Mütter. Wie sehr wir sie doch brauchen und lieben. Wir Menschen haben eine sehr enge Beziehung zu unserer Mutter. Ohne sie wären wir hoffnungslos verloren. Vor allem in den ersten zehn bis 15 Lebensjahren. Im Tierreich geht es oft anders zu. Die meisten Tiere lernen schon nach wenigen Tagen oder Wochen allein zu überleben und werden schnell flügge.
Doch wie sieht es bei unseren nächsten Artverwandten, den Orang-Utans, aus? Sie halten es tatsächlich ähnlich wie wir Menschen. Ihr Motto: So lange und so nah wie möglich bei Mama bleiben. Im Regelfall bedeutet dies, bis zum achten Lebensjahr der Mutter nicht von der Seite zu weichen. Stattdessen gibt es lange Kuscheleinheiten, viele Lehrstunden und täglich eine große Portion Milch. Die Menschenaffenmütter stillen nämlich von allen Müttern im Tierreich am längsten: ganze acht Jahre!
Oft jedoch verläuft ein Orang-Utan-Leben nicht nach Bilderbuch-Schema: Wir von BOS mussten schon allzu oft kleine Orang-Utan-Waisen aufnehmen, die ihrer Mutter schon nach den ersten Wochen oder Monaten entrissen wurden. Bei uns kommen sie in die Obhut unserer Babysitterinnen. Diese lehren sie alle notwendigen Fähigkeiten, um später in der Wildnis zu überleben. Und sie geben ihnen ganz viel Liebe – eben wie echte (Ersatz-) Mamas.
Empfinden Menschen und Orang-Utans den Verlust ihrer Mütter gleich?
Auch wenn, rein äußerlich betrachtet meist keine Narben bei den kleinen Menschenaffen zurückbleiben, stellt sich doch die Frage nach der inneren Verarbeitung ihres tragischen Verlustes. Was passiert mit der Psyche eines Orang-Utan-Babys? Wie sehr leidet es? Und wie wirkt sich der Verlust auf das spätere Leben aus?
Beim Menschen sind die Folgen eines frühkindlichen Verlusts der Bezugsperson schon gut erforscht: So können sie Traumata entwickeln oder lebenslange Bindungsschwierigkeiten zu anderen Personen. Oft sind Therapien notwendig, die eine Chance auf ein normales Leben ermöglichen. Doch wie ist das bei verwaisten Orang-Utans? Die können ja wohl schlecht zum Psychotherapeuten gehen. Aber ist das überhaupt nötig?
Diese und weitere Überlegungen hat auch Jan Mücher angestellt, Psychologie-Student an der Universität Göttingen und aktiver BOS-Unterstützer. Er stellt die These auf, dass, wenn wir Menschen den Orang-Utans so ähnlich sind, man davon ausgehen kann, dass unsere Artverwandten bei ähnlich traumatischen Erlebnissen unter ähnlichen psychischen Folgen leiden könnten.
Wichtige Studien über Bindungsverhalten
Die Grundlage für diesen Vergleich zwischen Mensch und Menschenaffen bilden für ihn diverse Studien. Diese belegen, dass die kognitiven Fähigkeiten eines Menschenaffen denen eines Kleinkindes bis drei Jahre sehr ähnlich sind, sich sogar oft gleichen. Genau in dieser Zeit entwickeln beide ihr Bindungsverhalten.
Basierend auf diesem Wissen stellt er die Hypothese auf, dass sich die „Erkenntnisse aus der Bindungsforschung bei Menschen“ nach John Bowlby ebenfalls auf andere Menschenaffen übertragen lassen, zumindest in einem gewissen Maße.Wer mehr über den renommierten Psychoanalytiker und Kinderarzt John Bowlby, seine Forschung zur Eltern-Kind-Bindung und deren Auswirkungen auf alle zukünftigen zwischenmenschlichen Bindungen wissen will, liest einfach unten weiter.
Und wer seiner Mutter einfach mal Danke sagen möchte, kann dies mit einem unserer tollen Geschenke aus dem Spendenkaufhaus tun.
Erfreuliche Nachrichten für die Rehabilitationsprojekte von BOS: Bereits zum dritten Mal in diesem Jahr konnten mehrere Orang-Utans nach langjähriger Resozialisierung in die Freiheit entlassen werden.
Für Arnold und Totti ist heute ein ganz besonderer Tag: Ihnen wird zum zweiten Mal das Leben geschenkt. Die beiden Orang-Utans wurden 2006 im BOS-Schutzzentrum Samboja Lestari geboren. Kurz nach ihrer Geburt ereilt das Duo das gleiche schreckliche Schicksal: Ihre Mütter sterben an einer Lungenentzündung. Glück im Unglück: Während die Babys in freier Natur vermutlich gestorben wären, sind sie bei BOS sofort in den besten Händen. Hier kümmern sich erfahrene Tierärzte und Babysitter um die Waisen und bereiten sie auf ein späteres Leben in freier Wildbahn vor.
Seit ihrer Geburt sind zwölf Jahre vergangen. So lange brauchen viele Orang-Utans in menschlicher Obhut, um das Leben als wilde Menschenaffen zu erlernen. Dabei durchlaufen sie mehrere Jahre die Programme des Waldkindergartens und der Dschungelschule. Sie lernen von ihren Betreuern, wie Nester gebaut und Früchte gepflückt werden, wie Werkzeug hergestellt, wie gehangelt und geklettert wird.
Fortgesetzt wird die „Ausbildung“ auf sogenannten Vorauswilderungsinseln. Hier werden die Tiere immer unabhängiger von menschlicher Unterstützung. Selbständig meistern sie ihr Leben, bis sie schließlich – komplett vom Menschen entwöhnt – so weit sind und in ihr endgültiges Zuhause, den Regenwald, entlassen werden können.
Mittlerweile 340 rehabilitierte Orang-Utans in Ost- und Zentral-Kalimantan
Neben Totti und Arnold (beide 12 Jahre) wurden heute vier weitere Orang-Utans ausgewildert: das Männchen Derek (10) sowie die Weibchen Seto (8), Tinatun (10) und Sakura (10). Ihr neues Zuhause ist der Regenwald von Kehje Sewen, eine 86.450 Hektar große geschützte Fläche, auf der bereits 80 freigelassene Artgenossen leben.
Mit der heutigen Aktion erhöht sich die Zahl der insgesamt von BOS in Ost- und Zentral-Kalimantan ausgewilderten Tiere auf 340. „Im Rahmen unserer Kampagne #OrangUtanFreedom wollen wir dieses Jahr 100 Orang-Utans in ihren natürlichen Lebensraum zurückführen“, sagt Dr. Ir. Jamarin Sihite, CEO der BOS Foundation. „In unseren Schutzzentren warten hunderte weitere auf ihre Freilassung. Voraussetzung dafür ist aber eine ausreichend große Fläche an Schutzwäldern.“
Dringende Suche nach neuen Schutzwäldern
Die derzeit zur Verfügung stehende Fläche Regenwald ist begrenzt. Das Gebiet von Kehje Sewen kann etwa 150 Tiere aufnehmen. Abzüglich der hier nun lebenden 86 Orang-Utans können nur knapp 70 weitere auf ein hiesiges Zuhause hoffen. „Nicht genug für all jene, die in unseren Zentren auf ihre große Chance warten“, sagt Daniel Merdes, Geschäftsführer von BOS Deutschland.
„Wir suchen dringend nach weiteren Auswilderungsgebieten. Aber auch natürliche Schutzgebiete für Orang-Utans, denen die natürlichen Fähigkeiten und Verhaltensweisen fehlen, um unabhängig zu überleben, werden benötigt.“
In den zwei Rettungsstationen der BOS Foundation in Indonesien werden mehr als 700 Orang-Utans versorgt, betreut und auf ein Leben in Freiheit vorbereitet. Dazu gehört die medizinische Pflege nach der Rettung und während der Rehabilitation, tägliche Fütterungen, die Beschäftigung und Ausbildung in Waldkindergarten, Waldschule und Käfigen und schließlich die Auswilderung in ein geeignetes Schutzgebiet.
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Veggie ist in. Auch bei unserer Orang-Utan-Dame Indonesia. Die 14jährige weiß allerdings auch, wie lebenswichtig zusätzliche Proteine sind. Was genau auf ihren Teller kommt? Nun, in jedem Fall ist es gesund.
In den Regenwäldern Borneos hat Indonesia täglich die Qual der Wahl. Blätter, Zweige, Blüten, Baumrinde, Früchte, Samen und vieles mehr bestimmen den Speiseplan der Lady. Mit etwa 60 Prozent bilden Früchte den größten Anteil ihrer Mahlzeiten. Die dürfen ruhig auch harte Schalen und Samen haben und ein bisschen Arbeit machen, bis sie geknackt und anschließend genüsslich vertilgt werden können.
Ein absoluter Favorit auf Indonesias Menü ist jedoch Melastoma, auch Indischer oder Singapur-Rhododendron genannt. Der bis zu anderthalb Metern hoch wachsende Strauch bietet alles, was die junge Dame liebt: leckere pinkfarbene Blüten und verlockende rote Früchte. Gleichzeitig hat er gegenüber anderen Pflanzen einen entscheidenden Vorteil: Schlägt sich ein Menschenaffe wieder mal den Bauch zu voll, fungiert Melastoma nämlich auch als Heilpflanze!
Krabbeltiere zum Dessert
Selbst, wenn der Magen schon gut gefüllt ist, ein bisschen Platz scheint immer noch zu sein. Wie sonst ließe sich erklären, dass sich unsere Indonesia nach einem Haufen leckerer Blätter und Früchte immer noch fleißig an Baumrinde zu schaffen macht? Die Futterlust ist tatsächlich nur ein Grund. Der viel wichtigere: Hinter der Rinde verbergen sich Insekten wie beispielsweise Termiten, die den Orang-Utans lebenswichtiges tierisches Protein liefern. Auch Ameisen, Vogeleier oder kleinere Wirbeltiere ergänzen hin und wieder eine Mahlzeit.
Ein Häufchen für den Regenwald
Wer jetzt denkt, dass unsere rothaarigen Artverwandten ausschließlich am Futtern sind, irrt: Innerhalb des Regenwaldes nehmen sie auch eine ganz entscheidende Funktion ein; als Gärtner! Denn die Früchte und Samen, die sie vertilgen, durchwandern ihren Darm. Viele Samen werden anschließend wieder ausgeschieden.
So ein Orang-Utan-Häufchen kann über 100 Samen enthalten! Diese fallen, wenn ein Orang-Utan weit genug geklettert ist, bis zu 75 Meter vom Mutterbaum entfernt auf die Erde und wachsen dort zu neuen Pflanzen heran. Forscher gehen übrigens davon aus, dass einige Samenarten ausschließlich von den Menschenaffen verteilt werden. Das macht die „Arbeit“ unserer Schützlinge für den Regenwald umso wichtiger, unterstützen sie doch damit die Artenvielfalt ihres Lebensraums.
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Drei sind manchmal einer zu viel. Zumindest bei einem Rendezvous. Dass dies bei Orang-Utans nicht anders ist als bei uns, durften unsere Kollegen im Schutzwald Bukit Baka Bukit Raya beobachten.
Sie stießen bei einem ihrer Kontrollgänge auf Robert. Der scheue Zehnjährige wurde im April 2017 ausgewildert. Seitdem wurde er nicht mehr gesichtet. Allem Anschein nach ging es ihm aber gut, denn er thronte hoch oben in einer Baumkrone und futterte junge Blätter. Und dann war da noch etwas: ein merkwürdiges Geräusch, das immer näher kam…
Auch Robert schaute sich aufmerksam um. Dem Ursprung des Geraschels auf der Spur näherte er sich tapfer dem „Etwas“. Und sein Mut wurde belohnt, denn es war Reckie, eine neunjährige Orang-Utan-Lady, die schüchtern seine Gesellschaft suchte. Fremd waren sich die zwei nicht, denn Robert und Reckie wurden gemeinsam ausgewildert.
Jetzt jedoch schien sich eine zarte Zuneigung zu entwickeln. Die beiden gingen aufeinander zu, ohne jedoch direkten Kontakt zu haben. Stattdessen sammelten sie gemeinsam Früchte und Blätter und genossen einfach ihre Gesellschaft.
Ein Störenfried beim Stelldichein
So schüchtern Robert auch sein mag, unser Team konnte ganz genau sehen, wie er seinen ganzen Mut zusammen nahm und ganz vorsichtig an Reckie heranrutschte. Und die schien nichts dagegen zu haben!
Plötzlich jedoch betrat ein weiteres, wesentlich größeres Männchen die Bildfläche. Und damit war nicht nur die Spannung zwischen den zwei Turteltauben wie weggeblasen. Robert und Reckie ergriffen umgehend die Flucht und konnten auch im Verlauf des Tages nicht mehr geortet werden.
Wer der mysteriöse Störenfried war, konnte unser Team nicht feststellen. Eine andere Erkenntnis steht dagegen fest: Die traute Zweisamkeit der beiden Ausgewilderten macht Hoffnung auf mehr. Vielleicht treffen sie sich bald wieder und lernen sich etwas besser kennen. Und wer weiß, vielleicht kommen die zwei sich eines Tages auch richtig nahe. Schließlich sind neben der Rehabilitierung die Nachkommen ausgewilderter Orang-Utans die nächste erfolgreiche Stufe in der Sicherung des Bestandes dieser bedrohten Menschenaffenart.
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Es sollte ein ganz normaler Kontrollgang werden. Doch plötzlich erlebten unsere Mitarbeiter im Schutzwald von Bukit Batikap ein kleines Wunder. Und der Regenwald hatte einen Bewohner mehr.
Kontrollgänge durch die weitläufigen Schutzgebiete gehören für unsere BOS-Mitarbeiter zum Alltag. Meist verlaufen sie ohne Zwischenfälle. Manchmal jedoch passiert Großartiges, wie vor ein paar Tagen. „Wir waren noch nicht weit in den Schutzwald hineingelaufen, als wir das Sendersignal unseres Schützlings Meklies empfingen“, erzählt BOS-Mitarbeiterin Andrea. „Nur sechs Tage vorher hatten wir sie hochschwanger gesichtet. Ganz klar, dass wir jetzt besonders ein Auge auf sie haben wollten.“
Andrea und ihre Teamkollegen folgten dem Signal. Auf einer Lichtung mit riesigen Bäumen sahen sie auf einmal hoch über sich ein Orang-Utan-Nest, aus dem neugierig jemand herausblickte: Meklies! Normalerweise zeigt die Fünfzehnjährige eindeutig, dass sie von menschlicher Gesellschaft nicht viel hält und versteckt sich.
Diesmal jedoch war irgendetwas anders. „Sie schien uns zu akzeptieren“, berichtet Andrea. „Also haben wir uns abseits niedergelassen und das Nest beobachtet.“ Nach einer halben Stunde zeigte sich die Orang-Utan-Dame wieder. Doch diesmal war sie nicht allein! An ihrer Seite hing der kleinste Menschenaffe, den unsere Mitarbeiter nach eigener Aussage jemals gesehen hatten!
„Der kleinste Orang-Utan, den wir je gesehen haben“
„Das Fell des Babys leuchtete hell wie die aufgehende Sonne“, schwärmt unsere Mitarbeiterin. „Das Kleine konnte höchstens ein oder zwei Tage alt sein. Seine Augen waren noch geschlossen, das Haar fleckig und noch komplett verwuschelt.“
Der Moment, in dem das Baby bestaunt werden konnte, war nur kurz, denn Meklies versteckte es sofort wieder. Gemeinsam mit dem Nachwuchs kletterte sie auf einen anderen Ast und legte sich zur Ruhe. Einige stressige Geräusche später machte sich unser Team wieder auf den Heimweg. „Im Gesicht hatten wir alle ein breites Lächeln“, erinnert sich Andrea. „Klar, wir hatten ja auch ein kleines Wunder erlebt.“
Auf den zweiten Blick ist das Wunder noch weitaus größer: „Wir haben nicht nur ein neues Menschenäffchen auf der Welt begrüßt, sondern auch erlebt, wie toll sich ein rehabilitierter Orang-Utan entwickelt hat.“ Nur zwölf Jahre zuvor, im Alter von drei Jahren, wurde Meklies aus einer Palmöl-Plantage gerettet. Ihr Baby verspricht jetzt Hoffnung für eine vom Aussterben bedrohte Spezies, deren Anzahl von Tag zu Tag schwindet.
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Moderne Landwirtschaft und Artenvielfalt sind meist nicht die besten Freunde. Überall auf der Welt, wo Landwirtschaft in großem Stil betrieben wird, beschränken ausgedehnte, maschinengeeignete Anbauflächen das Leben auf dem Acker im Wesentlichen auf die angebauten Nutzpflanzen. Dazwischen: nichts. Keine Hecken oder Gehölze, nicht einmal kleine Feuchtbiotope.
Die Belastung der Böden, des Grundwassers und der umliegenden Gewässer durch Düngemittel und Pestizide tut ein Übriges zur Verringerung der Artenvielfalt. In tropischen Ländern fallen zudem riesige Waldgebiete der Anlage von Ölpalmen- und anderen Plantagen zum Opfer. Auch das ist Landwirtschaft.
Global gesehen erscheint dies zunächst mehr oder weniger unvermeidlich. Schließlich gilt es weltweit Milliarden von Menschen zu ernähren, vom zunehmenden Durst nach Agrosprit ganz abgesehen.
Doch es gibt noch Hoffnung
Wissenschaftler verschiedener Forschungsinstitute aus Göttingen, Leipzig, Jena und Münster haben eine Studie[i] erstellt, die genau diese Fragestellung zum Thema hat.
Die Autoren schätzen, dass der globale Biodiversitätsverlust auf landwirtschaftlichen Flächen bis 2040 im Vergleich zum Jahr 2000 weltweit etwa 11 Prozent betragen wird. Sie zeigen aber auch, dass dieser durch die Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion verursachte Verlust um 88 Prozent verringert werden könnte. Dazu bedarf es allerdings international koordinierter Landnutzungsplanung. Entsprechende, konsequente Konzeptionen allein auf nationaler Ebene würden den erwarteten Rückgang an Artenvielfalt immerhin noch um 61 Prozent abmildern.
Der Schlüssel dieser Strategien wäre, Ausweitungen landwirtschaftlicher Aktivität in Areale mit ohnehin schon geringer Artenvielfalt zu lenken, so dass Gebiete hoher Biodiversität eher geschont würden.
Die Gebiete mit hoher Biodiversität sind in zehn Ländern konzentriert
Zum größten Teil konzentriert sich dieses Potential auf zehn Länder, darunter Brasilien, Indien und Indonesien. Wenn allein diese Staaten ihre Landwirtschaft, einschließlich Plantagen, so konzeptionieren würden, dass Gebiete mit hoher Biodiversität weitgehend erhalten blieben, könnten etwa 33 Prozent des global erwarteten Artenschwundes vermieden werden. Für Ölpalmen-Länder bedeutete dies, „nur“ die bestehenden Plantagenflächen sowie gegebenenfalls stark degradierte Flächen nachhaltig und umweltverträglich zu nutzen und von weiteren Waldzerstörungen strikt abzusehen.
Problematisch dabei ist allerdings, dass die besagten Länder auch zu den insgesamt zwanzig Ländern mit dem weltweit verheerendsten Artenschwund zählen. Mitautor Carsten Meyer, Universität Leipzig, erklärt: „Leider sind diese Länder zudem auch oft durch heimische Landnutzungskonflikte und relativ schwache regelnde Institutionen charakterisiert. Beides behindert gegenwärtig Landnutzungsverbesserungen.“
Die Wirtschaft dieser Länder hängt meist auch sehr stark von Landwirtschafts- und Plantagenprodukten ab, einschließlich Palmöl. Eine unter Artenschutzgesichtspunkten optimierte Landnutzungsverteilung würde gerade sie ökonomisch zu Verlierern machen. „Globale Optimierung beinhaltet, dass artenreiche Länder, hauptsächlich in den Tropen, stärker in der Verantwortung für den Schutz der natürlichen Ressourcen des Planeten sind – und dies auf Kosten ihrer eigenen wirtschaftlichen Entwicklung. Wenn solche im Widerspruch stehenden nationalen Interessen nicht irgendwie in internationale Nachhaltigkeitspolitik eingebettet werden, erscheint globale Kooperation unwahrscheinlich und dürfte neue sozioökonomische Abhängigkeiten schaffen“, erklärt der Hauptautor der Studie, Lukas Egli von der Universität Göttingen.
Reflektiert man die zusammengefassten, zentralen Ergebnisse dieser Studie, kann man nur zu dem wenig überraschenden Schluss kommen, dass gerade den tropischen Ländern mit ihrer besonderen biologischen Vielfalt auf die eine oder andere Weise Kompensation durch die internationale Gemeinschaft zusteht. Letztlich ließen sich eine produktive Landwirtschaft und der Erhalt der Artenvielfalt zumindest weitgehend miteinander versöhnen, wenn nur international der politische Wille dafür vorhanden wäre.
Die internationale BOS-Gemeinschaft setzt auf ihre Weise und im Rahmen ihrer Arbeit die Empfehlungen der Studie seit jeher um: durch Einbeziehung der lokalen Bevölkerung in alle Schutzbemühungen und Schaffung alternativer Einkommensquellen — tragende Säulen der BOS-Aktivitäten.
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[i] Egli L, Meyer C, Scherber C, Kreft H, Tscharntke T. Winners and losers of national and global efforts to reconcile agricultural intensification and biodiversity conservation. Global Change Biology, Febr. 2018.
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