15. Mai 2024
Dayak in traditioneller Kleidung

Die Dayak: nach­haltig aus Tradition

Die Wehea Dayak und Ngaju Dayak sind indi­gene Volks­gruppen, die in Ost- bezie­hungs­weise Zentral-Kali­mantan zuhause sind und tradi­tio­nell im Einklang mit der Natur leben. Dieser nach­hal­tige Umgang mit der Umwelt wird seit Urzeiten von Gene­ra­tion zu Gene­ra­tion weiter­ge­geben und ist bis in die heutige Zeit fest in ihrer Lebens­weise verankert.

So werden in ihren Dörfern noch immer Riten und Rituale prak­ti­ziert, die spiri­tu­ellen Wesen­heiten huldigen, welche sich, dem Glauben des Volkes gemäß, in der Natur zeigen: in der Erde, Flora und Fauna.

Im Rahmen verschie­dener Programme arbeiten die BOS Foun­da­tion und RHOI mit verschie­denen Gemeinden der Dayak in Ost- und Zentral-Kali­mantan zusammen. Dabei kommt unser Team immer wieder in Berüh­rung mit ihren über­lie­ferten Tradi­tionen und Praktiken.

Der Wald als heiliger Ort und Reis als Quelle des Lebens

So betreiben die Wehea Dayak etwa Land­wirt­schaft in einem Zyklus aus Anbau und Ruhe­zeiten. Nach der Ernte dürfen die Felder einige Jahre lang brach liegen und können sich erholen, ehe sie erneut bestellt werden. Neue Anbau­flä­chen werden durch Brand­ro­dung gewonnen. Dabei gilt der Wald den Wehea Dayak jedoch nicht nur als Ressource. Er ist auch ein heiliger Ort, der durch Rituale geehrt wird, um die Harmonie zwischen Mensch und Land zu erhalten.

Reisernteritual der Dayaks
Tradi­tio­nelle Reis­ernte in einem Dorf der Wehea Dayak

Auch der Reis hat für das indi­gene Volk eine beson­dere, spiri­tu­elle Bedeu­tung. Für die Wehea Dayak ist er nicht nur Grund­nah­rungs­mittel, sondern gilt als Mittel­punkt und Quelle des Lebens. Unser Team durfte zur Reis­ernte an einem Ritual teil­nehmen, das die Reis­göttin ehrt und ihr für ihre Gaben dankt.

Die Zusam­men­ar­beit mit den Gemeinden hat eine Schlüs­sel­rolle in den Anstren­gungen von BOS und RHOI, Orang-Utans zu schützen und den Regen­wald als Lebens­raum, auch für andere Wild­tier­arten, zu erhalten. Ziel der Programme ist es, die Gemeinden darin zu unter­stützen, ihre tradi­tio­nelle Lebens­weise in die Moderne mitzunehmen.

Rituale zum Schutz vor Mensch-Wildtier-Konflikten

Der schwin­dende Lebens­raum, das Bevöl­ke­rungs­wachstum und die dadurch entste­hende Konkur­renz um Ressourcen hat zur Folge, dass die Zahl der Konflikte zwischen Menschen und Wild­tieren zunimmt – mit oftmals tödli­chem Ausgang für die betei­ligten Tiere. Im Rahmen eines Trai­nings, das die BOS Foun­da­tion gemeinsam mit der Natur­schutz­be­hörde BKSDA Zentral-Kali­mantans in zwei Dörfern der Ngaju Dayak durch­führte, erfuhr unser Team von tradi­tio­nellen Bräu­chen, die solche gewalt­samen Ausein­an­der­set­zungen verhindern.

Malaienbär
Begeg­nungen von Menschen und Wild­tieren können auch fried­lich ablaufen

So berich­teten die Einwoh­ne­rinnen und Einwohner aus Tumbang Mantuhe beispiels­weise, dass sie regel­mäßig Malai­en­bären im Wald begegnen. Zu Konflikten führt dies jedoch nicht. Grund dafür sei folgendes Ritual: Wann immer sie im Wald sind, tragen sie die Mittel­rippe der Blätter des Betel­nuss­baumes mit sich, die am Freitag zu Boden gefallen sind. Solange sie dies tun, seien sie vor den Bären geschützt.

Im Rahmen des Trai­nings wurden ergän­zende Schutz­maß­nahmen wie etwa das Mitführen einer Licht­quelle oder die Beglei­tung durch einen Hund erar­beitet. Diese Maßnahmen helfen dabei, es gar nicht erst zu poten­ziell gefähr­li­chen oder gar tödli­chen Begeg­nungen mit Malai­en­bären kommen zu lassen. Am Ende des Work­shops, an dem 52 Bäue­rinnen und Bauern sowie Mitar­bei­tende von Plan­ta­gen­firmen der Holz- und Palm­öl­wirt­schaft teil­ge­nommen hatten, gingen sowohl die Dorf­be­wohner als auch die Projekt­lei­tung mit neuen Erkennt­nissen auseinander.

Tradi­tio­nelle Fisch­teiche für ein nach­hal­tiges Einkommen

Natür­lich beein­träch­tigt die Land­ent­wick­lung auf Borneo, welche mit der Rodung des Regen­waldes für Straßen, Sied­lungen und Plan­tagen einher­geht, auch die Lebens­weise der Dayak, ganz gleich wie abge­schieden ihre Dörfer liegen mögen. Sie beweisen jedoch eine erstaun­liche Wider­stand­fä­hig­keit, indem sie ihr über­lie­fertes Wissen an die neuen Bedin­gungen anpassen.

Menschen vor Fischteich in Kalimantan
Fisch­teiche als Spei­se­kammer, zur Bewäs­se­rung der Äcker und zum Schutz vor Bränden

So betreiben die indi­genen Gemeinden Land­wirt­schaft und Jagd nur in einem Umfang, den sie für ihre eigenen Bedürf­nisse benö­tigen. Ein Beispiel hierfür ist die oben beschrie­bene Nutzung land­wirt­schaft­li­cher Flächen. Auch die Jagd erfolgt bis heute mit tradi­tio­nellen Waffen und Methoden, wodurch die Wehea Dayak nur so viele Tiere erlegen, dass ihr Bestand nicht gefährdet wird.

Die Methode der Ngaju Dayak, Fisch­teiche in natür­lich entstan­denen Regen­was­ser­tüm­peln anzu­legen und dadurch die Versor­gung der Dorf­be­wohner mit frischem Fisch zu sichern, wurde nun Teil eines BOS-Projektes in der Region Mawas.

Was wir von der Lebens­weise der Dayak lernen können

Tradi­tio­nell nutzen die Gemeinden Vertie­fungen, die während der Trocken­zeit durch klei­nere Brände entstehen und während der Regen­zeit durch den nahen Fluss mit Wasser und Leben gefüllt werden. Während des Projektes machten sich die Gemeinden ihr Wissen zunutze und legten größere Fisch­teiche von Hand an. Diese dienen nun nicht mehr nur als Vorrats­kammer für das Dorf selbst. Sie ermög­li­chen den Projekt­teil­neh­mern, mit über­zäh­ligen Fischen Handel zu betreiben. Außerdem halten die größeren Teiche auch in der Trocken­zeit noch Wasser, das für Gärten und Äcker sowie zum Löschen even­tu­eller Brände genutzt werden kann.

Die Zusam­men­ar­beit der BOS Foun­da­tion mit Gemeinden der Dayak macht eines immer wieder deut­lich: In Zeiten des Arten­ster­bens und des Klima­wan­dels ist ihre indi­gene Kultur und ihr über­lie­fertes Wissen um ein Leben im Einklang mit der Natur eine Inspi­ra­tion für unsere „moderne“ Zivilisation.

Unter­stützen Sie uns dabei, die lokalen Gemeinden zu stärken und ihr Wissen zu bewahren: Jeder Beitrag hilft!