Napri geht seinen Weg

Napri geht seinen Weg

Manchmal können wir es selbst kaum fassen, wie sich unsere Schütz­linge bei uns entwi­ckeln. Gerade waren sie noch ein hilf­loses Fell­bündel, bei dem wir bei der Rettung nicht einmal sicher waren, ob es die nächsten Stunden über­stehen wird. Und dann, ein paar Jahre später, haben sie sich zu gestan­denen Orang-Utans entwi­ckelt, die kurz davor sind, flügge zu werden. Unser Wald­schüler Napri ist genau so ein Fall.

Am 21. September 2015 wurde Napri aus einem Dorf im Bezirk Katingan in Zentral-Kali­mantan gerettet. Es war das Jahr der heftigen Brände auf Borneo und viele Orang-Utans verloren damals ihr Leben. So auch Napris Mutter. Ein Bauer fand ihn allein und unter­ernährt. Glück­li­cher­weise infor­mierte er die Natur­schutz­be­hörde BKSDA, die den kleinen Waisen nach Nyaru Menteng brachte, wo sich unser Ärzte­team seiner annahm. 

Napri bei seiner Rettung 2015
Napri bei seiner Rettung 2015

Er war gerade mal einen Monat alt – ein trau­riger, mutter­loser Winz­ling, der nur einein­halb Kilo auf die Waage brachte. 

Die Quaran­tä­ne­zeit nutze er unter der inten­siven Betreuung der Tier­ärzte und Baby­sit­te­rinnen, um zu Kräften zu kommen. Als er dann in die Baby­gruppe umziehen durfte, blühte Napri ein wenig auf. Es tat ihm gut mit Orang-Utans seines Alters zu spielen und zu lernen. Doch am liebsten war er allein mit seinem Kuscheltier. 

2016 erholt sich Napri nur langsam vom Verlust seiner Mutter
2016 erholt sich Napri nur langsam vom Verlust seiner Mutter

Zu seinen Baby­sit­te­rinnen baute er eine innige Bezie­hung auf und holte sich all die Strei­chel­ein­heiten, die er sonst bei seiner Mutter bekommen hätte. Und sobald ihm die größeren Kinder der Baby­gruppe zu nah kamen, flüch­tete sich Napri schnell in die sicheren Arme seiner Babysitterin.

Napri ist ein guter Kletterer
Napri ist ein guter Kletterer

Inzwi­schen ist Napri fünf Jahre alt und besucht die Wald­schul­gruppe 4 in Nyaru Menteng. Noch immer ist er eher ein unab­hän­giger Einzel­gänger, dabei aber immer sanft und freund­lich. Konfron­ta­tionen weicht er möglichst aus. Wenn seine Mitschüler spielen, geht er eigene Wege, übt sich im Klet­tern und Nest­bauen und sucht Futter. Der Klasse schließt er sich nur an, wenn es etwas zu futtern oder zu trinken gibt. Doch das schadet ihm nicht. Im Gegen­teil. In vielen Berei­chen ist er seinen Mitschü­lern inzwi­schen deut­lich voraus.

Unterwegs im Wald
Unter­wegs im Wald

So sind wir uns sicher, dass sich aus Napri in den kommenden Jahren ein Orang-Utan-Mann entwi­ckeln wird, der den Heraus­for­de­rungen der Wildnis hervor­ra­gend gewachsen sein wird. Und das trotz seines schweren Starts ins Leben. Weiter so, Napri!

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Orang-Utans und Groß­katzen rücken zusammen — mit Folgen

Orang-Utans und Groß­katzen rücken zusammen — mit Folgen

Nur sehr wenige Tiere können Orang-Utans gefähr­lich werden. Hier berichten wir von Angriffen des seltenen Sunda-Nebel­par­ders auf Olbert und Olivia, zwei von der BOS Foun­da­tion ausge­wil­derte Orang-Utans. Dank unseres erfah­renen Tier­ärz­te­teams sind beide Tiere bereits wieder auf freiem Fuß in unserem Schutz­wald Bukit Batikap unter­wegs. Der starke Rück­gang des natür­li­chen Regen­waldes und die damit verbun­denen Ressour­cen­knapp­heit macht sich leider auch auf diese Weise bemerkbar.

Das war knapp. Nach über zwei­mo­na­tiger Behand­lung waren Olberts tiefe, dolch­zahn­ar­tige Biss­wunden an Rücken und Kopf endlich verheilt. Wenn unser Team ihn nicht gefunden und behan­delt hätte, wäre er vermut­lich an der Infek­tion seiner Wunden gestorben. Auch Orang-Utan Weib­chen Olivia wurde, eben­falls drei Jahre nach ihrer erfolg­rei­chen Auswil­de­rung, wegen infi­zierter Biss­wunden in unsere Schutz­sta­tion zurück­ge­bracht und behan­delt. Derar­tige Verlet­zungen können, laut Aussage unserer erfah­renen Tier­ärzte, nur von einer großen Katze, dem Sunda-Nebel­parder stammen. All jene, die den Anblick offener Wunden wegste­cken können, finden Bilder in der Galerie unter diesem Text (Spoiler-Alarm: die Wunden schauen wirk­lich nicht schön aus).

Seltene Schönheiten

Sunda-Nebel­parder sind selten gewor­dene, wahre Schön­heiten, die vor allem nachts, manchmal aber auch am Tag im Regen­wald aktiv sind. Mit Schwanz einbe­rechnet, erreicht die Groß­katze eine Länge von bis zu knapp zwei Metern. Ihr Fell weist die artspe­zi­fi­sche Wolken­zeich­nung auf und mit ihren perfekt ans Dämmer­licht ange­passten, scharfen Augen, ihrem wendigen, grazilen Körperbau, langen, dolch­ar­tigen Eckzähnen und scharfen Krallen sind sie Meister der Jagd.

Wie auch manch andere Feliden, können auch Nebel­parder gut klet­tern und nutzen Bäume als Ruhe­plätze, sowie manchmal auch um ihre Beute für ein späteres Mahl zu verste­cken (1). Dennoch ist ein Angriff hoch oben in den Bäumen eher unwahr­schein­lich. Ein ausge­wach­sener Orang-Utan, immerhin das größte baum­be­woh­nende Säuge­tier der Welt, ist mit seinem perfekt ans Klet­tern ange­passten Körper und starken, lang­glied­rigen Greif­händen, vermut­lich einer noch so gut klet­ternden Groß­katze überlegen.

Passt nicht ganz ins Beuteschema

Angriffe von Nebel­par­dern sind selten. Zum natür­li­chen Beute­spek­trum der Groß­katze gehören boden­be­woh­nende Vögel, Hirsch­arten, kleine Primaten, Nage­tiere und gele­gent­lich auch Fische und Schlangen (1). Bisher sind nur drei Fälle außer­halb unserer Schutz­wälder doku­men­tiert (2,3,4), in denen Orang-Utans von Nebel­par­dern ange­griffen wurden. Nur ein Einziger davon endete in Folge tödlich. Bei Olivia und Olbert wird auf Grund der Rücken­ver­let­zungen vermutet, dass die Angriffe von hinten am Boden erfolgt sind. Beide Tiere waren dafür bekannt, mehr Zeit als andere ausge­wil­derte Orang-Utans am Boden zu verbringen – dies hat sich inzwi­schen glück­li­cher­weise geän­dert. Neueste Beob­ach­tungen zeigen, dass Olbert nun vorsich­tiger geworden ist, er verbringt seit seiner erneuten Auswil­de­rung nur noch insge­samt 5 % seiner Zeit am Boden (5). Auch Olivia wird hoffent­lich in Zukunft wach­samer sein.

Olbert im sicheren Baum
Olbert im sicheren Baum

Unter Beobachtung

Bisher haben wir 183 Orang-Utans in unserem Schutz­wald Bukit Batikap erfolg­reich in die lang ersehnte Frei­heit entlassen. Nach der Auswil­de­rung werden die Tiere von unserem Team mit Hilfe von Sendern geortet und ihr Gesund­heits­zu­stand auf Sicht­kon­takt über­prüft. Dazu gehört, neben der Evalu­ie­rung ihres Zustands, auch, ob sie natür­lich vorkom­mende Futter­res­sourcen wie Früchte und Pflan­zen­ma­te­rial suchen und verzehren (das ist einer der Indi­ka­toren dafür, dass sie ein selbst­stän­diges Leben in der freien Wild­bahn führen können), sich Schlaf­nester bauen und diese auch am Tag verlassen (denn wenn es ihnen schlecht geht, bleiben sie manchmal sogar im Nest), und wie viel Zeit sie am Boden oder in den Bäumen verbringen (denn kranke Tiere sind im extremsten Fall manchmal sogar zu schwach zum Klettern).

Orang-Utan in der Kamerafalle
Orang-Utan in der Kamerafalle

Die größte Gefahr

Für Orang-Utans stellt die durch den Menschen verur­sachte Abhol­zung des Regen­waldes die größte Bedro­hung dar. Nur sehr wenige Tiere können Orang-Utans in freier Wild­bahn gefähr­lich werden, dazu gehören neben dem Sunda-Nebel­parder, Schlangen, wie zum Beispiel Pythons, und Kroko­dile (ja auch die gibt es auf Borneo!). Andere große Säuge­tiere, wie Malai­en­bären, sind nicht bekannt dafür Orang-Utans anzu­greifen. Sie fressen haupt­säch­lich Früchte und eher selten kleine Säuge­tiere, Insekten und Honig (3).
Auch der Sunda-Nebel­parder ist durch den stetig voran­schrei­tende Lebens­raum­ver­lust gefährdet (6,7). Zudem ist die ille­gale Jagd, um Körper­teile wie Fell und Knochen für große Geld­summen am Schwarz­markt zu verkaufen, ein großes Problem. Dies geschieht nicht nur unter teil­weise kata­stro­phalen hygie­ni­schen Verhält­nissen, die eine poten­ti­elle Gefahr für die Entste­hung von Zoonosen wie COVID-19 darstellen, sondern auch für einen dubiosen Zweck: die Tier­teile finden Verwen­dung in der tradi­tio­nellen chine­si­schen Medizin.

Der tropi­sche Regen­wald, die soge­nannte grüne Lunge der Erde, ist eine der letzten Zufluchts­stätten der Arten­viel­falt und spielt eine zentrale Rolle für das Ökosystem und unser Klima. Beim Wachstum binden die Bäume und andere Pflanzen große Mengen an Kohlen­stoff aus der Atmo­sphäre, spei­chern ihn in ihrer Biomasse und produ­zieren Sauer­stoff. Ein gesunder Wald bietet Zuflucht, Lebens­raum und genü­gend verfüg­bare, natür­liche Ressourcen für alle darin lebenden Tiere – für Pflan­zen­fresser, sowie Beute­greifer. Durch das faszi­nie­rende Zusam­men­spiel jedes einzelnen Teiles, von der kleinsten Mikrobe bis zu den größten Tieren, wie Orang-Utan und Nebel­parder, wird ein empfind­li­ches Gleich­ge­wicht herge­stellt. Jedes Glied im Ökosystem Wald ist wichtig, um die natür­liche Balance zu erhalten.

Eines unserer wich­tigsten Ziele ist es, mehr Regen­wald­flä­chen zu erwerben und zu Schutz­wald für unsere Orang-Utans und andere wilde Tiere umzu­wan­deln. Helfen auch Sie diesen faszi­nie­renden Lebens­raum und seine gewal­tige Arten­viel­falt zu erhalten und zu schützen. Werden auch Sie zum BOS-Unter­stützer. Mit ihrer Spende helfen sie den Orang-Utans und dem Regen­wald, der Heimat dieser und anderer beson­derer Tiere! Jeder Beitrag hilft.

Text:
Dr. Isabelle Laumer / Bilder und Inhalte stammen von einem gemein­samen Projekt von BOSF, Univer­sity of British Columbia (UBC) und Bogor Agri­cul­tural Univer­sity Institut Perta­nian Bogor (IPB).

Refe­renzen:

1.    Chiang PJ, Allen ML (2017) A review of our current know­ledge of clouded leopards (Neofelis nebu­losa). Int J Avian Wildl Biol 2:148–154.

2.    Marzec AM, Kunz JA, Falkner A, Utami Atmoko SS, Alavi SE, Moldawer AM, Vogel ER, Schupplil C, van Schaik CP, van Noor­dwijk MA (2016) The dark side of the red ape: male­me­diated lethal female compe­ti­tion in Bornean oran­gutans. Behav Ecol Socio­biol 70:459–466.

3.    Kana­mori T, Kuze N, Bernard H, Malim TP, Kohshima S (2012) Fata­lity of a wild Bornean oran­gutan (Pongo pygmaeus morio): beha­viour and death of a wounded juve­nile in Danum Valley, North Borneo. Primates 53:221–226.

4.    van Noor­dwijk MA, Utami Atmoko SS, Knott CD, Kuze N, Morrogh-Bernard HC, Oram F, Schuppli C, van Schaik CP, Willems EP (2018) The slow ape: high infant survival and long inter­birth inter­vals in wild oran­gutans. J Hum Evol 125:38–49.

5.    Sunder­land-Groves, J.L., Tandang, M.V., Patis­pa­thika, F.H. et al. (2020) Suspected Sunda clouded leopard (Neofelis diardi) preda­tion attempts on two rein­tro­duced Bornean oran­gutans (Pongo pygmaeus wurmbii) in Bukit Batikap Protec­tion Forest, Central Kali­mantan, Indo­nesia. Primates.

6.    Hearn, A., Ross, J., Brodie, J., Cheyne, S., Haidir, I.A., Loken, B., Mathai, J., Wilting, A. & McCarthy, J. (2015). Neofelis diardi. The IUCN Red List of Threa­tened Species 2015:
       e.T136603A97212874.

7.    Hearn, A., Sanderson, J., Ross, J., Wilting, A. & Sunarto, S. (2008). Neofelis diardi ssp.
borneensis. The IUCN Red List of Threa­tened Species 2008: e.T136945A4351615.

 

Bong schließt Freundschaften

Bong schließt Freundschaften

Orang-Utan-Dame Bong treffen wir häufig an in unserem Auswil­de­rungs­wald Kehje Sewen. Sie hat sich das Gebiet rund um unser Camp Lesik als Revier gesucht. Kein Wunder, hier gibt es eine Menge Bäume, die reich­lich Nahrung für Orang-Utans bieten. Bei den letzten Begeg­nungen zeigte sich Bong vor allem von ihrer sozialen Seite.

Camp Lesik, eines unserer festen Lager für die Moni­to­ring-Teams, liegt im nörd­li­chen Teil des Kehje Sewen-Waldes in Ost-Kali­mantan in einem wunder­schönen Tal, umgeben von Flüssen und Hügeln, die mit vielen Frucht­bäumen bedeckt sind. So gibt es viele ausge­wil­derte Orang-Utans, die regel­mäßig hier auf der Suche nach Nahrung vorbeischauen.
Eine davon ist die 18-jährige Bong, die seit knapp vier Jahren zu den neuen Wilden gehört. Bong kam 2006 im Alter von vier Jahren ins BOS-Reha­bi­li­ta­ti­ons­zen­trum Samboja Lestari, gerettet aus einem viet­na­me­si­schen Zoo. 

Als wir Bong zuletzt in der Nähe des Camps ange­troffen hatten, suchte sie Kontakt zu Mona (27), die bereits vor sieben Jahren ausge­wil­dert wurde. Zunächst zeigte Mona ihr die kalte Schulter. Doch Bong blieb hart­nä­ckig. Und schließ­lich sahen wir die beiden auch am nächsten Tag noch auf gemein­samer Futter­suche einträchtig beieinander. 

Bong
Bong

Auch dieses Mal trafen wir Bong beim Versuch der Kontakt­auf­nahme mit einem anderen Orang-Utan-Weib­chen. Sayang, die 2009 auf unserer Voraus­wil­de­rungs­insel Kaja zur Welt kam und im Dezember 2013 ausge­wil­dert wurde, war mit ihrer zwei­jäh­rigen Tochter Padma unter­wegs. Auch hier stieß Bong mit ihren Kontakt­ver­su­chen zunächst auf Wider­stand. Sayang hat schließ­lich auch ihren Nach­wuchs zu beschützen. Doch schließ­lich konnte Bong die junge Mutter über­zeugen, dass sie voller fried­li­cher Absichten war. Gemeinsam verbrachten sie auch den nächsten Tag auf gemein­samer Futtersuche.

Bong und Sayang
Bong und Sayang

Orang-Utans sind in der Regel Einzel­gänger – semi-solitär nennen Biologen ihr Verhalten. Weib­liche Orang-Utans jedoch, vor allem Verwandte, verbringen immer mal Zeit gemeinsam auf Futter­suche. Dieses Verhalten beob­achten wir bei unseren reha­bi­li­tierten Tieren regel­mäßig. Wahr­schein­lich kann man dies auf die Erfah­rungen zurück­führen, die die Tiere während ihrer Reha­bi­li­ta­tion gesam­melt haben, wo sie gemeinsam mit Gleich­alt­rigen aufge­wachsen sind.
Bong hat diese Zeit wohl in guter Erin­ne­rung behalten. Genauso wie ihre guten Umgangsformen. 

 

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Wildes Treiben auf Insel #8

Wildes Treiben auf Insel #8

Neun Orang-Utans dürfen jetzt auf Samboja Lestaris Voraus­wil­de­rungs­insel #8 den letzten Test vor ihrer Auswil­de­rung absol­vieren. Wie sie sich auf der Wald­uni­ver­sität wohl so machen werden?

Voraus­wil­de­rungs­insel #8 unseres Rettungs­zen­trums Samboja Lestari in Ost-Kali­mantan war einige Zeit außer Betrieb. Anfang 2019 mussten die Orang-Utans vorüber­ge­hend umge­sie­delt werden. Ein Erdrutsch hatte einen Teil der Insel zerstört. Und erst nach mehr­wö­chigen Bauar­beiten war die Insel wieder in einem Zustand, wie es sich für eine Walduni gehört.

Nach und nach durften Orang-Utans, die in ihrer Reha­bi­li­ta­tion schon soweit waren, die Insel besie­deln. Elaine war die erste Wald­stu­dentin auf Insel #8. Ihr folgten im Oktober 2019 Kola-Kola und Yordanka.

Die sieben­jäh­rige Yordanka durfte sogar direkt aus der Wald­schule 1 auf die Insel umziehen, da sie dort so außer­ge­wöhn­lich große und schnelle Fort­schritte gemacht hatte. Unsere Mitar­beiter sind sich sicher, dass sie es schaffen wird, unab­hängig auf der Insel zu leben und dort zu beweisen, dass sie auch bald für die Auswil­de­rung bereit sein wird. 

Die drei frisch­ge­ba­ckenen Wald­stu­denten konnten sich schnell an ihre neue Umge­bung gewöhnen und haben mit großer Entde­cker­freude die Insel gemeinsam für sich erobert.

Yordanka
Yordanka

Weil das so gut geklappt hat, hat sich unser Team entschieden, dass weitere Orang-Utans auf die Insel ziehen könnten. Und so durften jetzt auch Sally, Leann, Andreas, Anggoro, Anthony und Riana die letzte Phase ihrer Reha­bi­li­ta­tion auf Insel #8 beginnen. Hier können die neun Wald­men­schen nun ihr Wissen teilen und vonein­ander lernen.

Riana
Riana

Obwohl die neun Orang-Utans sehr unter­schied­liche Charak­tere haben, kommen sie gut mitein­ander aus. Bisher konnten unsere Mitar­beiter keine heftigen Wett­be­werbe oder Streit zwischen den neuen Insel­be­woh­nern beob­achten. Vermut­lich liegt das auch daran, dass sich die meisten schon aus der Wald­schule kennen. Unsere Mitar­beiter, die täglich zusätz­li­ches Futter auf die Insel bringen und die Tiere dabei intensiv beob­achten, berichten uns, dass es auf der drei Hektar großen Insel jetzt vor Leben und Akti­vität brummt. 

Elaine, Anggoro, Kola-Kola und Anthony
Elaine, Anggoro, Kola-Kola und Anthony

Aufgrund der Corona-Pandemie können wir aktuell keine Orang-Utans auswil­dern. Umso wich­tiger ist es, Orang-Utans auf den Voraus­wil­de­rungs­in­seln so viel Frei­heit wie möglich zu schenken. Und sie dort ihre Über­le­bens­fä­hig­keiten trai­nieren zu lassen. Damit sie fit sind, wenn es in hoffent­lich nicht allzu ferner Zukunft heißt: Auf, in den Wald!

 

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Nest­be­setzer in der Waldschule

Nest­be­setzer in der Waldschule

Abwechs­lungs­reich ist sie auf jeden Fall, die Arbeit, die unsere Baby­sit­te­rinnen in den BOS-Rettungs­zen­tren jeden Tag mit großem Einsatz erle­digen. Da gibt es immer etwas zu berichten. Heute eine Geschichte aus der Wald­schul­gruppe 3 in Nyaru Menteng. Es geht um die kleine Waise Jacqui, die im Januar 2017 im Alter von rund zwölf Monaten von BOS gerettet worden war.

Jacqui ist eine flei­ßige Wald­schü­lerin. So auch an diesem Tag. Emsig war sie damit beschäf­tigt, sich ein Schlaf­nest zu bauen – eine der wich­tigsten Fähig­keiten, die erfor­der­lich sind, um im Wald zu über­leben. Höher als fünf Meter war Jacqui dafür in den Baum geklet­tert, wo sie nun konzen­triert Zweig um Zweig zu einem stabilen und dabei bequemen Nest verwob. Langsam nahm ihre harte Arbeit Gestalt an.

Sie war so vertieft in ihre Arbeit versunken, dass sie gar nicht mitbekam, wie Josh, einer ihrer Mitschüler, sie genau beob­ach­tete. Vorsichtig war der den Baum herauf­ge­klet­tert und rückte unbe­merkt immer näher an die schwer beschäf­tigte Jacqui heran.

Dann geschah das unglaub­liche: In dem Moment, als Jacqui ihr Werk voll­endet hatte, sprang Josh schnell hinein und machte es sich bequem. Wie gemein! Doch Jacqui wollte ihr Nest, an dessen Bau sie so hart gear­beitet hatte, keines­falls kampflos aufgeben. Sie zerrte und zeterte und wehrte sich nach Leibes­kräften. Aber Josh rührte sich nicht.

Josh
Josh

Schließ­lich gab Jacqui sich doch geschlagen und trat geknickt den Rückzug an. Zurück auf dem Boden suchte sie Trost bei den Baby­sit­te­rinnen. Ein paar Kuschel­ein­heiten und einige Extra-Bananen halfen ihr über den Frust und Ärger.
Nest­be­setzer Josh hingegen tat oben im Baum schwer beschäf­tigt. Hier und da packte er noch ein paar Zweig­chen und Blätter in Jacquis Nest, machte es sich aber bald bequem und hielt ein Nickerchen.

Jacqui hatte ihren Frust inzwi­schen halb­wegs über­wunden. Und erle­digte – ganz flei­ßiges Orang-Utan-Kind, wie sie ist – was getan werden musste: Sie baute einfach ein zweites Nest in einem anderen Baum.

Zahri, Jacqui, Ale und Mema (von links nach rechts) aus Waldschulgruppe 3
Zahri, Jacqui, Ale und Mema (von links nach rechts) aus Wald­schul­gruppe 3

Wert­volle Lektionen im Über­le­bens­trai­ning haben an diesem Tag sowohl Jacqui als auch Josh gelernt. Jacqui hat ihre Fähig­keiten im Nestbau noch weiter perfek­tio­nieren können. Das wird ihr später im Regen­wald gute Dienste leisten. Und Josh? Der muss zwar noch an seiner Nest­bau­fer­tig­keit arbeiten (was er, da sind wir uns sicher, noch tun wird). Aber eine wich­tige Über­le­bens­stra­tegie hat auch er damit bewiesen: Wenn sich dir eine gute Chance bietet, erkenne sie und handle schnell!

 

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Virus­er­kran­kungen – keine „neue“ Gefahr für unsere Schützlinge

Virus­er­kran­kungen – keine „neue“ Gefahr für unsere Schützlinge

Orang-Utans sind uns Menschen sehr ähnlich, wir teilen sogar 97% unseres Erbgutes mit ihnen (1). Leider macht sie diese Tatsache auch anfällig für bei Menschen vorkom­mende Viren und Krank­heiten. Unser Team unter­nimmt derzeit alles um unsere Schütz­linge in den Schutz­zen­tren vor der gefähr­li­chen Corona-Pandemie zu schützen. Doch bereits in Zeiten vor Corona, waren Gesund­heits­checks, Präven­ta­tion und strenge Hygie­ne­maß­nahmen ein fester Bestand­teil der tägli­chen Routine.

Jeder Orang-Utan, der in unseren Schutz­zen­tren ankommt, wird sofort von unserem Ärzte­team versorgt und muss vorerst in Quaran­täne. Dort wird das Tier auf bestehende Krank­heiten, Viren und gefähr­liche Bakte­ri­en­stämme getestet. Dies ist eine sehr wich­tige Sicher­heits­maß­nahme, um eine Anste­ckung der gesunden Orang-Utans, die auf ein Leben in Frei­heit vorbe­reitet werden, zu verhindern.

Viele unserer Neuzu­gänge wurden vor ihrer Rettung illegal und oft jahre­lang als Haus­tiere in kleinen Käfigen gehalten. Diese, oftmals trau­ma­ti­sche Zeit­spanne erhöht, neben der Gefahr psychi­scher Erkran­kungen (2), auch die Wahr­schein­lich­keit einer Anste­ckung mit mensch­li­chen Viren und Krank­heiten, wie zum Beispiel Hepa­titis B.

Hepa­titis bei Orang-Utans

Hepa­titis ist eine virale Entzün­dung der Leber, die beim Menschen entweder akut, über einen kurzen Zeit­raum, oder chro­nisch verläuft. Doch nicht nur bei uns Menschen treten diese Viren auf. Hepad­na­viren, sind eine evolu­tionär alte Virus­form, die bisher bei allen Menschen­affen und anderen Säuge­tieren (3), sowie bei Vögeln und Repti­lien (4) nach­ge­wiesen werden konnten. Bei wilden Orang-Utans wurden bisher zwei natür­lich vorkom­mende, verschie­dene Hepa­titis B Virus­stämme entdeckt, OUHV1 und OUHV2 (5). Wie beim Menschen, werden diese Viren über Körper­flüs­sig­keiten über­tragen. Glück­li­cher­weise heilt die Virus­in­fek­tion, meist symptomlos, in 90% der Fälle komplett ab (6).

Unsere Vorge­hens­weise

Durch Labortests wird festgestellt , welche Form von Hepatitis der Neuankömmling hat.
Durch Labor­tests wird fest­ge­stellt , welche Form von Hepa­titis der Neuan­kömm­ling hat.

Unser Tier­ärz­te­team stellt zuerst mit Hilfe von Labor­tests fest ob, und falls ja, welche Form von Hepa­titis der Neuan­kömm­ling hat. Dies ist wichtig um die Tiere, mit unter­schied­li­chen Hepa­titis B Virus­stämmen, getrennt vonein­ander in der Schutz­sta­tion unter­zu­bringen, damit eine Anste­ckung unter­ein­ander vermieden wird. 

Die gute Nachricht 

Da Orang-Utan spezi­fi­sche Hepa­titis auch in der natür­li­chen Popu­la­tion vorkommt, können Orang-Utans die positiv auf spezi­fi­sche Anti­körper getestet wurden, trotzdem ausge­wil­dert werden. Die Virus­er­kran­kung ist zu diesem Zeit­punkt komplett abge­heilt. Um die Wild­po­pu­la­tion so gesund wie möglich zu halten, werden nur Tiere mit dem glei­chen, lokal vorkom­menden Virus­stamm in das jewei­lige Wald­ge­biet entlassen. Bisher konnten wir mehr als 40 dieser Orang-Utans auf ein Leben in freier Wild­bahn vorbe­reiten und erfolg­reich auswil­dern (7).

Die weniger gute Nachricht 

Leider trifft diese Rege­lung nicht für die Tiere zu, die sich durch einen an Hepa­titis B erkrankten Menschen ange­steckt haben. Hepa­titis ist in Indo­ne­sien immer noch ein großes Gesund­heits­pro­blem (8), und Orang-Utans die illegal als Haus­tiere gehalten werden, haben ein höheres Risiko an der mensch­li­chen Hepa­titis-Form zu erkranken. Um die vom Aussterben bedrohten Orang-Utans in freier Wild­bahn nicht durch artfremde Viren zu gefährden, können diese Tiere leider nicht ausge­wil­dert werden (7, 9). Glück­li­cher­weise ist eine Anste­ckung mit mensch­li­chem Hepa­titis B relativ selten.

Ein Leben auf der Insel 

Vorauswilderungsinsel in Samboja Lestari
Voraus­wil­de­rungs­insel in Samboja Lestari

Die BOS Foun­da­tion besitzt derzeit sieben Schutz­in­seln inner­halb des Schutz­walds Samboja Lestari, auf denen nicht-auswil­der­bare Orang-Utans dauer­haft ein annä­hernd freies Leben mit Artge­nossen in der Natur verbringen können und sepa­rate Voraus­wil­de­rungs­in­seln auf denen gesunde Tiere an ein unab­hän­giges Leben in Frei­heit gewöhnt werden. Die, durch natür­liche Barrieren gesi­cherten Schutz­in­seln sind weit­flä­chig mit tropi­schem Regen­wald bewachsen, bieten natür­liche Klet­ter­mög­lich­keiten, Futter­quellen, sowie natür­liche Struk­turen und Mate­ria­lien um Schlaf­nester zu bauen und genü­gend Möglich­keiten zu Sozi­al­kon­takt mit Artge­nossen. Zweimal am Tag werden die Tiere von unseren Mitar­bei­tern zusätz­lich mit frischen Früchten und anderem Futter versorgt, wobei auch ihr Gesund­heits­status kontrol­liert wird. 

Unser Ziel ist es mehr solcher Schutz- und Voraus­wil­de­rungs­in­seln zu erschaffen, um unsere Schütz­linge auf ein Leben in freier Wild­bahn vorzu­be­reiten und auch den nicht-auswil­der­baren Orang-Utans ein Leben in der Natur zu ermöglichen.

Helfen sie uns bei diesem Projekt mit ihrer Spende! Werden auch Sie zum BOS-Unter­stützer. Mit Ihrer Spende helfen Sie den Orang-Utans, dem Regen­wald und damit auch unserem Klima. Jeder Beitrag hilft. 

Text: Dr. Isabelle Laumer

Die BOSF Reha­bi­li­ta­ti­ons­zen­tren werden durch das inter­na­tio­nale tier­ärzt­liche Fach­ärz­te­team OVAG (Oran­gutan Vete­ri­nary Advi­sory Group) beraten. Meetings und Work­shops für Mitar­beiter finden jähr­lich statt.

 

Refe­renzen:

  1. Locke, D., Hillier, L., Warren, W. et al. (2011) Compa­ra­tive and demo­gra­phic analysis of orang-utan genomes. Nature 469, 529–533.
  2. Brüne M, Brüne-Cohrs U, McGrew WC, Preuschoft S (2006) Psycho­pa­tho­logy in great apes: concepts, treat­ment options and possible homo­lo­gies to human psych­ia­tric disorder. Neuro­sci­ence and Biobe­ha­vioural Reviews, 30, 1246–1259.
  3. Sa-Nguanmoo P, Riant­ha­vorn P, Amorn­sa­wad­wattana S, Poovo­rawan Y. (2009) Hepa­titis B virus infec­tion in non-human primates. Acta Viro­lo­gica, 53(2):73–82.
  4. Suh A, Weber CC, Kehl­maier C, et al. (2014) Early meso­zoic coexis­tence of amniotes and hepad­na­vi­ridae. PLoS Genet., 10(12):e1004559.
  5. Verschoor EJ, Warren KS, Langen­hui­jzen S, Heri­yanto, Swan RA and Heeney JL (2001). Analysis of two genomic vari­ants of oran­gutan hepad­na­virus and their rela­ti­onship to other primate hepa­titis-like viruses. Journal of General Viro­logy, 82: 893–897.
  6. Warren, K.S., Heeney, J.L., Swan, R.A., Heri­yanto & Verschoor, E.J. (1999), A new group of Hepad­na­vi­ruses natu­rally infec­ting oran­gutans (Pongo pygmaeus), Journal of Viro­logy, 73: 7860–7865.
  7. Jamartin Shiite (CEO, BOSF) in Oran­gutan Vete­ri­nary Advi­sory Group work­shop report (2017) Prepared with orga­ni­zing committee of the Oran­gutan Conser­vancy: R. Commi­tante, S. Unwin, F. Sulistyo, R. Jaya, Y. Saras­wati, C. Nente, S. Sumita, A. Rose­tya­dewi, P.Nagalingam.
  8. Raihan R. Hepa­titis in Malaysia: Past, Present, and Future. (2016) Euro­asian J Hepa­to­gas­tro­en­terol 6(1):52–55.
  9. Oran­gutan Vete­ri­nary Advi­sory Group work­shop report (2009) R. Commi­tante, S. Unwin & D. Cress.