Aben­teuer Wildnis

Der Kongo ist einer der mäch­tigsten und tiefsten Flüsse der Erde. Der Strom und die angren­zenden Wälder sind Rück­zugs­räume und Heimat für einige der wunder­samsten Krea­turen unserer Erde. Drei der vier Menschen­affen-Arten leben im Kongo­be­cken. Mit außer­ge­wöhn­li­chen Aufnahmen gewährt auch die zweite Folge „Mythos Kongo — Im Reich der Menschen­affen“ span­nende Einblicke in eine der geheim­nis­vollsten und gefähr­lichsten Regionen unserer Erde.

Tief im Inneren der dichten Urwälder entlang des mäch­tigen Flusses Kongo leben unsere nächsten Verwandten: Drei der vier Menschen­affen-Arten leben im Kongo­be­cken. Lautes Trom­meln hallt durch das Unter­holz. Aus den Tiefen des Dschun­gels stürzt ein Silber­rü­cken-Anführer einer Sippe Flach­land­go­rillas. Doch er wird seinem Ruf als Macho nicht gerecht: Liebe­voll kümmert er sich um seine Familie. Zwei weitere, nahe Verwandte des Menschen leben im Kongo­be­cken. Ihre Evolu­tion hat der Kongo-Fluss entschei­dend geprägt: Während die Schim­pansen nörd­lich des Flusses leben, gibt es Bonobos ausschließ­lich auf der Südseite. Einge­schlossen von den Wasser­massen des Kongo entwi­ckelten Bonobos ihre eigene Gesell­schafts­form — eine ganz andere als die der Schim­pansen: Während Schim­pansen gewalt­tätig werden können, um Konflikte zu lösen, nutzen Bonobos statt­dessen Sex! Erst­mals vergleicht ein Film das Sozi­al­ver­halten der drei großen Primaten des Kongos — mit über­ra­schenden Ergeb­nissen. Über Jahr­mil­lionen hat der Kongo tiefe unter­ir­di­sche Schluchten ins Fluss­bett gewa­schen — an manchen Stellen misst er mehr als 200 Meter, der Kongo ist tiefer als jeder andere Fluss. Selbst an den tiefsten Stellen gibt es noch Leben: Der blinde, fast durch­sich­tige Stachelaal, hat sich perfekt an das Leben in Dunkel­heit ange­passt. Nach fast 5.000 Kilo­me­tern erreicht der Kongo den Atlantik. An den fried­li­chen Stränden des Pongara National Parks nimmt er Tausende kleiner Lebe­wesen mit auf seine Reise ins Meer: Es sind Leder­schild­kröten, die gerade erst geschlüpft sind. Die Winz­linge hasten in Rich­tung Wasser, der Strand birgt lauter Hinder­nisse und Gefahren. Sobald die Bran­dung sie erfasst, haben sie ihr erstes Aben­teuer über­standen — und es zieht sie, wie den Kongo, hinein in die Weiten des Ozeans.

Faszi­na­tion Erde — mit Dirk Steffens

Die Lebens­räume auf der Erde könnten unter­schied­li­cher kaum sein. Auf den ersten Blick scheinen sie wie verschie­dene Welten. Doch es gibt Verbin­dungen: Keine exis­tiert ohne die anderen. Dirk Stef­fens zeigt über­ra­schende Abhän­gig­keiten zwischen extremen Welten und entdeckt, dass ein unschein­barer Orga­nismus auf seiner Reise um den Globus Einfluss auf das Schicksal des ganzen Planeten nimmt.

Ohne ihn sähe unsere Welt völlig anders aus. Die Erde ist geprägt durch Regionen mit extrem unter­schied­li­chen Bedin­gungen: staub­tro­ckene Wüsten, eisige Polar­re­gionen, tropi­sche Regen­wälder. Auf den ersten Blick besteht zwischen ihnen keine Verbin­dung. Doch allmäh­lich enthüllt die Wissen­schaft, wie alles mit allem verbunden ist: Unser Planet funk­tio­niert wie ein Super-Orga­nismus. Verän­de­rungen an einer Stelle haben Folgen für ein ganzes Netz­werk, das den Globus umspannt. Im ersten Teil der Faszi­na­tion Erde Herbst­staffel zeigt Dirk Stef­fens, was man von den Abhän­gig­keiten weiß und stößt dabei auf manche Über­ra­schung. Die Entde­ckungs­reise beginnt in der Arktis. In den Glet­schern auf Spitz­bergen steckt jede Menge Dreck. Und der löst einen wahren Boom aus: Kleinst­le­be­wesen, wie Kiesel­algen, vermehren sich im Polar­meer unglaub­lich schnell und dienen vielen Tieren als Nahrung. Die Bedeu­tung der Kiesel­alge wurde lange unter­schätzt. Dabei stehen Kiesel­algen nicht nur als Bestand­teil des Plank­tons am Beginn der Nahrungs­kette, sie zählen darüber hinaus zu den wich­tigsten Sauer­stoff­pro­du­zenten, sie sind für einen erheb­li­chen Anteil des Sauer­stoffs in der Atmo­sphäre verant­wort­lich. Seit Jahr­mil­lionen sammeln sich die Bestand­teile der Kiesel­algen-Skelette in Form von soge­nanntem „Marinen Schnee“ in Massen auf dem Meeres­grund. Tekto­ni­sche Verän­de­rungen bringen diese Über­reste schließ­lich an die Ober­fläche. Gewal­tigen Umwäl­zungen ist es zu verdanken, dass mine­ra­li­sche Bestand­teile der Kiesel­algen sich heute im Sand der Sahara finden, der dadurch reich an Nähr­stoffen ist. Doch ohne Wasser kann der Dünger keine Wirkung entfalten. Das Leben in extrem trockenen Wüsten­re­gionen ist für seine Bewohner ein stän­diger Kampf. Mit den harschen Bedin­gungen kommt eine Pflanze in der Namib-Wüste, der ältesten Wüste der Welt, beson­ders gut zurecht. Die Welwit­schie ist eine wahre Wunder­pflanze. Dirk Stef­fens entdeckt, welch verblüf­fende Technik die Pflanze zum Über­leben entwi­ckelt hat, und wie sie bis zu 1500 Jahre alt werden kann. Wüsten­ele­fanten sind eben­falls wahre Über­le­bens­künstler in einer kargen, fast wasser­losen Öde. Die Dick­häuter haben die Fähig­keit entwi­ckelt, mit ihren Füßen Wasser selbst noch in fünf bis zehn Metern Tiefe im Unter­grund aufzu­spüren. In diesem schier endlosen Sand-Meer der Namib gerät Dirk Stef­fens in einen Sand­sturm. Dabei erfährt er am eigenen Leib, wie gewaltig die Kräfte in der Atmo­sphäre sein können. Stürme können den feinen Sand in hohe atmo­sphä­ri­sche Schichten und bis in den Dschungel Südame­rikas verfrachten. Dort ist er — mit seiner mine­ra­li­schen Fracht — das Lebens­eli­xier üppiger tropi­scher Wälder. Wer den Wegen der Kiesel­alge folgt, erfährt, wie eisige Welten, staub­tro­ckene Wüsten und regen­reiche Wälder durch ein unsicht­bares Netz­werk verbunden sind, und wie die eine Welt ihr Gesicht dem Einfluss der anderen verdankt.

Die magi­sche Welt der Bäume

Niemand baut mehr Schiffe aus Eichen­holz. In Möbel­häu­sern sucht man Eichen­holz­möbel verge­bens. Die Eiche scheint ausge­dient zu haben. In Wirk­lich­keit ist sie jedoch der Baum der Zukunft.Die Geschichte der Eiche reicht bis zu zwölf Millionen Jahre zurück. Der Laub­baum aus der Familie der Buchen­ge­wächse steht symbo­lisch für Kraft und Ewig­keit — Eichen können bis zu 1000 Jahre alt werden.

Das Holz ist sehr stabil, die Rinde, rau, dick und furchig.Zur Pflan­zen­gat­tung der Eichen gehören circa 400 Arten, von denen die Stiel­eiche und die Trau­ben­eiche zu den häufigsten in Deutsch­land zählen. Eichen können ein enormes Alter errei­chen. Auch im Hinblick auf die Erdzeit­ge­schichte liegen Eichen weit vorn: Belegt sind Fossil­funde von mindes­tens zehn Millionen Jahren.Die Früchte, die Eicheln, sind durch ihren hohen Anteil an Stärke zwar nahr­haft, aber wegen der Bitter­stoffe für den Menschen unge­nießbar und giftig. Für Nage­tiere wie Mäuse und Eich­hörn­chen, Rotwild und Wild­schweine sind die Eicheln dagegen unver­zicht­bare Kohlen­hy­drat- und Prote­in­quellen, weswegen sie sich für Nage­tiere beson­ders gut beim Anlegen von Winter­vor­räten eignen.Der Film erzählt in drei Kapi­teln von den Eichen, die man mit „Natur“, „Nutzung“ und „Zukunft“ beti­teln könnte. Der erste Teil beschreibt verschie­dene Beson­der­heiten der Eichen und wie wert­voll die Eichen als Lebens­raum für Vögel und Insekten sind. Teil zwei zeigt verschie­dene Arten der Nutzung — zum Beispiel durch einen Künstler, der ausschließ­lich mit Eichen­holz arbeitet -, der dritte Teil bringt eine über­ra­schende Wendung, da sich heraus­ge­stellt hat, dass die Eiche mit dem Klima­wandel beson­ders gut klar­kommen wird. Sie ist schon jetzt dabei, Baum­arten wie die Föhre zu verdrängen — und daher eindeutig der Baum der Zukunft.Es ist durchaus denkbar, dass unserer Wälder in Zukunft aus Eichen bestehen.

Die Kommu­ni­ka­tion der Tiere

Ob im Meer, der Savanne oder im Dschungel: Die Lebens­räume von Tieren sind von Rufen und Lauten erfüllt. Wissen­schaftler analy­sieren deren Bedeu­tung und stoßen auf Erstaun­li­ches. Wild­hunde, die demo­kra­tisch abstimmen, Fische, die ihre Absichten laut­hals äußern, und Giraffen, die summen — selbst gut erforschte Tier­arten über­ra­schen Forscher.

Fest steht, dass die Kommu­ni­ka­tion der Tiere deut­lich ausge­feilter ist, als bisher ange­nommen. Nicht nur Menschen haben eine komplexe Sprache entwi­ckelt. Auch wenn Tiere keine Worte verwenden, kommu­ni­zieren sie ständig mittels Lauten und Rufen. Junge Seebären finden so ihre Mutter wieder, Meer­katzen können mittels eines ausge­klü­gelten Alarm­sys­tems vor Bedro­hungen aus der Luft und am Boden warnen, Elefanten und Giraffen halten Kontakt zu anderen Artge­nossen, und Fische vertei­digen laut­stark ihr Revier. Neue Aufnah­me­ver­fahren ermög­li­chen es Wissen­schaft­lern, einzelne Tier­spra­chen zu isolieren und zu analy­sieren. Ihre Erkennt­nisse sind nicht nur erstaun­lich, sondern können in Zeiten von Lärm­ver­schmut­zung und Klima­wandel auch zum Schutz gefähr­deter Tier­arten beitragen.

Ewa, wie hast Du Dich verändert!

Ewa, wie hast Du Dich verändert!

Die Suche nach Orang-Utans im Regen­wald ist ähnlich, wie die berühmte Suche nach der Nadel im Heuhaufen – eine echte Glück­sache. Auf manche Tiere treffen unsere Beob­ach­tungs­teams mit schöner Regel­mä­ßig­keit. Andere verste­cken sich über Jahre in den tiefsten Tiefen des Dschun­gels. Da kann es schon mal vorkommen, dass unseren Kolleg:innen das Wieder­erkennen nicht leicht­fällt. So ging es ihnen auch mit Ewa.

Als unseren Beob­ach­tern neulich im Natio­nal­park Bukit Baka Bukit Raya, ganz in der Nähe des Lewun Kahio-Über­wa­chungs­camps, plötz­lich und uner­wartet ein erwach­senes Orang-Utan-Weib­chen über den Weg lief, konnten sie gar nicht so schnell schauen – da war der Wald­mensch auch schon wieder unter­ge­taucht im Dickicht des Waldes. Keine Chance, das Tier zu iden­ti­fi­zieren, geschweige denn, Beob­ach­tungen anstellen zu können. Also machte sich früh am nächsten Tag ein Team auf, um nach ihr zu suchen. 

Aufmerksam bei der Nahrungssuche
Aufmerksam bei der Nahrungssuche

Nachdem sie mehrere Sektoren abge­sucht hatten, fanden sie den geheim­nis­vollen Wald­men­schen im Sektor U. Und nach einem genaueren Blick stellten unsere Beob­ach­tungs­experten fest: Es ist Ewa. 

Zuhause im Nationalpark Bukit Baka Bukit Raya
Zuhause im Natio­nal­park Bukit Baka Bukit Raya

Seit fünf Jahren lebt das 13-jährige Orang-Utan-Weib­chen Ewa im Natio­nal­park Bukit Baka Bukit Raya in Zentral-Kali­mantan. Zuletzt ist sie unseren Mitarbeiter:innen Anfang 2019 vor die Kame­ra­linse gehuscht. Kein Wunder, dass die Beob­achter sie nicht sofort erkannt hatten. Denn Ewa ist erwachsen geworden und hat sich ganz schön verändert.

Ewa kurz vor ihrer Auswilderung 2016
Ewa kurz vor ihrer Auswil­de­rung 2016

Im August 2016 wurde Ewa zusammen mit ihrer Mutter Awa (23) bei unserer ersten Auswil­de­rung in den Natio­nal­park in die Frei­heit entlassen. Damals war Ewa acht Jahre alt und noch immer eng mit ihrer Mutter verbunden. Seitdem ist sie ein Stück gewachsen, ihr Haar ist länger und hat einen schönen rötlich-braunen Farbton. Und sie ist ein wilder, freier Orang-Utan. Ihr eigen­stän­diges, ruhiges Verhalten unter­scheidet sich deut­lich von der Zeit, als sie ausge­wil­dert wurde.

Ihr Fell ist dunkler, als bei ihrer Auswilderung
Ihr Fell ist dunkler, als bei ihrer Auswilderung

Während der Beob­ach­tungen zeigte sie sich aktiv und bewies umfang­reiche Fähig­keiten bei der Nahrungs­suche. Sie wurde dabei beob­achtet, wie sie Feigen, Pandanus-Knollen, Rattan-Triebe, das Kambium des Morang­baumes, verschie­dene Arten von Blät­tern, Termiten und Orchi­deen­blüten fraß.

Das Beob­ach­tungs­team behielt Ewa bis in die späten Abend­stunden im Blick, bis sie mit dem Bau ihres Schlaf­nests begann. Für das Team war es an der Zeit, ins Camp zurück­zu­kehren, um diese wunder­bare Entde­ckung mit dem ganzen Team zu teilen.

Erhol dich gut, Ewa, wir hoffen, wir sehen dich bald wieder!

 

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Die biolo­gi­sche Viel­falt bis spätes­tens 2030 auf dem Weg der Erho­lung? 15. Arten­schutz­kon­fe­renz in Kunming

Erstaun­li­cher­weise ist die dies­jäh­rige Arten­schutz­kon­fe­renz zumin­dest in den deut­schen Medien unter­gangen. Offen­sicht­lich sind Koali­ti­ons­spe­ku­la­tionen von größerem Inter­esse als die Zukunft der welt­weiten Biodi­ver­sität. Als hätte Covid-19 als Warn­schuss nicht stattgefunden. 

Gleich­zeitig fühlten sich viele Dele­gierte der sog. Entwick­lungs­länder vernach­läs­sigt und konnten während des zwei­tä­gigen hoch­ran­gigen Diskurses nicht recht­zeitig spre­chen, wiederum aufgrund tech­ni­scher Probleme. Dies war eine weitere Erin­ne­rung an die unaus­ge­wo­genen Ergeb­nisse der globalen Entwicklung.

Die Verhand­lungs­führer haben nun nur noch sieben Monate bis zum zweiten und letzten Teil des Tref­fens Zeit, und es mangelt nicht an Meinungs­ver­schie­den­heiten, insbe­son­dere in Bezug auf Finan­zie­rung und Umset­zung. In der in der vergan­genen Woche veröf­fent­lichten Kunming-Erklä­rung fassten die Unter­zeichner ihre Absicht zusammen, “dass die biolo­gi­sche Viel­falt bis spätes­tens 2030 auf den Weg der Erho­lung gebracht wird”. Es bleibt jedoch unklar, ob sie dazu in der Lage sein werden.

 

Schwie­rige Themen

Ziel der ersten Sitzung des Tref­fens war es, neue poli­ti­sche Ambi­tionen zu schaffen, anstatt in echte Verhand­lungen einzu­steigen. Die Dele­gierten bekräf­tigten daher ihre bestehenden Positionen.

Die Idee, bis 2030 30 Prozent des Landes und der Meere der Erde unter Schutz zu stellen – bekannt als das „30×30× Ziel“ wurde während der ersten Sitzung häufig erwähnt: Mehr aber noch nicht.

Eine Bewer­tung von IPBES (Inter­go­vern­mental Science-Policy Plat­form on Biodi­ver­sity and Ecosystem Services) aus dem Jahr 2019 ergab, dass nur 15 Prozent der globalen Land- und Süßwas­ser­flä­chen und 7 Prozent der Meeres­ge­biete geschützt sind. Obwohl einige Parteien das 30-Prozent-Ziel ange­sichts der aktu­ellen Fort­schritte für zu radikal halten, tauchte die auffäl­lige Zahl immer noch im Entwurf der Rahmen­ver­hand­lungen auf — eine seltene Demons­tra­tion von Ehrgeiz. Aller­dings sind sich nicht alle einig, was diese 30 Prozent bedeuten sollen.

  1. 30 Prozent von was genau? Von der gesamten Ober­fläche der Welt? Oder müssen es sowohl 30 Prozent des Landes als auch 30 Prozent des Ozeans sein? Oder würde jedes Land 30 Prozent seines Terri­to­riums schützen? Der Entwurf in seiner jetzigen Form ist schlichtweg unklar. Beson­ders umstritten ist die Idee, 30 Prozent des Ozeans zu schützen, was andere multi­la­te­rale Prozesse in die Länge ziehen würde. Wenn Fragen rund um Schutz­ge­biete auf hoher See nicht im Rahmen des Seerechts­über­ein­kom­mens der Vereinten Nationen (UNCLOS) gelöst werden können, wäre das Ziel nicht möglich.

 

  1. Was für 30 Prozent? Einige Länder befürchten, dass eine Fokus­sie­rung auf Quan­tität über Qualität zum Schutz von Gebieten mit geringem Erhal­tungs­wert führen wird, nur um die Zahlen zu bilden. Doch wie sollten Quali­täts­ziele fest­ge­legt werden? Der Rahmen­ent­wurf sagt das nicht. Ein weiteres Problem ist, dass Reser­vate in der Vergan­gen­heit meist funk­tio­niert haben, indem sie mensch­liche Akti­vi­täten ausge­schlossen haben.

Das 30×30 Ziel würde die Auswei­tung von Schutz­ge­bieten vorsehen, und es gibt Bedenken, dass dies die Rechte indi­gener Völker und lokaler Gemein­schaften, die gerade in Regionen mit beson­derer biolo­gi­scher Viel­falt leben, beein­träch­tigen könnte. Einige NGOs sind daher ambi­va­lent oder sogar gegen das Ziel. 

 

Finan­zie­rung und Umsetzung

Der Rahmen­ent­wurf weist auf eine jähr­liche Finan­zie­rungs­lücke von 700 Milli­arden US-Dollar hin. Woher soll dieses Geld kommen? Alle reden gerne über den Ausbau der Finan­zie­rungs­quellen, die Nutzung nicht­staat­li­cher Akteure und insbe­son­dere des Privat­sek­tors, aber die sog Entwick­lungs­länder sind sich darüber im Klaren, dass sie mehr Geld von den Regie­rungen der Indus­trie­länder sehen wollen — da dies die zuver­läs­sigste Finan­zie­rungs­quelle ist.

Bei der Abschluss­ze­re­monie betonte die Afri­ka­ni­sche Gruppe erneut die Notwen­dig­keit eines spezi­ellen Biodi­ver­si­täts­fonds sowie die Bedeu­tung von Tech­no­lo­gie­transfer und Kapa­zi­täts­aufbau. Die Latein­ame­rika- und Kari­bik­gruppe warnte, dass zwei Jahre der Pandemie zu einem beispiel­losen Mangel an Mitteln geführt hätten, was die Erfül­lung von Verpflich­tungen schwierig mache. “Eine echte Verpflich­tung zur Bereit­stel­lung von Ressourcen ist eine der wich­tigsten Ände­rungen, die vorge­nommen werden müssen, wenn wir die aktu­elle Biodi­ver­si­täts­krise stoppen und umkehren wollen”, sagt die Gruppe.

Die EU und andere Indus­trie­länder hielten an ihrer bestehenden Haltung fest: Es müssen mehr private Mittel mobi­li­siert werden, und Hilfs­gelder dürfen nicht in schäd­liche Subven­tionen fließen. Im vergan­genen Jahr veröf­fent­lichten das Paulson Insti­tute und andere inter­na­tio­nale Orga­ni­sa­tionen einen Bericht über die Finan­zie­rung der biolo­gi­schen Viel­falt und stellten fest, dass die Umlei­tung von Agrar‑, Forst- und Fische­rei­sub­ven­tionen, die der Biodi­ver­sität schaden, fast 300 Milli­arden US-Dollar frei­setzten würden. Wir kennen diese Gegen­rech­nungen bereits von unserer klima­schäd­li­chen Subven­ti­ons­po­litik. Ein Thema, was in der Bundes­tags­wahl leider auch viel zu kurz kam und in den aktu­ellen Koali­ti­ons­ver­hand­lungen nicht statt­findet. Nun auch keine Verspre­chen in Kunming. Die NGOs werden es schon richten? 

Dagegen hat der fran­zö­si­sche Präsi­dent Emanuel Macron wiederum 30 Prozent der Klima­fi­nan­zie­rung des Landes für die biolo­gi­sche Viel­falt zuge­sagt, und Groß­bri­tan­nien versprach, dass ein großer Teil seiner zusätz­li­chen Klima­fi­nan­zie­rung für die biolo­gi­sche Viel­falt ausge­geben würde. Trotzdem bleibt dies eine Umver­tei­lung von Klima­schutz­mit­teln und kein Verspre­chen von neuem Geld.

 

Chinas wich­tige Rolle

Chinas Rolle als Gast­geber ist mit hohen Erwar­tungen verbunden. Auf einer Pres­se­kon­fe­renz zum Ende der ersten Phase der COP15 fragte ein deut­scher Reporter Huang Runqiu, Vorsit­zender der Konfe­renz und Chinas Umwelt­mi­nister, ob sich China zum 30×30 Ziel verpflichten wolle. Huang gab keine endgül­tige Antwort, deutete aber an, dass China als Gast­geber daran arbeiten werde, einen Konsens zu errei­chen und ehrgei­zige Ziele zu erreichen. 

Dies ist das erste Mal, dass einer der führenden Poli­tiker Chinas dies ausdrück­lich betont, und es ist ein äußerst wich­tiger Schritt im Kontext globaler Maßnahmen für die biolo­gi­sche Viel­falt. China hat auch die globale Biodi­ver­si­täts-Gover­nance außer­halb der Konfe­renz geför­dert, zum Beispiel in bila­te­ralen Part­ner­schaften. Während des hoch­ran­gigen Umwelt- und Klima­dia­logs zwischen China und der EU kamen beide Seiten überein, die welt­weite Entwal­dung zu redu­zieren, indem sie die Zusam­men­ar­beit bei der Erhal­tung und nach­hal­tigen Bewirt­schaf­tung von Wäldern, der Nach­hal­tig­keit der Liefer­kette und der Bekämp­fung des ille­galen Holz­ein­schlags und des damit verbun­denen Handels verstärken.

Das heißt analog zur inter­na­tio­nalen Klima­de­batte, wird auch der globale Biodi­ver­si­täts­schutz von China abhängig sein. Die inter­na­tio­nale Staa­ten­ge­mein­schaft ist sich dessen bewusst, während wir noch über mögliche Finanz­mi­nister diskutieren.