17. Oktober 2023
Urinproben untersuchen bei einem Workshop im Tuanan Forschungszentrum

Die kost­bare goldene Flüs­sig­keit von Tuanan

Heute kehren wir zurück nach Tuanan, wo sich tief im Schutz­ge­biet des Mawas Torf­moors Wissen­schaftler mit wild lebenden Orang-Utans beschäf­tigen. Bereits seit 2013 wird die Tuanan Oran­gutan Forschungs­sta­tion als Kolla­bo­ra­tion der Univer­sitas Nasional (UNAS) in Jakarta, der Univer­sität Zürich, der Rutgers Univer­sity in New Jersey/USA und der BOS Foun­da­tion betrieben.

Die Popu­la­tion wilder Orang-Utans in Mawas umfasst rund 2.500 Tiere

Die Forschenden unter­su­chen hier sowohl Fragen rund um wild lebende Orang-Utans als auch zum fragilen Ökosystem des Torf­moors. Nach einer pande­mie­be­dingten Pause konnten sie nun endlich wieder ihre Arbeit aufnehmen. Den Auftakt machte ein Work­shop zur Ernäh­rung der Orang-Utans.

Aufschluss über die gesund­heit­li­chen Aspekte der Ernäh­rung geben jedoch nicht nur die Früchte, Blüten und Blätter, welche Orang-Utans gerne essen, sondern auch eine Körper­flüs­sig­keit: Urin.

Wenn am Morgen goldener Regen aus den Baum­wip­feln fällt…

Um an die Urin­proben wild lebender Orang-Utans zu kommen, müssen die Wissen­schaft­le­rinnen und Wissen­schaftler in Tuanan kreativ werden. Ihre Morgen­rou­tine sieht daher so aus: Noch vor Sonnen­auf­gang begeben sie sich zu jenen Bäumen, in deren Wipfeln sich Orang-Utans am Vorabend ein Schlaf­nest gebaut haben. Diese zu finden, erfor­dert ein wach­sames Auge und viel Erfahrung.

Wild Orang-Utan in der Nähe vom Tuanan Forschungszentrum
Wild Orang-Utan in der Nähe vom Tuanan Forschungszentrum

Wenn die Orang-Utans früh morgens erwa­chen, leeren sie als erstes ihre Blase – und dann stehen die Forschenden schon bereit, mit großen Plas­tik­tüten, die sie an langen Stöcken befes­tigt haben, um die Tropfen goldener Flüs­sig­keit aufzu­fangen, die aus den Baum­wip­feln regnen. Der Weg zum Nobel­preis (oder zumin­dest zu neuen wissen­schaft­li­chen Erkennt­nissen) ist nicht immer glamourös…

Im Labor bereiten die Studenten ihre kost­baren Proben für die Analyse vor

Mit den Proben, die die Forschenden ergat­tert haben, kehren sie zurück ins Labor der Tuanan Orang-Utan Forschungs­sta­tion. Jetzt ist eine ruhige Hand erfor­der­lich, um ja keinen Tropfen der kost­baren goldenen Flüs­sig­keit, die Aufschluss über so viele Prozesse im Körper geben kann, zu vergeuden.

Vorbereitung der Orang-Utan-Urinproben für die Analyse
Vorbe­rei­tung der Orang-Utan-Urin­proben für die Analyse

Während eines Work­shops zeigte Dr. Erin Vogel, Co-Direk­torin der Forschungs­sta­tion in Tuanan, Studie­renden der UNAS, wie sie die Urin­proben auf einen Analy­se­streifen auftragen müssen. Die soge­nannten Chem­s­trips® verän­dern ihre Farbe je nachdem welche Inhalts­stoffe im Urin vorhanden sind, und liefern den Forschenden Indi­zien für mögliche Infek­tionen und andere Gesund­heits­fak­toren. Diese Biomarker können noch weiter analy­siert werden und geben dann sogar Aufschluss über Stress, Gewichts­ver­lust, Prote­in­ver­lust und vieles mehr.

Begeg­nung mit Orang-Utan-Baby Marli vor der Rück­reise nach Jakarta

Mit solchen Fort­bil­dungen für Nach­wuchs­wis­sen­schaftler wird in Tuanan dafür gesorgt, dass auch künftig die Orang-Utan-Popu­la­tion erforscht und dadurch ihr Fort­be­stand noch besser geschützt werden kann. Mit vielen neuen Erkennt­nissen kehren die jungen Forschenden aus dem Regen­wald von Mawas zurück an die Univer­sität in Jakarta.

Orang-Utan-Baby Marli mit seiner Mutter
Orang-Utan-Baby Marli mit seiner Mutter

Kurz vor ihrer Abreise kam es zu einer beson­deren Begeg­nung: Die Forschenden erhaschten einen Blick auf die vier Monate alte Marli, den jüngsten Neuzu­gang der Orang-Utan-Popu­la­tion in Mawas. Der neugie­rigen Kleinen und ihrer Mutter geht es prächtig – ein wunder­barer Beweis dafür, dass die wilden Orang-Utans sich dort sehr gut ernähren. Wie genau sie das errei­chen, werden die Wissen­schaftler noch herausfinden.