Nur sehr wenige Tiere können Orang-Utans gefährlich werden. Hier berichten wir von Angriffen des seltenen Sunda-Nebelparders auf Olbert und Olivia, zwei von der BOS Foundation ausgewilderte Orang-Utans. Dank unseres erfahrenen Tierärzteteams sind beide Tiere bereits wieder auf freiem Fuß in unserem Schutzwald Bukit Batikap unterwegs. Der starke Rückgang des natürlichen Regenwaldes und die damit verbundenen Ressourcenknappheit macht sich leider auch auf diese Weise bemerkbar.
Das war knapp. Nach über zweimonatiger Behandlung waren Olberts tiefe, dolchzahnartige Bisswunden an Rücken und Kopf endlich verheilt. Wenn unser Team ihn nicht gefunden und behandelt hätte, wäre er vermutlich an der Infektion seiner Wunden gestorben. Auch Orang-Utan Weibchen Olivia wurde, ebenfalls drei Jahre nach ihrer erfolgreichen Auswilderung, wegen infizierter Bisswunden in unsere Schutzstation zurückgebracht und behandelt. Derartige Verletzungen können, laut Aussage unserer erfahrenen Tierärzte, nur von einer großen Katze, dem Sunda-Nebelparder stammen. All jene, die den Anblick offener Wunden wegstecken können, finden Bilder in der Galerie unter diesem Text (Spoiler-Alarm: die Wunden schauen wirklich nicht schön aus).
Seltene Schönheiten
Sunda-Nebelparder sind selten gewordene, wahre Schönheiten, die vor allem nachts, manchmal aber auch am Tag im Regenwald aktiv sind. Mit Schwanz einberechnet, erreicht die Großkatze eine Länge von bis zu knapp zwei Metern. Ihr Fell weist die artspezifische Wolkenzeichnung auf und mit ihren perfekt ans Dämmerlicht angepassten, scharfen Augen, ihrem wendigen, grazilen Körperbau, langen, dolchartigen Eckzähnen und scharfen Krallen sind sie Meister der Jagd.
Wie auch manch andere Feliden, können auch Nebelparder gut klettern und nutzen Bäume als Ruheplätze, sowie manchmal auch um ihre Beute für ein späteres Mahl zu verstecken (1). Dennoch ist ein Angriff hoch oben in den Bäumen eher unwahrscheinlich. Ein ausgewachsener Orang-Utan, immerhin das größte baumbewohnende Säugetier der Welt, ist mit seinem perfekt ans Klettern angepassten Körper und starken, langgliedrigen Greifhänden, vermutlich einer noch so gut kletternden Großkatze überlegen.
Passt nicht ganz ins Beuteschema
Angriffe von Nebelpardern sind selten. Zum natürlichen Beutespektrum der Großkatze gehören bodenbewohnende Vögel, Hirscharten, kleine Primaten, Nagetiere und gelegentlich auch Fische und Schlangen (1). Bisher sind nur drei Fälle außerhalb unserer Schutzwälder dokumentiert (2,3,4), in denen Orang-Utans von Nebelpardern angegriffen wurden. Nur ein Einziger davon endete in Folge tödlich. Bei Olivia und Olbert wird auf Grund der Rückenverletzungen vermutet, dass die Angriffe von hinten am Boden erfolgt sind. Beide Tiere waren dafür bekannt, mehr Zeit als andere ausgewilderte Orang-Utans am Boden zu verbringen – dies hat sich inzwischen glücklicherweise geändert. Neueste Beobachtungen zeigen, dass Olbert nun vorsichtiger geworden ist, er verbringt seit seiner erneuten Auswilderung nur noch insgesamt 5 % seiner Zeit am Boden (5). Auch Olivia wird hoffentlich in Zukunft wachsamer sein.
Unter Beobachtung
Bisher haben wir 183 Orang-Utans in unserem Schutzwald Bukit Batikap erfolgreich in die lang ersehnte Freiheit entlassen. Nach der Auswilderung werden die Tiere von unserem Team mit Hilfe von Sendern geortet und ihr Gesundheitszustand auf Sichtkontakt überprüft. Dazu gehört, neben der Evaluierung ihres Zustands, auch, ob sie natürlich vorkommende Futterressourcen wie Früchte und Pflanzenmaterial suchen und verzehren (das ist einer der Indikatoren dafür, dass sie ein selbstständiges Leben in der freien Wildbahn führen können), sich Schlafnester bauen und diese auch am Tag verlassen (denn wenn es ihnen schlecht geht, bleiben sie manchmal sogar im Nest), und wie viel Zeit sie am Boden oder in den Bäumen verbringen (denn kranke Tiere sind im extremsten Fall manchmal sogar zu schwach zum Klettern).
Die größte Gefahr
Für Orang-Utans stellt die durch den Menschen verursachte Abholzung des Regenwaldes die größte Bedrohung dar. Nur sehr wenige Tiere können Orang-Utans in freier Wildbahn gefährlich werden, dazu gehören neben dem Sunda-Nebelparder, Schlangen, wie zum Beispiel Pythons, und Krokodile (ja auch die gibt es auf Borneo!). Andere große Säugetiere, wie Malaienbären, sind nicht bekannt dafür Orang-Utans anzugreifen. Sie fressen hauptsächlich Früchte und eher selten kleine Säugetiere, Insekten und Honig (3).
Auch der Sunda-Nebelparder ist durch den stetig voranschreitende Lebensraumverlust gefährdet (6,7). Zudem ist die illegale Jagd, um Körperteile wie Fell und Knochen für große Geldsummen am Schwarzmarkt zu verkaufen, ein großes Problem. Dies geschieht nicht nur unter teilweise katastrophalen hygienischen Verhältnissen, die eine potentielle Gefahr für die Entstehung von Zoonosen wie COVID-19 darstellen, sondern auch für einen dubiosen Zweck: die Tierteile finden Verwendung in der traditionellen chinesischen Medizin.
Der tropische Regenwald, die sogenannte grüne Lunge der Erde, ist eine der letzten Zufluchtsstätten der Artenvielfalt und spielt eine zentrale Rolle für das Ökosystem und unser Klima. Beim Wachstum binden die Bäume und andere Pflanzen große Mengen an Kohlenstoff aus der Atmosphäre, speichern ihn in ihrer Biomasse und produzieren Sauerstoff. Ein gesunder Wald bietet Zuflucht, Lebensraum und genügend verfügbare, natürliche Ressourcen für alle darin lebenden Tiere – für Pflanzenfresser, sowie Beutegreifer. Durch das faszinierende Zusammenspiel jedes einzelnen Teiles, von der kleinsten Mikrobe bis zu den größten Tieren, wie Orang-Utan und Nebelparder, wird ein empfindliches Gleichgewicht hergestellt. Jedes Glied im Ökosystem Wald ist wichtig, um die natürliche Balance zu erhalten.
Eines unserer wichtigsten Ziele ist es, mehr Regenwaldflächen zu erwerben und zu Schutzwald für unsere Orang-Utans und andere wilde Tiere umzuwandeln. Helfen auch Sie diesen faszinierenden Lebensraum und seine gewaltige Artenvielfalt zu erhalten und zu schützen. Werden auch Sie zum BOS-Unterstützer. Mit ihrer Spende helfen sie den Orang-Utans und dem Regenwald, der Heimat dieser und anderer besonderer Tiere! Jeder Beitrag hilft.
Text:
Dr. Isabelle Laumer / Bilder und Inhalte stammen von einem gemeinsamen Projekt von BOSF, University of British Columbia (UBC) und Bogor Agricultural University Institut Pertanian Bogor (IPB).
Referenzen:
1. Chiang PJ, Allen ML (2017) A review of our current knowledge of clouded leopards (Neofelis nebulosa). Int J Avian Wildl Biol 2:148–154.
2. Marzec AM, Kunz JA, Falkner A, Utami Atmoko SS, Alavi SE, Moldawer AM, Vogel ER, Schupplil C, van Schaik CP, van Noordwijk MA (2016) The dark side of the red ape: malemediated lethal female competition in Bornean orangutans. Behav Ecol Sociobiol 70:459–466.
3. Kanamori T, Kuze N, Bernard H, Malim TP, Kohshima S (2012) Fatality of a wild Bornean orangutan (Pongo pygmaeus morio): behaviour and death of a wounded juvenile in Danum Valley, North Borneo. Primates 53:221–226.
4. van Noordwijk MA, Utami Atmoko SS, Knott CD, Kuze N, Morrogh-Bernard HC, Oram F, Schuppli C, van Schaik CP, Willems EP (2018) The slow ape: high infant survival and long interbirth intervals in wild orangutans. J Hum Evol 125:38–49.
5. Sunderland-Groves, J.L., Tandang, M.V., Patispathika, F.H. et al. (2020) Suspected Sunda clouded leopard (Neofelis diardi) predation attempts on two reintroduced Bornean orangutans (Pongo pygmaeus wurmbii) in Bukit Batikap Protection Forest, Central Kalimantan, Indonesia. Primates.
6. Hearn, A., Ross, J., Brodie, J., Cheyne, S., Haidir, I.A., Loken, B., Mathai, J., Wilting, A. & McCarthy, J. (2015). Neofelis diardi. The IUCN Red List of Threatened Species 2015:
e.T136603A97212874.
7. Hearn, A., Sanderson, J., Ross, J., Wilting, A. & Sunarto, S. (2008). Neofelis diardi ssp.
borneensis. The IUCN Red List of Threatened Species 2008: e.T136945A4351615.
Orang-Utan-Dame Bong treffen wir häufig an in unserem Auswilderungswald Kehje Sewen. Sie hat sich das Gebiet rund um unser Camp Lesik als Revier gesucht. Kein Wunder, hier gibt es eine Menge Bäume, die reichlich Nahrung für Orang-Utans bieten. Bei den letzten Begegnungen zeigte sich Bong vor allem von ihrer sozialen Seite.
Camp Lesik, eines unserer festen Lager für die Monitoring-Teams, liegt im nördlichen Teil des Kehje Sewen-Waldes in Ost-Kalimantan in einem wunderschönen Tal, umgeben von Flüssen und Hügeln, die mit vielen Fruchtbäumen bedeckt sind. So gibt es viele ausgewilderte Orang-Utans, die regelmäßig hier auf der Suche nach Nahrung vorbeischauen.
Eine davon ist die 18-jährige Bong, die seit knapp vier Jahren zu den neuen Wilden gehört. Bong kam 2006 im Alter von vier Jahren ins BOS-Rehabilitationszentrum Samboja Lestari, gerettet aus einem vietnamesischen Zoo.
Als wir Bong zuletzt in der Nähe des Camps angetroffen hatten, suchte sie Kontakt zu Mona (27), die bereits vor sieben Jahren ausgewildert wurde. Zunächst zeigte Mona ihr die kalte Schulter. Doch Bong blieb hartnäckig. Und schließlich sahen wir die beiden auch am nächsten Tag noch auf gemeinsamer Futtersuche einträchtig beieinander.
Auch dieses Mal trafen wir Bong beim Versuch der Kontaktaufnahme mit einem anderen Orang-Utan-Weibchen. Sayang, die 2009 auf unserer Vorauswilderungsinsel Kaja zur Welt kam und im Dezember 2013 ausgewildert wurde, war mit ihrer zweijährigen Tochter Padma unterwegs. Auch hier stieß Bong mit ihren Kontaktversuchen zunächst auf Widerstand. Sayang hat schließlich auch ihren Nachwuchs zu beschützen. Doch schließlich konnte Bong die junge Mutter überzeugen, dass sie voller friedlicher Absichten war. Gemeinsam verbrachten sie auch den nächsten Tag auf gemeinsamer Futtersuche.
Orang-Utans sind in der Regel Einzelgänger – semi-solitär nennen Biologen ihr Verhalten. Weibliche Orang-Utans jedoch, vor allem Verwandte, verbringen immer mal Zeit gemeinsam auf Futtersuche. Dieses Verhalten beobachten wir bei unseren rehabilitierten Tieren regelmäßig. Wahrscheinlich kann man dies auf die Erfahrungen zurückführen, die die Tiere während ihrer Rehabilitation gesammelt haben, wo sie gemeinsam mit Gleichaltrigen aufgewachsen sind.
Bong hat diese Zeit wohl in guter Erinnerung behalten. Genauso wie ihre guten Umgangsformen.
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Neun Orang-Utans dürfen jetzt auf Samboja Lestaris Vorauswilderungsinsel #8 den letzten Test vor ihrer Auswilderung absolvieren. Wie sie sich auf der Walduniversität wohl so machen werden?
Vorauswilderungsinsel #8 unseres Rettungszentrums Samboja Lestari in Ost-Kalimantan war einige Zeit außer Betrieb. Anfang 2019 mussten die Orang-Utans vorübergehend umgesiedelt werden. Ein Erdrutsch hatte einen Teil der Insel zerstört. Und erst nach mehrwöchigen Bauarbeiten war die Insel wieder in einem Zustand, wie es sich für eine Walduni gehört.
Nach und nach durften Orang-Utans, die in ihrer Rehabilitation schon soweit waren, die Insel besiedeln. Elaine war die erste Waldstudentin auf Insel #8. Ihr folgten im Oktober 2019 Kola-Kola und Yordanka.
Die siebenjährige Yordanka durfte sogar direkt aus der Waldschule 1 auf die Insel umziehen, da sie dort so außergewöhnlich große und schnelle Fortschritte gemacht hatte. Unsere Mitarbeiter sind sich sicher, dass sie es schaffen wird, unabhängig auf der Insel zu leben und dort zu beweisen, dass sie auch bald für die Auswilderung bereit sein wird.
Die drei frischgebackenen Waldstudenten konnten sich schnell an ihre neue Umgebung gewöhnen und haben mit großer Entdeckerfreude die Insel gemeinsam für sich erobert.
Weil das so gut geklappt hat, hat sich unser Team entschieden, dass weitere Orang-Utans auf die Insel ziehen könnten. Und so durften jetzt auch Sally, Leann, Andreas, Anggoro, Anthony und Riana die letzte Phase ihrer Rehabilitation auf Insel #8 beginnen. Hier können die neun Waldmenschen nun ihr Wissen teilen und voneinander lernen.
Obwohl die neun Orang-Utans sehr unterschiedliche Charaktere haben, kommen sie gut miteinander aus. Bisher konnten unsere Mitarbeiter keine heftigen Wettbewerbe oder Streit zwischen den neuen Inselbewohnern beobachten. Vermutlich liegt das auch daran, dass sich die meisten schon aus der Waldschule kennen. Unsere Mitarbeiter, die täglich zusätzliches Futter auf die Insel bringen und die Tiere dabei intensiv beobachten, berichten uns, dass es auf der drei Hektar großen Insel jetzt vor Leben und Aktivität brummt.
Aufgrund der Corona-Pandemie können wir aktuell keine Orang-Utans auswildern. Umso wichtiger ist es, Orang-Utans auf den Vorauswilderungsinseln so viel Freiheit wie möglich zu schenken. Und sie dort ihre Überlebensfähigkeiten trainieren zu lassen. Damit sie fit sind, wenn es in hoffentlich nicht allzu ferner Zukunft heißt: Auf, in den Wald!
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Abwechslungsreich ist sie auf jeden Fall, die Arbeit, die unsere Babysitterinnen in den BOS-Rettungszentren jeden Tag mit großem Einsatz erledigen. Da gibt es immer etwas zu berichten. Heute eine Geschichte aus der Waldschulgruppe 3 in Nyaru Menteng. Es geht um die kleine Waise Jacqui, die im Januar 2017 im Alter von rund zwölf Monaten von BOS gerettet worden war.
Jacqui ist eine fleißige Waldschülerin. So auch an diesem Tag. Emsig war sie damit beschäftigt, sich ein Schlafnest zu bauen – eine der wichtigsten Fähigkeiten, die erforderlich sind, um im Wald zu überleben. Höher als fünf Meter war Jacqui dafür in den Baum geklettert, wo sie nun konzentriert Zweig um Zweig zu einem stabilen und dabei bequemen Nest verwob. Langsam nahm ihre harte Arbeit Gestalt an.
Sie war so vertieft in ihre Arbeit versunken, dass sie gar nicht mitbekam, wie Josh, einer ihrer Mitschüler, sie genau beobachtete. Vorsichtig war der den Baum heraufgeklettert und rückte unbemerkt immer näher an die schwer beschäftigte Jacqui heran.
Dann geschah das unglaubliche: In dem Moment, als Jacqui ihr Werk vollendet hatte, sprang Josh schnell hinein und machte es sich bequem. Wie gemein! Doch Jacqui wollte ihr Nest, an dessen Bau sie so hart gearbeitet hatte, keinesfalls kampflos aufgeben. Sie zerrte und zeterte und wehrte sich nach Leibeskräften. Aber Josh rührte sich nicht.
Schließlich gab Jacqui sich doch geschlagen und trat geknickt den Rückzug an. Zurück auf dem Boden suchte sie Trost bei den Babysitterinnen. Ein paar Kuscheleinheiten und einige Extra-Bananen halfen ihr über den Frust und Ärger.
Nestbesetzer Josh hingegen tat oben im Baum schwer beschäftigt. Hier und da packte er noch ein paar Zweigchen und Blätter in Jacquis Nest, machte es sich aber bald bequem und hielt ein Nickerchen.
Jacqui hatte ihren Frust inzwischen halbwegs überwunden. Und erledigte – ganz fleißiges Orang-Utan-Kind, wie sie ist – was getan werden musste: Sie baute einfach ein zweites Nest in einem anderen Baum.
Wertvolle Lektionen im Überlebenstraining haben an diesem Tag sowohl Jacqui als auch Josh gelernt. Jacqui hat ihre Fähigkeiten im Nestbau noch weiter perfektionieren können. Das wird ihr später im Regenwald gute Dienste leisten. Und Josh? Der muss zwar noch an seiner Nestbaufertigkeit arbeiten (was er, da sind wir uns sicher, noch tun wird). Aber eine wichtige Überlebensstrategie hat auch er damit bewiesen: Wenn sich dir eine gute Chance bietet, erkenne sie und handle schnell!
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Orang-Utans sind uns Menschen sehr ähnlich, wir teilen sogar 97% unseres Erbgutes mit ihnen (1). Leider macht sie diese Tatsache auch anfällig für bei Menschen vorkommende Viren und Krankheiten. Unser Team unternimmt derzeit alles um unsere Schützlinge in den Schutzzentren vor der gefährlichen Corona-Pandemie zu schützen. Doch bereits in Zeiten vor Corona, waren Gesundheitschecks, Präventation und strenge Hygienemaßnahmen ein fester Bestandteil der täglichen Routine.
Jeder Orang-Utan, der in unseren Schutzzentren ankommt, wird sofort von unserem Ärzteteam versorgt und muss vorerst in Quarantäne. Dort wird das Tier auf bestehende Krankheiten, Viren und gefährliche Bakterienstämme getestet. Dies ist eine sehr wichtige Sicherheitsmaßnahme, um eine Ansteckung der gesunden Orang-Utans, die auf ein Leben in Freiheit vorbereitet werden, zu verhindern.
Viele unserer Neuzugänge wurden vor ihrer Rettung illegal und oft jahrelang als Haustiere in kleinen Käfigen gehalten. Diese, oftmals traumatische Zeitspanne erhöht, neben der Gefahr psychischer Erkrankungen (2), auch die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung mit menschlichen Viren und Krankheiten, wie zum Beispiel Hepatitis B.
Hepatitis bei Orang-Utans
Hepatitis ist eine virale Entzündung der Leber, die beim Menschen entweder akut, über einen kurzen Zeitraum, oder chronisch verläuft. Doch nicht nur bei uns Menschen treten diese Viren auf. Hepadnaviren, sind eine evolutionär alte Virusform, die bisher bei allen Menschenaffen und anderen Säugetieren (3), sowie bei Vögeln und Reptilien (4)nachgewiesen werden konnten. Bei wilden Orang-Utans wurden bisher zwei natürlich vorkommende, verschiedene Hepatitis B Virusstämme entdeckt, OUHV1 und OUHV2 (5). Wie beim Menschen, werden diese Viren über Körperflüssigkeiten übertragen. Glücklicherweise heilt die Virusinfektion, meist symptomlos, in 90% der Fälle komplett ab (6).
Unsere Vorgehensweise
Unser Tierärzteteam stellt zuerst mit Hilfe von Labortests fest ob, und falls ja, welche Form von Hepatitis der Neuankömmling hat. Dies ist wichtig um die Tiere, mit unterschiedlichen Hepatitis B Virusstämmen, getrennt voneinander in der Schutzstation unterzubringen, damit eine Ansteckung untereinander vermieden wird.
Die gute Nachricht
Da Orang-Utan spezifische Hepatitis auch in der natürlichen Population vorkommt, können Orang-Utans die positiv auf spezifische Antikörper getestet wurden, trotzdem ausgewildert werden. Die Viruserkrankung ist zu diesem Zeitpunkt komplett abgeheilt. Um die Wildpopulation so gesund wie möglich zu halten, werden nur Tiere mit dem gleichen, lokal vorkommenden Virusstamm in das jeweilige Waldgebiet entlassen. Bisher konnten wir mehr als 40 dieser Orang-Utans auf ein Leben in freier Wildbahn vorbereiten und erfolgreich auswildern (7).
Die weniger gute Nachricht
Leider trifft diese Regelung nicht für die Tiere zu, die sich durch einen an Hepatitis B erkrankten Menschen angesteckt haben. Hepatitis ist in Indonesien immer noch ein großes Gesundheitsproblem (8), und Orang-Utans die illegal als Haustiere gehalten werden, haben ein höheres Risiko an der menschlichen Hepatitis-Form zu erkranken. Um die vom Aussterben bedrohten Orang-Utans in freier Wildbahn nicht durch artfremde Viren zu gefährden, können diese Tiere leider nicht ausgewildert werden (7, 9). Glücklicherweise ist eine Ansteckung mit menschlichem Hepatitis B relativ selten.
Ein Leben auf der Insel
Die BOS Foundation besitzt derzeit sieben Schutzinseln innerhalb des Schutzwalds Samboja Lestari, auf denen nicht-auswilderbare Orang-Utans dauerhaft ein annähernd freies Leben mit Artgenossen in der Natur verbringen können und separate Vorauswilderungsinseln auf denen gesunde Tiere an ein unabhängiges Leben in Freiheit gewöhnt werden. Die, durch natürliche Barrieren gesicherten Schutzinseln sind weitflächig mit tropischem Regenwald bewachsen, bieten natürliche Klettermöglichkeiten, Futterquellen, sowie natürliche Strukturen und Materialien um Schlafnester zu bauen und genügend Möglichkeiten zu Sozialkontakt mit Artgenossen. Zweimal am Tag werden die Tiere von unseren Mitarbeitern zusätzlich mit frischen Früchten und anderem Futter versorgt, wobei auch ihr Gesundheitsstatus kontrolliert wird.
Unser Ziel ist es mehr solcher Schutz- und Vorauswilderungsinseln zu erschaffen, um unsere Schützlinge auf ein Leben in freier Wildbahn vorzubereiten und auch den nicht-auswilderbaren Orang-Utans ein Leben in der Natur zu ermöglichen.
Helfen sie uns bei diesem Projekt mit ihrer Spende! Werden auch Sie zum BOS-Unterstützer. Mit Ihrer Spende helfen Sie den Orang-Utans, dem Regenwald und damit auch unserem Klima. Jeder Beitrag hilft.
Text: Dr. Isabelle Laumer
Die BOSF Rehabilitationszentren werden durch das internationale tierärztliche Fachärzteteam OVAG (Orangutan Veterinary Advisory Group) beraten. Meetings und Workshops für Mitarbeiter finden jährlich statt.
Referenzen:
Locke, D., Hillier, L., Warren, W. et al. (2011) Comparative and demographic analysis of orang-utan genomes. Nature 469, 529–533.
Brüne M, Brüne-Cohrs U, McGrew WC, Preuschoft S (2006) Psychopathology in great apes: concepts, treatment options and possible homologies to human psychiatric disorder. Neuroscience and Biobehavioural Reviews, 30, 1246–1259.
Sa-Nguanmoo P, Rianthavorn P, Amornsawadwattana S, Poovorawan Y. (2009) Hepatitis B virus infection in non-human primates. Acta Virologica, 53(2):73–82.
Suh A, Weber CC, Kehlmaier C, et al. (2014) Early mesozoic coexistence of amniotes and hepadnaviridae. PLoS Genet., 10(12):e1004559.
Verschoor EJ, Warren KS, Langenhuijzen S, Heriyanto, Swan RA and Heeney JL (2001). Analysis of two genomic variants of orangutan hepadnavirus and their relationship to other primate hepatitis-like viruses. Journal of General Virology, 82: 893–897.
Warren, K.S., Heeney, J.L., Swan, R.A., Heriyanto & Verschoor, E.J. (1999), A new group ofHepadnaviruses naturally infecting orangutans (Pongo pygmaeus), Journal of Virology, 73: 7860–7865.
Jamartin Shiite (CEO, BOSF) in Orangutan Veterinary Advisory Group workshop report (2017) Prepared with organizing committee of the Orangutan Conservancy: R. Commitante, S. Unwin, F. Sulistyo, R. Jaya, Y. Saraswati, C. Nente, S. Sumita, A. Rosetyadewi, P.Nagalingam.
Raihan R. Hepatitis in Malaysia: Past, Present, and Future. (2016) Euroasian J Hepatogastroenterol 6(1):52–55.
Orangutan Veterinary Advisory Group workshop report (2009) R. Commitante, S. Unwin & D. Cress.
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