und jetzt noch mehr Firmen öffent­lich zum Umdenken auffor­dern: „Unsere Peti­tion bleibt offen und wir fordern immer noch Unter­schriften”, betonen die zwei Orang-Utan-Fans.

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