Seit drei Jahren lebt Asri nun in unserem Schutzzentrum für Malaienbären in Samboja Lestari. Wie geht es ihr heute? Wir haben die kleine Bärin besucht.
Es sah gar nicht gut aus für Asri, als sie gefunden wurde: Die kleine Bärin war mit ihrem rechten Hinterbein in eine Falle geraten und hing so fest, dass sie schwere Verletzungen davontrug. Glücklicherweise konnten wir Asri befreien. Doch für ihr Bein kam die Rettung zu spät. Unseren Ärzten blieb nichts anderes übrig als zu amputieren.
Malaienbären, wegen ihrer charakteristischen Fellzeichnung auch Sonnenbären genannt, teilen in vielerlei Hinsicht das Schicksal von Orang-Utans: Ihr Bestand wird durch Wildtierhandel und Vernichtung ihres Lebensraumes immer weiter dezimiert, sodass sie inzwischen vom Aussterben bedroht sind. Im Gegensatz zu Orang-Utans sind Malaienbären jedoch nicht mehr auswilderbar, sobald sie Umgang mit Menschen hatten.
Die inzwischen sechsjährige Asri hat sich prächtig in ihrem neuen Zuhause in Samboja Lestari eingelebt. Und sie kommt bestens zurecht, obwohl ihr ein Bein fehlt! Tatsächlich klettert sie sogar genauso gut wie die anderen Malaienbären in unserem Rettungszentrum, mit denen sie sehr gerne Zeit verbringt. Am liebsten spielt und klettert Asri mit India, Deni, Malinau, Barbie und Tapir.
Wir sind glücklich, dass sich Asri trotz ihrer traumatischen Erfahrung so gut erholt und entwickelt hat. Unter diesen Bedingungen stehten ihre Chancen auf ein langes und gesundes Leben sehr gut. Malaienbären können in Gefangenschaft bis zu 30 Jahre alt werden!
Es war ein visionäres Projekt, das wir 2019 gemeinsam mit dem Rhino and Forest Fund e. V. gestartet haben. Eines mit erheblicher Bedeutung für den Artenschutz auf Borneo, für das wir jedoch einen langen Atem brauchen würden. Umso mehr freuen wir uns, dass schon jetzt die ersten Erfolge zu sehen sind!
Im Jahr 2019 haben wir uns mit dem Rhino and Forest Fund (RFF) zusammengetan und gemeinsam die einmalige Chance ergriffen, eine stillgelegte Ölpalmenplantage in Regenwald zurückzuverwandeln und dadurch eine Wildtieroase zu schaffen. Genauer gesagt: einen Wildtierkorridor, der zunächst zwei Naturschutzgebiete miteinander verbindet und dann weiterwächst, bis er ins Herz von Borneo führt. Und wir nehmen die gute Nachricht gleich vorweg: Schon jetzt sind die ersten Erfolge zu sehen! Nicht einmal fünf Jahre nach Projektbeginn ist die Renaturierung in Tabin weit fortgeschritten und wir konnten bereits neue Gebiete in Silabukan Ost und Bukit Piton erschließen! Was wir im Einzelnen erreicht haben, erzählen wir Ihnen hier.
Aufforstung und Biodiversität auf der Palmölplantage
Unser Partner vor Ort, der RFF, (Link) hat im Jahr 2020 damit begonnen, 50 Hektar erworbene Ölpalmenplantagenfläche im Gebiet Tabin zu renaturieren. Bisher wurden 8.250 Baumsetzlinge von 47 verschiedenen Arten gepflanzt. Dabei nutzt man die Baumkronen der noch auf dem Areal wachsenden Ölpalmen als Schutz für die zarten Pflänzchen. Dazwischen haben sich zehntausende wilde Bäumchen ausgesät, welche wir teilweise in die Pflege mit einbeziehen.
Nicht alle Setzlinge überleben die erste Zeit außerhalb der Baumschule. Wir freuen uns, dass die Mortalität zwischen den einzelnen Pflegerunden im Jahr 2023 auf 32 Prozent zurückgegangen ist. Um die Aufforstung weiter voranzubringen, ersetzen wir punktuell Pflanzen, die sich an ihrem Standort nicht etablieren konnten, durch andere Arten. So erhöhen wir die Überlebensquote der Bäumchen und zugleich die Artenvielfalt auf der Fläche.
Zu Beginn des Projektes haben wir es uns zum Ziel gesetzt, den Bestand der Ölpalmen auf dem Areal zunächst als Schutz für die Setzlinge zu nutzen und sie nach fünf Jahren zu fällen. Und tatsächlich sind unsere Setzlinge sowie auch die wilden Bäumchen an einigen Stellen bereits hoch genug gewachsen. So können unsere Teams im Jahr 2024 mit der Fällung der Ölpalmen beginnen.
Der neu angelegte See wird zur Wildtieroase
Im Jahr 2022 haben wir auf einer 3,5 Hektar großen Fläche innerhalb der von uns erworbenen Plantage einen künstlichen See mitsamt Weideflächen angelegt. Das Areal war ursprünglich komplett mit der invasiven Pflanzenart Mucuna bracteata bedeckt. Seitdem wurden auf der offenen Fläche außerdem rund 500 Bäume gepflanzt.
Schon jetzt beobachtet unser Team vor Ort, dass der See und die neu entstandenen Weideflächen von den Wildtieren gut angenommen werden. Bereits während der Baggerarbeiten wurde der See von mehreren Fisch‑, Amphibien- und Reptilienarten besiedelt, darunter die gefährdete Amboina-Scharnierschildkröte, und die Wasserfläche wird von etlichen Vogelarten genutzt, darunter die gefährdeten Arten Höckerstorch, Sundamarabu und Orient-Schlangenhalsvogel.
Unsere Aufforstungsteams haben rund um den See auch Elefanten beobachtet, die ausgiebig auf der neuen Weidefläche gefressen haben.
Die wilden Tiere kehren zurück
Unser Partner RFF ist seit 2012 kontinuierlich in dem Aufforstungsgebiet am Ufer des Tabinflusses aktiv und hatte in dieser Zeit sporadisch Kamerafallen im Einsatz, sowohl entlang des Ufers als auch in der angrenzenden Plantage. Außerdem sind Mitarbeiter des RFF häufig im Gebiet unterwegs. Dadurch haben wir eine recht gute Vorstellung davon, welche Arten in diesem Gebiet vor Beginn des Projektes heimisch waren und welche sich im Zuge der Renaturierung neu angesiedelt haben. Auch wenn es sich hier um keine systematische Studie handelt, so greifen die Teams bei ihren begleitenden Beobachtungen der Wildkorridorerweiterung doch auf andere wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse zurück .
Mit zunehmender Breite des Wildtierkorridors wächst die Artenvielfalt
Mittlerweile ist es durch die Stilllegung der erworbenen Plantagenflächen und deren Renaturierung gelungen, den Uferstreifen von rund 20 Metern rechts und links des Tabin-Flusses auf rund 800 Meter zu verbreitern. Und der neue Lebensraum zieht neue Arten an! Während von 2012 bis 2020 nur wenige größere Säugetierarten in der Korridorfläche am Fluss beobachtet werden konnten – vor allem Bartschweine, Makaken, Sundakatzen und Elefanten – kam in den vergangenen drei Jahren eine Vielzahl von Arten neu hinzu. So konnte das Team des RFF Malaienbären, Marmorkatzen, Maronenlanguren, Nasenaffen, Nebelparder, Plumploris und Orang-Utans beobachten. Zudem wird der besonders seltene Höckerstorch seit 2022 regelmäßig auf der Aufforstungsfläche nachgewiesen.
Effizient gegen Wilderer und illegale Baumfällungen vorgehen
Ein schwer zu quantifizierender, aber deutlich sichtbarer Erfolg des Projekts ist es außerdem, die stetige Entwaldung sowie die Wilderei im Osten Silabukans reduziert zu haben.
Aufforstung in Ost-Silabukan
Noch zu Beginn des Projektes wurden weiterhin neue Ölpalmen an der Entwaldungsgrenze innerhalb des Schutzgebietes gepflanzt. In einem illegalen Ressort auf dem Gebiet wurde außerdem kommerzieller Jagdtourismus betrieben. Beides wurde von den RFF-Mitarbeitern vor Ort entdeckt und umgehend den Behörden gemeldet. Die Forstbehörden reagierten prompt: Sie zerstörten alle neuen Ölpalmen und legten das illegale Jagdressort still.
Die Botschaft ist angekommen: Erneute Investitionen in illegale Aktivitäten sind sinnlos! Seit 2022 wurden keine illegalen Holzfällungen im Südosten Silabukans mehr verzeichnet und die Wilderei ist zumindest deutlich rückläufig.
Herausforderungen und Lösungen
Während unser Projekt in einigen Gebieten erfreuliche Fortschritte gemacht hat, haben wir in anderen mit Herausforderungen zu kämpfen. So befinden sich im Südwesten von Silabukan eine Vielzahl illegaler Plantagenflächen. Hier plant der RFF, in Kooperation mit den lokalen Forstbehörden, zunächst rund 26 Hektar entwaldeter Fläche wieder aufzuforsten. Die Aufforstungsfläche soll dann schrittweise ausgeweitet werden, bis alle illegal gerodeten Gebiete renaturiert sind.
Leider stecken diese Arbeiten noch immer in der Vorbereitungsphase, da die von uns beauftragte Firma aufgrund von Personalproblemen den Auftrag zurückgeben musste. Wir sind nun dabei, die Arbeiten gemeinsam mit dem Team des RFF zu organisieren und dabei auch Menschen aus den umliegenden Communities einzubeziehen.
Wir sind zuversichtlich, durch einen Endspurt zum Jahresende 2023 die zeitliche Verzögerung im Projekt zumindest teilweise wieder aufholen zu können. Im Gebiet Bukit Piton laufen die Arbeiten jetzt auf Hochtouren und wir freuen uns darauf, Ihnen schon bald von der weiteren Entwicklung berichten zu dürfen.
Werden auch Sie zum Regenwald-Retter. Mit Ihrer Spende helfen Sie uns, weitere Flächen zu sichern und diese in Regenwald umzuwandeln. Für die Orang-Utans, die Artenvielfalt und das Klima. Jeder Beitrag hilft.
Über Wochen waren die BOS-Mitarbeiter in unserem Renaturierungs- und Aufforstungsgebiet Mawas im Dauereinsatz. Sie kämpften jeden Tag 24 Stunden gegen die tückischen Brände im zerstörten und trockengelegten Torfmoorgebiet. Wir haben mit Rudi Hartono, dem Lebenswald-Feldkoordinator gesprochen, der die Aktivitäten zum Feuerschutz leitet.
Gerade kam heraus: Das Jahr 2023 ist sehr wahrscheinlich das wärmste Jahr seit 125.000 Jahren. Die Kombination aus fortschreitendem Klimawandel, extremer Trockenzeit und dem El-Niño-Phänomen führten auf Borneo in diesem Jahr zu heftigen Waldbränden. Über Wochen waren unsere Mitarbeiter in Mawas im Dauereinsatz. Zu Hilfe kamen ihnen dabei die bereits durch Staudämme geblockten Kanäle. Denn sie sorgten für einen höheren Wasserpegel. So hatten die Feuerlöschteams einen leichteren Zugang zum Wasser und vernässtere Aufforstungsflächen. Einer, der täglich an vorderster Front gegen die Flammen und für den Schutz unserer Aufforstungsflächen kämpft, ist Rudi Hartono.
Rudi Hartono und zwei seiner Kollegen
Pak Hartono, was genau waren Ihre Aufgaben beim Kampf gegen die Brände in Mawas?
Vor allem koordinierte ich die Einsätze unserer Teams. Das heißt, ich sorgte dafür, dass die Brandschutzausrüstung, also Pumpen, Schläuche und mobile Wassertanks einsatzbereit waren und dass Boote und Ausrüstung im Notfall repariert wurden. Ich kümmerte mich um die Logistik und das alle immer gut informiert waren. Dazu gehörte auch die Organisation von regelmäßigen Einsatzbesprechungen. Bei Stromausfällen sorgte ich für Abhilfe. Außerdem sammelte ich alle Daten vor Ort. Und, ganz wichtig, ich sorgte dafür, dass immer ein kleines medizinisches Team vor Ort ist.
Mit wie vielen Mitarbeitern haben Sie sich den Feuern gestellt?
Unser BOS-Feuerwehrteam besteht aus allen Lebenswald-Mitarbeitern im Gebiet D1, das zusätzlich von Personal aus den anderen Mawas-Projekten unterstützt wurde. Insgesamt sind wir 17 Kollegen.
Was waren die größten Herausforderungen bei der Brandbekämpfung in den zurückliegenden Wochen?
Die größte Herausforderung bestand darin, das Aufforstungsgebiet über den langen Zeitraum vor der Ausbreitung der Flammen zu schützen und meine Kollegen zu motivieren, die jeden Tag mit großem Einsatz im Feld stehen und Brände löschen.
Die Karte zeigt einen Teil unserer Aufforstungsflächen in Mawas. Lebenswald befindet sich in D1. Rot sind die Gebiete markiert, in denen es in den vergangenen Wochen zu Bränden kam
Was sind aus Ihrer Sicht die Ursachen für die Waldbrände?
Vor allem liegt es an der Trockenzeit und der außergewöhnlichen Hitze in diesem Jahr, die durch El Niño verstärkt wurde. Dazu kommen in der Regel unbeabsichtigte Aktivitäten der Menschen, wie das Roden landwirtschaftlicher Flächen, die Herstellung von Holzkohle oder das Trocknen von Fisch. Manchmal reicht ein Funke, um einen Brand auszulösen, manchmal geraten gelegte Brände – etwa bei Brandrodungen in der Landwirtschaft – außer Kontrolle.
Wie waren die Arbeitsschichten organisiert bzw. wie viele Stunden war ein Team im Einsatz?
Die Feuerwehrleute arbeiten im Durchschnitt in jeder dritten Schicht des Tages. Am Nachmittag kümmerten wir uns um die Logistik und das Material und ein Küchenteam versorgte uns mit Essen. Während der Nacht wechselten sich die Schichten je nach körperlicher Verfassung ab.
Nach ersten Regenschauern entspannte sich die Situation auf den Brandflächen. Doch noch lange stieg Rauch aus den Moorböden auf
Wie viele Stunden haben Sie in den letzten Wochen geschlafen?
Pro Tag bekam ich vielleicht ein bis drei Stunden Schlaf, oft auch über den Tag verteilt, z. B. eine Stunde morgens, eine am Nachmittag und eine in der Nacht. Ich war eigentlich ständig auf der Hut. Und selbst wenn ich schlafen konnte, hielten mich oftmals die Sorge um meine Kollegen im Feld und die Gedanken an das Feuer wach.
Sicher auch die Sorge um Ihre Familie?
Natürlich auch. Neben der Verantwortung für meine Arbeit und dieses Projekt, sorgte sich mein Herz auch um meine Familie. Wir alle leiden unter dem Rauch und den Bränden. Und wir alle sind traurig, weil das Feuer und der Rauch eine große Gefahr für die Gesundheit darstellen.
Rudi Hartono auf der Lebenswald-Aufforstungsfläche
Hatten Sie bei den Löscharbeiten auch richtige Angstmomente?
Oh ja! Auch wenn wir inzwischen viel besser auf die Feuer reagieren können, weil wir besser ausgerüstet und ausgebildet sind, viele Hydranten im Feld gebaut haben, die Kanäle dank der Staudämme mehr Wasser führen, das Moor dank der Dämme stellenweise vernässt wurde – trotz der harten Arbeit in den zurückliegenden Jahren – kommt es immer wieder zu kritischen Situationen. Und dann steht man eben vor den Flammen, aber es gibt gerade keine Wasserquelle. Oder die Ausrüstung geht im falschen Moment kaputt, was bei den extremen Bedingungen ja kein Wunder ist. Und wenn der Körper plötzlich schlapp macht und einem vor lauter Erschöpfung übel wird, dann bekommt man auch einen ziemlichen Schrecken.
Und was waren Ihre alltäglichen Herausforderungen?
Jedem im Team die passende Aufgabe anzuvertrauen. Wir sind ja keine hauptberuflichen Feuerwehrleute. Unser Alltag besteht normalerweise aus Aufforstungs- und Baumpflegearbeiten. So hat jeder Mitarbeiter unterschiedliche Erfahrungen und Fähigkeiten. Jetzt müssen sie Brände löschen, Essen zubereiten und die Ausrüstung in Schuss halten. Dazu kommen die extremen Arbeitsbedingungen. Unregelmäßiges Essen und unregelmäßiger Schlaf bringen auch unsere Verdauung durcheinander. Und nach einer harten Schicht zwischen Feuer und Rauch erwartete uns auch keine entspannende Dusche. Denn das Wasser wurde zum Löschen benötigt.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Ich hoffe auf eine noch intensivere Koordination in der Trockenzeit, um noch effektiver gegen künftige Waldbrände vorgehen zu können und den Lebenswald zu schützen.
Wir danken Rudi Hartono und dem Lebenswald-Team für ihren unermüdlichen Einsatz, ihr Engagement und ihre Opferbereitschaft, um Mawas vor den verheerenden Waldbränden zu schützen. Unsere Gedanken sind bei Euch!
Unsere Babysitterinnen und Tierpfleger kennen dies nur allzu gut: Neugierige Orang-Utans, die ihre Nasen überall reinstecken müssen, auf der Suche nach Leckereien oder neuem, interessantem Spielzeug. Eine Gruppe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern hat kürzlich in einer Feldstudie auf Sumatra die Neugier wildlebender Orang-Utans untersucht. Und ist dabei zu einigen spannenden Ergebnissen gekommen.
Neue Objekte und Situationen kommen in unberührten, natürlichen Lebensräumen in der Regel selten vor. Doch bieten sie, wenn sie sich ergeben sollten, ausgezeichnete Möglichkeiten, etwas Neues zu lernen. Denn genau in solch einem Umfeld werden Individuen oft innovativ, um aus der unbekannten, möglicherweise bedrohlichen Situation herauszukommen.
Innovationsforschung beim Menschen
Individuen, die aktiver mit neuen Stimuli umgehen und offen sind diese zu erkunden, nutzen auch aktiver neue Lernmöglichkeiten aus. Solche Menschen entwickeln schneller adaptive Fähigkeiten und Wissen als zögerliche Individuen.
Wie sieht es bei den Tieren aus?
Die Primatologin Dr. Caroline Schuppi hat sich mit einer Gruppe von Forscherinnen und Forschern auf die Suche nach Faktoren gemacht, die die Neugier bei Orang-Utans beeinflussen können. Die Studie „Ecological, social, and intrinsic factors affecting wild orangutans’ curiosity, assessed using a field experiment“ untersucht, wie Orang-Utans auf Neues reagieren, aber auch, wie offen sie sind, Neues zu erkunden. Im Gegensatz zu klassischen Studien zu Reaktionen auf Neuheiten, haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hier auf ein Experimentdesign mit natürlichen Materialien gesetzt. Die Hypothese der Forschungsgruppe lautete, dass drei Faktoren das Orang-Utan-Verhalten beeinflussen: Das Alter der Tiere, die Anwesenheit einer Gruppe von Artgenossen, die sich auch für die neuen Objekte interessiert und die Verfügbarkeit von Nahrung. Je nach Ausgangslage zeigen die Orang-Utans Interesse oder komplettes Desinteresse für die neuen Stimuli.
Innovationen aus Notwendigkeit oder Gelegenheit?
In der Innovationsforschung gibt es eine fortlaufende Debatte darüber, ob Notwendigkeit oder Gelegenheit zu Erfindungen führt, d.h., ob Individuen eher dazu neigen innovativ zu sein, wenn sie ökologischen Druck verspüren (z. B. bei Nahrungsmittelknappheit oder in Zeiten erhöhten Energieaufwands) oder wenn sie geeignete ökologische Bedingungen und Reize vorfinden (z. B. die Ressourcen und Materialien, die für Innovationen benötigt werden) und über erhöhte Mengen an Energie und Zeit verfügen. In der Natur ist eine Sache klar: Neuartige Objekte und Situationen stellen potenzielle Gefahren für Wildtiere dar, beispielsweise in Form von Verletzungen, Vergiftungen oder der Bedrohung durch Feinde. Aus evolutionärer Sicht sind Umweltrisiken für langlebige Arten bedeutsamer, so dass bei Arten wie Orang-Utans ein höheres Maß an Desinteresse für neue Objekte zu vermuten wäre.
Was verraten die Studienergebnisse?
Die Studie fand nun heraus, dass wilde, junge Orang-Utans ein viel größeres Interesse an neuen Dingen zeigten. Außerdem erkunden sie länger visuell neuartige Reize als ihre erwachsenen Artgenossen. So ein Verhalten beobachten auch unsere Post-Release-Monitoring-Teams. Orang-Utan-Junge Bungaran, der 2016 als Baby mit seiner Mutter Signe in Kehje Sewen ausgewildert wurde, ist ein gutes Beispiel dafür. Neugierig klettert er von Ast zu Ast auf der Suche nach Nahrung und probiert Neues aus.
Orang-Utan Bungaran auf Entdeckungsreise
Insgesamt waren die Orang-Utans in der Studie jedoch zurückhaltend, wenn es darum ging, direkt mit dem Objekt des Experiments zu interagieren. Diese Kombination aus Interesse und Scheu schützt die Tieren vermutlich vor zu gefährlichen Objekten, die für sie z. B. giftig sein könnten, erlaubt ihnen aber gleichzeitig Neues zu erlernen. Neben dem Alter ermutigt auch die Gegenwart von Artgenossen die Orang-Utans mit neuen, unbekannten Objekten zu interagieren. So erforschen wilde Orang-Utans am ehesten neue Gegenstände (Stimuli) oder nutzen Lernmöglichkeiten, wenn sich in ihrer Nähe weitere Waldmenschen befinden, die ebenfalls eine positive Reaktion auf die Reize zeigen. Hinsichtlich der Umwelteinflüsse haben die Forscherinnen und Forscher festgestellt, dass eine hohe Nahrungsverfügbarkeit (und somit wahrscheinlich ein hohes Energieniveau) mit einer gesteigerten visuellen Erkundung des Versuchsapparats korreliert. Allerdings gab es während des Experimentzeitraums keine Fälle von Nahrungsknappheit. Daher ist es schwer zu sagen, wie die Orang-Utans in solch einer Situation reagieren würden.
Je jünger und satter, umso neugieriger und lernfähiger
Die Anwesenheit von Artgenossen hat starken Einfluß auf die Neugier
Die Studie zeigt, dass wilde, junge Orang-Utans neugieriger sind und neue Reize länger erkunden als erwachsene Orang-Utans. Gleichzeitig sind sie aber vorsichtiger, was ihnen hilft, sicherer Neues über ihre Umwelt zu lernen. Überraschenderweise fördert die Anwesenheit von Artgenossen die Neugier und Erkundungslust bei den normalerweise solitär lebenden Orang-Utans. Ein hohes Energieniveau führt zu verstärktem Interesse an neuen Reizen, aber es scheint, dass Orang-Utans in Phasen geringer Energie tatsächlich näher an diese herangehen, was in einer weiteren Studie detailliert untersucht werden soll. Festgestellt wurde, dass Altersunterschiede einen stärkeren Einfluss auf die Neugier haben als die Anwesenheit von Artgenossen oder die Verfügbarkeit von Nahrung. Diese Erkenntnisse legen nahe, dass junge Orang-Utans am besten geeignet sind, Lernmöglichkeiten durch neue Reize auszunutzen, wobei die Unterstützung durch Artgenossen und günstige Umweltbedingungen ihre Neugier weiter fördern können.
Quellen:
Ecological, social, and intrinsic factors affecting wild orangutans’ curiosity, assessed using a field experiment | Scientific Reports (nature.com)
Greenberg, R. S. The role of neophobia and neophilia in the development of innovative behaviour of birds. In Animal innovation (eds Reader, S. & Laland, K. N.) 175–196 (Oxford University, 2003).
Aus Big Boy Beni ist inzwischen, zumindest rein äußerlich, ein junger Orang-Utan-Mann geworden. Seit 2021 besucht er die Walduniversität auf einer Vorauswilderungsinsel im Salat Island Cluster. Hier hat er auch schon einige – manchmal auch unschöne – Erfahrungen sammeln können. Doch gewisse Dinge ändern sich bei Beni vermutlich nie…
Es ist ein sonnig-heißer Morgen auf der Vorauswilderungsinsel. Der neunjährige Beni hängt am Ufer ab, mampft ein bisschen frisches Gras und wirft immer wieder sehnsüchtige Blicke in Richtung des Kanals. Denn er wartet auf die Ankunft des Bootes – eines Bootes voller Leckereien.
Eine Liebe fürs Leben
Auf der Vorauswilderungsinsel sind die Orang-Utans eigentlich sich selbst überlassen und führen ein Leben fast wie im Regenwald: Sie hangeln durchs Geäst der Bäume, streifen über die Insel auf der Suche nach Nahrung, bauen Schlafnester und üben das wilde Leben. Doch da die Inseln nicht immer ausreichend natürliche Nahrung für alle Waldstudenten bieten, liefern wir jeden Tag Obst und Gemüse an die Fütterungsplattformen.
Als in der Ferne das deutliche Geräusch des herannahenden Bootes ertönt, wird Beni aktiv. Schleunigst begibt er sich auf die Plattform, als würde er ahnen, dass heute auch seine geliebten Bananen auf dem Speiseplan stehen.
Erst Vitamine und Ballaststoffe
Doch zuerst gibt es vitamin- und ballaststoffreiche Maniokblätter, die vielleicht nicht ganz so beliebt, aber dafür sehr gesund sind. Als dann aber die Bananenstauden auf der Plattform landen, ist Beni nicht mehr zu bremsen. Sofort lässt er das Grünzeug fallen und stürzt sich auf seine geliebten süßen Früchte. An seiner Liebe zu Bananen hat sich bei Big Boy Beni einfach nichts geändert.
Benis Bananenliebe ist ungebrochenGenüsslich verspeist er seine Lieblingsfrucht
Ein bisschen Wellness
Auch eine andere geliebte Angewohnheit aus der Waldschule hat Beni auf der Walduniversität beibehalten: das Schlammbaden! An heißen Tagen wie diesem – das Thermometer zeigt bereits 34 Grad – macht es sich Beni noch immer am liebsten in einem kühlenden Schlammtümpel gemütlich. So wie in der Waldschule, als dieses Ritual zu seiner absoluten Lieblingsbeschäftigung wurde.
Kaum sind die Bananen verputzt, macht es sich Beni genüsslich in einem schlammigen Tümpel bequem.
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Das Baden in Wasser oder Schlamm hat für Orang-Utans viele Vorteile. Sie kühlen so nicht nur ihren Körper im tropisch-heißen Klima, sondern schöpfen auch das Wasser, um es zu trinken. Und manchmal lecken sie es von ihren Haaren ab. Egal wie, es hilft ihnen, sich ausreichend mit Flüssigkeit zu versorgen. Außerdem bedecken die Schlammbäder ihre Haut mit Schlamm, der als natürliches Insektenschutzmittel wirkt. Beni macht also alles richtig.
Im kühlenden Nass fühlt Beni sich auch auf der Walduni wohl
Musterstudent Beni
Auch sonst haben wir von Beni nur Gutes zu berichten. Auf der Insel hat er die für Orang-Utan-Männer typische Wanderlust für sich entdeckt. Eifrig streift er über die mehr als 2.000 Hektar große Insel. So hat sich seine ehemals korpulente Gestalt inzwischen in einen wohlproportionierten Körperbau verwandelt. Auch unsere Tierärzte sind sehr zufrieden mit Beni. Und unsere Kollegen, die seine Entwicklung auf der Insel immer scharf im Blick haben, halten ihn für einen der besten Waldstudenten. Selbst wenn es – typisch für Beni – immer mal zu Schwankungen kommt.
Big Boy Beni badet – in der Waldschule ein häufiger Anblick
Abwechslungsreicher Speiseplan
Obwohl er immer noch von der Zusatznahrung profitiert, ist Beni sowohl geschickt als auch fleißig bei der Suche nach seinem eigenen Futter. Er hat sich an die natürlichen Ressourcen der Insel gewöhnt und verspeist häufig Feigen und wilde Guaven, aber auch Gras, Holzfasern und Termiten als alternative Proteinquellen. Dies zeigt die bemerkenswerte Intelligenz und Anpassungsfähigkeit von Beni, der sich in einem Lebensraum zurechtfindet, der der Wildnis sehr ähnlich ist.
Jede Auswilderung ist ein großes Abenteuer. Und die monatelange Vorbereitung zielt letztlich nur auf den einen großen Moment: Wenn das Gitter des Transportkäfigs nach oben gezogen wird und der Orang-Utan seinen ersten Schritt in die Freiheit unternimmt.
Zwölf Mal durften wir diesen wunderbaren Augenblick gerade erleben. Acht Mal im Schutzwald Bukit Batikap in Zentral-Kalimantan und vier Mal in unserem Auswilderungswald Kehje Sewen in Ost-Kalimantan. Hier nehmen wir Sie mit in den Regenwald, um diese Höhepunkte gemeinsam mit uns zu erleben.
Die ersten Freiheitsmomente in Bukit Batikap
Taco
Taco wurde angeblich ohne Mutter aufgefunden und kam 2009 im Alter von zwei Jahren im Rehabilitationszentrum Nyaru Menteng an. 2020 begann er auf der Vorauswilderungsinsel Badak Besar die Walduniversität. Mit 16 Jahren begann nun sein Leben im Schutzwald Bukit Batikap
Carlos
Carlos kam 2004 als zwölf Monate alte Waise nach Nyaru Menteng. 2018 begann auf Kaja Island die letzte Phase seiner Rehabilitation: Die Vorauswilderung. Hier zeigte sich, dass Carlos sich verteidigen kann, wenn es sich bedroht fühlt. Carlos ist jetzt 20 Jahre alt und nach einem 19-jährigen Rehabilitationsprozess in Nyaru Menteng bereit, den Bukit Batikap-Schutzwald als echter, wilder Orang-Utan zu erkunden
Melanie
Melanie war bei ihrer Rettung 2013 dreieinhalb Jahre alt. In Nyaru Menteng besuchte sie die Waldschule und ab 2019 die Walduniversität auf der Vorauswilderungsinsel Salat Island. Die neugierige Melanie ist jetzt 14 Jahre alt und bereit für neue Abenteuer im Bukit Batikap Schutzwald
Cici
2013 wurde Cici von Samboja Lestari nach Nyaru Menteng verlegt. Sie war ursprünglich 2003, als sie etwa drei bis vier Jahre alt war in Samboja Lestari abgegeben worden. Als ihre Auswilderung bevorstand, ergab ein DNA-Test, dass Cici zu einer Subspezies gehört, die in Zentral-Kalimantan heimisch ist (Pongo pygmaeus wurmbii). Daher musste sie nach Nyaru Menteng umziehen. 2018 zog sie dort auf die Vorauswilderungsinsel Kaja Island. Die recht dominante Cici beginnt nun endlich mit 24 Jahren ihr echtes Orang-Utan-Leben im Bukit Batikap-Schutzwald
Rajawali
Rajawali wurde als einjähriger Waise 2011 aus illegaler Haustierhaltung gerettet. 2019 wurde er auf der Insel Kaja Island vorausgewildert. Nach seinem zwölfjährigen Rehabilitationsprozess ist Rajawali nun 13 Jahre alt und bereit, wild und frei im Bukit Batikap-Schutzwald zu leben
Ochie
Ochie wurde 2008 im Alter von zwei Jahren aus West-Kalimantan gerettet. 2019 begann sie die Walduniversität auf der Vorauswilderungsinsel Bangamat. Jetzt ist Ochie 18 Jahre alt. Nach 15 Jahren Rehabilitationszeit genießt sie jetzt im Bukit Batikap-Schutzwald die wahre Freiheit
Juky
Für Juky – auch Juki genannt – ist dies die zweite Auswilderung.
2003 konnte er im Alter von 18 Monaten aus illegaler Haustierhaltung in West-Kalimantan beschlagnahmt werden. Nach Waldschule und Walduniversität haben wir ihn 2016 im Bukit Baka Bukit Raya Nationalpark ausgewildert. Er drang jedoch immer wieder in bewohnte Gebiete ein. Um weitere Konflikte mit der zunehmend ängstlichen menschlichen Bevölkerung zu vermeiden, wurde er zurück auf eine Vorauswilderungsinsel gebracht. Jetzt erhält Juky eine neue Chance auf ein Leben in Freiheit, diesmal im abgelegeneren Bukit Batikap SchutzwaldAuch für Batola ist es die zweite Auswilderung.
Er wurde 2007 in Süd-Kalimantan mit fünf Jahren gerettet. Trotz seines fortgeschrittenen Alters konnte er in Nyaru Menteng die Waldschule besuchen. Als er immer aggressiver wurde, verlegten wir ihn auf die Vorauswilderungsinsel Kaja. 2020 wurde Batola im Bukit Baka Bukit Raya Nationalpark ausgewildert. Da er jedoch, wie Juky mehrmals in ein Dorfgebiet eingedrungen war, wurde beschlossen, ihn zurück nach Nyaru Menteng zu holen. Als 20-jähriger bekommt er nun nochmal die Chance auf ein wildes und freies Leben, diesmal im Bukit Batikap Schutzwald
Wild und frei in Kehje Sewen
Eliona
Eliona kam 2001 im Alter von 3,5 Jahren ins Rettungszentrum Samboja Lestari. Ihre ersten Lebensjahre verbrachte sie als illegal gehaltenes Haustier. 2018 zog sie auf die Vorauswilderungsinsel Nr. 7, wo sie bis 2021 blieb. Nachdem unwetterartige Regengüsse Insel Nr. 7 unbewohnbar gemacht hatten, musste Eliona in das Vergesellschaftungsgehege zurückgebracht werden. Die etwas launische Eliona ist jetzt 26 Jahre alt und darf jetzt endlich in Kehje Sewen wild und frei leben
Dias
Dias lebte mehr als drei Jahre als Haustier, ehe sie 2001 in Samboja Lestari abgegeben wurde. 2018 wurde sie auf die Vorauswilderungsinsel Nr. 7 gebracht. Aufgrund von Überschwemmungen und Zerstörungen nach einem Starkregen auf der Insel 7 musste sie ins Vergesellschaftungsgehege zurückgebracht werden. Mit 26 Jahren beginnt die etwas mürrische Dias jetzt ihr freies Leben in Kehje Sewen
Ozi
Ozi ist ein 30 Jahre alter Orang-Utan-Mann, der 2019 humpelnd in der Nähe eines Flusses in Ost-Kalimantan gefunden wurde. Bei seiner Rettung war Ozi so schwach, dass er nur mit einem Netz und unter leichter Narkose einfangen werden konnte. Er war nicht in der Lage, Widerstand zu leisten. Er war abgemagert und litt an akuter Anämie sowie an mehreren Abszessen. Nach seiner Behandlung wurde Ozi in einem Sozialisierungsgehege untergebracht. Nun war es endlich soweit, dass er in die Wildnis zurückkehren konnte. Kehje Sewen erwartet ihn
Gami
Gami wurde 2021 auf dem Gelände einer Kohlemine gerettet. Berichten zufolge hatte er sich dort an den Umgang mit Menschen gewöhnt und wurde regelmäßig von Mitarbeitern mit Futter versorgt. In Samboja Lestari wurde er in ein Sozialisierungsgehege gebracht, wo er wieder lernte, was und wie ein Orang-Utan frisst. Der friedliche Gami ist 30 Jahre alt und darf nun in die Wildnis des Kehje Sewen Waldes einziehen
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