Wo das Klima auf der Kippe steht — Eine Reise zu den Wendepunkten

Im Meer sind Koral­len­riffe, ähnlich wie an Land die Regen­wälder, die „Labore des Lebens“ und sorgen für die Viel­falt der Arten. In Austra­lien taucht Bernice zu den größten Koral­len­riffen der Erde und erlebt, wie empfind­lich sie auf feinste Tempe­ratur- und CO2-Verän­de­rungen reagieren. In großen Tanks über­prüfen Wissen­schaftler in einer Art Zeit­ma­schine, wann sich diese Verän­de­rungen wie auswirken.

Ähnlich wie im Regen­wald droht ein Absterben der Korallen, eine Art Step­pen­bil­dung im Meer. In Tuvalu, tausende von Kilo­me­tern entfernt sorgt ein Anstieg des Meeres­spie­gels für regel­mä­ßige Über­flu­tungen, so dass Land­wirt­schaft prak­tisch nicht mehr möglich ist und die Inseln per Schiff mit Lebens­mit­teln versorgt werden müssen.

Klima­wandel — gibt es den wirk­lich? Und was passiert vor Ort, wenn ein natür­li­ches System plötz­lich aus der Balance kippt? Diese und noch viel mehr Fragen nahm die hollän­di­sche Aben­teu­rerin und Wissen­schafts­jour­na­listin Bernice Noten­boom mit auf ihre Forschungs­reise rund um den Globus. Sie traf besorgte Wissen­schaftler, viele verun­si­cherte Menschen, aber auch solche, die entste­hende Probleme kompe­tent und beherzt anpa­cken. In sechs aufre­genden Folgen erleben wir eine Welt in Schön­heit und Wandel, Wissen­schaftler bei ihrer Feld­for­schung und Betrof­fene, die ihr Leben zwangs­läufig an neue Gege­ben­heiten anpassen. Und wir folgen den Spuren einer enga­gierten Aben­teu­rerin, die Nord- und Südpol schon genauso uner­schro­cken erwan­dert hat wie trockene Wüsten oder den Mount Everest.

Leben im Kronendach

Die Sonne lockt das Leben bis zu 60 Meter hoch in die Wipfel der Bäume. Die Bewohner führen ein Leben über dem Abgrund. Tiere und Pflanzen, die sich hier behaupten, haben sich — jeder auf seine Weise — an einen der schwie­rigsten Lebens­räume der Erde ange­passt. Das gilt auch für den kleinen Toten­kopf­affen, der in der heim­li­chen Welt im Kronen­dach manches Aben­teuer besteht.

Die Sonne lockt das Leben bis zu 60 Meter hoch in die Wipfel der Bäume des südame­ri­ka­ni­schen Regen­walds. Die Bewohner führen ein Leben über dem Abgrund, über schwin­del­erre­gender, gefähr­li­cher Tiefe. Und doch wollen sie alle hier bestehen. Denn viele Gewächse und einige größere Tier­arten können nur über­leben, wenn sie ausrei­chend Licht bekommen. Die Tiere und Pflanzen, die sich hier behaupten, haben sich — jeder auf seine Weise — an einen der schwie­rigsten Lebens­räume der Erde ange­passt. Dabei haben es die Sonnen­an­beter nicht leicht: Unten in Boden­nähe ist es finster und feucht. Das Bedürfnis, aus dem Schatten der anderen heraus­zu­treten, zwingt die Bäume, höher und schneller zu wachsen als anderswo. Das Streben hoch hinaus ist unter den Tieren eine allge­gen­wär­tige Heraus­for­de­rung, die stän­dige Höchst­leis­tung erfor­dert. Das extreme Klima im Kronen­dach ist eine zusätz­liche Dimen­sion im gnaden­losen Über­le­bens­kampf: Sonnen­glut wech­selt mit eisigen Wolken­brü­chen — jede Wetter­lage birgt neue Prüfungen. Auch der junge Toten­kopf­affe, das Nest­häk­chen, muss sich in dieser unge­wissen Umge­bung alleine zurecht­finden. Seine Streif­züge offen­baren die ganze Band­breite an Aben­teuern, die es hier oben im Kronen­dach des Regen­walds zu bestehen gilt, zum Beispiel, als er bei einem Adler­an­griff den Kontakt zu seiner Gruppe verliert.

Hoch oben im Kronen­dach der tropi­schen Regen­wälder erstreckt sich ein einzig­ar­tiger Lebens­raum. Auf den ersten Blick eine entho­bene, opulente Welt. Doch hinter dem para­die­si­schen Bild tobt ein uner­bitt­li­cher Über­le­bens­kampf. Hoch oben im Kronen­dach der tropi­schen Regen­wälder erstreckt sich ein einzig­ar­tiger Lebens­raum. Auf den ersten Blick eine entho­bene, opulente Welt. Doch hinter dem para­die­si­schen Bild tobt ein uner­bitt­li­cher Kampf ums Über­leben. Diesen zeigen die zwei Folgen über die Sonnen­an­beter und Hunger­künstler im Regen­wald. Online verfügbar von 29/11 bis 06/12

42 — Die Antwort auf fast alles

Das Eis an den Polen schmilzt. Die Arktis erwärmt sich zwei bis dreimal so schnell, wie der Rest der Welt, und auch die lange als unschmelzbar geltende Antarktis zeigt Zerfalls­er­schei­nungen. Müssen wir uns vor der großen Schmelze fürchten? Leider ja, denn wenn das Eis schmilzt funk­tio­nieren die Kühl­kam­mern der Erde nicht mehr. Und das wird das Klima welt­weit massiv beeinflussen.

Momentan lagern an den Polen noch etwa 30 Millionen Kubik­ki­lo­meter Eis. Also etwa 185.000 Mal der Mount Everest. Seit der letzten Eiszeit haben unter anderem auch diese kalten Massen dafür gesorgt, dass unser Klima sehr stabil und das Wetter verläss­lich war. „Diese Stabi­lität war die Voraus­set­zung dafür, dass sich die mensch­liche Zivi­li­sa­tion so entwi­ckeln konnte, wie sie es getan hat“, sagt Ricarda Winkel­mann vom Potsdam-Institut für Klima­fol­gen­for­schung. Aber diesen sicheren Bereich verlassen wir jetzt. Der Grund ist klar: Seit der Mensch auf der Welt ist, war die Konzen­tra­tion an Kohlen­di­oxid in der Atmo­sphäre noch nie so hoch wie heute. Und die dadurch wärmer gewor­dene Atmo­sphäre hat an den Polen eine scheinbar unauf­halt­same Ketten­re­ak­tion ausge­löst. „Im Meereis der Arktis, aber auch auf den Schelf­eisen und Eisschilden von Grön­land und der Antarktis gibt es viele posi­tive Rück­kopp­lungs­ef­fekte“, erklärt die Eisphy­si­kerin Stefanie Arndt vom Alfred-Wegener-Institut in Bremer­haven. „Und die treiben auch die Erwär­mung der Atmo­sphäre weiter an.“ Was in der Arktis passiert, bleibt also nicht in der Arktis. Schmilzt das Eis an den Polen weiter, wird unser Wetter und Klima immer unbe­re­chen­barer. Viel Zeit haben wir nicht mehr, diese Entwick­lung zu verlang­samen oder zu stoppen. „Es gibt soge­nannte Kipp­punkte im Eis. Und die könnten schon in den kommenden Jahr­zehnten über­schritten werden. Dann ist das Schmelzen wirk­lich unum­kehrbar“, sagt Ricarda Winkel­mann. Das Schicksal von Arktis und Antarktis — und damit auch das von uns Menschen — liegt nach Meinung der Wissen­schaft­lern und Wissen­schaft­le­rinnen noch etwa zehn Jahre lang in unseren Händen. Danach sind wir nur noch die Beobachter.

Quer­schnitt

Anläss­lich seines 100. Geburts­tages erin­nert das ZDF mit zwei Folgen „Quer­schnitt“ aus dem Jahr 1978 an den Wissen­schafts­jour­na­listen Hoimar von Ditfurth. Im zweiten Teil steht die Zerstö­rung eigen­stän­diger Lebens­ge­mein­schaften durch die Zivi­li­sa­tion und ihre Auswir­kungen auf die Biosphäre im Mittel­punkt. Unter­sucht werden Maßnahmen, die einer Klima­ka­ta­strophe entge­gen­wirken könnten.

Faszi­na­tion Erde — mit Dirk Steffens

Eine Insel­welt, die ihres­glei­chen sucht: Kanaren, Azoren, Madeira und Kapverden. Ihre faszi­nie­rende Viel­falt verdanken die Inseln einer einzig­ar­tigen gemein­samen Geschichte. Die Inseln Maka­ro­ne­siens haben alle den glei­chen Ursprung: Hotspot-Vulka­nismus. Über viele Millionen Jahre sind sie in den Weiten des Atlan­tiks zu Oasen für das Leben geworden.

Dirk Stef­fens entdeckt Tiere und Pflanzen, die es nirgendwo sonst auf der Welt gibt. Die Erkun­dung von Maka­ro­ne­sien — von den „glück­li­chen Inseln“ — führt Dirk Stef­fens zu einem Aben­teuer, das selbst für ihn völliges Neuland ist. Denn wer diese Inseln verstehen will, fängt am besten ganz tief unten an: unter Wasser. So begibt er sich in die Hände der Tief­see­pio­niere Kirsten und Joachim Jakobsen. Sie haben die „Lula 1000“ konstru­iert, eines von nur zehn bemannten U‑Booten auf der Welt, das mehr als 1000 Meter tief tauchen kann. Gemeinsam mit ihnen taucht Dirk Stef­fens ab in die dunkle Tiefe des Meeres und sieht Lebe­wesen, die er und sogar die Jakobsens noch nie gesehen haben. Je näher sie dem Sockel der Insel Madeira kommen, desto mehr tobt das Leben. Das Meer um die Maka­ro­ne­si­schen Inseln ist so arten­reich, dass viele Wale dort auf ihrer Reise durch die Welt­meere Station machen. Einige Grindwal-Fami­lien haben sogar ihre ursprüng­li­chen Wander­routen aufge­geben und leben nur noch hier — in der Insel­welt Maka­ro­ne­siens. Dirk Stef­fens begleitet Walfor­scher, denen die stationär lebenden Wale noch immer Rätsel aufgeben. An Land zeigt jede Insel ein eigenes Gesicht: Es gibt mehr als 3000 Meter hohe Gipfel, extrem trockene Wüsten und subtro­pi­sche Wälder. Die Wälder bergen einen ganz beson­deren Schatz. Hier, inmitten des Atlan­tiks, hat eine Natur über­lebt, die in Europa schon seit mehr als zwei Millionen Jahren verschwunden ist. Denn im milden ozea­ni­schen Klima konnten Pflanzen und Tiere auf den Inseln die letzten Eiszeiten über­leben. Sie beher­bergen daher zahl­reiche ende­mi­sche Arten und eine Art bota­ni­schen „Jurassic Park“. Auf den Kanaren und der Blumen­insel Madeira ist dieser Ur-Wald beson­ders gut erhalten. Dirk Stef­fens erlebt einen mysti­schen Zauber­wald, der sich täglich in einen märchen­haften Nebel hüllt. Er entdeckt drei Meter hohen Löwen­zahn und lebende Fossi­lien wie den Stin­k­lorbeer, der seinen Namen zu Recht trägt, wie er fest­stellt. Dirk Stef­fens kommt dem Ursprung der Viel­falt des Insel­le­bens auf die Spur. An den steil abfal­lenden Klippen der Ponta de São Lourenço spürt er eine unsicht­bare Kraft: den Passat­wind. Mit dem Wind kamen und kommen bis heute Samen und Insekten viele Hundert Kilo­meter bis zu den abge­le­genen Inseln. Hier nehmen sie dann aller­dings eine ganz eigene Entwick­lung. Auf der Wüsten­insel Deserta Grande findet Dirk Stef­fens mithilfe von Forschern eine der seltensten Spinnen der Welt: die Deserta-Wolfs­spinne. Weil das Tier, das ursprüng­lich vom euro­päi­schen Fest­land stammt, hier kaum Feinde hat und das Nahrungs­an­gebot reich­haltig ist, wurde die Spinne über viele Hundert­tau­send Jahre immer größer. So groß, dass sie sogar die Eidechsen der Insel jagen und töten kann. Hier ist die Wolfs­spinne die Königin der Nahrungs­kette. Ein klas­si­sches Beispiel für Insel-Gigan­tismus und nur eines der vielen kleinen Wunder der Evolu­tion, die Maka­ro­ne­sien zu bieten hat. Fast jede Insel beher­bergt ihre ganz eigenen „Über­le­benden der Eiszeit“. Und noch längst sind nicht alle Geheim­nisse erforscht. Doch manche Schätze der Oasen im Atlantik sind in Gefahr. Die Eingriffe des Menschen waren und sind oft fatal für das fragile Gleich­ge­wicht der Natur. Ein Groß­teil der geheim­nis­vollen Nebel­wälder wurde schon gerodet. Und die Lichter des Menschen lassen junge Seevögel unter Stra­ßen­la­ternen stranden, die sich bei ihren Routen auf das Licht des Mondes verlassen. Doch inzwi­schen hat man erkannt, wie einzig­artig und schüt­zens­wert die Natur ist. Heute gibt es vieler­orts Natur­schutz-Initia­tiven, damit die maka­ro­ne­si­schen Inseln das bleiben, was sie bisher waren: Oasen inmitten der blauen Wüste.

Die Arten­retter

Arten­sterben gehört zur Evolu­tion, doch derzeit sterben die Arten rasant schnell, und der Killer ist der Mensch. Alar­mie­rende Zahlen des Vogel­ster­bens in Deutsch­land hat Anfang vergan­genen Jahres das Bundesamt für Natur­schutz veröf­fent­licht: Zwischen 1992 und 2016 sind mehr als sieben Millionen Vogel­brut­paare verloren gegangen, 8% aller heimi­schen Vögel über einen Zeit­raum von weniger als 20 Jahren.

„Die Natur­zer­stö­rung ist die Krise hinter der Coro­na­krise“, dieses Zitat von Umwelt­mi­nis­terin Svenja Schulze bringt eine Erkenntnis auf den Punkt, die mit der Pandemie auch im Bundes­kanz­leramt ange­kommen ist: Damit wird auch Arten­schutz zur Chef­sache. Wir Menschen verklei­nern syste­ma­tisch den Lebens­raum der Wildtiere.