Orang-Utans lernen ein Leben lang

Orang-Utans lernen ein Leben lang

15 lange, beschwer­liche Stunden brau­chen wir, wenn wir von unserem Schutz­zen­trum Samboja Lestari zu unserer Voraus­wil­de­rungs­insel Juq Kehje Swen aufbre­chen. Auf dem 80 Hektar großen von Menschen geschaf­fenen Eiland müssen unsere Orang-Utans unter natur­nahen Bedin­gungen beweisen, dass sie für ein Leben in der Wildnis bereit sind. Immer wieder streifen unsere Teams durch die Insel, um sich davon zu über­zeugen, dass es den Tieren gut geht und sie sich gut an ihre Umge­bung anpassen. Am aufwen­digsten ist es dabei, genau zu beob­achten, wie unsere Schütz­linge sich verhalten.

Desi legt sich gern ins gemacht Nest

Einer dieser Orang-Utans auf Juq Kehje Swen ist Desi. Das ausge­wach­sene Weib­chen wurde im Sommer 2019 auf die Insel gebracht, weil sie nach ihrem lang­jäh­rigen Reha­bi­li­ta­ti­ons­pro­zess bereit für den nächsten Schritt zu sein schien. Jedoch: In den mehr als andert­halb Jahren, die Desi nun schon auf dem Eiland lebt, wurde sie nie dabei gesichtet, wie sie sich ein Schlaf­nest baute. Statt­dessen machte sie es sich lieber in bereits bestehenden, ausge­dienten Nestern ihrer Nach­barn für die Nacht gemüt­lich. Das war ein Problem, denn der Bau eines Schlaf­nestes ist eine der Voraus­set­zungen für die Auswilderung.

Neugier ist eine wichtige Voraussetzung zum Lernen
Neugier ist eine wich­tige Voraus­set­zung zum Lernen

Lebens­langes Lernen auch bei Orang-Utans

Eines Morgens über­raschte Desi ihre Beob­achter, als sie aus einem frischen Nest auftauchte. Es war etwas unor­dent­lich geflochten und sah weniger stabil aus – was darauf hindeu­tete, dass hier ein noch uner­fah­rener Orang-Utan am Werk war. Etwa Desi? Ein paar Tage später traf das Team dann noch­mals auf das Weib­chen. Wieder saß sie ganz in der Nähe eines neuen Nestes; kein anderer Orang-Utan weit und breit. Offenbar hatte sich Desi endlich abge­schaut, wie ein Nest gebaut wird.

Desis Nest versteckt in den Baumkronen
Desis Nest versteckt in den Baumkronen

Wir sind so stolz auf Desi, dass sie sich nun endlich auch diese so wich­tige Fähig­keit des Nest­baus zu eigen macht. Dass sie ihre Neugier darauf, neues zu lernen, nicht verloren hat und ihrer Frei­heit ein Stück­chen näher­ge­kommen ist. Mach weiter so Desi! Wir freuen uns darauf, deine Lern­fort­schritte weiter zu beob­achten und dich hoffent­lich schon ganz bald endgültig ziehen zu lassen.

Das Monitoring-Team auf Patrouille
Das Moni­to­ring-Team auf Patrouille

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Hannes Jaenicke: Im Einsatz für den Wolf

Seit 2008 enga­giert sich der Schau­spieler Hannes Jaenicke im Rahmen seiner Doku­men­ta­tions-Reihe «Im Einsatz für…» für verschie­denen Tier­arten. Mitt­ler­weile sind dadurch elf Filme entstanden, die sich unter anderem mit Orang-Utans, Löwen und zuletzt dem Lachs beschäf­tigten. Nun widmet Jaenicke sich einer Tierart, die seit 20 Jahren heimisch in Deutsch­land ist: den Wölfen.

Die Tiere fühlen sich wieder wohl in Deutsch­land. Laut Wolfs-Moni­to­ring-Jahr 2019/2020 leben hier­zu­lande 128 Rudel, 36 Paare und neun sess­hafte Einzel­gänger. Ihr Bestand, so schätzen Experten, wird pro Jahr um etwa 30 Prozent zunehmen. Manche Wolfs­freunde sehen in den Tieren die Retter der Natur. Land­wirte dagegen berichten von drama­ti­schen Erleb­nissen durch Wolfs­an­griffe auf ihre Tier­herden. Die Fronten zwischen Wolfs­be­für­wor­tern und ‑gegnern verhärten sich zuneh­mend. Deshalb stellt Jaenicke im Film die Frage: „Wie viel Wolf vertragen wir in Deutschland?“

Ab 25. April 2021 in der ZDF Mediathek

Erste Rettung in 2021: Wildes Männ­chen umgesiedelt

Erste Rettung in 2021: Wildes Männ­chen umgesiedelt

Nach einem turbu­lenten 2020 begann das Jahr im Rettungs­zen­trum von Nyaru Menteng eher ruhig. Bis zu dem Tag Ende Januar, als der Anruf kam: Die indo­ne­si­sche Natur­schutz­be­hörde BKSDA hatte mehrere Meldungen über einen ausge­wach­senen Orang-Utan erhalten, der sich an der Stadt­grenze des rund 40 Kilo­meter entfernten Palangka Raya herum­trieb. Eine gefähr­liche Situa­tion. Denn je näher die Tiere den Menschen kommen und auf der Suche nach Nahrung eine „Bedro­hung“ für den Lebens­un­ter­halt der Menschen darstellen, desto höher steigt das Risiko, dass sie gewaltsam vertrieben werden.

Es gab viele Fragen zu klären: Wo genau wurde der Orang-Utan gesehen? Wie hat er sich verhalten? War er verletzt? Wie oft war er schon gesichtet worden? Die Infor­ma­tionen der lokalen Bauern waren zuerst wider­sprüch­lich. Doch nach und nach ergab sich ein konkretes Bild, und war klar: Der Orang-Utan musste gerettet werden. Gemeinsam mit der BKSDA machte sich unser Team aus Nyaru Menteng auf den Weg. 

Gesund­heits-Check-up gleich vor Ort

Das Männchen hatte leichtes Fieber
Das Männ­chen hatte leichtes Fieber

Sie trafen auf ein erwach­senes Männ­chen, dessen Alter sie auf über 25 Jahre schätzten. Auf den ersten Blick waren keine akuten Verlet­zungen zu erkennen. Der Gesamt­zu­stand war gut, er hatte ledig­lich ein paar Kilo zu viel auf den Rippen. Sein Body Condi­tion Score (BCS) – eine Maßein­heit, die den Ernäh­rungs­zu­stand bei Tieren bewertet – lag bei 4. Normal ist 3. Für ein ausge­wach­senes Männ­chen aber kein Grund zur Besorgnis. Der gründ­liche Check ergab, dass er sich irgend­wann mal den Mittel­finger an der rechten Hand gebro­chen hatte. Auch seine unteren Eckzähne waren vor längerer Zeit einmal beschä­digt worden, aber inzwi­schen wieder gut verheilt. Einzig die Körper­tem­pe­ratur des Männ­chens war bei der ersten Messung zu hoch, er hatte leichtes Fieber.

Ungleiche Begeg­nung zwischen Mensch und Tier

Welche Geschichte dieses Männ­chen hatte, wissen wir nicht. Auch nicht, warum er so nah an die Stadt­grenze heran­ge­kommen war. Sicher­lich teilt er das Schicksal vieler Wild­tiere, deren Lebens­raum immer mehr vom Menschen einge­nommen wird. Sind die Tiere dann auf Nahrungs­suche, treffen sie immer häufiger auf Menschen und es kommt zum Konflikt. In diesem Fall schien die Begeg­nung für den Orang-Utan jedoch glimpf­lich gelaufen zu sein.

Neues Zuhause im Wald

Als die Tier­ärzte nach kurzer Zeit erneut die Tempe­ratur des Männ­chens maßen, waren die Werte wieder im Normal­be­rich. Wir vermuten, dass der Stress der Rettung und die inten­sive tropi­sche Mittags­hitze die Tempe­ratur kurz­fristig ansteigen lassen hatten. Da er insge­samt fit war und wildes Verhalten zeigte, entschied die BKSDA, ihn umzu­sie­deln und sofort wieder in einem sicheren Wald auszu­setzen. Wir drücken dem Orang-Utan-Männ­chen die Daumen, dass er sich in seiner neuen Umge­bung schnell einlebt und gesund bleibt.

Tiere in Not kennen keinen Lock­down. Sie wollen helfen, Orang-Utans vor dem Aussterben zu bewahren? Werden Sie jetzt Pate.

 

Voraus­wil­de­rungs­insel beliebter Brut­platz für Wildvögel

Voraus­wil­de­rungs­insel beliebter Brut­platz für Wildvögel

Jedes Jahr ziehen Millionen von Wasser­vö­geln um den gesamten Globus. Um ihr Vorkommen, das Zugver­halten und die Entwick­lung ihrer Popu­la­tion zu doku­men­tieren, suchen jedes Jahr tausende — meist ehren­amt­liche — Vogel­kundler welt­weit den Himmel ab und führen ihre Beob­ach­tungen zusammen. Seit vielen Jahr­zehnten fließen ihre Daten in die „Inter­na­tio­nale Wasser­vo­gel­zäh­lung“ (WHZ) ein.

Erkennt­nisse sind Basis für Schutzstrategien

Die Wildvogelzählung findet einmal im Jahr statt
Die Wild­vo­gel­zäh­lung findet einmal im Jahr statt

Auch Indo­ne­sien liefert seit 35 Jahren Daten zu. Für die Erhe­bung arbeitet das indo­ne­si­sche Umwelt- und Forst­mi­nis­te­rium mit einem welt­weiten Netz an natur­kund­li­chen Einrich­tungen zusammen, unter anderem der „National Geogra­phic Society“. Die durch die Zählungen gewon­nenen Infor­ma­tionen helfen, den Status der welt­weiten Wasser­vo­gel­po­pu­la­tionen zu bestimmen. Gleich­zeitig können geeig­nete Schutz­stra­te­gien für Wasser­vögel und Feucht­ge­biete als ihre Lebens­räume zu entwi­ckelt werden.

Ciconia Stormi
Ciconia Stormi

Indo­ne­sien ist ein Para­dies für Vögel

In den riesigen Sumpf- und Mangro­ven­wäl­dern Indo­ne­siens ist eine enorme Viel­falt an Wasser­vö­geln auf Nahrungs­suche unter­wegs. Und sie haben reich­lich Auswahl! Auch unsere Voraus­wil­de­rungs­insel Juq Kehje Sewen ist ein kleines Para­dies für alle mögli­chen Vogel­arten: Einge­bettet zwischen zwei Flüssen, ist die künst­lich ange­legte Insel    mit reichen Nahrungs­quellen ein idealer Lebens­raum auch für Wasser­vögel. Manche kommen zum Rasten oder Brüten immer wieder an diesen Ort zurück.

Aviceda Jerdoni
Aviceda Jerdoni

Bunte Viel­falt und seltene Arten

Auch unsere Beob­ach­tungs­teams unter­stützen die Zählungen jähr­lich. Und so waren unsere Mitar­beiter Anfang dieses Jahres wieder für drei Wochen auf der Insel unter­wegs. An sechs Stand­orten entlang der Fluss­ufer sowie fünf weiteren Beob­ach­tungs­posten im offenen Gelände sammelten sie die Daten von über 30 Vogel­arten – viele von ihnen sind als schüt­zens­wert oder gefährdet einge­stuft. So sahen sie zum Beispiel: Störche (Ciconia stormi), die Orien­ta­li­sche Heide­li­belle (Anhinga mela­no­gaster), der Stor­chen­schna­beleis­vogel (Pelar­g­opsis capensis), der Nashorn­vogel (Buceros rhino­ceros), der Kranz­horn­vogel (Aceros undu­latus), der Falten­horn­vogel (Aceros corru­gatus) und der Bulwer-Fasan (Lophura bulweri).

Egrette Garzetta
Egrette Garzetta

Alle gesam­melten Daten und Bilder fließen in das welt­weite Lang­zeit­mo­ni­to­ring ein. Wir danken unseren Teams vor Ort für ihre wert­volle Arbeit.

Anthracoceros Malayanus
Anthr­a­co­ceros Malayanus

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Die Green­wa­shing-Woche

Die Green­wa­shing-Woche

Aktuell ist für selbst ernannte Klima­retter wieder das Rekord­fieber ausge­bro­chen. Sat.1 möchte Teil der Lösung werden und wirbt, promi­nent unter­stützt, mit der Wald­re­kord­woche. Was auf den ersten Blick ein gefäl­liges Nicken à la “viel hilft viel“ auslösen dürfte, hat mich bei näherer Betrach­tung doch eher wütend gemacht.

Dabei möchte ich nicht auf den äußerst umstrit­tenen (Nicht-)Pflanzpartner eingehen, sondern auf das meines Erach­tens völlig falsche Bild des Rettungs­sze­na­rios, das hier vermit­telt wird. Ando­ckend an die deut­sche „Geiz ist geil“-Mentalität werden hier angeb­lich Bäume für einen Euro gepflanzt – ein echtes Schnäpp­chen. Das gibt dem geneigten Fern­seh­zu­schauer das wohlige Gefühl, mit nur 1.000 Euro bereits einen kleinen Wald gepflanzt zu haben. Nie war die Welt­ret­tung günstiger.

Daniel Merdes, Geschäftsführer von BOS Deutschland
Daniel Merdes, Geschäfts­führer von BOS Deutschland

Nun bin ich selbst kein Tropen­förster, aber durch die Arbeit mit unseren Part­nern in Kali­mantan und Sabah wurde mir schnell klar, dass ein Setz­ling noch keinen Baum bedeutet. Genau genommen braucht ein Setz­ling mehr als drei Jahre inten­siver Pflege, bevor er eine gute Chance hat, zu einem über­le­bens­fä­higen Baum heran­zu­wachsen. Bei einem fairen Lohn für die ihre Fami­lien ernäh­renden Arbei­te­rinnen und Arbeiter, ist dies selbst in Indo­ne­sien nicht unter fünf Euro pro Baum (nicht Setz­ling) reali­sierbar. Für weniger Infor­mierte – und die rufen bei uns täglich an – scheint diese realis­ti­sche Kalku­la­tion ein schänd­lich über­teu­ertes Produkt zu sein. Die Vermu­tung: „Klar, da wird sich wieder irgendwo berei­chert.“ Dieses Mindset wäre nicht möglich ohne Kampa­gnen wie „die Such­ma­schi­nen­suche 45 Mal benutzen ergibt einen Baum“, oder auch doch lieber einen Euro bezahlen, weil die Suche über Google prak­ti­scher ist.

Ein Baum braucht jahrelange Pflege
Ein Baum braucht jahre­lange Pflege

All das nährt den bequemen Trug­schluss, dass sich mittels tech­ni­scher Lösungen und ohne Verzicht (denn das klingt verdächtig nach Öko-Diktatur) das Problem fast von alleine lösen lässt. Dabei zeigen selbst posi­tivste Zahlen der ETH Zürich, dass selbst wenn alle über­haupt noch verfüg­baren Flächen auf diesem Planeten aufge­forstet werden würden – immerhin ein Gebiet so groß wie die USA – nur 2/3 des C02 gebunden werden kann. Und das nur bei gleich­zei­tigem Stopp neuer CO2-Belas­tungen und jegli­cher Wald­ver­nich­tung! Wie gesagt: Das wäre noch das denkbar best-mögliche Szenario, um unter dem 1,5‑Grad-Ziel zu bleiben.

Kann dies der Grund sein, warum dem Konsu­menten jetzt möglichst preis­werte Mitma­ch­an­ge­bote ange­priesen werden, um von der poli­ti­schen Verant­wor­tung abzu­lenken? Ist Klima­schutz nicht die dring­lichste poli­ti­sche Aufgabe der heutigen Zeit? Aber wie bereits bei Papier, Holz, Fleisch und Palmöl wird wieder alles auf den Verbrau­cher abge­wälzt, der sich dann am Regal die Augen bei der kleinen Schrift verdirbt. Dabei benö­tigen wir regu­la­to­ri­sche Einfluss­nahme, denn dieser Markt wird es nicht richten. Schon gar nicht in einer Woche TV.