Wussten Sie, dass auch Orang-Utans Werkzeuge verwenden? Folgen Sie uns in den Regenwald und finden Sie heraus, was den Werkzeuggebrauch bei Menschenaffen so besonders macht.
Der Gebrauch von Werkzeugen, und vor allem auch ihre Herstellung, ist im Tierreich extrem selten, und mancher Werkzeuggebrauch wird oft fälschlicherweise pauschal als intelligent bewertet. Beispielsweise werfen Ameisenlöwen – das sind die räuberischen Insektenlarven der Ameisenjungfern – kleine Steine auf ihre potenzielle Beute. Oder Schützenfische, die ihre Beutetiere außerhalb des Wassers mit einem gezielten Wasserstrahl jagen. Das sind Beispiele für einen angeborenen, schematischen Gebrauch von Werkzeugen, die typischerweise immer gleichbleibend in nur einer bestimmten Situation eingesetzt werden. Im Gegensatz dazu erfordert intelligenter Werkzeuggebrauch die Fähigkeit, mehrere Informationsebenen zu integrieren und das Verhalten schnell und flexibel an wechselnde Situationen anzupassen.
Orang-Utans verwenden in der freien Wildbahn nicht nur routinemäßig Werkzeuge, sie stellen diese sogar selbst her. Wenn sie vor einer neuen Aufgabe stehen, können sie neue Werkzeuge sogar spontan erfinden (1). Darüber hinaus hat man festgestellt, dass die Menschenaffen auch ökonomische, zielorientierte Entscheidungen über den Gebrauch von Werkzeugen treffen (2). In der freien Wildbahn konnte man bisher knapp 40 verschiedene Arten von Werkzeuggebrauch feststellen (3). Ein paar Beispiele gefällig?
Werkzeugeinsatz zur effizienten Nahrungsbeschaffung
Um an nährstoffreiches Futter heranzukommen, verwenden Orang-Utans bis zu sieben verschiedene Varianten von Werkzeugen (3). So entfernen sie zum Beispiel sehr geschickt die äußere ungenießbare Hülle von Früchten mit Hilfe von kurzen Ästen, um an die wohlschmeckenden Samen heranzukommen. Andere Früchte, wie etwa die von Neesia-Bäumen, benötigen noch mehr Arbeitseinsatz – und Geduld: Entweder müssen die Menschenaffen warten, bis die hartschalige große Frucht des Neesia-Baums heranreift und von selbst aufplatzt. Oder, falls das zu lange dauert, werden die Früchte auch schon mal vorsichtig aufgebissen. Um an die leckeren Samen zu kommen, brechen die Orang-Utans Stöckchen vom Baum, entfernen die Seitentriebe und zum Teil auch die Rinde und kürzen das Stöckchen auf die gewünschte Länge (4). Anschließend bearbeiten sie damit das Innere der Frucht, um den Inhalt der Fruchtkapsel herauszuschälen. Hier müssen sie allerdings sehr vorsichtig agieren, da die nährstoffreichen Samen von einer dichten Schicht stacheliger Brennhaare umgeben sind.
Um in Baumhöhlen oder Totholz nach Termiten und anderen Insekten zu angeln, aber auch um an leckeren Honig zu gelangen, nutzen die Orang-Utans speziell angefertigte Zweige, bei denen sie manchmal die Enden aufbeißen. Das macht das Werkzeug vermutlich effizienter, da es die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sich Larven darin verbeißen und durch die vergrößerte Oberfläche mehr Honig aufgenommen werden kann.
Gegen stechende Insekten verwenden sie manchmal Blätter als Schutzhandschuh oder ganze Äste als Körperschutz. Sogar die Nutzung von natürlichen Strohhalmen, um Regenwasser aus Baumlöchern zu trinken, wurde schon beobachtet (3). Manchmal brechen sie auch längere Äste vom Baum ab, um damit nach schwer erreichbaren Früchten zu angeln oder um die Wassertiefe festzustellen (5).
Während langanhaltender Dürreperioden, verursacht durch das El Niño Klimaphänomen, wird oft die Nahrung knapp. Dann kommt es vor, dass Orang-Utans mit größeren Holzpflöcken die Rinde von Bäumen entfernen, um an das Baumkambrium, die nahrhafte Wachstumsschicht zwischen Rinde und Holz, heranzukommen. Es erfordert viel Erfahrung, die richtige Technik und Geschick, um in großen Höhen solche kraftvollen, zielgerichteten Bewegungen sicher auszuführen.
Körperhygiene und Wohlbefinden
Genau wie wir Menschen, legen Orang-Utans großen Wert auf Körperpflege. So verwenden sie beispielsweise kurze Äste als Zahnstocher oder als Nagelschaber und mit längeren Ästen kratzen sie sich gern den Rücken. Große Blätter nutzen sie als Sonnenschutz oder Regenschirm und manchmal auch als Fächer, um sich kühlende Luft zuzufächeln. Offenbar wissen diese schlauen Tiere auch um die wohltuende Wirkung mancher Pflanzen: Es ist schon beobachtet worden, dass sie Heilpflanzen zerkauen und den entzündungshemmenden Nahrungsbrei an Armen und Beinen verteilen (6).
Werkzeuge, um Laute zu erzeugen
Orang-Utans haben ein breitgefächertes Lautrepertoire. Bei dem sogenannten ‘kiss-squeak´ wird die Luft durch die vorgespitzten Lippen scharf eingesogen, was einen stimmlosen Kusslaut erzeugt (7). Orang-Utans jeden Geschlechts und Alters verwenden diesen Laut als Alarmruf, wenn sie sich gestört oder bedroht fühlen. Der kiss-squeak kann entweder ohne oder mit Hilfe von Blättern, die dabei an die Lippen gehalten werden, erzeugt werden. Jungtiere müssen diese Form der Lautproduktion üben, bis es endlich klappt.
Orang-Utans bekommen nur alle sechs bis neun Jahre Nachwuchs und haben so innerhalb der Menschenaffen das mit Abstand längste Geburtenintervall (8). Diese lange Zeitspanne wird benötigt, damit der junge Orang-Utan all die überlebenswichtigen Werkzeugtechniken und sozialen Fähigkeiten erlernen kann. Experten vermuten, dass viele Formen des Werkzeuggebrauchs kulturell von einer Generation an die Nächste weitergegeben werden, und dass daher soziales Lernen eine große Rolle spielt (3).
Wir tun unser Bestes, um unsere Schützlinge in den Rettungs- und Rehabilitationszentren bestmöglich auf ein selbstständiges Leben im Regenwald vorzubereiten und ihnen alles Wichtige in der Waldschule beizubringen.
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Beitrag von Dr. Isabelle Laumer
Referenzen:
1. Laumer I.B., Call J., Bugnyar T., Auersperg A.M.I. (2018) Spontaneous innovation of hook-bending and unbending in orangutans (Pongo abelii). Scientific Reports 8:16518
2. Laumer I.B., Auersperg A.M.I., Bugnyar T., Call J. (2019) Orangutans (Pongo abelii) make flexible decisions relative to reward quality and tool functionality in a multi-dimensional tool-use task. PLoS One 14(2): e0211031.
3. Meulmann EJM, van Schaik CP (2013) Orangutan tool use and the evolution of technology. In: Sanz, C M; Call, J; Boesch, C. Tool Use in Animals. Cognition and Ecology. Cambridge, UK: Cambridge University Press, 176–202.
4. Forss S (2009) Social Learning and Independent Exploration in immature Sumatran Orangutans, Pongo abelii. Additional comparative study between two populations; Suaq Balimbing, Sumatra and Tuanan, Borneo. Master thesis supervised by van Schaik CP
5. Shumaker R.W., Walkup K.R. & Beck B.B. (2011) Animal tool behaviour: The use and manufacture of tools by animals. Baltimore, MD: Johns Hopkins University Press.
6. Morrogh-Bernard, H.C., Foitová, I., Yeen, Z. et al. (2017) Self-medication by orang-utans (Pongo pygmaeus) using bioactive properties of Dracaena cantleyi . Sci Rep 7, 16653.
7. Lameira AR, Hardus ME, Nouwen KJJM, Topelberg E, Delgado RA, et al. (2013) Population-specific use of the same tool-assisted alarm call between two wild orangutan populations (pongopygmaeus wurmbii) indicates functional arbitrariness. PLoS ONE 8(7): e69749.
8. Wich, S. A., H. de Vries, et al. (2009). Orangutan life History variation. Orangutans Geographic Variation in Behavioral Ecology and Conservation. S. A. Wich, A. S. S. Utami, T. Mitra Setia and C. P. van Schaik, Oxford University Press.
Die britische Schauspielerin Judi Dench reist ins Herz von Borneo, zu den ältesten und artenreichsten Regenwäldern der Erde. Sie begegnet wilden Orang-Utans und entlässt kleine Malaienbären zurück in die Freiheit.
Gute, verlässliche Freunde zu haben, ist ein Schatz. Vor allem, wenn es einem nicht so gut geht. Das ist nicht nur bei uns Menschen so, sondern auch bei unseren nahen Verwandten, den Orang-Utans. Unser Team im Auswilderungswald Kehje Sewen wurde nun Zeuge einer besonders innigen Freundschaft von Waldmensch zu Waldmensch.
Orang-Utan-Weibchen Lesan lebt seit ihrer Auswilderung 2012 im Wald von Kehje Sewen und wird – wie alle anderen von uns ausgewilderten Tiere – regelmäßig von unseren Beobachtungsteams aus Camp Lesik aufgespürt. Die Fachleute streifen routinemäßig durch das Gebiet, um unsere „Neuen Wilden“ in ihrem freien Leben zu beobachten, alles zu dokumentieren und natürlich auch, um im Fall der Fälle zu helfen.
Lesan brauchte dringend medizinische Hilfe
Vor einigen Monaten machte das Team dann eine besorgniserregende Entdeckung: Lesan – sie hat vor rund vier Jahren das Orang-Utan-Mädchen Ayu zur Welt gebracht – schien sehr geschwächt zu sein. Sie hatte eine laufende Nase, hustete und wirkte sehr gebrechlich. Unsere Tierärztin vermutete, dass sie an ORDS (Orang-Utan Respiratory Distress Syndrome) leidet, eine Krankheit, die unsere Veterinäre leider nur allzu gut kennen. ORDS kann für einen Orang-Utan sehr schnell lebensbedrohlich werden! Daher beschloss das Team schweren Herzens, Lesan und ihre Tochter mit ins Camp zu nehmen, um Lesan dort zu behandeln, bis sie wieder vollständig gesund ist.
Im Camp Lesik angekommen, wurde die 17 Jahre alte Lesan erst mal operiert: Die Flüssigkeit, die ihre Atemwege blockierte, musste reduziert werden. Dem Weibchen wurde eine große Menge Schleim entfernt, der ihren geschwächten Zustand und ihren Husten erklärte. Arme Lesan! Nach der Operation wurde sie eine lange Zeit rund um die Uhr versorgt und erhielt Medikamente, die unter ihre Mahlzeiten aus Waldfrüchten und Blättern gemischt werden. Dank der Behandlung wurde ihr Zustand mit jedem Tag deutlich besser. Solange musste sie mit ihrer Tochter in einem Gehege im Camp verweilen. Sicherlich eine harte Geduldsprobe für Lesan. Immerhin gehörte sie seit ihrer Auswilderung im April 2012 mit zu den ersten Bewohnern von Kehje Sewen. Doch glücklicherweise besserte sich ihr Gesundheitszustand nach einigen Wochen.
Hamzah besucht sie regelmäßig am Krankenlager
Ob es die „Krankenbesuche“ waren, die ihre Genesung beförderten? Seit ihrer Ankunft im Camp hatte Lesan nämlich einen regelmäßigen Besucher: Hamzah, ein 17 Jahre alter Orang-Utan-Mann. Lesan und Hamzah kennen sich schon lange – seit ihrer Auswilderung in den Wald von Kehje Sewen vor rund acht Jahren. Offenbar verbindet die beiden Tiere so etwas wie Freundschaft, denn Hamzah kam mehrere Tage hintereinander ins Lager und verbrachte Zeit in der Nähe von Lesans Gehege. Tatsächlich hat das Männchen sogar seine Nachtnester in der Nähe des Lagers gebaut, um dann am nächsten Morgen wieder im Camp aufzutauchen.
Anfangs haben unsere Mitarbeiter diese Besuche sehr genau beobachtet, falls sie hätten eingreifen müssen. Doch sehr schnell waren sie beruhigt: Hamzahs Anwesenheit schien Lesan zu trösten. Die beiden interagierten und berührten sich, obwohl sie durch die Gitter des Geheges getrennt waren. Eine sehr vertraute Begegnung unter alten Freunden…
Gute Freunde kann nichts trennen
Bis zu Lesans Genesung nutze das Team die Gelegenheit, auch Hamzahs Gesundheit zu überwachen. Und sich daran zu erfreuen, wie fürsorglich Hamzah seine alte Freundin unterstützt. Danke Hamzah!
Auch dank dir können Lesan und Ayu inzwischen wieder gemeinsam mit dir durch die Baumkronen schwingen.
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Eine Organisation ist immer nur so stark wie ihre Mitarbeiter. Bei BOS engagieren sich täglich viele Menschen leidenschaftlich für Orang-Utans und den Regenwald. Heute stellen wir einen Orang-Utan-Warrior vor, der sein Leben unserem Mawas-Projekt gewidmet hat.
Jhanson Regalino, der von seinen Freunden und Kollegen nur Bang Uji genannt wird, arbeitet schon seit 2002 für das BOS Mawas-Projekt. Er ist somit von Anfang an dabei gewesen und kennt unser Engagement für einen der letzten Torfmoorregenwälder Borneos wie kein anderer. Nicht verwunderlich also, dass er inzwischen der Leiter des Projekts ist.
Unsere Arbeit in Mawas unterscheidet sich in großem Maße von unseren anderen Projekten. Schließlich geht es hier nicht um die Pflege und Rehabilitation verwaister Orang-Utans. Ziel des Mawas-Projekts ist es, ein 309.000 Hektar großes Torfmoorgebiet zu renaturieren und wildlebenden Orang-Utans dort ihr ursprüngliches Zuhause zurückzugeben. Große Teile dieses einzigartigen Regenwaldes wurden in den neunziger Jahren durch die Regierung zerstört, um auf der Fläche Reis anzubauen. Doch in einem Teilbereich, in dem der Regenwald noch vorhanden ist, leben in Mawas noch immer tausende wilder Orang-Utans – eine der größten Populationen Borneos.
Sich in dieses neue und bahnbrechende Projekt einzuarbeiten, hieß für Bang Uji und sein Team von Anfang an, sich immer wieder auf neue Gegebenheiten einzustellen und vor allem immer wieder vieles dazuzulernen. Sie waren die ersten bei BOS, die sich gleichzeitig um eine zerstörte Umwelt, eine wilde Orang-Utan-Population und sozial und wirtschaftlich geschwächte Gemeinden kümmerten. „Unsere Aktivitäten erfordern schnelles Handeln und haben nicht nur direkten Einfluss auf unsere Umwelt, sondern auch auf die Wildtiere und die ansässigen Gemeinden“, bestätigt Bang Uji.
Die Arbeit in Mawas ist so herausfordernd, wie vielseitig: Wir renaturieren das Torfmoor, indem wir Wasserkanäle blockieren, um so das Moor wieder zu vernässen. Wir betreiben Baumschulen, ziehen Setzlinge, forsten auf und hegen die neu gepflanzten Bäume über viele Jahre. Feuerschutzmaßnahmen sind vor allem auf den noch trockenen Torfmoorböden, aber auch in den Aufforstungsflächen und im Regenwald essenziell. Mit Tuanan haben wir in Mawas auch ein eigenes wissenschaftliches Forschungszentrum. Und schließlich stärken wir mit unserem Projekt insgesamt 13 Dörfer wirtschaftlich, schaffen Arbeitsplätze und ein zukunftssicheres Einkommen.
Gerade die Einbeziehung der umliegenden Gemeinden ist in einem Projekt wie Mawas besonders wichtig. Denn der Erhalt und die Wiederbelebung von Mawas sind nur möglich, wenn alle mit an Bord sind, vor allem die ansässigen Kommunen.
Diese Arbeit in und mit den Gemeinden ist eine große und wichtige Herausforderung. Bang Uji braucht viel Geduld und gute Kommunikationsfähigkeiten, um den Kommunen auf Augenhöhe begegnen zu können und sie für den Schutz der Orang-Utans und ihres Lebensraums mit ins Boot zu holen.
Einmal musste er ein kleines Orang-Utan-Baby konfiszieren, das von einem Dorfbewohner als Haustier gehalten worden war. Zu dem Zeitpunkt war den Anwohnern gar nicht bewusst, dass sie etwas Falsches getan hatten, dass es tatsächlich sogar illegal ist und Orang-Utans gesetzlich geschützt sind. Nun war es also Bang Ujis verzwickte Aufgabe, dem Halter feinfühlig und diplomatisch zu erklären, wie wichtig es ist, die Orang-Utans in ihrem natürlichen Lebensraum zu lassen. „Das schwierigste ist wirklich, die Menschen dazu zu bringen, unsere Meinung zu akzeptieren und ihnen gleichzeitig nicht das Gefühl zu geben, dass Umwelt- und Tierschutz ihrem Lebensstil und ihren Überzeugungen widersprechen“, erläutert Bang Uji.
Das Torfmoor von Mawas war von der Regierung für ein geplantes Mega-Reis-Projekt trockengelegt worden. Das Projekt scheiterte, doch was blieb, war die zerstörte Natur. Die unzähligen, kilometerlangen Kanäle, die gelegt worden waren, um das Wasser aus dem Moor abzuleiten, wurden als Transportwege genutzt. Von den ansässigen Gemeinden, aber auch von neuzugezogenen Arbeitern, die das Regierungsprojekt in die Region gelockt hatte. Transportiert wurden auf den kaum zu kontrollierenden Wasserwegen zunächst die vielen „legal“ gefällten Stämme, später auch frisch gerodete Bäume.
Bang Uji und sein Team sind entschlossen, Mawas wieder aufleben zu lassen. Um den Torfmoorregenwald wieder in einen stabilen, klimaschützenden Kohlenstoffspeicher und eine Heimat für Orang-Utans und viele andere Tiere zurück zu verwandeln. Hierzu müssen zunächst die Kanäle mit Staudämmen blockiert werden, so dass das Wasser nicht mehr aus dem Boden abfließen kann. Eine große Herausforderung, denn einige Kanäle gehören Anwohnern und dienen ihnen als Einkommensquelle. „Die Dorfbewohner zu überzeugen, uns ihre Kanäle blockieren zu lassen, ist nicht die einfachste Aufgabe“, gesteht Bang Uji.
Um die Gemeinden zu unterstützen und Einnahmeausfälle auszugleichen, arbeitet das Mawas-Team daran, die Einkommenssituation auf nachhaltige Weise zu verbessern – ohne auf die Kanäle oder andere Formen der Ausbeutung des Ökosystems angewiesen zu sein. Wir ermöglichen den Anwohnern Business-Schulungen, wir helfen bei der institutionellen Zusammenarbeit, verteilen Saatgut und Vieh an landwirtschaftliche Betriebe, unterstützen bei Anträgen für politische Förderprogramme und entwickeln gemeinsam mit den Gemeinden Zukunftsstrategien für die Zusammenarbeit mit der Regionalregierung. „Wir kennen alle Dorfvorsteher und Beamte in unseren Projektdörfern. Schließlich arbeiten wir seit Jahren erfolgreich mit ihnen zusammen“, erklärt Bang Uji stolz.
Doch Bang Uji weiß auch, dass es noch viel Raum für Verbesserungen gibt und es noch sehr viel zu tun gibt. Er hofft, dass die Stärkung der Gemeinden und die Angebote zur wirtschaftlichen Verbesserung für ein stabiles Einkommen Stück für Stück ans Ziel führen: Einem blühenden Mawas, in dem die Natur wieder heilt und die Menschen gut leben können. „Wir können dieses wertvolle Habitat nur beschützen und stärken, wenn wir alle betroffenen Gruppen mit einbeziehen. Wenn es den Anwohnern gut geht, werden wir auch die nötige Unterstützung von ihnen erhalten. Nur so werden wir in unserem Kampf für ein starkes Mawas nachhaltig erfolgreich sein“, resümiert Bang Uji.
Orang-Utans und deren Lebensraum zu schützen ist in den Zeiten einer weltweiten Pandemie besonders herausfordernd. Für die Rettung von in Not geratenen Tieren gibt es keinen Lockdown. Ihnen muss – unter Berücksichtigung aller notwendigen Hygienemaßnahmen – sofort geholfen werden. So waren auch unsere Teams in den vergangenen Monaten mehrfach auf Rettungsmission unterwegs.
Seit März war BOS an der Seite der indonesischen Naturschutzbehörde BKSDA an der Rettung von sieben Orang-Utans beteiligt. Darunter waren zwei Babys, die wir zunächst in die neu angelegten COVID-19-Quarantäne-Stationen unserer Schutzzentren aufgenommen haben. Fünf erwachsene Orang-Utans wurden in sichere, entlegene Waldgebiete umgesiedelt.
Erstkontakt nur in voller Schutzausrüstung
Einer dieser umgesiedelten Orang-Utans ist Cova. Das erwachsene Männchen war einem Dorf zu nahe gekommen. Die Dorfbewohner hatten die BKSDA informiert, die den Orang-Utan gemeinsam mit uns in ein sicheres Regenwaldgebiet umsiedeln sollte. Cova saß ganz oben in einem Baum, als das Rettungsteam ihn aufspürte. Die Männer näherten sich ihm in voller Schutzausrüstung – seit COVID müssen alle Teams zusätzlich zu Maske und Handschuhen während der gesamten Rettungsaktion undurchlässige Ganzkörper-Anzüge tragen. Das gesamte Equipment wird häufiger als sonst komplett desinfiziert, und die Teams werden so klein wie möglich gehalten.
Cova bei der Untersuchung
Diese Vorsichtsmaßnahme bringt für jeden einzelnen mehr Aufgaben mit sich, so auch bei der Rettung von Cova. Nach einem eingehenden Check des sedierten Männchens, durchgeführt von unserem Tierarzt Dr. Agus Fachroni und seinem Mitarbeiter Dedi Badas, war klar: Cova war gesund und konnte von der BKSDA in den Nationalpark Sebangau umgesiedelt werden.
Es mussten weniger Tiere gerettet werden
Insgesamt haben in diesem Jahr bis jetzt deutlich weniger Rettungen stattgefunden als in den vergangenen Jahren. Das liegt unter anderem daran, dass es 2020 in Indonesien seltener gebrannt hat als in manch anderen Jahren. Bisher musste von uns kein Orang-Utan gerettet werden, der wegen eines Feuers in Not geraten war. Die meisten Tiere wurden von Plantagen oder aus der Nähe von Dörfern geholt, wo die Orang-Utans auf ihrer Suche nach Nahrung zu dicht an den Lebensraum der Menschen gekommen waren.
Bisher kein Fall von COVID-19 bei Menschenaffen bekannt
Die gute Nachricht: Bis heute gibt es keinen einzigen Fall von COVID-19 in unseren Schutzzentren – weder bei den Orang-Utans noch bei den Menschen (ACHTUNG, neuer Stand Januar 2021) Trotzdem sind wir gut vorbereitet: Seit Beginn des Lockdowns haben wir eine zusätzliche Quarantäne-Abteilung für mögliche Corona-Fälle eingerichtet. Die Vorbereitungen haben einige Zeit gedauert, weil die Auflagen noch strikter sind als sowieso schon, und wir jede Infektionsgefahr für unsere über 400 Tiere ausschließen wollen. Bis alles soweit einsatzbereit war, konnten wir keine neuen Orang-Utans aufnehmen. Stattdessen wurden sie in anderen Einrichtungen, die schon über ausreichend Quarantäne-Areale verfügten, untergebracht. Seit gut drei Monaten haben wir ausreichend Platz, sowohl für Neuankömmlinge als auch für mögliche Infektionsfälle. Und so haben bereits zwei während des Lockdowns gerettete Babys das gesamte Quarantäne-Prozedere erfolgreich durchlaufen und sind jetzt im Waldkindergarten aufgenommen worden.
Strikte Hygieneauflagen halten Tier und Mensch gesund
Strikte Hygieneauflagen
Auch in den anderen Bereichen der Rettungszentren geht der Betrieb unter Berücksichtigung hoher Hygienestandards weiter. Der Alltag hat sich seit Ausbruch der Pandemie jedoch sehr verändert: Seit März finden keine Auswilderungen mehr statt, um ganz sicher auszuschließen, dass das womöglich Virus zu den bereits ausgewilderten und wilden Tieren im Regenwald getragen wird. Auch sind in den Schutzzentren keine Besucher oder Forschungsgruppen mehr zugelassen, und es wird komplett auf die Hilfe der zahlreichen Freiwilligen verzichtet, die sonst die Arbeit unserer Teams in den Zentren und außerhalb tatkräftig unterstützen. Alle Beschäftigten arbeiten in voneinander getrennten Arbeitsbereichen und in festen Teams. Regelmäßige Check-Ups und von der Regierung bereit gestellte Covid19-Schnelltests runden die Routinen ab. Sicher ist sicher.
Regelmäßige Check-Ups
Wer davon kaum etwas mitbekommt, sind unsere Orang-Utans. Alle Tiere in den Rettungszentren sind gesund und tun das, was sie immer tun: Sie tollen herum, spielen und lernen jeden Tag etwas Neues in der Waldschule. Andere warten geduldig auf den Tag ihrer Auswilderung. Bis es soweit ist, halten wir zusammen und tun alles, was notwendig ist, um den Orang-Utans eine sichere Zukunft zu ermöglichen.
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