Vieles kam im Ausnahmejahr 2020 zum Stillstand oder wurde in eine nicht näher bezeichnete Zukunft verschoben. Doch die weltweite Zerstörung der tropischen Regenwälder ging und geht weiter – teilweise verheerender denn je, da in vielen Regionen die Überwachung durch Ranger nicht mehr vollständig gewährleistet werden konnte und kann oder die Abwesenheit von Touristen die Zerstörung der Natur noch einfacher möglich macht. Wie es 2021 mit den tropischen Regenwäldern der Erde weiter geht, hängt auch damit zusammen, wie sich die COVID-19-Pandemie entwickeln wird. Doch auch unabhängig davon werfen wir ein paar Spotlights auf mögliche Entwicklungen nicht nur in Indonesien, sondern in der Welt.
Erholung nach COVID
Die Pandemie selbst stellt weltweit unglaubliche Herausforderungen für den Naturschutz dar, einschließlich der Zerstörung von auf Ökotourismus basierenden Wirtschafts- und Lebensmodellen, großen Belastungen für lokale Gemeinden und Forscher, des Rückzugs vieler NGOs aus Feldprojekten, des Preisanstiegs für viele tropische Rohstoffe wie zum Beispiel Palmöl oder Soja, die die Abholzung vorantreiben, und der Umlenkung von Finanzmitteln und Aufmerksamkeit von der Durchsetzung von Umweltgesetzen. Die Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft verschlimmerten jedoch mancherorts die Situation. Indonesien verabschiedete ein weitreichendes Deregulierungsgesetz und andere Programme, die zu großflächigen Abholzungen für Ölpalmenplantagen und Kohleminen führen könnten, und Länder von Brasilien bis Kambodscha drückten ein Auge zu, wenn es um illegale Waldrodungen und Übergriffe ging. Im Rahmen ihrer Konjunkturprogramme forcieren mehrere tropische Länder potenziell zerstörerische Infrastruktur-Großprojekte und lockern gleichzeitig die Umweltaufsichten.
Doch es gibt auch Hoffnung, dass die COVID-Pandemie zu einem Umdenken führen wird, die Zerstörung der tropischen Lebensräume einzudämmen, fossile Brennstoffe zu ersetzen und in den Natur- und Klimaschutz zu investieren.
La Niña
Sollten die durchschnittlichen Temperaturen im Jahr 2021 niedriger ausfallen, als in den vergangenen Jahren, hat das aller Voraussicht nach weniger mit unseren Klimaschutzbemühungen oder den Corona-Lockdown-Maßnahmen zu tun als mit dem Wetterereignis La Niña.
Da La Niña sich hauptsächlich auf die Wintermonate auswirkt, war die Gefahr von Waldbränden auf Borneo in diesem Winter deutlich geringer.
Waldzerstörung in Indonesien
Der Fokus der indonesischen Regierungspolitik lag 2020 ganz klar auf einem Thema: Wirtschaftswachstum. Das dies in den kommenden Jahren auf Kosten der Regenwälder gehen wird, ist absehbar.
Außerdem brachte die indonesische Regierung zwei Initiativen auf den Weg, die die Abholzungsraten für die verbliebenen Regenwälder und Torfmoore für die kommenden Jahrzehnte bestimmen könnten: zum einen das sogenannte “Food Estate”-Programm und zum anderen ein Mandat für Biokraftstoffe. Beide könnten die „Umwandlung“ von Millionen Hektar Wald in Plantagen vorantreiben.
Mit dem „Food Estate“-Programm möchte Präsident Joko Widodo die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln sichern und sich von Importen unabhängiger machen. Hierfür sollen in den kommenden vier Jahren 1,7 Millionen Hektar Land zum Anbau von Maniok und Reis sowie für Viehweiden umgewandelt werden. Die größten vorgesehenen Flächen liegen in Papua, aber auch in Zentral-Kalimantan wurden 165.000 Hektar Land für das Programm identifiziert. Diese Pläne erinnern an die militarisierte, industrielle Landwirtschaft unter Suharto, deren katastrophale Folgen wir zum Beispiel in Mawas unter großen Anstrengungen versuchen rückgängig zu machen. Denn auch dort sollte in den neunziger Jahren ein Mega-Reis-Projekt entstehen, das – nachdem der Torfmoorregenwald auf 70.000 Hektar gerodet worden war – gescheitert ist.
Das zweite große Vorhaben ist, den Anteil von Palmöl in Biodieselweiterhin obligatorisch zu erhöhen. Inzwischen enthält indonesischer Biodiesel 30 Prozent Palmöl. Das ehrgeizige Ziel sind 50 Prozent. Der Plan ist, von fossilen Brennstoffen und Importen unabhängig zu werden – vor allem, weil die EU beschlossen hat, den Palmölanteil in Biodiesel bis 2030 auf Null zu reduzieren. Ursprünglich sollten v. a. Rückstände aus der Palmölproduktion und Überproduktionen hierfür genutzt werden. Doch es steht zu befürchten, dass hierfür auch neue Ölpalmenplantagen errichtet werden müssen. Vor allem müssten diese Plantagen keinen internationalen Standards zur Vermeidung von Abholzung oder Menschenrechtsverletzungen entsprechen. Noch gilt ein Moratorium für die Erteilung von Genehmigungen für neue Plantagen. Dieses Moratorium, das von Präsident Joko Widodo im September 2018 verhängt wurde, läuft allerdings im September 2021 aus.
Zumindest die Pläne, eine neue Hauptstadt in Ost-Kalimantan entstehen zu lassen, sind aufgrund der COVID-Pandemie vorerst auf unbestimmte Zeit verschoben worden.
Dabei zahlt sich Waldschutz aus für Indonesien: Das Land soll mehr als 150 Millionen Dollar aus zwei Fonds als Belohnung für die Reduzierung von Kohlenstoffemissionen aus der Abholzung erhalten. Der Green Climate Fund der Vereinten Nationen hat eine Auszahlung in Höhe von 103 Millionen Dollar genehmigt, nachdem das Land berichtet hat, dass es zwischen 2014 und 2016 20,3 Millionen Tonnen durch Abholzung verursachte Kohlenstoffemissionen verhindert hat — obwohl diese Behauptungen von Kritikern in Frage gestellt wurden. Norwegen hat angedeutet, dass es bereit ist, Indonesien 56 Millionen Dollar im Rahmen eines separaten Abkommens zwischen den beiden Ländern für die Reduzierung von Emissionen im Jahr 2017 zu zahlen, das erste in einem 1‑Milliarden-Dollar-Abkommen, das vor einem Jahrzehnt unterzeichnet wurde, aber wiederholt durch Anfechtungen ins Stocken geriet.
Ein Ende ist auch 2021 nicht in Sicht. Denn Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro sieht in den verbliebenen Regenwäldern des Landes vor allem ungenutztes wirtschaftliches Potenzial. So will er weitere Flächen für die Landwirtschaft, den Bergbau und die Energiegewinnung erschließen.
Der Machtwechsel in den USA
Donald Trump hat die Vereinigten Staaten ins Abseits gedrängt, wenn es um gemeinsame globale Anstrengungen zur Bewältigung von Umweltproblemen ging, einschließlich des Rückzugs der USA aus dem Pariser Klimaabkommen. Seine Regierung untergrub die Umweltpolitik, vom Schutz gefährdeter Arten bis zum Management von Naturschutzgebieten, leugnete aktiv die Realitäten des Klimawandels und förderte autoritäre Regime, die Umweltschützer und Journalisten ins Visier genommen haben — all das hat dem Waldschutz großen Schaden zugefügt.
Mit dem Versprechen von Joe Biden, das Klima in den Mittelpunkt der Regierungspolitik zu stellen, ist ein Neustart der Vereinigten Staaten zu erwarten. Auch eine Rückkehr in das Pariser Klimaabkommen hat Biden angekündigt. Die Tatsache, dass die Demokraten nun die Mehrheit im Senat und im Repräsentantenhaus innehaben, lässt hoffen, dass Klimaschutzmaßnahmen leichter umsetzbar werden. Dies könnte zu ehrgeizigeren Klima- und Biodiversitätszielen der USA auf der internationalen Bühne führen, zu einer stärkeren Umweltpolitik im Inland, zu einer Führungsrolle bei einer umweltfreundlicheren wirtschaftlichen Entwicklung und zu mehr Unterstützung für Naturschutzprojekte in Übersee. Falls eine fortschreitende Radikalisierung des Landes nicht dazu führt, dass für solche Themen kein Raum bleibt.
Internationale CO2-Abkommen
Die Regierungen der Schweiz und Perus unterzeichneten im Oktober 2020 ein Kohlenstoffausgleichsabkommen gemäß Artikel 6 des Pariser Klimaabkommens. Die Schweiz wird Kohlenstoffgutschriften erhalten, die durch die Finanzierung von Projekten zur nachhaltigen Entwicklung generiert werden, die die Treibhausgasemissionen in dem südamerikanischen Land reduzieren. Norwegen, das zwar keine Kohlenstoffgutschriften aus seiner Klima- und Waldinitiative erhält, aber dennoch die vermiedenen Kohlenstoffemissionen als Grundlage für seine Tropenwaldfinanzierung verfolgt, erhöhte im November die Rate, die es tropischen Ländern für den Schutz der Regenwälder zahlt.
Mehr Unternehmen beziehen das Waldrisiko in ihre Entscheidungen ein
Seit einigen Jahren geben immer mehr Unternehmen freiwillige Selbstverpflichtungserklärungen ab, um die Artenvielfalt und das Klima zu schützen. Die Zoological Society of London (ZSL) hat in einer Studie festgestellt, dass die Unternehmen bei der Umsetzung ihrer Versprechen aber weit zurückliegen. Ohne staatliche Verordnungen wird es also keine erfolgsversprechenden Ergebnisse geben.
Im Frühjahr 2021 will die EU einen Gesetzentwurf zu einem EU-Lieferkettengesetz vorlegen. Damit sollen Unternehmen verpflichtet werden, Menschen- und Arbeitsrechte zu achten und Umweltstandards einzuhalten.
All diese Vorstöße werden sicherlich zu Reibungen mit Handelspartnern führen.
So lobbyieren Malaysia und Indonesien schon seit einigen Jahren heftig in der EU, damit Biodiesel aus Palmöl auf die Standards für erneuerbare Kraftstoffe angerechnet werden kann. Sowohl Malaysia als auch Indonesien arbeiten nun daran, den Verlust dieses Marktes zu kompensieren, indem sie ihre nationalen Biokraftstoffe ausweiten (s. o.). So wird die Nachfrage nach Palmöl aufrechterhalten und die Länder erhoffen sich eine Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen. Problematisch vor allem: Das angebaute Palmöl wird keinerlei internationaler die Standards für Menschenrechte oder Waldschutz entsprechen müssen.
Werden auch Sie zum Unterstützer von BOS. Mit Ihrer Spende helfen Sie den Orang-Utans, dem Regenwald und damit auch unserem Klima. Jeder Beitrag hilft.
Es ist noch nicht so lange her, da haben wir Sie um Unterstützung für unsere Aufforstungsflächen in Mawas gebeten. Und Sie haben geholfen! Dank Ihrer Unterstützung werden wir bis Ende des Jahres 20 Staudämme in Betrieb genommen haben, die dazu beitragen, Lebensraum zu erhalten und neuen entstehen zu lassen.
Indem wir den ausgetrockneten Torfmoorboden wieder vernässen, schaffen wir die Basis, um dieses Biotop wieder zu neuem Leben zu erwecken. Hierfür errichten wir Staudämme, die das Wasser nicht weiter abfließen lassen. Der Wasserstand im Moorboden wird dadurch erhöht. So senken wir zum einen die Gefahr von Bränden und schaffen zum anderen die Grundlage, um hier neuen Regenwald aufzuforsten.
Für den Bau der Staudämme verwenden wir das schnellwachsende Holz des Galambaums, der von den umliegenden Gemeinden in Mawas angebaut wird. Das Holzgerüst wird mit Sedimenten aufgeschüttet und dann bepflanzt. In wenigen Jahren hat sich so eine stabile, undurchdringliche Barriere gebildet.
Auf den feuchten und gesunden Boden pflanzen wir neuen Regenwald, der umweltschädigende Treibhausgase speichert und der wirksamste Schutz gegen Feuer ist. Neuer Lebensraum wird erschaffen und bestehender bleibt erhalten. Mit jedem Damm können rund zehn Hektar Torfmoorboden wieder vernässt werden.
So ein Vorhaben kann nur gelingen, wenn alle mithelfen. Als wir Sie um Ihre Hilfe baten, sind Sie auf überwältigende Weise unserem Aufruf gefolgt und haben gespendet. Mit tollem Erfolg: Mit Ihrer Unterstützung konnten wir in diesem Jahr bereits 15 Staudämme bauen – sie vernässen rund 150 Hektar Torfmoor und schützen es vor zukünftigen Waldbränden.
Harte Arbeit, die sich lohnt
Und es geht weiter. Fünf Dämme sind aktuell noch in Arbeit. Da die Regenzeit auf Borneo noch nicht richtig begonnen hat, sind die Pegel auf den Wasserwegen teilweise noch zu niedrig für den Transport der Baumittel. Das Holz muss über acht bereits bestehende geblockte Kanäle transportiert werden. Doch durch die niedrigen Wasserstände müssen die Boote mit dem Material über die Dämme gezogen und manchmal sogar gehoben werden. Das ist eine unerwartete Hürde, die die Arbeit bisher noch verzögert hat.
Wir sind jedoch zuversichtlich, dass wir die letzten fünf Dämme noch dieses Jahr fertigstellen und damit weitere 50 Hektar Torfmoorboden vernässen. An Leidenschaft fehlt es uns in jedem Fall nicht. Und Ihnen ganz offensichtlich auch nicht. Wir danken unseren Unterstützern, Spendern und dem Team in Mawas. Nur Ihre Hilfe und Einsatz hat dieses Projekt möglich gemacht.
Sie wollen weitere Dämme mit uns bauen? Hier können Sie den Bau unterstützen.
Covid-19 ist eine weltweite Herausforderung, der wir uns nur gemeinsam stellen können. Und so sehen wir es nicht nur als unsere Aufgabe an, die Orang-Utans in unseren Rettungszentren vor dem Virus zu schützen. Auch die Menschen, die für uns arbeiten oder die in unseren Arbeitsgebieten leben, können sich auf uns verlassen.
Als die globale Pandemie im März auch in Indonesien ausbrach, haben wir in unseren Schutzzentren unverzüglich alle notwendigen Maßnahmen getroffen, um die Ausbreitung dieses neuartigen Virus zu verhindern: Besucher, Freiwillige und Forscher dürfen erst mal nicht mehr rein, alle Arbeitsabläufe unterliegen strengsten Hygieneregeln und auch Auswilderungen finden bis auf Weiteres nicht mehr statt – wir tun alles, um das Risiko so gering wie möglich zu halten. Doch unsere Schutzmaßnahmen gehen weit über die Grenzen unserer Rettungszentren hinaus.
Zahlreiche Menschen aus benachbarten Dorfgemeinschaften unterstützen uns seit Jahren bei der Arbeit vor Ort. Die Zusammenarbeit mit ihnen ist zum Beispiel ein nicht unerheblicher Teil unseres Mawas-Schutzprogrammes. Und so haben wir von BOS in Mawas nicht nur die Verantwortung für das rund 309.000 Hektar große Torfmoorgebiet, sondern auch für die Bewohnerinnen und Bewohner von zwölf Dörfern. Auch sie gilt es, im Kampf gegen Corona bestmöglich zu unterstützen.
Aufklärung und Hygienemaßnahmen gegen das Virus
In den vergangenen Monaten hat unser Mawas-Team in den Dörfern zum Beispiel große Mengen an Gesichtsmasken, Seife, Handdesinfektionsmittel und Desinfektionsspray verteilt. Dabei wurden die Menschen auch immer wieder über die Vorsichtsmaßnahmen aufgeklärt: Abstand einhalten, die Hände gründlich waschen, Masken richtig anlegen. Um immer und überall auf die vorbeugenden Maßnahmen aufmerksam zu machen, haben unsere Teams Flugblätter und Transparente in den Dörfern verteilt – denn jeder sollte sich umfassend informieren können.
In vier Dörfern konnten wir sogar persönliche Schutzausrüstungen an das Personal der kommunalen Gesundheitszentren verteilen. Alles in allem kam unsere Arbeit tausenden von Menschen zugute, darunter Dorfbeamte, Koordinatoren, Lehrer und Bewohner.
Gemeinsam haben wir noch viel vor
Die Arbeit geht weiter: Wir hoffen, dass im Rahmen der Initiative bald auch kostenlose COVID-19-Schnelltests für die Dorfbewohner durchgeführt werden können. Bisher ist es uns gelungen, die Ausbreitung des Virus in Mawas zu verhindern. Gemeinsam haben wir aber noch viel vor!
Seit über einem Jahr wandelt BOS gemeinsam mit dem Rhino and Forest Fund (RFF) sowie dem Leibnitz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) in Sabah alte Ölpalmenplantagen in Regenwald um. Dieser neue Regenwald bildet einen Wildtierkorridor, der zwei Naturschutzgebiete verbindet. 8.000 Setzlinge auf den ersten 50 Hektar konnten bereits angepflanzt werden.
Habitatsvernetzung als Schlüssel der Biodiversität
Die Tropenwälder Borneos gehören zu den ältesten der Erde. Hier leben seltene Tierarten, die es sonst nirgendwo auf der Welt gibt. Doch ihr Lebensraum und damit ihre Zukunft ist bedroht: Jährlich werden auf Borneo weit über eine Million Hektar Regenwald vernichtet, größtenteils um Ölpalmen anzubauen. Die so entstandenen Monokulturen reduzieren die biologische Vielfalt in bedrohlichem Ausmaß. Sie gefährden hier lebende Tiere wie Orang-Utans, Zwergelefanten oder Bantengs, weil sie – neben der Reduzierung des Nahrungsangebotes – ehemals zusammenhängende Lebensräume zerschneiden. Für viele Tiere endet es mit dem Tod, wenn sie auf Nahrungssuche die Plantagen durchqueren und den Menschen zu nah kommen. Doch das Problem ist vor allem langfristig: Die Habitatzerschneidung führt dazu, dass die Tiere nur noch in ihrer ursprünglichen Gruppe bleiben, und der Genpool kontinuierlich schrumpft. Das ist einer der Hauptgründe für das Artensterben. Denn: Je höher die biologische Vielfalt, umso robuster ist die Art und kann sich besser an die Auswirkungen des Klimawandels oder an Krankheiten anpassen. Daher ist neben dem Schutz der verbleibenden Naturlandschaften und ihrer Wildtierbestände vor allem die Habitatvernetzung eine Schlüsselmaßnahme für den Erhalt der Biodiversität.
Ein Wildtierkorridor für die Artenvielfalt
Seit genau einem Jahr machen wir in Sabah genau das: Alte Ölpalmenplantagen werden aufgekauft und in Regenwald umgewandelt. Mit dem Projekt, das von BOS mitfinanziert und vom IZW wissenschaftlich begleitet wird, entsteht unter der Leitung des RFF ein rund 800 Meter breiter Wildtierkorridor zwischen zwei Schutzgebieten. „Ziel ist es, diese und weitere Schlüsselgebiete in naturnahen Regenwald zurückzuverwandeln, damit sie als Wildtierkorridore wertvolle natürliche Lebensräume schnellstmöglich verknüpfen, bevor es für bedrohte Arten wie den Orang-Utan, den Banteng, den Zwergelefanten und viele andere zu spät sein wird”, erklärt Robert Risch, Projektleiter und Vorstand vom RFF. Dafür hat der RFF, unterstützt von uns und weiteren Partnern, bereits 65 Hektar Wald- und Plantagenfläche erworben, um sie in die angrenzenden Schutzgebiete zu integrieren. So entsteht eine Fläche von rund 200.000 Hektar zusammenhängendem und geschütztem Regenwald.
Schon 8.000 Bäume gepflanzt
Die stolze Bilanz nach einem Jahr: Auf den ersten 50 Hektar sind bereits 8.000 Setzlinge gepflanzt. Sie stammen ausschließlich aus angrenzenden Waldgebieten und regionalen Naturwäldern – auch hier wird auf Artenvielfalt gesetzt: Bislang 32 verschiedene Baumarten aus 14 Familien wurden im zukünftigen Wildtierkorridor gepflanzt. Rund die Hälfte der Setzlinge gehören zur Familie der Flügelfruchtgewächse (lat. Dipterocarpaceen), die im Tieflandregenwald Borneos bis zu 80 Prozent des natürlichen Kronendachs stellen. Sie sind das Rückgrat des ursprünglichen Ökosystems. Andere Baumarten produzieren Früchte für Wildtiere oder verbessern die Bodenqualität durch die Anreicherung mit Stickstoff. Wieder andere treiben die Entwicklung eines geschlossenen Kronendachs voran. Auch eigenständig wiederkehrende Bäume werden in die Pflege mit einbezogen und tragen zur natürlichen Regeneration des Waldes bei. Zusätzlich angelegte Kleingewässer und Graslandschaften sollen zukünftig weitere Anlaufstellen für wilde Tiere wie Bantengs, Höckerstörche, Zwergelefanten, Orang-Utans und vielen anderen Arten bieten. Ziel ist es, mit dem naturnahen Regenwald eine Wildtieroase zu schaffen, die der enormen Vielfalt der ursprünglichen Wälder Borneos so nahe wie möglich kommt.
Ein Projekt mit Zukunft
Von dem Projekt profitiert auch die lokale Bevölkerung. Von Anfang an unterstützen Bewohnerinnen und Bewohner einer benachbarten Dorfgemeinschaft beim Pflanzen der Setzlinge und kümmern sich um ihre Pflege. Langfristig wird durch den neuen Waldkorridor auch eine bessere Wasserqualität der angrenzenden Flüsse erwartet – Fisch- und Garnelenzucht sind die Haupteinnahmequellen der ansässigen Fischerdörfer.
Das Projekt soll weiter wachsen: Der RFF plant, zusammen mit seinen Partnern weitere Plantagenflächen auf Borneo zu erwerben, und sie ebenfalls in naturnahen Regenwald umzuwandeln. „Hier in Sabah können wir ganz konkret einen Beitrag für den Erhalt von Orang-Utans, Zwerg-Elefanten, Nasenaffen, Malaien-Bären und anderen bedrohten Wildtieren leisten. Was wir bisher schon erreicht haben, ist ein toller Erfolg. Die Renaturierung von Agrarflächen ist ein unverzichtbares Element in einer Gesamtstrategie zum Schutz der Biodiversität. Und gerade in Zeiten von Corona ein Schritt in die richtige Richtung“, sagt Daniel Merdes, Geschäftsführer von BOS Deutschland.
Werden auch Sie zum Regenwald-Retter. Mit Ihrer Spende helfen Sie uns, weitere Flächen zu sichern und diese in Regenwald umzuwandeln. Für die Orang-Utans, die Artenvielfalt und das Klima. Jeder Beitrag hilft.
Eine Organisation ist immer nur so stark wie ihre Mitarbeiter. Bei BOS engagieren sich täglich viele Menschen leidenschaftlich für Orang-Utans und den Regenwald. Heute stellen wir einen Orang-Utan-Warrior vor, der sein Leben unserem Mawas-Projekt gewidmet hat.
Jhanson Regalino, der von seinen Freunden und Kollegen nur Bang Uji genannt wird, arbeitet schon seit 2002 für das BOS Mawas-Projekt. Er ist somit von Anfang an dabei gewesen und kennt unser Engagement für einen der letzten Torfmoorregenwälder Borneos wie kein anderer. Nicht verwunderlich also, dass er inzwischen der Leiter des Projekts ist.
Unsere Arbeit in Mawas unterscheidet sich in großem Maße von unseren anderen Projekten. Schließlich geht es hier nicht um die Pflege und Rehabilitation verwaister Orang-Utans. Ziel des Mawas-Projekts ist es, ein 309.000 Hektar großes Torfmoorgebiet zu renaturieren und wildlebenden Orang-Utans dort ihr ursprüngliches Zuhause zurückzugeben. Große Teile dieses einzigartigen Regenwaldes wurden in den neunziger Jahren durch die Regierung zerstört, um auf der Fläche Reis anzubauen. Doch in einem Teilbereich, in dem der Regenwald noch vorhanden ist, leben in Mawas noch immer tausende wilder Orang-Utans – eine der größten Populationen Borneos.
Sich in dieses neue und bahnbrechende Projekt einzuarbeiten, hieß für Bang Uji und sein Team von Anfang an, sich immer wieder auf neue Gegebenheiten einzustellen und vor allem immer wieder vieles dazuzulernen. Sie waren die ersten bei BOS, die sich gleichzeitig um eine zerstörte Umwelt, eine wilde Orang-Utan-Population und sozial und wirtschaftlich geschwächte Gemeinden kümmerten. „Unsere Aktivitäten erfordern schnelles Handeln und haben nicht nur direkten Einfluss auf unsere Umwelt, sondern auch auf die Wildtiere und die ansässigen Gemeinden“, bestätigt Bang Uji.
Die Arbeit in Mawas ist so herausfordernd, wie vielseitig: Wir renaturieren das Torfmoor, indem wir Wasserkanäle blockieren, um so das Moor wieder zu vernässen. Wir betreiben Baumschulen, ziehen Setzlinge, forsten auf und hegen die neu gepflanzten Bäume über viele Jahre. Feuerschutzmaßnahmen sind vor allem auf den noch trockenen Torfmoorböden, aber auch in den Aufforstungsflächen und im Regenwald essenziell. Mit Tuanan haben wir in Mawas auch ein eigenes wissenschaftliches Forschungszentrum. Und schließlich stärken wir mit unserem Projekt insgesamt 13 Dörfer wirtschaftlich, schaffen Arbeitsplätze und ein zukunftssicheres Einkommen.
Gerade die Einbeziehung der umliegenden Gemeinden ist in einem Projekt wie Mawas besonders wichtig. Denn der Erhalt und die Wiederbelebung von Mawas sind nur möglich, wenn alle mit an Bord sind, vor allem die ansässigen Kommunen.
Diese Arbeit in und mit den Gemeinden ist eine große und wichtige Herausforderung. Bang Uji braucht viel Geduld und gute Kommunikationsfähigkeiten, um den Kommunen auf Augenhöhe begegnen zu können und sie für den Schutz der Orang-Utans und ihres Lebensraums mit ins Boot zu holen.
Einmal musste er ein kleines Orang-Utan-Baby konfiszieren, das von einem Dorfbewohner als Haustier gehalten worden war. Zu dem Zeitpunkt war den Anwohnern gar nicht bewusst, dass sie etwas Falsches getan hatten, dass es tatsächlich sogar illegal ist und Orang-Utans gesetzlich geschützt sind. Nun war es also Bang Ujis verzwickte Aufgabe, dem Halter feinfühlig und diplomatisch zu erklären, wie wichtig es ist, die Orang-Utans in ihrem natürlichen Lebensraum zu lassen. „Das schwierigste ist wirklich, die Menschen dazu zu bringen, unsere Meinung zu akzeptieren und ihnen gleichzeitig nicht das Gefühl zu geben, dass Umwelt- und Tierschutz ihrem Lebensstil und ihren Überzeugungen widersprechen“, erläutert Bang Uji.
Das Torfmoor von Mawas war von der Regierung für ein geplantes Mega-Reis-Projekt trockengelegt worden. Das Projekt scheiterte, doch was blieb, war die zerstörte Natur. Die unzähligen, kilometerlangen Kanäle, die gelegt worden waren, um das Wasser aus dem Moor abzuleiten, wurden als Transportwege genutzt. Von den ansässigen Gemeinden, aber auch von neuzugezogenen Arbeitern, die das Regierungsprojekt in die Region gelockt hatte. Transportiert wurden auf den kaum zu kontrollierenden Wasserwegen zunächst die vielen „legal“ gefällten Stämme, später auch frisch gerodete Bäume.
Bang Uji und sein Team sind entschlossen, Mawas wieder aufleben zu lassen. Um den Torfmoorregenwald wieder in einen stabilen, klimaschützenden Kohlenstoffspeicher und eine Heimat für Orang-Utans und viele andere Tiere zurück zu verwandeln. Hierzu müssen zunächst die Kanäle mit Staudämmen blockiert werden, so dass das Wasser nicht mehr aus dem Boden abfließen kann. Eine große Herausforderung, denn einige Kanäle gehören Anwohnern und dienen ihnen als Einkommensquelle. „Die Dorfbewohner zu überzeugen, uns ihre Kanäle blockieren zu lassen, ist nicht die einfachste Aufgabe“, gesteht Bang Uji.
Um die Gemeinden zu unterstützen und Einnahmeausfälle auszugleichen, arbeitet das Mawas-Team daran, die Einkommenssituation auf nachhaltige Weise zu verbessern – ohne auf die Kanäle oder andere Formen der Ausbeutung des Ökosystems angewiesen zu sein. Wir ermöglichen den Anwohnern Business-Schulungen, wir helfen bei der institutionellen Zusammenarbeit, verteilen Saatgut und Vieh an landwirtschaftliche Betriebe, unterstützen bei Anträgen für politische Förderprogramme und entwickeln gemeinsam mit den Gemeinden Zukunftsstrategien für die Zusammenarbeit mit der Regionalregierung. „Wir kennen alle Dorfvorsteher und Beamte in unseren Projektdörfern. Schließlich arbeiten wir seit Jahren erfolgreich mit ihnen zusammen“, erklärt Bang Uji stolz.
Doch Bang Uji weiß auch, dass es noch viel Raum für Verbesserungen gibt und es noch sehr viel zu tun gibt. Er hofft, dass die Stärkung der Gemeinden und die Angebote zur wirtschaftlichen Verbesserung für ein stabiles Einkommen Stück für Stück ans Ziel führen: Einem blühenden Mawas, in dem die Natur wieder heilt und die Menschen gut leben können. „Wir können dieses wertvolle Habitat nur beschützen und stärken, wenn wir alle betroffenen Gruppen mit einbeziehen. Wenn es den Anwohnern gut geht, werden wir auch die nötige Unterstützung von ihnen erhalten. Nur so werden wir in unserem Kampf für ein starkes Mawas nachhaltig erfolgreich sein“, resümiert Bang Uji.
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