Regen­wald­schutz und Regenwaldbedrohung

Regen­wald­schutz und Regenwaldbedrohung

Vieles kam im Ausnah­me­jahr 2020 zum Still­stand oder wurde in eine nicht näher bezeich­nete Zukunft verschoben. Doch die welt­weite Zerstö­rung der tropi­schen Regen­wälder ging und geht weiter – teil­weise verhee­render denn je, da in vielen Regionen die Über­wa­chung durch Ranger nicht mehr voll­ständig gewähr­leistet werden konnte und kann oder die Abwe­sen­heit von Touristen die Zerstö­rung der Natur noch einfa­cher möglich macht. Wie es 2021 mit den tropi­schen Regen­wäl­dern der Erde weiter geht, hängt auch damit zusammen, wie sich die COVID-19-Pandemie entwi­ckeln wird. Doch auch unab­hängig davon werfen wir ein paar Spot­lights auf mögliche Entwick­lungen nicht nur in Indo­ne­sien, sondern in der Welt.

 

Erho­lung nach COVID

Die Pandemie selbst stellt welt­weit unglaub­liche Heraus­for­de­rungen für den Natur­schutz dar, einschließ­lich der Zerstö­rung von auf Ökotou­rismus basie­renden Wirt­schafts- und Lebens­mo­dellen, großen Belas­tungen für lokale Gemeinden und Forscher, des Rück­zugs vieler NGOs aus Feld­pro­jekten, des Preis­an­stiegs für viele tropi­sche Rohstoffe wie zum Beispiel Palmöl oder Soja, die die Abhol­zung voran­treiben, und der Umlen­kung von Finanz­mit­teln und Aufmerk­sam­keit von der Durch­set­zung von Umwelt­ge­setzen. Die Maßnahmen zur Ankur­be­lung der Wirt­schaft verschlim­merten jedoch mancher­orts die Situa­tion. Indo­ne­sien verab­schie­dete ein weit­rei­chendes Dere­gu­lie­rungs­ge­setz und andere Programme, die zu groß­flä­chigen Abhol­zungen für Ölpal­men­plan­tagen und Kohle­minen führen könnten, und Länder von Brasi­lien bis Kambo­dscha drückten ein Auge zu, wenn es um ille­gale Wald­ro­dungen und Über­griffe ging. Im Rahmen ihrer Konjunk­tur­pro­gramme forcieren mehrere tropi­sche Länder poten­ziell zerstö­re­ri­sche Infra­struktur-Groß­pro­jekte und lockern gleich­zeitig die Umweltaufsichten.

Die gftige Bornean Keeled Pit Viper (Tropidolaemus subannulatus)
Die gftige Bornean Keeled Pit Viper (Trop­ido­laemus subannulatus)

Doch es gibt auch Hoff­nung, dass die COVID-Pandemie zu einem Umdenken führen wird, die Zerstö­rung der tropi­schen Lebens­räume einzu­dämmen, fossile Brenn­stoffe zu ersetzen und in den Natur- und Klima­schutz zu investieren. 

 

La Niña

Sollten die durch­schnitt­li­chen Tempe­ra­turen im Jahr 2021 nied­riger ausfallen, als in den vergan­genen Jahren, hat das aller Voraus­sicht nach weniger mit unseren Klima­schutz­be­mü­hungen oder den Corona-Lock­down-Maßnahmen zu tun als mit dem Wetter­ereignis La Niña.

La Niña ist das kalte Gegen­stück zum heißen Klima­er­eignis El Niño und tritt in der Regel danach auf. Daraufhin fällt z. B. in Südost­asien (also auch in Indo­ne­sien), an der austra­li­schen Nord­ost­küste und in den nörd­li­chen Teilen Südame­rikas deut­lich mehr Regen, im rest­li­chen Teil von Südame­rika regnet es weniger und Wüsten dörren aus, in Nord­ame­rika treten vermehrt Hurri­kane auf.

Da La Niña sich haupt­säch­lich auf die Winter­mo­nate auswirkt, war die Gefahr von Wald­bränden auf Borneo in diesem Winter deut­lich geringer. 

Regenwald im Nebel
Regen­wald im Nebel

 

Wald­zer­stö­rung in Indonesien

Der Fokus der indo­ne­si­schen Regie­rungs­po­litik lag 2020 ganz klar auf einem Thema: Wirt­schafts­wachstum. Das dies in den kommenden Jahren auf Kosten der Regen­wälder gehen wird, ist absehbar.

So strich das umstrit­tene Dere­gu­lie­rungs­ge­setz – besser bekannt als „Omnibus“-Gesetz –, das im Oktober verab­schiedet wurde, mehrere gesetz­liche Schutz­maß­nahmen für die Regen­wälder Indo­ne­siens. Manche nennen es ein Geschenk für die Palmöl- und Berg­bau­in­dus­trie. Das Dere­gu­lie­rungs­ge­setz, das etwa 80 bestehende Gesetze ändert, stieß auf heftigen Wider­stand und sorgte für große Unruhen im Land. Zu den Haupt­vor­würfen gehört, dass das Gesetz Arbeits­rechte und Umwelt­schutz­maß­nahmen beschneidet, um Inves­ti­tionen im Land anzu­kur­beln. Oberstes Ziel ist Wirtschaftswachstum. 

Nashornvögel spielen in der Mythologie Borneos eine große Rolle
Nashorn­vögel spielen in der Mytho­logie Borneos eine große Rolle

Außerdem brachte die indo­ne­si­sche Regie­rung zwei Initia­tiven auf den Weg, die die Abhol­zungs­raten für die verblie­benen Regen­wälder und Torf­moore für die kommenden Jahr­zehnte bestimmen könnten: zum einen das soge­nannte “Food Estate”-Programm und zum anderen ein Mandat für Biokraft­stoffe. Beide könnten die „Umwand­lung“ von Millionen Hektar Wald in Plan­tagen vorantreiben.
Mit dem „Food Estate“-Programm möchte Präsi­dent Joko Widodo die Versor­gung der Bevöl­ke­rung mit Nahrungs­mit­teln sichern und sich von Importen unab­hän­giger machen. Hierfür sollen in den kommenden vier Jahren 1,7 Millionen Hektar Land zum Anbau von Maniok und Reis sowie für Vieh­weiden umge­wan­delt werden. Die größten vorge­se­henen Flächen liegen in Papua, aber auch in Zentral-Kali­mantan wurden 165.000 Hektar Land für das Programm iden­ti­fi­ziert. Diese Pläne erin­nern an die mili­ta­ri­sierte, indus­tri­elle Land­wirt­schaft unter Suharto, deren kata­stro­phale Folgen wir zum Beispiel in Mawas unter großen Anstren­gungen versu­chen rück­gängig zu machen. Denn auch dort sollte in den neun­ziger Jahren ein Mega-Reis-Projekt entstehen, das – nachdem der Torf­moor­re­gen­wald auf 70.000 Hektar gerodet worden war – geschei­tert ist. 

Langwierig und teuer: Mit Staudämmen schließen wir Kanäle, die für das Mega-Reis-Projekt in Mawas angelegt wurden
Lang­wierig und teuer: Mit Stau­dämmen schließen wir Kanäle, die für das Mega-Reis-Projekt in Mawas ange­legt worden sind

Das zweite große Vorhaben ist, den Anteil von Palmöl in Biodiesel weiterhin obli­ga­to­risch zu erhöhen. Inzwi­schen enthält indo­ne­si­scher Biodiesel 30 Prozent Palmöl. Das ehrgei­zige Ziel sind 50 Prozent. Der Plan ist, von fossilen Brenn­stoffen und Importen unab­hängig zu werden – vor allem, weil die EU beschlossen hat, den Palm­öl­an­teil in Biodiesel bis 2030 auf Null zu redu­zieren. Ursprüng­lich sollten v. a. Rück­stände aus der Palm­öl­pro­duk­tion und Über­pro­duk­tionen hierfür genutzt werden. Doch es steht zu befürchten, dass hierfür auch neue Ölpal­men­plan­tagen errichtet werden müssen. Vor allem müssten diese Plan­tagen keinen inter­na­tio­nalen Stan­dards zur Vermei­dung von Abhol­zung oder Menschen­rechts­ver­let­zungen entspre­chen. Noch gilt ein Mora­to­rium für die Ertei­lung von Geneh­mi­gungen für neue Plan­tagen. Dieses Mora­to­rium, das von Präsi­dent Joko Widodo im September 2018 verhängt wurde, läuft aller­dings im September 2021 aus.

Ölpalmen so weit das Auge reicht
Ölpalmen so weit das Auge reicht

Nirgendwo wären die Auswir­kungen dieser Programme größer als in Papua, wo riesige Gebiete des Primär­waldes abge­holzt und in Plan­tagen umge­wan­delt werden sollen. Denn hier hat ein Neuling im Ölpal­men­ge­schäft mit der Abhol­zung von Wäldern im Zentrum des größten intakten Regen­waldes Asiens begonnen, um die größte Ölpal­men­plan­tage der Welt zu errichten. Das Tanah Merah Projekt in Papua, Indo­ne­sien, ist fast doppelt so groß wie London, und Nach­for­schungen über seine Geneh­mi­gung haben mehrere beun­ru­hi­gende Fragen aufge­worfen.

Zumin­dest die Pläne, eine neue Haupt­stadt in Ost-Kali­mantan entstehen zu lassen, sind aufgrund der COVID-Pandemie vorerst auf unbe­stimmte Zeit verschoben worden.

Dabei zahlt sich Wald­schutz aus für Indo­ne­sien: Das Land soll mehr als 150 Millionen Dollar aus zwei Fonds als Beloh­nung für die Redu­zie­rung von Kohlen­stoff­emis­sionen aus der Abhol­zung erhalten. Der Green Climate Fund der Vereinten Nationen hat eine Auszah­lung in Höhe von 103 Millionen Dollar geneh­migt, nachdem das Land berichtet hat, dass es zwischen 2014 und 2016 20,3 Millionen Tonnen durch Abhol­zung verur­sachte Kohlen­stoff­emis­sionen verhin­dert hat — obwohl diese Behaup­tungen von Kriti­kern in Frage gestellt wurden. Norwegen hat ange­deutet, dass es bereit ist, Indo­ne­sien 56 Millionen Dollar im Rahmen eines sepa­raten Abkom­mens zwischen den beiden Ländern für die Redu­zie­rung von Emis­sionen im Jahr 2017 zu zahlen, das erste in einem 1‑Mil­li­arden-Dollar-Abkommen, das vor einem Jahr­zehnt unter­zeichnet wurde, aber wieder­holt durch Anfech­tungen ins Stocken geriet.

Intakter Torfmoorregenwald
Intakter Torfmoorregenwald

 

Brasi­lien

Die Abhol­zung im brasi­lia­ni­schen Amazo­nas­ge­biet nimmt Jahr für Jahr zu und über­stieg von August 2019 bis Juli 2020 11.088 Quadrat­ki­lo­meter – inner­halb eines Jahres wurde in Brasi­lien so viel Regen­wald vernichtet wie seit zwölf Jahren nicht mehr. Im Vergleich zum Vorjah­res­zeit­raum stieg die Abhol­zung um 9,5 Prozent. Die gero­dete Fläche ist größer als der Insel­staat Jamaika. 

Ein Ende ist auch 2021 nicht in Sicht. Denn Brasi­liens Präsi­dent Jair Bolso­naro sieht in den verblie­benen Regen­wäl­dern des Landes vor allem unge­nutztes wirt­schaft­li­ches Poten­zial. So will er weitere Flächen für die Land­wirt­schaft, den Bergbau und die Ener­gie­ge­win­nung erschließen. 

Regenwälder bieten unzähligen Arten Heimat
Regen­wälder bieten unzäh­ligen Arten Heimat

 

Der Macht­wechsel in den USA

Donald Trump hat die Verei­nigten Staaten ins Abseits gedrängt, wenn es um gemein­same globale Anstren­gungen zur Bewäl­ti­gung von Umwelt­pro­blemen ging, einschließ­lich des Rück­zugs der USA aus dem Pariser Klima­ab­kommen. Seine Regie­rung unter­grub die Umwelt­po­litik, vom Schutz gefähr­deter Arten bis zum Manage­ment von Natur­schutz­ge­bieten, leug­nete aktiv die Reali­täten des Klima­wan­dels und förderte auto­ri­täre Regime, die Umwelt­schützer und Jour­na­listen ins Visier genommen haben — all das hat dem Wald­schutz großen Schaden zugefügt.

Mit dem Verspre­chen von Joe Biden, das Klima in den Mittel­punkt der Regie­rungs­po­litik zu stellen, ist ein Neustart der Verei­nigten Staaten zu erwarten. Auch eine Rück­kehr in das Pariser Klima­ab­kommen hat Biden ange­kün­digt. Die Tatsache, dass die Demo­kraten nun die Mehr­heit im Senat und im Reprä­sen­tan­ten­haus inne­haben, lässt hoffen, dass Klima­schutz­maß­nahmen leichter umsetzbar werden. Dies könnte zu ehrgei­zi­geren Klima- und Biodi­ver­si­täts­zielen der USA auf der inter­na­tio­nalen Bühne führen, zu einer stär­keren Umwelt­po­litik im Inland, zu einer Führungs­rolle bei einer umwelt­freund­li­cheren wirt­schaft­li­chen Entwick­lung und zu mehr Unter­stüt­zung für Natur­schutz­pro­jekte in Übersee. Falls eine fort­schrei­tende Radi­ka­li­sie­rung des Landes nicht dazu führt, dass für solche Themen kein Raum bleibt. 

Maronenlanguren auf Borneo
Maro­nen­lan­guren auf Borneo

 

Inter­na­tio­nale CO2-Abkommen

Die Regie­rungen der Schweiz und Perus unter­zeich­neten im Oktober 2020 ein Kohlen­stoff­aus­gleichs­ab­kommen gemäß Artikel 6 des Pariser Klima­ab­kom­mens. Die Schweiz wird Kohlen­stoff­gut­schriften erhalten, die durch die Finan­zie­rung von Projekten zur nach­hal­tigen Entwick­lung gene­riert werden, die die Treib­haus­gas­emis­sionen in dem südame­ri­ka­ni­schen Land redu­zieren. Norwegen, das zwar keine Kohlen­stoff­gut­schriften aus seiner Klima- und Waldinitia­tive erhält, aber dennoch die vermie­denen Kohlen­stoff­emis­sionen als Grund­lage für seine Tropen­wald­fi­nan­zie­rung verfolgt, erhöhte im November die Rate, die es tropi­schen Ländern für den Schutz der Regen­wälder zahlt.

Regenwaldschutz ist Klimaschutz
Regen­wald­schutz ist Klimaschutz

 

Mehr Unter­nehmen beziehen das Wald­ri­siko in ihre Entschei­dungen ein

Seit einigen Jahren geben immer mehr Unter­nehmen frei­wil­lige Selbst­ver­pflich­tungs­er­klä­rungen ab, um die Arten­viel­falt und das Klima zu schützen. Die Zoolo­gical Society of London (ZSL) hat in einer Studie fest­ge­stellt, dass die Unter­nehmen bei der Umset­zung ihrer Verspre­chen aber weit zurück­liegen. Ohne staat­liche Verord­nungen wird es also keine erfolgs­ver­spre­chenden Ergeb­nisse geben. 

2020 legte die briti­sche Regie­rung ein Gesetz vor, das es großen Unter­nehmen im Land unter­sagt, Rohstoffe zu verwenden, die auf illegal gero­detem Land produ­ziert wurden. Auch in den USA regt sich etwas. Das Land hat im Dezember die Einfuhr von Palmöl vom malay­si­schen Produ­zenten Sime Darby Plan­ta­tion wegen Vorwürfen von Zwangs­ar­beit während der Produk­tion verboten.  Ganz knapp schei­terte aber im November in der Schweiz die Volks­ab­stim­mung zur „Konzern­ver­ant­wor­tungs­in­itia­tive“, die Schweizer Unter­nehmen (z. B. Nestlé) finan­ziell und recht­lich für Menschen­rechts­ver­let­zungen oder Umwelt­schäden auch im Ausland haftbar gemacht hätte.

Im Früh­jahr 2021 will die EU einen Gesetz­ent­wurf zu einem EU-Liefer­ket­ten­ge­setz vorlegen. Damit sollen Unter­nehmen verpflichtet werden, Menschen- und Arbeits­rechte zu achten und Umwelt­stan­dards einzuhalten. 

Biodiversität im Regenwald
Biodi­ver­sität im Regenwald

All diese Vorstöße werden sicher­lich zu Reibungen mit Handels­part­nern führen.
So lobby­ieren Malaysia und Indo­ne­sien schon seit einigen Jahren heftig in der EU, damit Biodiesel aus Palmöl auf die Stan­dards für erneu­er­bare Kraft­stoffe ange­rechnet werden kann. Sowohl Malaysia als auch Indo­ne­sien arbeiten nun daran, den Verlust dieses Marktes zu kompen­sieren, indem sie ihre natio­nalen Biokraft­stoffe ausweiten (s. o.). So wird die Nach­frage nach Palmöl aufrecht­erhalten und die Länder erhoffen sich eine Unab­hän­gig­keit von fossilen Brenn­stoffen. Proble­ma­tisch vor allem: Das ange­baute Palmöl wird keinerlei inter­na­tio­naler die Stan­dards für Menschen­rechte oder Wald­schutz entspre­chen müssen.

 

Auffors­tungs­pro­jekte

Es gibt auch gute Nach­richten. Auffors­tungs- und Rena­tu­rie­rungs­pro­jekte wie unseres in Mawas oder die Umwand­lung einer Ölpal­men­plan­tage in Sabah hin zu einem Wild­tier­kor­ridor finden immer mehr Unterstützer.
Und Malaysia plant bis 2025 die Pflan­zung von 100 Millionen Bäumen umzusetzen. 

Setzlinge in einer BOS-Waldschule für neuen Regenwald
Setz­linge in einer BOS-Wald­schule für neuen Regenwald

 

Quelle: https://news.mongabay.com/2021/01/rainforests-11-things-to-watch-in-2021/

 

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Ein ganz normaler Tag in der Waldschule

Ein ganz normaler Tag in der Waldschule

Für unsere kleinen Orang-Utan-Waisen gibt es keine Ferien. Jeden Tag gehen sie in den Wald­kin­der­garten oder die Wald­schule, um gemeinsam mit den anderen alles zu lernen, was sie für ein Leben in der Wildnis brau­chen. Dabei sieht es ganz so aus, als würde ihnen das Lernen sehr viel Spaß machen. Und so soll es auch sein.

Probieren geht über studieren

Genau wie ihre mensch­li­chen Verwandten, müssen unsere Orang-Utan-Kinder lernen, ihr Bett zu machen. Der Unter­schied zu uns ist: Orang-Utans schlafen hoch oben im Baum in Nestern, die sie jeden Tag neu bauen. Das will gelernt sein. Die ganz Kleinen fangen mit der Nestbau-Lektion erst einmal auf dem Wald­boden an. Für die Fort­ge­schrit­tenen – ab einem Alter von zwei bis drei Jahren – geht es dann schritt­weise immer höher hinaus, ange­leitet von den Baby­sit­te­rinnen. Zuerst werden alle mögli­chen Äste auf ihre Trag­fä­hig­keit geprüft und passend zurecht­ge­bogen. Das erfor­dert schon so manche Anstren­gung und elegantes Hangeln zwischen den Bäumen.
Steht das Grund­ge­rüst aus Ästen, wird das Nest mit Blät­tern ausge­legt. Jede neue Schicht wird mit viel „Haudrauf“ passend zurecht geklopft. Manchmal legen die kleinen Racker auch eine Essens­pause ein und schieben sich einen Teil des Bauma­te­rials genüss­lich in den Mund. Ein Snack geht immer, das gehört bei Orang-Utans einfach dazu. Nachdem dann Äste und Blätter endlich zu einem Nest geformt sind, wird erst einmal ausgiebig Probe gelegen. Probieren geht bekannt­lich über studieren.

Leckere Snacks als Lernanreiz

Orang-Utans sind in der freien Wild­bahn jeden Tag rund sechs Stunden damit beschäf­tigt, Futter zu finden. Diese Vorliebe fürs Essen machen sich ihre Baby­sit­te­rinnen zunutze, indem sie die Lern­erfolge ihrer Schütz­linge mit begehrten Lecke­reien belohnen. Eine Banane zu schälen gehört dabei zu den einfachsten Übungen, das kann jedes Baby. Etwas anspruchs­voller ist da schon das Knacken einer Kokos­nuss: Erst schälen und die Nuss dann mit voller Wucht auf eine harte Kante schlagen. Die mensch­li­chen Ersatz­mütter machen es immer wieder vor, bis die Kleinen es selbst können. Wenn dann die Nuss split­tert und das köst­liche Frucht­fleisch frei gibt, ist die Freude groß. Einige Tiere sind hier talen­tierter als andere – dann kommt es schon mal vor, dass dieje­nigen, denen das Öffnen nicht geglückt ist, die Kokos­nuss von einem Klas­sen­ka­me­raden klauen. Das ist zwar nicht so gedacht, kann aber eben­falls eine ziel­füh­rende Über­le­bens­stra­tegie im Dschungel sein.

Lernen von den anderen

In der Wildnis lernen die kleinen Orang-Utans bis zu acht Jahre lang von ihren Müttern. Das geschieht, indem die Kleinen nach­ma­chen, was ihre Mütter ihnen zeigen. In der Dschun­gel­schule über­nehmen die Baby­sit­te­rinnen diese Aufgabe so gut es geht. Doch auch von den älteren, erfah­re­neren Tieren lernen die kleinen Orang-Utans. Zum Beispiel was den Gebrauch von Werk­zeugen angeht, oder die Fähig­keit, möglichst sicher von einem Baum zum anderen zu hangeln. Hier sind die anderen Orang-Utans auch deut­lich bessere Lehrer als die mensch­li­chen Ersatz­mütter. Wen wundert’s…

Mit dem richtigen Werkzeug geht es
Mit dem rich­tigen Werk­zeug geht es

Freund oder Feind?  Eine lebens­wich­tige Erkenntnis

Manche Lern­erfah­rungen sind für die kleinen Schü­le­rinnen und Schü­lern nicht ganz so erfreu­lich. So müssen sie zum Beispiel lernen, Freund und Feind zu unter­scheiden. Dafür werden die von Natur sehr neugie­rigen und fried­li­chen Orang-Utan-Kinder in ihrem natür­li­chen Flucht­ver­halten geschult. Und so kommt es immer mal wieder vor, dass wenn die Tiere in ihr Spiel vertieft sind oder grade essen, eine mensch­liche Ersatz­mutter plötz­lich mit einer Schlan­gen­at­trappe um die Ecke kommt! Dann ist die Aufre­gung unter den kleinen Orang-Utans groß und sie laufen laut schreiend hinter einen Baum oder klet­tern hoch in die Äste. Und so soll es auch sein. Zwar sind nicht alle 160 im Regen­wald von Borneo vorkom­menden Schlan­gen­sorten für Orang-Utans gefähr­lich. Aber im Ange­sicht einer Schlange schnell das Weite zu suchen, ist hier immer die bessere Lösung.

Unsere Orang-Utan-Kinder lernen jeden Tag dazu. Unter­stützen Sie diese Orang-Utan-Babys auf dem Weg in die Freiheit.

 

 

Tiere aus Kali­mantan: Der Gibbon

Tiere aus Kali­mantan: Der Gibbon

Kali­mantan ist der indo­ne­si­sche Name für die Insel Borneo, der dritt­größten Insel der Welt nach Grön­land und Neuguinea. Kali­mantan ist auch die Heimat der Borneo-Orang-Utans, die sie sich natür­lich mit unzäh­ligen anderen Tier­arten teilen. Viele von ihnen sind nicht minder bedroht als unsere rothaa­rigen Vettern. Wir wollen hier in loser Reihen­folge immer mal wieder einige dieser faszi­nie­renden Geschöpfe vorstellen. Diesmal fliegen wir mit den Gibbons durch den Regenwald.

Gibbons leben ausschließ­lich in Südost­asien und bilden mit 20 Arten die Schwes­ter­gruppe der eigent­li­chen oder Großen Menschen­affen (zu denen biolo­gisch auch der Mensch gehört). Man nennt sie daher auch Kleine Menschen­affen. Mit einer Kopf-Rumpf­länge von je nach Art 45 bis 90 Zenti­me­tern und einem Gewicht von fünf bis maximal 15 Kilo­gramm sind sie auch deut­lich kleiner und leichter als ihre größeren Vettern. Wie alle Menschen­affen besitzen sie keinen Schwanz, weisen aller­dings Gesäß­schwielen auf. Sie schlafen daher auch sitzend in Astga­beln und bauen, anders als die Großen Menschaffen, keine Schlafnester. 

Borneo bietet gleich vier Gibbon­arten eine Heimat: Dem Östli­chen Borneo-Gibbon Hylo­bates fune­reus, dem Müller- oder Grau­gibbon H. Muel­leri, dem Weiß­bart­gibbon H. albi­barbis und dem West­li­chen Borneo­gibbon H. abbotti. Alle vier Arten sind in Borneo ende­misch, das heißt, sie kommen nirgendwo anders vor. 

In Malaysia, Brunei, Ost- und Nordkalimantan ist der Östliche Borneo-Gibbon zuhause
In Malaysia, Brunei, Ost- und Nord­ka­li­mantan ist der Östliche Borneo-Gibbon zuhause

Der Fami­li­en­name der Gibbons lässt sich mit „Wald­läufer“ über­setzen, was ihren Lebens­raum, aber nicht unbe­dingt die Art ihrer Fort­be­we­gung beschreibt. Mehr noch als Orang-Utans und andere Primaten sind sie an ein Leben in den Baum­kronen des Waldes ange­passt. Am Boden gehen sie aufrecht, wobei die langen Arme wie Balan­cier­stangen waag­recht gehalten werden. Ihre wahre Fort­be­we­gung findet jedoch hoch oben in den Bäumen statt. Gibbons haben das Schwing­han­geln oder die Brach­ia­tion, wozu wenn über­haupt nur Primaten anato­misch fähig sind, zur abso­luten Perfek­tion gebracht. Mit einer Hand umgreifen sie einen Ast, schwingen mit dem anderen Arm zum nächsten Ast und so fort. Flexible, federnde Äste geben ihnen zusätz­lich ordent­li­chen Schwung und Antrieb. Auf diese Weise bewegen sich Gibbons allein mit ihren Armen in oft mehrere Meter weiten Sprüngen durch die Baum­kronen, so dass man sie auch als „Wald­flieger“ bezeichnen könnte. 

Ob Orang-Utans die viel leich­teren Gibbons um deren scheinbar schwe­re­lose Flug­künste insge­heim beneiden, ist nicht bekannt, in jedem Fall aber gestaltet sich für Orang-Utans das Klet­tern wesent­lich aufwän­diger. Junge Orang-Utans müssen sich komplexe Tech­niken zur Fort­be­we­gung in den Bäumen von der Mutter abschauen, damit sie als Erwach­sene dann trotz ihres Gewichts sicher und effi­zient klet­tern können. 

Der Müller-Gibbon lebt im Südosten Borneos
Der Müller-Gibbon lebt im Südosten Borneos

Wie alle Gibbons ernähren sich auch die Borneo-Gibbons von Früchten, Blät­tern, Blüten und Insekten, letz­tere machen aller­dings nur einen geringen Anteil aus. Gibbons leben in der Regel paar­weise mit ein oder zwei Jung­tieren. Diese werden nach acht bis neun Jahren geschlechts­reif und verlassen dann ihre Familie. Das Eltern­paar vertei­digt sein Revier gegen Artge­nossen vor allem mit weithin schal­lenden, artspe­zi­fi­schen Rufen – Gibbons gehören zu den Sanges­künst­lern unter den Primaten. 

Einmal etabliert sind Gibbons sehr stand­ort­treu, oft sogar dann, wenn ihr Wald weit­ge­hend zerstört wurde, was sie beson­ders verwundbar macht. Den Regen­wald retten bedeutet also auch, diesen anmu­tigen Schwing­hang­lern und Baum­kro­nen­flie­gern eine Zukunft zu geben.

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Leonie und ihr myste­riöser Verehrer

Leonie und ihr myste­riöser Verehrer

Orang-Utans sind meist allein im Regen­wald unter­wegs. Aber Ausnahmen bestä­tigen auch hier die Regel. Und so gibt es immer wieder auch Wald­men­schen wie Leonie. Die 16-jährige Orang-Utan-Dame, die seit September 2015 in unserem Auswil­de­rungs­wald Kehje Sewen lebt, scheint die Gesell­schaft von Artge­nossen zu schätzen – oder viel­leicht auch leichter zu tole­rieren. Denn immer wieder begegnet unser Post-Release-Moni­to­ring (PRM)-Team ihr in Beglei­tung anderer Orang-Utans – sowohl weib­li­cher als auch männ­li­cher Tiere. Diesmal war sie in Beglei­tung eines myste­riösen Verehrers… 

Trafen wir Leonie im ersten Jahr nach ihrer Auswil­de­rung vor allem mit ihrer Freundin Teresa im Wald an, waren es zuletzt vornehm­lich männ­liche Artge­nossen, auf die die hübsche Leonie offenbar sehr anzie­hend wirkt: Da war zum Beispiel das wilde Orang-Utan-Männ­chen, das ihr mal im südli­chen Kehje Sewen-Wald gefolgt war. Oder Julien, der ihr vor rund einein­halb Jahren sehr ausdau­ernd und leiden­schaft­lich den Hof machte.
Wir erfahren diese Geschichten von unseren Beob­ach­tungs-Teams, die täglich Touren durch unsere Auswil­de­rungs­ge­biete unter­nehmen. Hier ein Bericht aus dem Nles Mamse Camp im Wald von Kehje Sewen:

Begeg­nung im Regenwald

„Heute waren wir schon früh am Morgen aufge­bro­chen, um uns auf den langen Weg durch den Wald zu machen. Als wir unser Ziel­ge­biet „Puncak Palem 1“ erreicht hatten, stand die Sonne schon hoch über unseren Köpfen. Wir beschlossen, uns im kühlenden Schatten kurz auszu­ruhen und plau­derten über dies und das. Dann plötz­lich durch­drang ein knackendes Geräusch die Luft! Wir schreckten hoch und näherten uns dem Ort, von dem das Knacken gekommen war. Da sahen wir sie: Zwei Orang-Utans, die in aller Seelen­ruhe gemeinsam eine herz­hafte Mahl­zeit genossen.
Wir gingen auf Beob­ach­tungs­posten und machten uns Notizen. Nach kurzer Zeit iden­ti­fi­zierten wir das Weib­chen als die vor fünf Jahren ausge­wil­derte Leonie. Das Männ­chen jedoch passte mit seinen Merk­malen zu keinem unserer ausge­wil­derten Tiere. Leonie bewegte sich ganz entspannt von Baum zu Baum, und schaute nur ab und zu auf uns. Denn unsere Anwe­sen­heit war ihr natür­lich nicht entgangen. Wie andere ausge­wil­derte  Orang-Utans war sie sich unserer Anwe­sen­heit wohl bewusst, ließ sich aber nicht davon ablenken. Genüss­lich widmete sie sich ein paar Litho­carpus-Früchten; fast so als wollte sie uns demons­trativ zeigen, wie gut sie in puncto Nahrungs­suche zurechtkam. Deut­lich weniger entspannt war ihr männ­li­cher Begleiter: Er schien durch unsere Gegen­wart sehr genervt zu sein und machte seinem Unmut ganz typisch durch laute Kuss­ge­räu­sche und demons­tra­tives Abbre­chen von Ästen Luft.

Hoch im Baum hängen die leckersten Früchte
Hoch im Baum hängen die leckersten Früchte

Nachdem Leonie ihr Mahl beendet hatte, klet­terte sie vom Baum und lief auf dem Wald­boden weiter, bis sie zu einer Klippe kam. Wir hinterher, immer beide Tiere im Blick behal­tend. Schließ­lich sollte uns kein Detail durch die Lappen gehen. Das Orang-Utan-Männ­chen beob­ach­tete jeden Schritt Leonies. Was hatte er vor?
Leonie war weiterhin auf Nahrungs­suche und bewegte sich an der Klippe ziel­strebig hinunter in die Schlucht. Wir folgten ihr, bepackt mit unserer gesamten Ausrüs­tung. Um nicht zu fallen, mussten wir uns an Bäumen fest­halten und auf dem regen­nassen, rutschigen Unter­grund immer wieder Halt suchen. Leonie hatte in einem Maca­ranga-Baum offenbar ihr nächstes Ziel erreicht. Flugs klet­tert sie nach oben und begann, Lianen und Früchte zu naschen.

Leonie hat genau im Blick, dass sie beobachtet wird
Leonie hat genau im Blick, dass sie beob­achtet wird

Das Moni­to­ring-Team ist offenbar nicht erwünscht

Dann plötz­lich stürzte das Orang-Utan-Männ­chen mit hohem Tempo auf Leonie zu, stieß ein lautes Kuss­ge­räusch aus und begann, massen­haft abge­bro­chene Ästen auf uns zu werfen. Wir hatten keine andere Wahl, als in Deckung zu gehen. Zu allem Über­fluss begann es dann auch noch zu regnen. Wir verstauten schnell alle elek­tro­ni­schen Geräte in unseren wasser­dichten Pack­sä­cken, holten unsere Regen­klei­dung raus und behielten die beiden Wald­men­schen im Auge, während der Regen unab­lässig auf unsere Gesichter pras­selte. Als es langsam dunkel wurde, regnete es noch immer wie aus Eimern. Leonie machte sich auf die Suche nach einem geeig­neten Nest-Platz. Das Männ­chen blieb die ganze Zeit in ihrer Nähe. Als Leonie ihren Schlaf­platz herge­richtet hatte, machte sie es sich darin gemüt­lich und bedeckte ihren Körper mit ein paar belaubten Zweigen als Decke. Während­dessen baute der männ­liche Orang-Utan sein eigenes Nest nicht weit von Leoni entfernt. Dann wurde es ruhig im Blätterdach.

Wer ist Mister Unbekannt?

Im schwin­denden Tages­licht und noch immer pras­selndem Regen machten wir uns auf den Weg zurück ins Camp. Unsere Stirn­lampen halfen uns, den schlam­migen und steilen Weg die Schlucht wieder hinauf und dann weiter zum Lager zu finden. Als wir im Camp ankamen, waren wir zwar komplett durch­nässt und erschöpft, aber sehr glück­lich, dass wir Leonie und ihren myste­riösen Verehrer mehrere Stunden begleiten konnten. Bis heute können wir nicht sagen, wer das Männ­chen war. Viel­leicht hat es sich seit seiner Auswil­de­rung stark verän­dert – das Wangen­polster der Männ­chen wächst im Laufe der Jahre immer weiter und verleiht dem Tier ein ganz anderes Aussehen. Oder war es viel­leicht ein wildes Männ­chen? Das bleibt erst einmal das Geheimnis der beiden. Ebenso, wie es weiter­ging, nachdem wir sie im Wald zurück­ge­lassen haben….“

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Haus­ar­beit im Dschungelcamp

Haus­ar­beit im Dschungelcamp

Viele Menschen nutzen die Zeit am Ende des Jahres dafür, ordent­lich die Wohnung aufzu­räumen, bis in die letzten Ecken zu putzen, und endlich ein paar klei­nere Repa­ra­turen auszu­führen. Genau dasselbe machen unsere Post-Release-Moni­to­ring (PRM)-Teams tief im Regen­wald: Zweimal im Jahr bringen sie die beiden Camps, von denen aus sie ihre Erkun­dungs­touren starten, tipp­topp in Ordnung. Aller­dings hat das weniger mit normalem Haus­putz zu tun.

Viel­mehr dienen der regel­mä­ßige Check und das umfas­sende Aufräumen dazu, auch weit weg von der Zivi­li­sa­tion jeder­zeit arbeits­fähig zu bleiben. Die PRM-Teams beob­achten und über­wa­chen die von uns ausge­wil­derten Orang-Utans und liefern wich­tige Moni­to­ring-Daten für unsere Arbeit.  Und das machen sie von einem weit abge­le­genen Über­wa­chungs­camp tief im Dschungel aus.

Die Monitoring-Camps liegen tief im Wald
Die Moni­to­ring-Camps liegen tief im Wald

Leben und arbeiten wo sonst niemand hinkommt

Die Aufgaben sind viel­fältig: Neben der Über­wa­chung der Menschen­affen sammeln die PRM-Teams Umwelt­daten, wie z.B. die tägliche Nieder­schlags­menge und Luft­tem­pe­ratur. Außerdem führen sie regel­mä­ßige phäno­lo­gi­sche Unter­su­chungen durch und sammeln Daten über blühende und frucht­tra­gende Pflanzen im Wald. Damit können wich­tige Voraus­sagen über die Verfüg­bar­keit von Nahrung für die Orang-Utans getroffen werden.

Um unter diesen Bedin­gungen effi­zient arbeiten zu können – und zumin­dest einen mini­malen Komfort zu genießen – packen alle regel­mäßig mit an, die Camps in einem ordnungs­ge­mäßen Zustand zu halten. Dazu gehören auch die Über­prü­fung und Wartung des elek­tri­schen Systems sowie der Wasser­ver­sor­gung. Die Instand­hal­tung der Lager­struk­turen erfolgt monat­lich: Dann werden Wände, Böden, Dächer und Zäune gerei­nigt und bei Bedarf auch Repa­ra­turen durch­ge­führt. Wegen der Witte­rung im Regen­wald müssen die Blech­dä­cher und Holz­dielen oft repar­tiert oder ausge­tauscht werden.

Die Elektrik ist sehr anfällig für die feuchte Witterung
Die Elek­trik ist sehr anfällig für die feuchte Witterung

Wer hier arbeitet, ist ein echter Allrounder

Beim Strom sind unsere Teams Selbst­ver­sorger. Solar­pa­nels und Gene­ra­toren liefern die Energie für den tägli­chen Bedarf. Die Gene­ra­toren müssen regel­mäßig kontrol­liert und manchmal eben­falls repa­riert werden. Hier zeigt sich dann wieder, was unsere PRM-Teams alles drauf­haben müssen, um hier draußen arbeiten zu können. 
Was im Regen­wald immer reich­lich vorhanden ist, ist Wasser. Denn die Flüsse dienen nicht nur als Trans­port­wege – sie sind eine wich­tige Quelle für Frisch­wasser. Über ein ausge­klü­geltes Beför­de­rungs­system aus Pumpe, Rohren und Tanks wird das Wasser ins Camp geleitet. Die Pumpe läuft jeden Tag, um die Vorrats­tanks ständig gefüllt zu haben.

Zusammen arbeiten im Team

Jeder packt mit an, wenn im Camp die Wohn- und Arbeits­be­reiche gemeinsam aufge­räumt und gerei­nigt werden. Die Zusam­men­ar­beit klappt reibungslos, auch jetzt in den Zeiten der Pandemie. Derzeit wird das Lager noch etwas öfter als üblich gründ­lich desin­fi­ziert. Auch hier weiß jeder, was er zu tun hat. Echte Team­ar­beit eben.

Jeder Winkel wird desinfiziert
Jeder Winkel wird desinfiziert

Die Orang-Utans und der Regen­wald brau­chen uns. Gerade jetzt. Vielen Dank für Ihre Unter­stüt­zung.

 

Rachels mutige Schritte in die Unabhängigkeit

Rachels mutige Schritte in die Unabhängigkeit

Bevor es in die große, weite Welt geht, müssen kleine Orang-Utans alles lernen, was sie für ein selbst­stän­diges Leben in Frei­heit brau­chen. Dazu gehört zum Beispiel, verschie­dene Baum­arten zu erkennen und zu wissen, wo und wie man darin am besten ein Schlaf­nest baut. Genauso wichtig ist es, Nahrung zu finden und Gefahren zu erkennen und sie zu vermeiden. In der Wald­schule versu­chen unsere Baby­sit­te­rinnen, den jungen Orang-Utan-Waisen so viel wie möglich beizu­bringen. Wenn alles gut läuft, brau­chen sie diese Unter­stüt­zung dann immer seltener – und irgend­wann gar nicht mehr.

Neugierig entde­cken die kleinen Orang-Utans die Welt

Doch nicht nur die Baby­sit­te­rinnen sind Lehr­meister der kleinen Orang-Utans. Genau wie bei uns Menschen, schauen sich die Wald­schüler, je älter sie werden, auch immer mehr von ihren Alters­ge­nossen oder den etwas größeren Orang-Utans ab. Das konnten wir neulich auch bei Rachel beob­achten. Sie und Jessi, eine begeis­terte Klet­terin, waren in den Bäumen unter­wegs. Rachel blieb ihrer etwas älteren Klas­sen­ka­me­radin dicht auf den Fersen und beob­ach­tete ganz genau, was sie machte.
Rachel kam vor drei Jahren zu BOS – 2017, genau einen Tag vor Weih­nachten, wurde sie an uns über­geben. Anfangs noch etwas schüch­tern, begann sie nach und nach ihre neue Welt zu erobern. Dieses Jahr im Januar kam sie dann in die vierte Wald­schul­klasse und entpuppte sich als wahre Entde­ckerin. Sie ist wiss­be­gierig und lernt schnell, vor allem von ihren Artge­nossen. Und genau das zeigte sie an diesem Tag.

Auf der Suche nach Lösungen

Hoch oben in den Bäumen, wo das vor der Sonne schüt­zende Blät­ter­dach immer durch­läs­siger wird, war es sehr heiß. Und die Mittags­hitze macht durstig. Etwas zu trinken gibt es für die Wald­schüler immer bei den Baby­sit­te­rinnen… Also machte sich Jessi flugs auf den Weg Rich­tung Wald­boden. Als sie unten ankam entschied die Baby­sit­terin, gleich die ganze Gruppe zu sich zu rufen, um auch den anderen Orang-Utans etwas zu trinken zu geben. Rachel jedoch saß noch immer hoch oben im Baum. Sie hörte den Ruf. Und auch sie schien durstig zu sein, denn sie setzte sich sofort in Bewe­gung. Doch dann kam sie ins Stocken. Um sich sicher nach unten zu hangeln, müsste sie zum Nach­bar­baum hinüber – doch der schien außer­halb ihrer Reich­weite. Rachel hielt inne, suchte nach Alter­na­tiven. Erst versuchte sie, an dem Baum, auf dem sie saß, nach unten zu klet­tern. Doch Ihre Arme waren nicht lang genug, um den Stamm zu umfassen.  Was nun? Sie rief nach Hilfe, doch die Baby­sit­te­rinnen konnten nichts anderes tun, als ihr Mut zuzusprechen.

 

Von den Großen lernen

Das clevere Orang-Utan-Mädchen wusste, dass sie den Weg allein finden musste. Wie hatte Jessi es nur gemacht? Rachel griff plötz­lich entschlossen nach einem klei­neren Ast und schwang sich mutig zum nächst­grö­ßeren. Von dort ging es wieder zum nächsten Ast und immer so weiter, bis sie es sicher ganz auf den Boden geschafft hatte. Rachels Baby­sit­terin war sehr stolz auf ihren Schütz­ling. Nicht nur, weil es geschafft hatte, sicher unten anzu­kommen, sondern vor allem, weil sie sich so beharr­lich bemüht hatte, ans Ziel zu gelangen. Zur Beloh­nung gab es dann eine beson­ders groß­zü­gige Portion Sojamilch.
Wir hoffen, dass Rachel ihren Drang zum Erlernen neuer Fähig­keiten beibe­hält. Das ist die beste Voraus­set­zung für den Weg in die Freiheit.

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