Wer Tiere beobachtet und genau hinschaut, entdeckt immer wieder neue spannende Verhaltensweisen. Wenn es sich dabei um in der Wildnis so zurückgezogen und verborgen lebende Geschöpfe wie die Orang-Utans handelt, erfährt man dabei manchmal – auch für die Wissenschaft – Überraschendes. Wie zum Beispiel, dass Orang-Utans Partys veranstalten. Als Zaungast waren unsere Beobachtungsteams (PRM-Teams) oftmals bei ihren Patrouillen bei solchen Partys dabei.
Was ist eine Orang-Utan-Party?
Eine Orang-Utan-Party ist das Zusammentreffen von zwei oder mehr Orang-Utans an einem Ort, wobei sie sich in einem Abstand von höchstens 20 Metern voneinander und in Sichtweite befinden.
Andrea Knox, bei der BOS Foundation zuständig für die internationale Kommunikation und die Forschungsberatung, erklärt: „Wenn wir sagen, dass Orang-Utans auf einer ‘Party’ sind, meinen wir nicht, dass sie tanzen oder zusammen um einen Kochtopf sitzen. Es bedeutet einfach, dass sie in einer Gruppe zusammen sind, in der die Handlungen eines Einzelnen von den anderen gesehen werden können und möglicherweise deren Verhalten beeinflussen.“
Orang-Utans leben semi-solitär
Obwohl Orang-Utans semi-solitäre Tiere sind, die die meiste Zeit ihres Lebens allein im Wald umherstreifen, treffen sie manchmal auf andere Orang-Utans und interagieren für eine begrenzte Zeit mit ihnen. „Orang-Utans sind das, was wir eine ‘einzelgängerische, aber soziale’ Spezies nennen. Mit Ausnahme der Jugendjahre und der Zeit, in der die Mütter ihre Kinder aufziehen, verbringen sie die meiste Zeit ihres Lebens fast ausschließlich allein. Alle anderen Menschenaffenarten, von den Gorillas bis zu den Menschen (ja, auch Menschen sind Menschenaffen!), leben jedoch in sozialen Gruppen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass unser gemeinsamer Vorfahre mit den Orang-Utans, der vor zehn Millionen Jahren lebte, eine soziale Spezies war”, fügt Andrea hinzu.
Orang-Utans leben meist als Einzelgänger, weil ihre Evolution durch die sehr schwierigen Bedingungen im südostasiatischen Dschungel beeinflusst wurde. Als große Säugetiere benötigen sie viel Nahrung, und wenn sie in sozialen Gruppen im Dschungel lebten, gab es möglicherweise nicht genug Nahrung für eine ganze Gruppe in einem Gebiet. Dieser Druck hat wahrscheinlich dazu geführt, dass sich der Orang-Utan zu einer semi-solitär lebenden Spezies entwickelt hat, wenn auch mit der Fähigkeit zur Sozialisierung. Wenn es reichlich Nahrung gibt und die Orang-Utans miteinander vertraut und gesellig sind, spricht nichts dagegen, dass sie sich zu einer “Party” zusammenfinden.
Die Frauen feiern Partys
Weibchen sind häufig bei Partys anzutreffen, während Männchen nicht dafür bekannt sind, dass sie gemeinsam “feiern”. Sobald ein junges Orang-Utan-Weibchen die Geschlechtsreife erlangt und seine Mutter verlässt, wandert es in der Regel nicht allzu weit weg und richtet sich in der Nähe des Gebiets seiner Mutter ein. Die häufigste Form von Orang-Utan-Partys ist daher die unter verwandten Weibchen. Männchen, die die Geschlechtsreife erreicht haben, entfernen sich viel weiter von ihren Müttern. Und nachdem ihnen Backenwülste gewachsen sind, ist es unwahrscheinlicher, dass sie andere Männchen mit Backenwülsten in einer Gruppe dulden. Wenn also zwei erwachsene Männchen am selben Ort aufeinandertreffen, demonstrieren sie sich eher gegenseitig ihre Dominanz, als dass sie gemeinsam Früchte essen.
Ayu Siti Nurika Agustina, unsere Camp-Koordinatorin im Auswilderungswald Kehje-Sewen berichtet von ihren Erfahrungen bei der Beobachtung von Orang-Utan-Partys: „Bei einer Patrouille sah ich drei Mutter-Kind-Paare in einem großen Feigenbaum, aber sie waren auf unterschiedlicher Höhe. Da waren Lesan und Ayu auf einem niedrigen Ast, Sayang und Padma in der Mitte und Teresa und Berani ganz oben.”
Ayu beobachtete, wie die drei Paare miteinander umgingen: Lesan und Teresa pflegten sich gegenseitig das Fell, während Sayang sich um Baby Padma und Ayu (Lesans Nachwuchs) kümmerte, während sie sich in den Bäumen bewegte. Bei einer anderen Gelegenheit beobachtete unser PRM-Team jedoch, wie Teresa und Sayang vor dem Camp Lesik aus einem dem Team unbekannten Grund stritten. Dies zeigt vielleicht, dass auch Orang-Utans in ihren sozialen Beziehungen Höhen und Tiefen erleben können – genau wie Menschen.
Es gibt auch Balz-Partys
Eko Prasetyo, unser Experte für Orang-Utan-Schutz, der früher als Camp-Koordinator tätig war, kann ebenfalls von seinen Beobachtungen von Orang-Utan-Partys berichten. Er hat erlebt, wie männliche und weibliche Orang-Utans über mehrere Tage hinweg gemeinsam durch den Wald streiften, auf den Bäumen saßen und Futter verspeisten. Diese Art von Verhalten zwischen zwei Orang-Utans des jeweils anderen Geschlechts, die als „Balz“ bezeichnet wird, endet in der Regel mit der Kopulation. Es wird auch als eine Art „Party“ bezeichnet.
Im Bukit Batikap-Schutzwald konnte Andrea während ihrer Arbeit als Camp-Koordinatorin des PRM-Teams folgendes feststellen: Da die rehabilitierten und ausgewilderten Orang-Utans in der Waldschule in sozialen Gruppen aufgezogen wurden, haben viele von ihnen starke soziale Bindungen entwickelt. Sobald sie in der freien Wildbahn leben, sind die ausgewilderten Orang-Utans zwar meist Einzelgänger, aber sie versammeln sich eher zu Partys als ihre wilden Artgenossen. So trafen Andrea und ihr Team häufiger auf Orang-Utan-Gruppen und lernten schnell, wer mit wem befreundet war und wer sich nicht verstand.
Andrea und das PRM-Team trafen eines Tages Cindy, Riwut, Cilik und Olbert bei einer Party. Riwut, die Tochter von Cindy, war damals noch abhängig von ihrer Mutter und lebte noch mit ihr zusammen. Cilik – Cindys bereits erwachsener und alleinlebender Erstgeborener –wurde immer noch bei gelegentlichen Besuchen bei seiner Familie gesehen. Und dann war da noch Olbert, ein nicht verwandtes, geschlechtsreifes Männchen, dem noch keine Backenwülste gewachsen waren. „Obwohl sie alle miteinander auskamen, beobachtete ich amüsiert, wie alle drei um Cindys Aufmerksamkeit buhlten“, erinnert sich Andrea.
Riwut war in Spiellaune und forderte Cindy auf, sich mit ihr auf dem Boden zu wälzen. Cilik wollte während seines Besuchs in der Nähe seiner Mutter sein und bat sie vergeblich um Futter. Olbert versuchte unterdessen eindeutig, Cindys Aufmerksamkeit als würdiger Partner zu gewinnen. Zwar schenkte Cindy jedem ihrer Kinder etwas Zeit und Aufmerksamkeit, doch letztlich war es Olbert, der ihre Zuneigung gewann – und so ist das Team davon überzeugt, dass Cindys drittes Kind – Stellar – auf diese Weise gezeugt wurde!
Kinderparty im Wald
Kürzlich traf eines unserer PRM-Teams in Kehje Sewen auf Berani, Sayang und Padma, die gemeinsam in einem Baum saßen. In einem herzerwärmenden Anblick von Freundschaft schien das Trio die Zeit miteinander zu genießen. Sie baumelten zusammen im Geäst, spielten etwas, das man nur als freundschaftliches Tauziehen bezeichnen kann, und pflegten sich sogar gegenseitig das Fell.
Es war schön zu sehen, welche Nähe zwischen den dreien bestand. Besonders deutlich wurde dies, wenn Padma sich Berani näherte. Padma umarmte Berani sogar, während sie auf einem Ast saßen, und beide schienen in der Gesellschaft des anderen sehr zufrieden und entspannt zu sein. Eine echte Kinderparty.
Die Welt-Klimakonferenz COP27 in Sharm El-Sheikh ist vorbei. Währenddessen wurde der 8‑milliardste Mensch dieser Erde geboren. In diesem Zusammenhang klingt die Frage von UN-Generalsekretär Antonio Guterres aktueller denn je: „Wie werden wir antworten, wenn das ‘8‑Milliarden-Baby’ alt genug ist, um zu fragen: Was hast du für unsere Welt – und für unseren Planeten – getan, als du die Chance dazu hattest?“. Kurz und nüchtern gesagt: Die Erwartungen an die COP27 waren hoch und wurden wieder einmal enttäuscht.
Was ist die wichtigste Errungenschaft der COP27?
Länder, die besonders vom Klimawandel betroffen sind, bemühen sich seit fast drei Jahrzehnten um eine finanzielle Unterstützung – eine Art Entschädigung – zum Ausgleich klimabedingter Schäden, die größtenteils die Industrieländer durch ihre hohen Emissionen zu verantworten haben. Mindestens in diesem Punkt galt die COP27 als erfolgreich. Die rund 200 Teilnehmerstaaten verständigten sich in letzter Sekunde in Sharm El-Sheikh darauf, einen Fonds zur finanziellen Unterstützung ärmerer Länder einzurichten, die von Folgen der Erderwärmung besonders hart getroffen werden: Der Klimaschädenfonds. Gefordert wurde der Fond von mehr als 130 ärmeren Ländern, der ihnen bei der Bewältigung der irreparablen Schäden durch Überschwemmungen, Dürren und andere klimabedingte Auswirkungen helfen soll. Ein aktueller Fall der Folgen des Klimawandels war dieses Jahr die vier Monate anhaltende Flutkatastrophe in Pakistan, bei der Millionen Menschen ihre Heimat verloren und mindestens 1.700 Menschen ums Leben kamen. Die Einigung auf einen Fonds ist ein wichtiger Meilenstein. Jetzt kommt der schwierige Teil – der Fonds muss eingerichtet und mit Geldern gefüllt werden. Noch gibt es keine Einigung darüber, wie die Mittel bereitgestellt werden und woher sie kommen sollen.
Was wurde bei der COP27 doch nicht erreicht?
Bei der COP27 gab es allerdings vor allem zahlreiche Enttäuschungen. Alok Sharma, der Präsident der Cop26 in Glasgow hat es auf den Punkt gebracht. „Das Erreichen des Emissionsmaximums bis 2025 ist nicht in der Abschlusserklärung enthalten. Die Fortsetzung des schrittweisen Ausstiegs aus der Kohle steht nicht in diesem Text. Der schrittweise Ausstieg aus allen fossilen Brennstoffen ist auch nicht im Text enthalten“ sagte er. Die Parteien haben die Verpflichtungen aus der COP in Glasgow komplett außer Acht gelassen, geschweige denn versucht, sie zu übertreffen. Der Klimaschäden Fonds ist notwendig, aber er dient der Schadensbegrenzung und nicht der Vorbeugung. Und daran ist die COP27 wie ihre Vorgängerinnen gescheitert.
Was waren die für den Regenwald relevanten Entscheidungen?
Im Rahmen der COP27 wurden wichtige Allianzen gebildet. So beschlossen die drei Ländern mit dem höchsten Anteil an Torfmoorregenwäldern – die Demokratische Republik Kongo, Brasilien und Indonesien – eine Zusammenarbeit bei den Regenwälder. Die Ankündigung markiert den Beginn einer strategischen Allianz, die den Spitznamen „OPEC der Regenwälder“ trägt und darauf abzielt, die reicheren Länder um finanzielle Unterstützung zu bitten. Im Gegenzug wollen die drei Länder ihr Engagement im Regenwaldschutz verstärken. Da die Regenwälder einer der wichtigsten Speicher für CO2-Emissionen sind und ihre Zerstörung in den zurückliegenden Jahren dramatisch zugenommen hat, wäre das ein großer Beitrag für den Klimaschutz. Der erneut gewählte brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva hat bei der Ankündigung der neuen Allianz betont, dass die drei Länder nach finanziellen Mechanismen für den Klimaschutz suchen werden. Dabei erinnerte er daran, dass bei der COP15 in Kopenhagen 100 Milliarden USD von Industrieländern versprochen wurden. Die Gelder sollten für Klimaschutzmaßnahmen in ärmere Länder investiert werden. Laut einer Analyse von CarbonBrief haben alleine die USA bis jetzt 32 Milliarden weniger gezahlt als sie laut einer fairen Verteilung hätten zahlen sollen. Auch für die Waldschutzmaßnahmen durch die neue Allianz ist noch nicht klar, woher die Finanzierung kommen wird. Eines ist aber klar: Die drei Länder können von ihren Erfahrungen im Bereich Regenwaldschutz voneinander profitieren. Wissenschaftler sind der Ansicht, dass so eine Allianz auch gemeinsame Forschungsprojekte zum Waldschutz zwischen den drei Staaten erleichtern wird.
Gerade Brasilien und Indonesien haben mittlerweile viel technisches Know-how bei der Überwachung von Landnutzungsaktivitäten in großen Regionen und können diese Erfahrungen mit der Demokratischen Republik Kongo teilen. Das wäre ein großer Vorteil für die DRK. So kann das afrikanische Land schneller aufholen und der Regenwaldzerstörung effektiv entgegenwirken.
Erst vor wenigen Tagen haben wir unsere Neuankömmlinge Baimah, Rabia, Spanser und Segi vorgestellt. Nun müssen wir von einer weiteren Babyrettung berichten. Die zweieinhalbjährige Temon war über mehrere Wochen in einem kleinen Dorf gefangen gehalten worden. Wir vermuten, dass ihre Mutter bei einem Konflikt mit Menschen getötet worden ist. In einer gemeinsamen Rettungsaktion mit der indonesischen Naturschutzbehörde BKSDA von Zentral-Kalimantan konnten wir sie aus diesem Martyrium befreien.
Ein schwer traumatisiertes Orang-Utan-Kind
Temon machte es ihren Rettern nicht leicht. Kein Wunder, waren es doch Menschen, von denen sie bisher nichts Gutes erfahren hatte. Sie biss nervös jeden, der auch nur versuchte, sie zu berühren. Unser Tierarzt Dr. Agus kassierte mehrere Bisswunden an den Händen, ehe es ihm gelang, sie aus dem Transportfahrzeug in ihr Quarantänegehege zu bringen.
Es dauerte einige Wochen, ehe Temon der Babysitterin vertraute, die sich seit ihrer Ankunft liebevoll um die Pflege der Kleinen kümmerte. Nach Abschluss ihrer Quarantänezeit durfte sich Temon dann einer kleinen Gruppe gleichaltriger Orang-Utans in der Waldschule von Nyaru Menteng anschließen.
Von der Mutter viel gelernt
Vom ersten Tag an zeigte sich, dass Temon in ihrer viel zu kurzen gemeinsamen Zeit trotzdem schon viel von ihrer Mutter gelernt hatte. So kann sie zum Beispiel schon recht gut klettern und beweist uns täglich ihre große Unabhängigkeit. In der Waldschule ist sie unermüdlich in den Bäumen unterwegs und kommt nur dann herunter, wenn die Babysitterinnen mit Essen oder Milch locken. Danach flitzt sie direkt wieder auf den nächsten Baum und geht ihren Orang-Utan-Geschäften nach, bis es am Nachmittag Zeit ist, die Waldschule zu verlassen. Auch Nester kann Temon schon sehr gut bauen.
Wenn es nachmittags zurück ins Babyhaus gehen soll, braucht Temon oft eine Extraeinladung. Sie ist meist so sehr in die Erkundung des Waldes oder den Nestbau vertieft, dass sie die Rufe der Babysitterinnen einfach nicht hören mag. Mit ein bisschen Milch oder Obst kann sie dann aber doch dazu bewegt werden, in ihr Nachtgehege zurückzukehren.
Temons Lieblingsspeise sind süße, reife Papayas. Andere Orang-Utans essen nur das Fruchtfleisch und lassen die Schale zurück, aber Temon genießt jeden Bissen Papaya, den sie in die Finger bekommt. Sie ist auch schon deutlich größer geworden, was zum Teil auf ihre Liebe zum Essen aber auch auf ihre Angewohnheit zurückzuführen ist, ihren Freunden das Essen wegzuschnappen.
So wie sich Temon in der kurzen Zeit bei uns gezeigt hat, glauben wir fest daran, dass sie die Waldschule gut meistern wird und eines Tages in ihr wahres Zuhause in der Wildnis zurückkehren kann.
Wir werden oft gefragt, was denn das Highlight unserer Arbeit hier bei BOS ist. In welchen Momenten spüren wir ganz besonders deutlich, dass wir etwas bewirken? Darauf gibt es eine ganz klare Antwort: Die Auswilderung eines rehabilitierten Orang-Utans in die freie Natur!
Grund zu feiern: Die 500. Auswilderung steht kurz bevor
Wenn wir nach vielen Jahren der Rehabilitation einen Orang-Utan in seinen natürlichen Lebensraum entlassen können, dann kochen bei unserem Team in Indonesien jedes Mal die Emotionen hoch und es kullern bei unseren Tierärzten und Pflegern sogar Tränen. Für sie, die die Orang-Utans jahrelang begleiten und miterleben, wie sie wachsen und dazu lernen, ist eine Auswilderung ein bisschen wie das Gefühl wenn Eltern ihre Kinder zur Abschlussfeier an der Schule begleiten. Wir sind wahnsinnig stolz und glücklich über das Erreichte – und auch ein wenig wehmütig, denn es ist natürlich ein Moment des Abschieds. Gerade läuft der Countdown für eine ganz besondere Auswilderung: Bald können wir den 500. Orang-Utan in sein Leben in Freiheit entlassen! Es wird die bereits 40. Auswilderung von BOSF seit 2012 sein.
Wann ist ein Orang-Utan bereit für ein Leben in Freiheit?
Die Rehabilitation eines geretteten Orang-Utans im BOSF-Schutzzentrum ist ein langwieriger Prozess: Zuerst lernen die Tiere alles, was sie für ihr Leben in Freiheit brauchen, in unserer Waldschule im BOSF Rettungszentrum. Dann können sie die erlernten Fähigkeiten auf den sogenannten Vorauswilderungsinseln erproben. Dort werden sie von den BOSF Teams weiterhin ganz genau beobachtet. Um zu entscheiden, ob ein Orang-Utan für die Freilassung bereit ist, prüfen die BOSF Teams sein Verhaltensprofil auf den Vorauswilderungsinseln und stellen dadurch sicher„ dass die Orang-Utans die Kriterien der BOS-Stiftung erfüllen. Unter anderem wird überprüft, . dass die Orang-Utans die selbständige Futtersuche beherrschen und nicht mehr auf die vom BOSF Team angebotene Nahrung auf den Fütterungsplattformen angewiesen sind.
Gründlicher Gesundheitscheck und Quarantäne vor der Auswilderung
Hat ein Orang-Utan bewiesen, dass er über das Wissen und all die benötigten Fähigkeiten verfügt, um in freier Wildbahn zu überleben, dann folgt ein gründlicher Gesundheits-Check: Die Tiere müssen ein gesundes Körpergewicht haben und natürlich kerngesund sein, um die strengen Kriterien der BOSF zu erfüllen. Gerade Infektionskrankheiten sind ein absolutes Tabu. Bevor die Orang-Utans in einen der Schutzwälder ausgewildert werden können, durchlaufen sie daher eine Quarantäne. Dazu werden sie von der Vorauswilderungsinsel abgeholt. Während der Quarantäne im Schutzzentrum haben wir Zeit, den körperlichen Zustand jedes einzelnen Tieres genau zu überprüfen und es auf eine Reihe von Krankheiten zu testen.
Alles ist vorbereitet – und trotzdem verschiebt sich die Auswilderung
Trotz sorgfältigster Planung kann es immer passieren, dass externe Faktoren eine Freilassung unterbrechen und wir den Zeitpunkt verschieben müssen. Extreme Witterungsbedingungen wie etwa Hochwasser oder wenn eine Straße durch Erdrutsche beschädigt wird, lassen uns zum Beispiel keine andere Wahl als die Auswilderung umzuplanen. Auch der Ausbruch der Corona-Pandemie hat all unsere Pläne umgeworfen und einige unserer Orang-Utans mussten viel länger als erwartet auf ihre Auswilderung warten.
Wenn jedoch alles wie geplant läuft, dann steht unserem großen Jubiläum nichts im Wege. Dann brechen bald drei neue Wilde auf zu ihrer großen Reise in den Regenwald. Dann werden wir 500 Orang-Utans erfolgreich ausgewildert haben. Was für eine magische Zahl!
BOS Deutschland e.V. gehört zu den 100 ausgewählten Vereinen, die als WBS-Herzensprojekte nominiert wurden. Um bis zu 10.000 € für unsere Orang-Utans zu gewinnen, müssen wir unter die ersten drei Organisationen kommen. Dafür brauchen wir jede einzelne Stimme! Gehen Sie dafür einfach auf https://www.wbs-gruppe.de/herzensprojekte/#c1162, geben Sie in die Suche “BOS” ein und stimmen für uns ab — Bestätigungsmail bitte nicht vergessen. Jetzt schnell weitersagen an alle Orang-Utan-Freunde und noch bis zum 16.11. um 12 Uhr für uns voten!
Dieser Moment, wenn in unserem Rettungszentrum das Telefon klingelt und wir einen Hinweis auf einen Orang-Utan bekommen, der Hilfe braucht – er ist jedes Mal wieder emotional und jagt unseren Adrenalinspiegel in die Höhe. Natürlich ist unser Team eingespielt und weiß genau, was zu tun ist. Üblicherweise besteht die Rettungsmannschaft aus einem Tierarzt, einem Babysitter, einem Mitarbeiter der örtlichen Naturschutzbehörde und jemandem aus unserem Kommunikationsteam. Doch ganz gleich wie oft wir schon losgefahren sind, um einen verletzt aufgefundenen oder illegal als Haustier gehaltenen Orang-Utan zu retten: Die Aufregung bleibt, denn wir wissen nie genau, was uns vor Ort erwartet.
Wir wissen nur eines sicher: Das ist es, wofür wir bei BOS kämpfen
Mit jedem geretteten Orang-Utan haben wir eine weitere Chance, ein Tier zu rehabilitieren, in ein Leben in Freiheit zu entlassen und damit die Art vor dem Verschwinden zu bewahren. In den letzten Wochen haben wir gleich vier solcher Chancen bekommen: Unser Team ist vier Mal zur Hilfe gerufen worden. Wie sich die Rettungsaktionen unterscheiden, möchten wir euch hier erzählen. Und euch natürlich unsere vier Neuzugänge vorstellen.
Baimah: übergewichtig und in Babykleidung
Den Hinweis auf Baimah haben wir von der Polizei erhalten, die das etwa zwei Jahre alte Orang-Utan-Mädchen in Babykleidung bei einem Ehepaar entdeckte. Bestimmt haben die beiden es gut gemeint, als sie Baimah regelmäßig gebadet, mit Milch, Obst und Reis gefüttert und wie ein Menschenbaby behandelt haben. Als unser Team Baimah abholen wollte, fiel es dem Ehepaar sehr schwer, sich von der Kleinen zu trennen, die sie 18 Monate lang bei sich hatten. Aber natürlich ist es nicht nur illegal, was sie getan haben, es hat Baimah auch geschadet: Mit 15 kg ist die Zweijährige so übergewichtig, dass sie Schwierigkeiten hat durch die Nase zu atmen. Außerdem war sie verängstigt und klammerte sich an einem Pfosten fest, als unsere Babysitterin und unser Tierarzt sich ihr vorsichtig näherten. Nicht einmal Milch wollte sie von uns annehmen. Es stellte sich später heraus, dass sie nur Milch mit Erdbeergeschmack mag.
Orang-Utan Baimah
Baimah ist inzwischen gut in unserem Rettungszentrum angekommen, sie ist nicht mehr so ängstlich und gewöhnt sich an die neue Umgebung. Es geht ihr gesundheitlich gut, allerdings werden wir in den nächsten Wochen damit beschäftigt sein, ihre Ernährung wieder auf eine artgerechte Dschungel-Kost umzustellen und ihr Gewicht zu reduzieren. Sobald sie die Quarantäne hinter sich hat, darf sie auch mit den anderen Orang-Utan-Kindern spielen. Wir freuen uns schon darauf, sie dabei begleiten und beobachten zu dürfen.
Segi: ohne Mutter aufgefunden
Es ist eine Geschichte, die wir bei Rettungen immer wieder erzählt bekommen: dass das Orang-Utan-Baby mutterseelenalleine in einem Feld oder am Waldrand gefunden worden sei. Fakt ist, dass Orang-Utan-Mütter ihren Nachwuchs niemals freiwillig alleine lassen. Bis zu acht Jahre lang sind Mutter und Kind unzertrennlich. In dieser unglaublich wichtigen Zeit lernt das Kleine alles, was es für sein Leben im Regenwald wissen und können muss. Dass Segi also von Feldarbeitern ganz alleine entdeckt wurde, kann nur einen Grund haben: Ihrer Mutter ist etwas zugestoßen. Glücklicherweise ging es dem 18 Monate alten Orang-Utan-Mädchen gut, als unser Team eintraf, sie hatte nur leichte Schürfwunden auf dem Kopf, Rücken und an der linken Hand. Und glücklicherweise wurden wir direkt, nachdem sie gefunden wurde, zur Hilfe gerufen.
Orang-Utan Segi
Segi hat die Quarantäne bereits hinter sich und sich gut in unserem Waldkindergarten eingelebt. Sie ist ein cleveres kleines Mädchen, unglaublich geschickt im Klettern und bereits sehr unabhängig für ihr Alter. Trotzdem spielt sie auch gerne mit Gleichaltrigen, am liebsten mit Kinan, Avo und Kalanaman. Und sie genießt die Aufmerksamkeit ihrer Ersatz-Mamas.
Rabia: zwei Jahre in einem Käfig
Schicksale wie die von Rabia bestätigen uns darin, dass nicht nur unsere Rettungsmissionen wichtig sind, sondern auch unsere Arbeit mit den Communities, zu der auch Bildung und Aufklärung rund um den Artenschutz gehören. Nur so können wir hoffentlich in Zukunft verhindern, dass wir ein Lebewesen des Waldes, das sich normalerweise täglich unzählige Kilometer durch die Baumwipfel bewegt, alleine oder an seine Mama gekuschelt, das klettert, hangelt und auch Mal Purzelbäume schlägt, aus einem Käfig befreien müssen. Rabias Rettungsmission gehört zu jenen, die sich ganz besonders in die Erinnerung unseres Teams einbrennen: Zweieinhalb Jahre ist der Orang-Utan-Junge zum Zeitpunkt seiner Rettung alt und zwei seiner Lebensjahre hat er in einem kleinen Käfig verbringen müssen. Als Rabia sein Gefängnis verlassen darf, kann er kaum auf eigenen Beinen stehen. Die Muskeln an seinem ganzen Körper sind unterentwickelt. Abgesehen davon ist er jedoch körperlich gesund und auch sein Haar ist dicht und sauber.
Orang-Utan Rabia
Brav lässt sich Rabia von unserer Tierärztin untersuchen und von unserem Babysitter auf den Arm nehmen und ins Rettungszentrum bringen. Er ist ganz offensichtlich an Menschen gewöhnt – an den Umgang mit Artgenossen hingegen gar nicht. Inzwischen ist er bereits seit einigen Wochen in unserer Waldschule und hat erstaunliche Fortschritte gemacht. Zu unserer großen Freude übt er fleißig das Klettern und freundet sich langsam mit den anderen Orang-Utan-Kindern an. Nur an der Essensumstellung müssen wir noch arbeiten, denn Reis und Kondensmilch mit Schokogeschmack bekommt er bei uns natürlich nicht mehr. Gerne futtert Rabia frisches Obst, das ihm seine Ersatz-Mamas anbieten, und hat sich auch schon an junge Pflanzensprosse heran gewagt.
Spanser: anhänglich und schüchtern
Zwei Monate lang hat ein Mann den zweijährigen Orang-Utan-Jungen bei sich behalten, nachdem er ihn seinen eigenen Angaben zufolge hinter seinem Haus im Wald gefunden hatte. In dieser Zeit wurde Spanser mit zuckriger Kondensmilch, Babynahrung und Bananen gefüttert und brachte proppere 6,8 kg auf die Waage, als unser Rettungsteam ihn befreite. Abgesehen davon war er glücklicherweise gesund und hatte lange, gepflegte Haare ohne jegliche Abschürfungen.
Orang-Utan Spanser
Auch Spanser hat die Quarantäne bereits hinter sich und besucht die Waldschule in Nyaru Menteng. Er tut sich noch ein wenig schwer im Umgang mit den anderen Orang-Utan-Kindern, die dem eher schüchternen Jungen gerne Mal das leckerste Obst vor der Nase wegschnappen. Unsere Babysitter halten sich aus diesen Kabbeleien heraus, denn nur wenn Spanser lernt, für sich selbst zu sorgen und sich auch gegen andere durchzusetzen, wird er später alleine im Dschungel zurecht kommen. Und tatsächlich spielt der Kleine inzwischen ab und zu mit Alex und Jeni, wagt sich weiter von seinen Ersatz-Mamas weg und bewegt sich zunehmend mutig in der Waldschule.
Unser Team ist sich sicher: Alle vier Orang-Utan-Kinder haben gute Chancen auf ein Leben in Freiheit. Sie haben bereits nach kurzer Zeit wichtige Fähigkeiten in unserer Waldschule gelernt und entwickeln sich prächtig. In unseren Rettungszentren, in der Community-Arbeit und durch die Aufforstung von Waldgebieten arbeiten wir unermüdlich daran, dass Spanser, Rabia, Segi und Baimah eines Tages das Leben in den Regenwäldern von Borneo führen können, für das sie geboren wurden.
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