Beim Schutz und der Erhaltung der Orang-Utans und ihres Lebensraums auf Borneo arbeitet BOS auch eng mit den lokalen Gemeinden zusammen – und hilft ihnen dabei, ihre Kultur und Traditionen zu bewahren. Ein Beispiel für eine traditionelle Zeremonie, an der wir teilnahmen, ist das naq lom. Dabei handelt es sich um das Initiationsritual für Kinder des Wehea-Dayak-Stammes in Ost-Kalimantan.
Schutz durch die Ahnen
Bei diesem Ritual wird der Name der Abstammungslinie der Kinder bestätigt und der Schutz der Vorfahren der Familie erbeten. Es findet in der Regel zwischen Mai und Juni nach dem Reiserntefest statt.
Vier Tage wird gefeiert
Das naq lom-Ritual dauert in der Regel vier Tage. An den ersten beiden Tagen wird das Fest vorbereitet, an Tag drei und vier das Ritual durchgeführt. Zunächst werden die Ausrüstung, das Essen und die benötigten Materialien hergerichtet und zubereitet, darunter Reis, Schweinefleisch, Brennholz, Bambus und Besteck.
Am zweiten Tag richten die Teilnehmer den Veranstaltungsort her: ein Haus, das durch ein Ritual namens ndeq kot gesegnet wird. Dabei werden gekochte Kürbisse als Opfergabe für die Ahnen im Umkreis verteilt, damit Tiere sie fressen können.
Das Fest beginnt
Am dritten Tag beginnt für die Wehea-Dayak-Gemeinschaft das eigentliche Fest. Im leng dung-Ritual wird Tieren Glück geschenkt, das in Form von Bananenstauden am Straßenrand abgelegt wurde. In der Zwischenzeit stampfen die am Ritual teilnehmenden Jungen und Mädchen Zuckerrohr – dieser Teil wird nde luaq genannt.
Am letzten Tag des Festes wird beim ndeg zeremoniell ein männliches Schwein geschlachtet, dessen Blut der Leiter des Rituals auf die traditionelle Kleidung der Kinder streicht. Dabei werden die Ahnen in Gebeten um Glück, Segen und Sicherheit ersucht.
Ein Festmahl mit Musik und Tanz
Ohne Festmahl und Tanz ist natürlich keine Feier vorstellbar. Nach dem Mittagessen führen die Frauen den schwungvollen Gemeinschaftstanz ngeway auf, den die Männer mit Perkussionsmusik begleiten. Zum naq lom gehören noch weitere Freudentänze, die von der Wehea-Dayak-Gemeinschaft aufgeführt werden, wie der Paartanz ngejo oder der ngeleang, den man allein oder zu zweit tanzt.
Die Dankbarkeit wird nicht nur durch den Tanz ausgedrückt, sondern auch durch das Verlesen von Gebeten und Mantras, genannt nelkeaq. Die Wehea Dayak führen auch das gunggunggel-Ritual durch, bei dem die Gäste um Essen oder Geld wetteifern – ähnlich dem Werfen eines Blumenstraußes bei Hochzeiten, das symbolisch für das Teilen des Glücks mit anderen steht.
Lieder erzählen Geschichten
Das Ritual endet in der Regel mit enlueng dendang-Musik, den Wehea-Liedern, die die ganze Nacht bis in die Morgenstunden hindurch gesungen werden. Diese Lieder erzählen von den Ursprüngen der Wehea-Vorfahren und erwähnen die Namen der Ahnen, die Flüsse und ihr Erbe.
Während des Rituals ist es für die Organisatoren übrigens tabu, bestimmte Fischarten zu essen, und die Tänzer dürfen eine Nacht vor den Feierlichkeiten kein Salz zu sich nehmen.
Unterstützung ist notwendig
Naq lom ist sehr wichtig, um den Status der Kinder und ihrer Familien innerhalb der traditionellen Wehea Dayak-Gesellschaft zu sichern. In der heutigen Zeit sind jedoch die Kosten für die Organisation dieses Rituals für viele zu hoch, so dass jedes Jahr weniger naq lom-Zeremonien stattfinden. Deshalb unterstützt BOS die Gemeinden, um dieses wichtige Ritual am Leben zu erhalten.
BOS unterstützt die Aktivitäten der Wehea Dayak zur Erhaltung ihrer Tradition unter anderem durch finanzielle Förderung. Helfen Sie uns dabei.
Faris Fathurohman, ein Ranger unseres Post-Release-Monitoring-Teams, hat in unserem Auswilderungswald Kehje Sewen eine außergewöhnliche Begegnung beobachtet: Vor seinen Augen trafen ein großer Bindenwaran und eine armdicke Python aufeinander. Hier erzählt er uns vom Kampf der beiden auf Leben und Tod.
An einem Nachmittag saß ich auf einem umgestürzten Baumstamm am Fluss, unweit unseres Basislagers Nles Mamse und hielt nach Tieren Ausschau, die ich fotografieren könnte. Ich sah einige Affen in den Bäumen über mir spielen und bunte Vögel, die zwischen den Büschen umherschwirrten.
Der Kehje Sewen Wald ist voller Leben – eine Wundertüte der Artenvielfalt
Hier, in unserem geschützten Auswilderungswald, konnte ich schon viele unvergessliche Tierbeobachtungen machen, die mir immer wieder vor Augen führen, dass wir nicht nur den Orang-Utan, sondern mit ihm noch so viele andere Arten schützen. Diese Beobachtung war auf jeden Fall eine der aufregendsten!
Ich hörte plötzlich ein krächzendes Geräusch hinter mir und drehte mich herum, um die Ursache dafür zu entdecken. Vorsichtig stand ich auf und bewegte mich auf die Stelle zu, aus der das Geräusch kam. Was ich sah, ließ mir fast den Atem stocken – und mein Fotografenherz natürlich höher schlagen.
Ein großer Bindenwaran und eine armdicke Python rangen miteinander
Die Netzpython (Reticulatus phython) schlängelte und wand sich mit aller Kraft und unglaublicher Beweglichkeit, um dem Griff der gefährlichen Echse (Varanus salvator) zu entkommen. Diese wiederum versuchte, die Schlange in den Kopf zu beißen, denn nur so würde sie den Kampf für sich gewinnen können.
Für einen kurzen Moment hielten beide inne. Vielleicht hatten sie einen Zweig unter meinen Füßen knacken gehört? Doch dann ging der Kampf unvermittelt weiter, mit noch größerer Kraftanstrengung. Pythons sind bekanntermaßen Würgeschlangen und dieses gewaltige Exemplar versuchte, sich um den Hals des Warans zu schlängeln, um ihn zu würgen und sich so zu befreien. Der Bindenwaran schüttelte wie wild seinen Kopf, um die Schlange davon abzuhalten und versuchte gleichzeitig, sie mit seinen scharfen Zähnen zu erwischen.
Schnell nahm ich meine Kamera und machte einige Foto von den beiden. Dadurch wurden sie jedoch auf mich aufmerksam und unterbrachen schlagartig ihren Kampf. Menschen stellen eine zu große Gefahr dar, und so ließen die beiden Reptilien voneinander ab und verschwanden blitzartig im Unterholz.
Ein letzter Blick auf den Waran, der sich ins Unterholz flüchtet
Vielleicht haben sie ihren Kampf in einiger Entfernung fortgesetzt? Ich konnte es nicht herausfinden. Und so werden wir leider nie erfahren, wer als der ultimative Champion aus diesem Kampf der Regenwaldbewohner hervorgegangen wäre: der Bindenwaran oder die Netzpython. Eines jedoch ist mir durch diese Beobachtung wieder einmal klar geworden: Im Dschungel überlebt tatsächlich nur der Stärkste.
Helfen auch Sie, diesen faszinierenden Lebensraum und seine gewaltige Artenvielfalt zu erhalten und zu schützen. Jeder Beitrag hilft.
Anfang des Jahres brachte Lesan ihr zweites Baby in unserem Auswilderungswald Kehje Sewen zur Welt. Inzwischen konnten wir feststellen, dass es ein kleiner Junge ist, dem sie das Leben geschenkt hat. Die beste Nachricht, die unser Beobachtungsteam jetzt vermelden konnte: Mutter und Baby geht sehr gut. Doch wie kommt die große Tochter Ayu mit der neuen Familiensituation klar?
Die 19-jährige Lesan gehörte zur allerersten Gruppe rehabilitierter Orang-Utans, die wir im April 2012 in Kehje Sewen ausgewildert haben. 2016 wurde ihre Tochter Ayu geboren – das zweite wildgeborene Baby.
Ayu, Lesan und das neue Baby
Lesan ist also eine sehr erfahrene Mutter, die mit wachsamen Augen ihr Baby umsorgt. Unser Beobachtungsteam berichtet, dass sie den Säugling mit Zuneigung überschüttet.
Die Rolle der Orang-Utan-Mütter
Orang-Utan-Babys bleiben sechs bis acht Jahre lang an der Seite ihrer Mutter. In dieser Zeit lernen sie von ihren Müttern, wie sie natürliche Nahrung erkennen, Nester bauen, sich in den Bäumen bewegen und Raubtieren im Wald ausweichen. Die Beherrschung dieser Fähigkeiten ist von entscheidender Bedeutung, denn erwachsene Orang-Utans leben meist allein und müssen sich in der Wildnis selbst versorgen. Daher ist die Rolle der Orang-Utan-Mütter von entscheidender Bedeutung für das Wachstum und Überleben der Art.
Lesan sorgt liebevoll für ihren Sohn
Lesans große Tochter Ayu kann immer noch dabei beobachtet werden, wie sie sich Lesan nähert und Körperkontakt aufnimmt. Da die sich jedoch um ein neues Kind kümmern muss, versucht Lesan Abstand zu halten. Ayu ist sichtlich verärgert, wenn dies geschieht – vielleicht ist sie auch ein wenig eifersüchtig auf ihr neues Geschwisterchen. Obwohl sie mit ihren sieben Jahren schon auf dem Weg in die Selbstständigkeit ist, scheint Ayu dafür noch nicht so ganz bereit zu sein.
Ayu ist noch nicht bereit, allein zu leben
Wahrscheinlich wäre sie immer noch komplett an der Seite ihrer Mutter, wenn es nicht das neue Baby gäbe. So richtig glücklich ist sie also wohl nicht über die neue Familienkonstellation. Aber Lesan wird auch das hoffentlich großartig meistern und Ayu in ihrer neuen Rolle viel lernen und an sich wachsen. Schließlich gibt es keine größere Liebe als die Liebe zur Familie.
Kalimantan ist der indonesische Name für die Insel Borneo, der drittgrößten Insel der Welt nach Grönland und Neuguinea. Kalimantan ist auch Heimat der Borneo-Orang-Utans, die sie sich mit unzähligen anderen Tierarten teilen. Viele von ihnen sind nicht minder bedroht als unsere rothaarigen Verwandten. Wir stellen hier in loser Reihenfolge immer wieder einige dieser faszinierenden Geschöpfe vor.
Die Grüne Peitschennatter (Ahaetulla prasina)
Die Schönheit und die besonderen Merkmale vieler Tier- und Pflanzenarten des Waldes sind oft Teil ihres Verteidigungsmechanismus, um sie vor Beutejägern zu schützen, oder Teil ihrer Fähigkeit, Beute zu jagen. Auch die Grüne Peitschennatter ist eine solche Kreatur.
In Südasien nicht nur im Regenwald verbreitet: Die Grüne Peitschennatter
Sie zeichnet sich durch ihren pfeilartig zugespitzten Kopf und ihren langen (bis zu zwei Meter), schlanken Körper aus. Ihre leuchtend grüne Farbe hilft ihr, sich im Blätterdickicht des Regenwaldes und im Gebüsch zu tarnen.
Gut getarnt unterwegs
Man findet sie in ganz Südostasien, wo sie tagsüber und während der Dämmerung in den Bäumen aktiv ist. Sie bevorzugt Primär- und Sekundärwälder im Flachland, Plantagen und Gebüsche.
Ausreichend giftig
Das Gift der Grünen Peitschennatter ist nicht sehr stark und hat keine oder nur geringe Auswirkungen auf den Menschen. Aber es reicht aus, um kleine Beutetiere zu schwächen. Sie ernährt sich von kleinen Tieren wie Fröschen, Vögeln, Echsen (v. a. Geckos) und anderen Schlangen, selten auch von Nagetieren und Vogeleiern. Ihre ein bis zwölf Junge bringt sie lebend zu Welt.
2016 wurde Signe mit ihrem ersten Sohn Bungaran, der damals ein Jahr alt war, in Kehje Sewen ausgewildert. 2020 bekam sie ein zweites Baby und wandert seither mit ihren beiden Söhnen durch den Regenwald. Kürzlich haben wir sie wieder dort angetroffen – mit einem unbekannten, wilden Orang-Utan.
Bungaran, der dabei ist sich immer weiter von seiner Mutter abzunabeln, verbrachte die meiste Zeit in den Baumkronen.
Der achtjährige Bungaran ist auf dem Weg in die Selbstständigkeit
Seine Mutter und sein kleiner Bruder saßen derweil mit ihrem neuen Freund auf einem Baumstamm und genossen gemeinsam in friedlicher Harmonie Waldfrüchte.
Harmonisches Zusammensein
Nach einem ordentlichen Frühstück nahm Signe ihr Baby mit in die Baumkronen, um sich zu entspannen.
Signe und ihr zweijähriges Baby……das bereits erste eigene Kletterversuche unternimmt
Der männliche Orang-Utan blieb in ihrer unmittelbaren Nähe. Mehrmals stiegen Signe und ihr Baby auf den Waldboden hinab, um Wasser aus einer Quelle zu trinken, die nicht weit von dem Baum entfernt war, auf dem sie gesessen hatten.
Kurz vor Sonnenuntergang baute Signe ein Nachtnest und richtete sich mit ihrem Baby darin ein. Gegen 18 Uhr beendetet das PRM-Team seine Beobachtungen, nachdem es sicher war, dass Signe, ihr Nachwuchs und ihr neuer Freund sich für die Nacht niedergelassen hatten. Es war sehr ermutigend zu sehen, dass sich Signes Familie mit einem weiteren Freund im Kehje Sewen Wald wohlfühlt.
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