Der Kampf gegen das Feuer geht weiter

Der Kampf gegen das Feuer geht weiter

Kurz konnten wir aufatmen, als Regen die Brände in unseren Projekt­ge­bieten auf Borneo löschte und die Gefahr für unsere Orang-Utans im Rettungs­zen­trum Nyaru Menteng erstmal gebannt war. Doch es war nur ein kurzes Luft­holen. Im wahrsten Sinne. Denn aktuell hängen die Rauch­schwaden wieder über dem Land. Das Feuer ist zurück.

In Nyaru Menteng bedrohen aktuell zwar keine Flammen mehr unser Rettungs­zen­trum. Aber in der Umge­bung brennt es erneut an so vielen Stellen, dass die Luft von dichtem Rauch – dem soge­nannten Haze – erfüllt ist und das Atmen schwer­fällt. Menschen wie Tieren glei­cher­maßen. Eine extreme Belas­tung für die Gesund­heit, deren Folgen wir jetzt noch gar nicht abschätzen können. Doch aus der Erfah­rung der drama­ti­schen Brände von 2015 wissen wir, dass es in den kommenden Monaten sicher­lich zu vermehrten Atem­wegs­er­kran­kungen bei unseren Orang-Utans kommen wird.

Die Brände nahe dem Forschungscamp Tuanan
Die Brände nahe dem Forschungs­camp Tuanan

Anders sieht es in unserem Projekt­ge­biet Mawas aus. Dort kämpfen unsere Mitar­beiter gegen Wald­brände, die nicht nur unsere Auffors­tungs­ge­biete in der Nähe der Gemeinde Mant­angai bedrohen, sondern auch das Tuanan-Forschungs­camp, das am Rande des bestehenden Regen­waldes liegt, in dem rund 2550 wilde Orang-Utans leben – eine der größten noch bestehenden Wild­po­pu­la­tionen auf Borneo.

Unsere Mitarbeiter im Einsatz gegen das Feuer
Unsere Mitar­beiter im Einsatz gegen das Feuer
Der Boden muss gut vernässt werden, um auch die unterirdischen Feuer zu löschen
Der Boden muss gut vernässt werden, um auch die unter­ir­di­schen Feuer zu löschen

Die Regie­rungs­be­hörden, Feuer­wehr, Polizei und Militär sind über die Brände infor­miert und um Unter­stüt­zung gebeten worden. Doch aufgrund der ange­spannten Wald­brand­si­tua­tion in ganz Indo­ne­sien, gab es bisher noch keinerlei Unter­stüt­zung seitens der Behörden – die profes­sio­nellen Brand­be­kämpfer sind bereits an anderen Orten im Einsatz.

Brandbekämpfung mitten in der Wildnis
Brand­be­kämp­fung ohne Unter­stüt­zung der staat­li­chen Stellen

Also bleibt uns nur, uns selbst zu helfen. Glück­li­cher­weise sind unsere Mitar­beiter dank unserer inten­siven Vorbe­rei­tung in den vergan­genen Jahren gut geschult. Bisher gelingt es uns, die Feuer in Schach zu halten, die Brände zu isolieren, neue Brunnen zu bohren und trockene Flächen zu vernässen. So konnten wir bislang die Forschungs­sta­tion und unsere Pflanz­ge­biete sichern.

Gefährliche Arbeit im Brandgebiet
Gefähr­liche Arbeit im Brandgebiet
Ein Wasserhydrant pumpt das rettende Nass empor
Ein Wasser­hy­drant pumpt das rettende Nass empor
BOS-Mitarbeiter im Einsatz
BOS-Mitar­beiter schleppen das Mate­rial zum Einsatzort

Gegen­wärtig arbeitet unser Team in Mawas unter Hoch­druck daran, eine weitere Ausbrei­tung der Feuer in unseren Arbeits­be­rei­chen zu verhin­dern. Rund um Mant­angai werden auch Nacht­pa­trouillen durch­ge­führt, um gezielte Brand­stif­tungs­ver­suche zu verhin­dern — denn die werden norma­ler­weise nach Einbruch der Dunkel­heit durchgeführt.

Nachtpatrouillen sollen weitere Brandstiftung verhindern
Nacht­pa­trouillen sollen weitere Brand­stif­tung verhindern

Uns bleibt nur, bis zum Ende der Trocken­zeit unter Hoch­druck gegen die Brände anzu­kämpfen. Wielange der Regen noch auf sich warten lässt, kann niemand voraus­sagen. Ob zwei Wochen, zwei Monate oder womög­lich noch länger, steht in den Sternen.

Von der Show­bühne in den Regen­wald – Orang-Utan-Familie nach Reha­bi­li­ta­tion ausgewildert

Von der Show­bühne in den Regen­wald – Orang-Utan-Familie nach Reha­bi­li­ta­tion ausgewildert

Die Geschichte von Orang-Utan-Mutter Riki beginnt tragisch: Ausge­beutet und vorge­führt in einem Wasser­park in Jakarta, ihrer Tochter Febri kurz nach der Geburt beraubt, fris­tete sie ein fast aussichts­loses Dasein. Bis zu ihrer Befreiung durch BOS im Jahr 2006. Da war Riki 13 Jahre alt, ihre Tochter Febri zwei. Jetzt dürfen die beiden gemeinsam mit Rikis zweiter Tochter Rini endlich als wilde Orang-Utans im Regen­wald leben.

Als Riki mit ihren 13 Jahren ins BOS Rettungs­zen­trum Samboja Lestari kam, war sie leider zu alt, um an unserem Reha­bi­li­ta­ti­ons­pro­gramm in der Wald­schule teil­zu­nehmen. Tochter Febri aller­dings lernte in der Wald­schule alles, was ein wilder Orang-Utan im Regen­wald können muss. 

Am 5. Juli 2015 wurde Riki zum zweiten Mal Mutter: Tochter Rini wurde geboren. 

Riki mit ihrer Tochter Rini

Riki mit ihrer Tochter Rini

Unsere Mitar­beiter entschieden sich, die beiden sofort auf die Voraus­wil­de­rungs­insel Eins (später auf Voraus­wil­de­rungs­insel Zwei) ziehen zu lassen, um zu testen, wie gut Riki und Rini allein in der Wildnis zurecht­kommen würden. Das klappte so gut, dass Riki (inzwi­schen 26 Jahre alt) nun gemeinsam mit ihren beiden Töch­tern im Schutz­wald Kehje Sewen ausge­wil­dert werden konnte. Eine Auswil­de­rung, die uns ganz beson­ders glück­lich macht. Denn Orang-Utans, die bis ins Erwach­se­nen­alter in Unter­hal­tungs­shows ausge­beutet wurden, erlangen nur selten die Fähig­keiten, die es braucht, um in der Wildnis über­leben zu können. 

Mit den drei Damen durfte auch der 17-jährige Orang-Utan-Mann Misri in den Regen­wald einziehen. Auch er kam 2006 im Alter von vier Jahren zu BOS, wo er erfolg­reich die Wald­schule abschließen konnte.

Die neuen Wilden werden auf die Reise vorbereitet
Die neuen Wilden werden auf die Reise vorbereitet
 

Auswil­de­rungen in unseren Schutz­wald Kehje Sewen stellen immer eine beson­dere Heraus­for­de­rung dar.

 

Denn der Weg in den Urwald ist lang und beschwer­lich. 17 Stunden war der Treck diesmal unter­wegs, ehe sich die Trans­port­boxen zunächst für Febri, dann Misri und zuletzt Mama Riki und Töch­ter­chen Rini öffneten. 

Misri

Damit konnte BOS in diesem Jahr bereits 28 Tieren die Frei­heit schenken. 111 Orang-Utans fanden seit 2012 in Kehje Sewen eine neue, wilde Heimat.

Mit dem ersten Schritt, den die Menschen­affen im Regen­wald unter­nehmen, beginnt direkt die Arbeit unserer Post-Moni­to­ring-Mitar­beiter, die über­wa­chen, ob die Tiere in ihrem neuen Leben gut zurecht­kommen. Wir sind gespannt, was sie uns über die neuen Wilden Misri, Riki, Febri und Rini berichten werden.

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Die Vorzüge des Allein­seins – Zakia im Glück

Die Vorzüge des Allein­seins – Zakia im Glück

An einem sonnigen Vormittag beschloss unser Post-Release-Moni­to­ring-Team im BOS-Schutz­wald Bukit Batikap die Beob­ach­tungs­tour an diesem Tag mit dem Boot zu starten. Als sie strom­auf­wärts unter­wegs waren, sahen sie nach einigen Minuten am Ufer einen Orang-Utan sitzen. Die geschulten Augen unserer Beob­achter erkannten schnell, dass es sich um Zakia handelte. 

Die 15-jährige Orang-Utan-Dame lebt seit April 2016 in Bukit Batikap. Sie gilt als furcht­loses, domi­nantes und selbst­be­wusstes Weib­chen, das die Anwe­sen­heit von Menschen über­haupt nicht mag. Unser Boot musterte sie daher auch mit strengem Blick.

Zakia
Zakia

An diesem Tag war Zakia der einzige Orang-Utan, den unser Team weit und breit entde­cken konnte. So konnten sich unsere Mitar­beiter voll auf sie konzentrieren.
Die sonst so aktive und unru­hige Zakia über­raschte uns dann auch mit einer ganz neuen Seite von sich. Sie schien sorglos und unbe­küm­mert ihre Umge­bung zu genießen. Zakia spielte im Sand des Fluss­ufers und schlug kleine Purzel­bäume. Dann legte sie eine kleine Pause ein, legte sich an den Strand und betrach­tete entspannt den Himmel. Sie machte den Eindruck, mit sich und der Welt voll­kommen im Reinen zu sein. Nach einiger Zeit schwang sie fröh­lich und voller Elan von Ast zu Ast tief in den Wald hinein. Sie schien sich groß­artig zu amüsieren. Für unser Team war dies eine sehr erfreu­liche Erfah­rung, denn es ist unge­wöhn­lich, Zakia so entspannt und fröh­lich zu erleben.

Zakia beobachtet genau
Zakia beob­achtet genau

Natür­lich machten sich unsere Beob­achter ihre Gedanken, warum Zakia so ganz anders agierte, als sie es gewohnt waren. Eine mögliche Erklä­rung: Viel­leicht war das jugend­liche Männ­chen Cilik der Grund. Der hatte einige Zeit mit Zakia verbracht und war nun wieder gegangen. Womög­lich genoss es Zakia ganz einfach, endlich wieder ihre Ruhe zu haben. 

Bleib weiterhin so kämp­fe­risch und unab­hängig, Zakia. Und genieße Dein Leben in Freiheit! 

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Baum­schule in Mawas durch Wirbel­sturm zerstört

Baum­schule in Mawas durch Wirbel­sturm zerstört

Der Klima­wandel zeigt sich auf Borneo nicht nur durch eine beson­ders harte Trocken­zeit. Jetzt kommen auch Wirbel­stürme hinzu, die eine unserer Baum­schulen und viele Häuser in Mawas zerstört haben.

Nicht nur im Amazonas werden die Regen­wälder – die Lungen der Erde – gerade durch verhee­rende Wald­brände zerstört. Auch in Indo­ne­sien wüten zurzeit über­durch­schnitt­lich viele Feuer.
Zum Glück sind unsere BOS-Arbeits­ge­biete aktuell nicht von Bränden betroffen, aber das kann sich sekünd­lich ändern. Aufgrund der derzei­tigen Trocken­zeit auf Borneo befinden sich unsere Kollegen in stän­diger Alarm­be­reit­schaft. Denn Brände können überall und jeder­zeit aufflammen. Nach Angaben des indo­ne­si­schen Minis­te­riums für Umwelt und Forst­wirt­schaft wurden seit 2015 durch Wald­brände allein in Kali­mantan mehr als eine Million Hektar Wald zerstört. Insge­samt verlor Indo­ne­sien seit 2015 fast 3,9 Millionen Hektar Wald an das Feuer.

Die aktu­elle Trocken­zeit hat nicht nur gefähr­liche Wald­brände in unser Projekt­ge­biet gebracht, sondern auch andere Natur­ka­ta­stro­phen; insbe­son­dere Wirbel­winde. In diesen soge­nannten Kleintromben, Wirbel­winden oder kleinen Wirbeln drehen sich Luft­ströme mit einer Geschwin­dig­keit von mehr als 63 Stun­den­ki­lo­me­tern. Eine Kleintrombe dauert in der Regel nur fünf Minuten, kann jedoch – wie eine Art Mini-Tornado oder Zyklon – ernst­hafte Schäden verursachen.

Am 20. August erhielten wir gegen 17 Uhr Nach­richt, dass ein Wirbel­sturm durch eines unserer Projekt­dörfer in Mawas im Distrikt von Kapuas (Zentral-Kali­mantan) gefegt war. Hier hat BOS gemeinsam mit den Einhei­mi­schen eine Baum­schule einge­richtet, in der die Sämlinge verschie­dener ende­mi­scher Bäume kulti­viert werden. Mit diesen Setz­lingen sollte eine degra­dierte Moor­wald­fläche inner­halb des Arbeits­ge­biets des Mawas-Natur­schutz­pro­gramms neu bepflanzt werden.

Der Wirbel­wind hat unsere Baum­schule zerstört

Der Wirbel­sturm hat nicht nur Dutzende Häuser in den umlie­genden Dörfern beschä­digt, sondern auch Teile unserer Baum­schule und Hunderte von Sämlingen zerstört, die kurz davor waren, gepflanzt zu werden.

Die in Mitlei­den­schaft gezo­genen Sämlinge

Unser Team in Mawas arbeitet jetzt Hand in Hand mit der Dorf­ge­mein­schaft zusammen, um die Baum­schule zu repa­rieren, die unbe­schä­digten Setz­linge zu retten und neue Sämlinge anzu­legen. Wir hatten eigent­lich geplant, bald mit der Pflan­zung der Setz­linge beginnen zu können. Doch die Natur­ka­ta­strophe macht uns einen Strich durch die Rech­nung. Vermut­lich verschiebt sich nun der Pflanz­zeit­punkt in den Oktober. Unser Team und die Mitar­beiter aus den Dörfern sind jedoch weiterhin opti­mis­tisch, dass bis zu diesem Zeit­punkt genü­gend Sämlinge zur Auspflan­zung bereit­stehen und wir unser Ziel errei­chen werden!

Werden auch Sie zum Baum-Pflanzer. Auf www.lebenswald.org können auch Sie Bäume in Mawas pflanzen.

„So Kind, wir gehen jetzt weiter!“

„So Kind, wir gehen jetzt weiter!“

Was machen Orang-Utan-Mütter, wenn sie obige Auffor­de­rung an ihr Kleines richten wollen? In Worte können sie ihre Absicht ja schlecht fassen. Ihr Kommu­ni­ka­ti­ons­mittel ist so einfach wie verblüf­fend: Sie kratzen sich „über­trieben“ laut und auffällig, was dann die gewünschte Aufmerk­sam­keit des Jungen findet. 

Kratzen gehört norma­ler­weise zu dem, was die Wissen­schaftler self-directed beha­vior (auf sich selbst gerich­tetes Verhalten) nennen. Dies ist bei vielen Primaten üblich, wozu außer Kratzen auch Berüh­rungen im eigenen Gesicht oder Pflege des eigenen Fells gehören. Inwie­fern solche Verhal­tens­weisen aber auch kommu­ni­ka­tiven Zwecken dienen, wird seit einigen Jahren unter Fach­leuten debat­tiert. Forscher der Univer­sität Zürich haben dazu kürz­lich Sumatra-Orang-Utans beob­achtet.

Fast lautlose Kommunikation
Wie Orang-Utan-Mütter sprechen
 

Kommu­ni­ka­tion im Regenwald 

Aufbauend auf früheren Studien an Schim­pansen versuchten sie, die These zu unter­mauern, dass lautes und auffäl­liges Kratzen beson­ders in der Mutter-Kind-Bezie­hung ein absicht­lich einge­setztes Kommu­ni­ka­ti­ons­mittel des Weib­chens sei, um ihr Junges zu führen. Tatsäch­lich konnten auch die Forscher solches Kratzen aus bis zu 15 Metern Entfer­nung hören, während „normales“ Kratzen sehr viel unauf­fäl­liger und leiser ist.  Das Weib­chen wandte sich dabei offenbar bewusst ihrem Jungen zu und lenkte so dessen Aufmerk­sam­keit zusätz­lich auf sich. Es wurde deut­lich, dass das scheinbar über­trie­bene „Kommu­ni­ka­tions-Kratzen“ haupt­säch­lich dann einge­setzt wurde, wenn das Weib­chen mit seinem Jungen aufbre­chen wollte. Der junge Orang-Utan folgte dann seiner Mutter, die auf diese Weise ihren Weg durch den Wald mit dem Jungen koordinierte. 

Ob auch Borneo-Orang-Utans dieses Verhalten regel­mäßig zeigen, kann man noch nicht mit Gewiss­heit sagen, aber die Annahme, dass sie es tun, liegt sehr nahe. Auch Schim­pansen und Bonobos kommu­ni­zieren mit ihren Jungen auf ähnliche Weise. 

Mutter und Kind verstehen sich ohne Worte
Mutter und Kind verstehen sich ohne Worte
 

Menschen­affen allge­mein zeigen ein reiches Reper­toire an kommu­ni­ka­tiven Lauten und Gesten, die sie kontext­ab­hängig einsetzen und auch wech­seln können, wenn sie von ihren Artge­nossen nicht verstanden werden. Beispiels­weise bei Orang-Utans in Gefan­gen­schaft wurde dies häufig beob­achtet. Wild­le­bende Orang-Utans aller­dings setzen Laute nur selten zur direkten Kommu­ni­ka­tion ein, viel­leicht um Präda­toren oder fremde Orang-Utans nicht auf sich aufmerksam zu machen. Die Kratz­laute sind zwar auch zu hören, aber weniger weit als Rufe. Inso­fern stellen sie eine Auffor­de­rung der Mutter an das Junge dar, die nicht unmit­telbar dring­lich ist. 

Biologie oder Kultur – weiterer Forschungsbedarf 

Die oben skiz­zierten Forschungs­er­geb­nisse basieren ledig­lich auf sieb­zehn Indi­vi­duen. Die Autorinnen und Autoren der Studie weisen darauf hin, dass noch sehr viel Forschungs­be­darf besteht, um alle Einzel­heiten der Kommu­ni­ka­tion unter Menschen­affen allge­mein und Orang-Utans im Beson­deren zu verstehen. Gerade auch Menschen­affen zeigen Ansätze von Kultur­bil­dung. Ob das beschrie­bene Kommu­ni­ka­ti­ons­ver­halten ange­boren oder sozu­sagen kultu­rell vererbt wird, ist daher für die weitere Forschung von beson­derem Inter­esse. Dafür müssen in Zukunft mehr und größere Popu­la­tionen beob­achtet werden, um etwaige Unter­schiede und Gemein­sam­keiten festzustellen. 

Mutter Teresa und Sohn Berani
Mutter als Lehrmeisterin

Das Beson­dere bei Orang-Utans ist zudem, dass sie anders als andere Primaten nicht in dauer­haften Verbänden leben, sondern in aller Regel nur als Mutter-Kind-Gruppen anzu­treffen sind. Erlerntes Verhalten wird also zum aller­größten Teil über die Mutter weiter­ge­geben. In welchem Maß wilde Orang-Utans auch von anderen Indi­vi­duen als ihrer Mutter lernen und das Erlernte weiter­geben, ist eben­falls eine inter­es­sante Frage. Die von BOS ausge­wil­derten Tiere haben ja immer ihre mensch­li­chen Pfle­ge­rinnen und ihre etwa gleich­alten Artge­nossen als Vorbilder. 

So nah man bei BOS den Orang-Utans auch ist, die wilden Vertreter ihrer Art haben immer noch ihre Geheim­nisse. Sie zu erfor­schen mag auch helfen, die Arbeit von BOS noch weiter zu verbessern. 

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Geschmug­gelt, gede­mü­tigt, geschlagen: Retten Sie mit uns die verges­senen Orang-Utans in Thailand

Geschmug­gelt, gede­mü­tigt, geschlagen: Retten Sie mit uns die verges­senen Orang-Utans in Thailand

Kürz­lich kehrte BOS Deutsch­land Geschäfts­führer Daniel Merdes von einer Reise aus Thai­land zurück. Sein Reise­be­richt handelte jedoch nicht von Strand, gutem Essen und Entspan­nung. Statt­dessen erzählte er von gequälten Orang-Utans, die ein unvor­stellbar trau­riges Dasein in herun­ter­ge­kom­menen Zoos und Vergnü­gungs­parks fristen. 

Warum sind Sie nach Thai­land gereist, um Orang-Utans zu sehen – das Projekt­ge­biet von BOS ist doch die indo­ne­si­sche Insel Borneo, die Heimat der Orang-Utans?

Ich wurde in Thai­land geboren, habe daher eine beson­dere Verbin­dung zu dem Land. Als ich 2008 „Im Einsatz für die Orang-Utans“ von Hannes Jaenicke im ZDF sah, haben sich mir vor allem auch die Bilder der Orang-Utans einge­brannt, die in Thai­land in Touris­ten­shows vorge­führt werden. Das Thema hat mich seither nicht mehr losgelassen. 

Letztes Jahr entdeckte ich die eindrucks­vollen Bilder des Foto­grafen Jaya­pra­kash Bojan von Orang-Utans in Boxshows der thai­län­di­schen Safari-Parks und im Pata Zoo in Bangkok. Das hat mich sehr berührt. Daraufhin fing ich an, zu dem Thema zu recher­chieren. Dabei bin ich auf Edwin Wiek und seine Orga­ni­sa­tion Wild­life Friends Foun­da­tion Thai­land (WFFT) gestoßen, der mich einlud, ihn und sein Rettungs­zen­trum südlich von Bangkok zu besu­chen. Zuvor wollte ich mir aber selbst ein Bild der Orang-Utans im Pata Zoo machen.

Pata Zoo Thailand
Pata Zoo Thailand
 

Ein Zoo inmitten von Bangkok, auf dem Dach eines Einkaufszentrums…

Ja, das ist bizarr. Gegründet 1983 auf der 6. und 7. Etage eines Einkaufs­zen­trums. Alles ist aus Beton, es ist schon auf den ersten Blick schmutzig, dunkel und depri­mie­rend. Besucht wird er vor allem von Thais, die den Zoo tatsäch­lich lieben. In Bangkok ist der Zoo eine Insti­tu­tion. Es gibt Vögel, Gibbons, Raub­katzen, Schlangen, die man in die Hand nehmen kann, einen Strei­chelzoo mit Ziegen, Schafen, Kanin­chen und Menschen­affen: einen Schim­pansen, ein Gorilla-Weib­chen und vier Orang-Utans – alle in einem unwür­digen Zustand. Die Tiere wirken apathisch, völlig perspek­tivlos, traurig, gelang­weilt, genervt, gebro­chen. Ein Orang-Utan hat mich ange­spuckt – ein deut­li­ches Zeichen, wie sehr sie Menschen hassen. Sie leben auf nacktem Beton, es gibt keine Pflanzen, keinerlei Enrich­ment. Dass Orang-Utans lange platt auf dem Boden liegen ist ein Verhalten, dass ich in unseren Stationen noch nie gesehen habe. 

Pata Zoo Thailand
Gebro­chener Orang-Utan im Pata Zoo
 

Woher stammen diese Orang-Utans?

Wir gehen davon aus, dass es sich um Show­ve­te­ranen handelt, da sie auch im Pata Zoo immer wieder bei Veran­stal­tungen vorge­führt werden. Im Endef­fekt sind aber alle Tiere aus Indo­ne­sien geschmug­gelt worden – bzw. ihre Vorfahren – da gibt es keinen Zweifel.

——– Hier sehen Sie einen ZDF-Bericht zum Thema! ——–

Show­ve­te­ranen?

Ja, ein Riesen­ge­schäft in Asien, nicht nur in Thai­land. Am bekann­testen ist sicher Safari World, ein riesiger Vergnü­gungs­park und Zoo. Orang-Utans werden dort mit Gewalt, Schlägen, Futter­entzug dres­siert. Sie werden verkleidet und geschminkt und führen für Touristen Boxkämpfe auf, spielen das Nummern­girl oder werden in den Shows zu Lach­num­mern. Sie müssen mit Touristen für Fotos lustige Fratzen ziehen oder dürfen mit Süßig­keiten gefüt­tert werden.
Die Tiere werden sexua­li­siert, führen unna­tür­liche Verhal­tens­weisen vor und vermit­teln ein völlig falsches Bild von Wild­tieren. Gerade auch Kindern.
Wir können eine Art aber nur dann erhalten, wenn wir Menschen ein realis­ti­sches Bild von den Wild­tieren haben. Und das kann eigent­lich nur sein, sie in Ruhe in ihrer natür­li­chen Heimat zu lassen.

Vergnügungspark in Thailand
Mit Schlägen gefügig gemacht

Orang-Utans sind im Washing­toner Arten­schutz­über­ein­kommen CITES im Anhang I gelistet, genießen also inter­na­tional höchsten Schutz und jeder inter­na­tio­nale kommer­zi­elle Handel ist somit verboten… 

Ja, der ille­gale Wild­tier­handel ist dennoch ein Riesen­ge­schäft. Der verbo­tene Handel mit geschützten Tier- und Pflan­zen­pro­dukten rangiert welt­weit an vierter Stelle in der Orga­ni­sierten Krimi­na­lität hinter Drogen­handel, Menschen­handel und Produkt­pi­ra­terie. Der Umsatz wird auf mindes­tens 10 Milli­arden US-Dollar pro Jahr geschätzt.

Wird Wild­tier­handel in Thai­land nicht straf­recht­lich verfolgt? Oder die nicht artge­rechte Haltung von Tieren?

Theo­re­tisch schon. Über­führte Schmuggler müssen mit mehr­jäh­rigen Gefäng­nis­strafen rechnen. In der Praxis muss es aber erstmal zu einer Anklage kommen. Doch die hat selten Aussicht auf Erfolg. Meist verläuft so etwas im Sande – je nachdem wie einfluss­reich der Ange­klagte ist… Gegen den Pata Zoo z. B. gab es schon mehrere natio­nale und inter­na­tio­nale Vorstöße, ihn zu schließen. Gebracht hat es gar nichts. Den Zoo und seine Bewohner gibt es noch immer. 

Wer sind die Abnehmer der geschmug­gelten Orang-Utans?

Das ist schwierig zu beant­worten. Wild­tier­handel findet zu großen Teilen im Internet, im Darknet statt. Natür­lich auch an Privat­leute. Die Zoos und Vergnü­gungs­shows sind inzwi­schen gar nicht mehr ange­wiesen auf geschmug­gelte Tiere. Sie züchten mit den einst­mals geschmug­gelten Tieren einfach selbst nach – so wie es euro­päi­sche Zoos letzt­lich auch machen. Nur sind die Haltungs- und Zucht­be­din­gungen inzwi­schen andere. Von daher macht es auch keinen Sinn, die Tiere aus den Zoos oder Shows frei­zu­kaufen. Damit unter­stützt man nur das nächste Leid der Tiere, da dann einfach mehr gezüchtet wird und der Verkauf an Rettungs­zen­tren zur guten Einnah­me­quelle wird. 50.000 Euro sind schon mal gezahlt worden, um einen gefan­genen Orang-Utan frei­zu­kaufen. Wir würden das System also nur unter­stützen, wenn wir uns dafür einsetzen würden, die Tiere freizukaufen. 

Vergnügungspark in Thailand
Darüber lachen Touristen!

Was kann BOS Deutsch­land also tun, um diesen Tieren zu helfen?

Natür­lich würde ich die Tiere am liebsten zurück in den indo­ne­si­schen Regen­wald bringen. Wenn die indo­ne­si­sche Regie­rung tatsäch­lich nach­weisen kann, dass ein Tier geschmug­gelt wurde, dann kann es theo­re­tisch zurück­ge­holt werden.
Doch die meisten Orang-Utans sind nicht mehr auswil­derbar. Sie sind krank, haben sich mit Hepa­titis oder Tuber­ku­lose infi­ziert und wären so eine Gefahr für wilde Popu­la­tionen. Und unsere Rettungs­zen­tren sind schon jetzt an der Grenze ihrer Aufnahmekapazität.
Unser Ziel ist es, in Thai­land einen Ort zu finden, an dem sie würdig leben können. So ein Ort ist das Rettungs­zen­trum WFFT von Edwin Wiek. Er konnte bereits mit viel diplo­ma­ti­schem Geschick und dank seines hervor­ra­genden Netz­werks zwei Show-Orang-Utans retten und hat ihnen ein wunder­schönes Gehege errichtet. Sie leben in einem riesen­großen Frei­ge­hege voller Bäume, können klet­tern, sich verste­cken, spielen und frei und würdig leben.
Wir von BOS Deutsch­land möchten Edwin Wiek bei seiner wert­vollen Arbeit unter­stützen. Er arbeitet bereits seit Jahren an diesem Thema, kennt die rich­tigen Leute, verhan­delt mit Poli­ti­kern, hat sogar Verbin­dungen ins thai­län­di­sche Königs­haus. Die Besitzer der Parks und Zoos sind reiche, mäch­tige Leute, an die kommt man nur mit viel diplo­ma­ti­schem Geschick. Nun geht es darum, dass im Rettungs­zen­trum von WFFT alles bereit ist für die Tiere. Wir von BOS Deutsch­land brau­chen jetzt finan­zi­elle Unter­stüt­zung für den Bau einer Orang-Utan-Insel im Rettungs­zen­trum von WFFT. Eine fertige, tier­wohl­ent­spre­chende Unter­brin­gungs­mög­lich­keit für die Show-Orang-Utans ist auch eine nütz­liche Argu­men­ta­ti­ons­hilfe bei den thai­län­di­schen Behörden. Damit die trau­rigen Orang-Utans aus dem Pata Zoo und aus Safari World noch viele gute Jahre vor sich haben dürfen.

Es ist noch ein langer Weg, aber wir sind bereit, ihn zu gehen. 

Und wie kann ich BOS dabei unter­stützen, die Orang-Utans in Thai­land zu retten? 

Besu­chen Sie nie so eine Show! Reden Sie mit Ihren Freunden darüber. Diese Shows müssen geächtet und diffa­miert werden. Thai­land­ur­lauber dürfen sie nicht besu­chen, dürfen keine Fotos mit Wild­tieren machen. Statt­dessen kann jeder einzelne z. B. auf Inter­net­por­talen diese Orte negativ bewerten. Wir müssen inter­na­tional ein Bewusst­sein dafür schaffen, dass es sich um Wild­tiere mit einer Würde handelt.

Mit Ihrer Spende unter dem Stich­wort “Thai­land” unter­stützen Sie BOS Deutsch­land und Wild­life Friends Foun­da­tion Thai­land beim Bau einer Orang-Utan-Insel für Show-Vete­ranen in Thai­land. https://www.orangutan.de/einzelspende