Aben­teuer Wildnis

Die zerstö­re­ri­schen Kräfte der Erde schufen ein Reich von unver­gleich­barer natür­li­cher Schön­heit: die Insel­welt Südost­asiens. Sie gehört zu den viel­fäl­tigsten Regionen der Welt. Der unglaub­liche biolo­gi­sche Reichtum ist das Ergebnis einer Jahr­mil­lionen dauernden Kolli­sion von Erdteilen.

Jeden Morgen versam­meln sich Groß­fuß­hühner an den Hängen des Vulkans Tavurvur vor der Küste Neugui­neas. Sie graben tief in die Asche, um ein einziges Ei hinein­zu­legen. Die vulka­ni­sche Wärme über­nimmt das Ausbrüten der Eier. Diese eigen­tüm­liche Nist-Methode ist nur ein Beispiel von vielen, die zeigen, wie das Leben sogar rohe Kräfte aus dem Erdin­neren für seine Zwecke nutzen kann. Vor etwa 25 Millionen Jahren kolli­dierten Austra­lien und Asien, seitdem wurde unab­lässig Erdkruste inein­ander verschoben, ausein­an­der­ge­rissen, zertrüm­mert. Ein Produkt dieser Kräfte ist die Insel Neuguinea. Sie ist ein Teil des austra­li­schen Konti­nen­tal­schelfs und beher­bergt auch viele Tiere des fünften Konti­nents, die hier aber ganz eigen­ar­tige Lebens­weisen entwi­ckelt haben: Kängurus klet­tern auf Bäume, während Tauben am Wald­boden spazieren gehen. Als spezi­elle Folge der Konti­nen­tal­ver­schie­bungen entstand hier auch die biolo­gi­sche Ausnah­me­erschei­nung der Para­dies­vögel in 39 atem­be­rau­benden Formen. Die Kolli­sion zwischen Austra­lien und Asien hatte auch enorme Auswir­kungen auf die Inseln Java, Sumatra und Borneo. Hier glühen Vulkane mit unheim­li­chem blauen Licht, und der größte Vulkan­aus­bruch, seit es Menschen gibt, hat eines der reichsten Ökosys­teme des Planeten geschaffen. Diese Inseln liegen auf dem asia­ti­schen Teil der Erdkruste, daher stammen auch ihre Bewohner von diesem Konti­nent — Orang-Utans und Nashörner zum Beispiel. Der Raum zwischen dem asia­ti­schen und dem austra­li­schen Konti­nent nennen die Biologen Wallacea. Hier findet sich eine kuriose Ansamm­lung von Schiff­brü­chigen, die im Verlauf von Jahr­mil­lionen auf den Inseln stran­deten. Auf Halma­hera lebt der höchst unge­wöhn­liche Bänder-Para­dies­vogel mit seinem extra­va­ganten Feder­schmuck. Auf der Nach­bar­insel Sula­wesi leben Babi­rusas, eine Schwei­neart, die nicht nur einen Hang zu Boxkämpfen zeigt, sondern auch die selt­samsten Zähne im ganzen Säuge­tier-Reich: riesige Hauer, die durch den Rüssel hindurch nach oben wachsen.

Will­kommen in der Baby­gruppe: Aiko, Onyer und Ramangai

Will­kommen in der Baby­gruppe: Aiko, Onyer und Ramangai

Mitte Februar kamen drei noch sehr kleine Neuzu­gänge im Rettungs­zen­trum Nyaru Menteng an: Aiko, Ramangai und Onyer. Wie alle Neuen mussten sie zuerst für drei Monate in Quaran­täne. Unter medi­zi­ni­scher Beob­ach­tung und Dank liebe­voller Fürsorge gewöhnten sie sich langsam in ihre neue Umge­bung ein. Dem Start in der Baby-Gruppe stand nun nichts mehr im Weg. Hier lernen Aiko, Ramangai und Onyer spie­le­risch die ersten Fähig­keiten, die sie in ein paar Jahren in die Unab­hän­gig­keit bringen sollen. Noch ist es ein langer Weg, doch die Drei haben schon ganz erstaun­liche Fort­schritte gemacht. 

Aiko ist eine Meis­terin im Klettern

Aiko war neun Monate, als sie zu uns kam
Aiko war neun Monate, als sie zu uns kam

Aiko kam mit neun Monaten nach Nyaru Menteng. Sie war gesund und hatte von Anfang an einen großen Appetit auf Bananen und Milch. Sie lebte sich sehr schnell in die Baby-Gruppe ein. Aiko ist sehr aktiv beim Spielen und klet­tert sehr auf Bäume. Das ist ein außer­ge­wöhn­li­cher Fort­schritt für einen Orang-Utan in ihrem Alter. Andere Baby-Orang-Utans brau­chen norma­ler­weise länger, bevor sie genug Selbst­ver­trauen haben, um zu klet­tern und sich mehrere Meter über dem Boden zu bewegen. Auffällig ist aller­dings, wie wichtig ihr die Nähe ihrer Ersatz­mutter ist: Wenn Aiko den Eindruck hat, dass sich ihre Baby­sit­terin von ihr entfernt, beginnt sie sofort zu weinen.

Ramangai hält sich gern etwas abseits

Ramangai sucht die Nähe seiner Ersatzmutter
Ramangai sucht die Nähe seiner Ersatzmutter

Ramangai war sechs Monate alt, als er zu uns kam. Der zerbrech­lich wirkende kleine Orang-Utan-Junge war völlig dehy­driert und erhielt die ersten Tage Flüs­sig­keit über eine Infu­sion. Glück­li­cher­weise gelang es unseren Tier­ärzten, ihn zu stabi­li­sieren. Unter der liebe­vollen Fürsorge der Pfle­ge­rinnen entwi­ckelte sich Ramangai zu einem ruhigen Einzel­gänger, der sich gern etwas abseits hält. Das scheue Verhalten zeigt er auch in der Baby­gruppe. So sträubt sich Ramangai, an Akti­vi­täten abseits seiner Ersatz­mutter teil­zu­nehmen. Aber er hat begonnen, auf Äste zu klet­tern, die nicht allzu hoch über dem Boden liegen. Wir sind mit seinen bishe­rigen Fort­schritten sehr zufrieden.

Onyer ist ein kleiner Rauf­bold geworden

Onyer und Aiko verstehen sich gut
Onyer und Aiko verstehen sich gut

Onyer war mit etwa zwölf Monaten der Älteste von unseren drei Neuan­kömm­lingen. Die indo­ne­si­sche Natur­schutz­be­hörde hatte ihn in einem kleinen Dorf in Zentral-Kali­mantan beschlag­nahmt und zu uns gebracht. In der anfäng­li­chen Quaran­täne war er noch etwas ängst­lich und reagierte nervös, wenn sich ihm jemand näherte. Doch Onyer gewann schnell an Selbst­ver­trauen und sucht immer wieder den Kontakt zu seinen Alters­ge­nossen. Er ist sehr verspielt, ringt mit den anderen und spielt ihnen Streiche. Viel­leicht ist es seiner frühen Leiden­schaft für das Schau­keln geschuldet, dass er sich zu einem ausge­zeich­neten Klet­terer entwi­ckelt hat.

Wir drücken die Daumen, dass diese drei Baby-Orang-Utans ihre Fähig­keiten weiter so vorbild­lich entwi­ckeln und bald in die Wald­schule wech­seln können. 

Werden auch Sie zum BOS-Unter­stützer. Jeder Beitrag hilft.

 

Die Auswir­kungen von Feuer und Fruchtknappheit

Die Auswir­kungen von Feuer und Fruchtknappheit

Vor kurzem hat sich unsere Prima­to­login Dr. Isabelle Laumer mit Prof. Erin Vogel getroffen, um mit ihr über ihre neuesten Frei­land­stu­dien zu spre­chen. Erin arbeitet an der Rutgers Univer­sity in den USA und ist Co-Direk­torin der Forschungs­sta­tion Tuanan in Zentral-Kali­mantan, die 2002 von der BOS Foun­da­tion gegründet wurde. Dort arbeitet sie an einem lang­fris­tigen Forschungs­pro­jekt, das sich auf die Ernäh­rungs­öko­logie, Nahrungs­ver­füg­bar­keit und Nahrungs­wahl von Orang-Utans konzentriert.

 

Liebe Erin, ich freue mich sehr heute mit dir zu spre­chen und mehr über deine span­nenden Forschungs­ar­beiten an wilden Orang-Utans zu erfahren. Aber erst einmal zu dir. Wie lange arbei­test du schon mit Orang-Utans?

Ich erfor­sche bereits seit 2004 Orang-Utans in freier Wild­bahn. Meine ersten Daten habe ich im Forschungs­ge­biet Tuanan auf Borneo aufge­nommen. Die Forschung vor Ort konzen­triert sich auf das Verhalten wild­le­bender Orang-Utans, sowie auf die Auswir­kungen der Habitat-Zerstö­rung und des Biodi­ver­si­täts­ver­lustes. Als eine meiner ersten Studien habe ich mir das Nahrungs­spek­trum zweier benach­barter Orang-Utan-Popu­la­tionen genau ange­schaut. Die Popu­la­tionen leben in unmit­tel­barer Nähe und in ähnli­chen Habi­taten, sind aber durch eine für Orang-Utans unpas­sier­bare Fluss­bar­riere getrennt. Inter­es­san­ter­weise fanden wir einen klaren Unter­schied was die Auswahl der Nahrungs­pflanzen angeht, obwohl in beiden Gebieten die glei­chen Pflan­zen­arten vorkommen [1]. Diese Ergeb­nisse deuten auf das Vorhan­den­sein von einer gewissen Ernäh­rungs­tra­di­tion bei den beiden geogra­fisch getrennten Orang-Utan Gruppen hin, die vermut­lich durch soziales Lernen von Gene­ra­tion an Gene­ra­tion weiter­ge­geben wird.

 

Das ist eine span­nende Entde­ckung. Wie kann man sich deine Arbeit im Regen­wald vorstellen? Und gibt es schon Pläne wann du wieder zurückkehrst?

Im Forschungs­ge­biet Tuanan zu arbeiten ist defi­nitiv eine Heraus­for­de­rung. Man muss sich erst einmal an die Bedin­gungen vor Ort gewöhnen. Orang-Utans in freier Wild­bahn zu beob­achten ist ziem­lich schwierig, denn sie sind die meiste Zeit hoch oben in den Bäumen unter­wegs. Zudem gibt es viele Moskitos im Regen­wald und die Luft­feuch­tig­keit beträgt oft 90%. Ich reise meis­tens zweimal im Jahr nach Borneo. Corona-bedingt konnte ich im letzten Jahr leider nicht reisen, aber ich freue mich schon sehr darauf wieder im Herbst nach Borneo zurück­zu­kehren. Das war eine lange Zeit und ich vermisse mein Forschungs­team, meine Kollegen und natür­lich die Orang-Utans.

 

Vor kurzem hast du zusammen mit Caitlin O´Connell eine bedeut­same Studie in der Fach­zeit­schrift Scien­tific Reports veröf­fent­lich. Durch die Klima­er­wär­mung kommt es ja immer mehr zu Schwan­kungen, was sich nach­teilig auf die Reifung der Frucht­bäume auf Borneo auswirkt. Da Orang-Utans haupt­säch­lich Früchte fressen, hat dies einen starken Einfluss auf sie. Deine Forschungs­ar­beit zeigt, dass Orang-Utans in Zeiten von Frucht­knapp­heit neben Fett­ge­webe sogar Muskeln abbauen [2]. Kannst du uns etwa mehr darüber erzählen?

Wir haben kürz­lich heraus­ge­funden, dass bei Frucht­knapp­heit neben dem Fett­ge­webe sogar die Muskel­masse der Orang-Utans deut­lich abnimmt. Wenn Menschen hungern, werden zunächst die Körper­fett­spei­cher weitest­ge­hend verbraucht und als letzter Schritt das Muskel­ge­webe als Ener­gie­quelle verbrannt. Wir waren über­rascht, dass sowohl Weib­chen und Männ­chen jeden Alters bei nied­riger Frucht­ver­füg­bar­keit Muskel­masse redu­ziert hatten, was bedeutet, dass sie den größten Teil ihrer Fett­re­serven verbrannt hatten und der Körper gezwungen war auf die Verbren­nung von Muskel­masse zurück­zu­greifen. Das ist über­ra­schend, denn Orang-Utans gelten eigent­lich als beson­ders gut darin, Fett zu spei­chern und zur Ener­gie­ge­win­nung zu nutzen [3]. Neben Faul­tier und Großen Pandas, haben Orang-Utans grund­sätz­lich einen extrem nied­rigen Grund­um­satz und verbrau­chen weniger Energie als andere Säuge­tiere mit ähnli­cher Körper­größe. Damit sind sie anschei­nend sehr gut an die natür­li­chen Schwan­kungen, was die Frucht­pe­ri­oden angeht, ange­passt. Aller­dings kommt es durch die Klima­er­wär­mung zu immer stär­keren Schwan­kungen [6], was in Zukunft mögli­cher­weise Folgen für ihren Gesund­heits­zu­stand und damit auch ihr Über­leben haben könnte.

 

Wie verhalten sich die Orang-Utans in Zeiten von Nahrungsknappheit?

In Zeiten, in denen Früchte knapp sind, verbringen Orang-Utans weniger Zeit damit im Regen­wald umher­zu­streifen, haben kürzere aktive Peri­oden und inves­tieren mehr Zeit in die Nahrungs­auf­nahme. Man kann sie dann oft dabei beob­achten, wie sie die Rinde von den Bäumen entfernen um an das Baum­kam­bium, eine nähr­stoff­reiche Schicht direkt unter der Rinde, heran­zu­kommen. In Tuanan hat man noch keinen Orang-Utan dabei beob­achtet dafür Stock­werk­zeuge zu verwenden, wie es in anderen Gebieten manchmal vorkommt, sondern sie schaben die Rinde mit ihren Schnei­de­zähnen vom Baum ab. Dennoch können sie mit dieser Ernäh­rung ihr eigent­lich benö­tigtes Kalo­rien- und Nähr­stoff­pensum nicht ausgleichen.

 

Ich habe gelesen, dass ihr für die Daten­ana­lyse Urin­proben gesam­melt habt, da der Krea­tinin-Wert im Harn in Bezie­hung mit anderen Werten Aufschluss über die vorhan­dene Muskel­masse gibt. In welchem Zeit­raum habt ihr die Daten erfasst und wie nimmt man eine Urin­probe bei einem wild­le­benden Orang-Utan?

Da Orang-Utans so langes Haar haben, ist es schwierig ihr Körper­ge­wicht und die Muskel­masse rein äußer­lich zu beur­teilen. Wir haben daher eine nicht-inva­sive Methode verwendet, die bisher schon bei Schim­pansen erfolg­reich ange­wendet wurde [4]. Für die Analyse haben wir Morgen­urin gesam­melt. Dazu muss man sehr früh, noch bevor sich der Orang-Utan aus seinem Nest begibt und sein Morgen­ge­schäft in luftiger Höhe verrichtet, vor Ort sein. Wir verwenden eine Art Kescher mit einer Plas­tik­tüte vorne, um ihn aufzu­fangen. Dann wird die Urin­probe sofort einge­froren und an ein Labor zur Analyse geschickt. Die Proben wurden von 2009 bis 2017 in dem ca. 900 Hektar großem Forschungs­ge­biet von Tuanan gesam­melt. Insge­samt wurden 1130 Harn­proben von 70 Orang-Utans analy­siert. Ein großer Vorteil dieser Methode ist auch, dass man sie auch für gene­relle Gesund­heits­checks verwenden kann.

 

In Südost­asien gibt es seit Jahr­tau­senden Wald­brände, die jedoch in letzter Zeit immer häufiger und inten­siver werden [7]. Am heftigsten wüten diese Brände in den Torf­sumpf­wäl­dern Indo­ne­siens. In einer weiteren Studie hast du Orang-Utans ganz genau während eines großen Feuers im Tuanan Forschungs­ge­biet beob­achtet [8]. Was hast du zusammen mit deinen Kollegen herausgefunden?

Durch die dras­ti­sche Umwand­lung von Regen­wald zu land­wirt­schaft­li­chen Flächen und die damit verbun­dene Abhol­zung und Entwäs­se­rung, ist die Land­schaft anfäl­liger für Brände geworden. Die Situa­tion hat sich auch durch die globale Klima­er­wär­mung und die daraus resul­tie­renden längeren Dürre­pe­ri­oden verschärft. Wir haben die Auswir­kungen von Rauch auf die Akti­vität und den Ener­gie­haus­halt mehrerer männ­li­cher Orang-Utans, während und nach einem großen Wald­brand in Tuanan zwischen März 2015 (vor dem Feuer) und Januar 2016 (nach dem Feuer), unter­sucht. Die Konzen­tra­tion der Luft­par­tikel wurde täglich gemessen. Knapp 80% der täglich gemes­senen Werte während des Wald­brandes konnten als gesund­heits­schäd­lich einge­stuft werden. Im Oktober stiegen die Werte sogar um mehr als das Sechs- bzw. Zwölf­fache. Anhand von Verhal­tens­daten konnten wir fest­stellen, dass die Orang-Utans, während und auch nach der Rauch­pe­riode, mehr geruht haben. Sie haben sich weniger fort­be­wegt und wir konnten anhand von den gesam­melten Urin­proben einen erhöhten Abbau von Fett­ge­webe nach der Rauch­phase nach­weisen. Und das lag nicht an der gene­rellen Kalo­rien­zu­fuhr. Wir gehen davon aus, dass der Abbau von Fett­ge­webe, mit der auf Grund des Rauchs gestei­gerten Immun­ant­wort und der Stress­hor­mon­pro­duk­tion zusam­men­hängen könnte.

Feuerherde in Zentralkalimantan
Feuer­herde in Zentral­ka­li­mantan: Schwarze Drei­ecke stellen Feuer im Umkreis von 10 km von Tuanan (TRS) und Palang­ka­raya (PKY) dar. Quelle: Erb et al., 2018.

 

Kannst du uns einen Ausblick darauf geben, wie deine Erkennt­nisse best­mög­lich zur Arterhal­tung genutzt werden können?

Während der Frucht­saison können Orang-Utans die Kalo­rien­ein­nahme mehr als vervier­fa­chen und bauen so norma­ler­weise Körper­fett auf. Das hilft ihnen norma­ler­weise durch die frucht­armen Trocken­pe­ri­oden.  Aber wenn die Brände immer häufiger auftreten, wird die Verfüg­bar­keit von Früchten immer geringer und sie haben mögli­cher­weise nicht die Möglich­keit die nötigen Fett­re­serven anzu­legen. Das kann zu einer gefähr­li­chen Situa­tion werden, in der sie beginnen, neben Fett sogar Muskel­masse abzu­bauen. Erhal­tungs­pläne müssen daher die Verfüg­bar­keit von Früchten in den Wald­ge­bieten und Wald­kor­ri­doren berück­sich­tigen, die Orang-Utans mögli­cher­weise besetzen müssen, wenn die Abhol­zung in ihrem Verbrei­tungs­ge­biet fortschreitet.

 

Vielen herz­li­chen Dank, Erin, für all die wert­vollen Infor­ma­tionen. Ich freue mich darauf, bald wieder mit dir zu sprechen.

Dr. Isabelle Laumer
Inter­view und Über­set­zung aus dem Engli­schen: Dr. Isabelle Laumer

 

Dr. Erin Vogel
Dr. Erin Vogel

Dr. Erin Vogel ist Profes­sorin am Depart­ment für Anthro­po­logy an der Rutgers Univer­sity (New Jersey, USA) und ist Co-Direk­torin der Tuanan Forschungs­sta­tion im Mawas Schutz­ge­biet auf Borneo, in dem schät­zungs­weise 3.500 Orang-Utans leben. Das Tuanan Orang-Utan Forschungs­pro­jekt wird im Rahmen einer Koope­ra­ti­ons­ver­ein­ba­rung zwischen der Univer­sität Zürich, der Univer­sitas Nasional Jakarta (UNAS, Dr. Utami-Atmoko), der Rutgers Univer­sity und der Borneo Orang-Utan Survival Foun­da­tion (BOSF) durchgeführt.
2005 etablierte sie an der Tuanan Rese­arch Station ein lang­fris­tiges Forschungs­pro­jekt, das sich auf die Ernäh­rungs­öko­logie von Orang-Utans konzen­triert. Das Projekt kombi­niert Feld­be­ob­ach­tungen mit Labor­tech­niken, um die Zusam­men­hänge zwischen Ernäh­rung, Darm­phy­sio­logie, Nahrungs­ver­füg­bar­keit und Ernäh­rungs­aus­wahl zu untersuchen.

Refe­renzen:

1.    Bastian, M.L., Zweifel, N., Vogel, E.R., Wich, S.A. and van Schaik, C.P. Diet tradi­tions in wild oran­gutans. Am. J. Phys. Anthropol., 143: 175–187 (2010).

2.    O’Connell, C.A., DiGi­orgio, A.L., Ugarte, A.D. et al.  Wild Bornean oran­gutans expe­ri­ence muscle cata­bo­lism during episodes of fruit scar­city. Sci Rep 11, 10185 (2021).

3.    Pontzer, H., Raichlen, D. A., Shumaker, R. W., Ocobock, C. & Wich, S. A. Meta­bolic adapt­a­tion for low energy throughput in oran­gutans. Proc. Natl. Acad. Sci. 107, 14048–14052 (2010).

4.    Emery Thompson, M., Muller, M. N. & Wrangham, R. W. Tech­nical note: varia­tion in muscle mass in wild chim­pan­zees: appli­ca­tion of a modi­fied urinary crea­ti­nine method. Am. J. Phys. Anthropol. 149, 622–627 (2012).

5.    Chapman, S. et al. Compoun­ding impact of defo­re­sta­tion on Borneo’s climate during El Niño events. Environ. Res. Lett. 15, 084006 (2020).

6.    Cai, W. et al. Increased varia­bi­lity of eastern Pacific El Niño under green­house warming. Nature 564, 201–206 (2018).

7.    Page, S. et al. Tropical peat­land fires in Southeast Asia in Tropical fire ecology: climate change, land use, and ecosystem dyna­mics (eds Coch­rane, M. A.) 263–287 (Springer, 2009).

8.    WM Erb, EJ Barrow, AN Hofner, SS Utami-Atmoko, ER Vogel. Wild­fire smoke impacts acti­vity and ener­ge­tics of wild Bornean oran­gutans. Scien­tific Reports, 8:7606, (2018).

 

 

planet e.

Klima­schutz ist Menschen­recht. Welt­weit lassen Urteile auch von höchsten Gerichten aufhor­chen. Die Spiel­räume, nichts gegen die Erder­wär­mung zu tun, schrumpfen rapide.Die Erder­wär­mung soll auf maximal 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorin­dus­tri­ellen Zeit­alter begrenzt werden. So steht es im Pariser Klimaschutzabkommen.

Eigent­lich ist das völker­recht­lich bindend.Doch noch immer ist der Druck der Vertreter ölba­sierter Indus­trien über­mächtig. Umwelt­or­ga­ni­sa­tionen und besorgte Bürger ziehen immer häufiger vor die Gerichte. „Es exis­tiert die große Befürch­tung, wenn wir jetzt nichts unter­nehmen, dass die Klima­ka­ta­strophe so durch­schlägt, dass wir in einigen Jahr­zehnten Zustände ähnlich denen in einer Ökodik­tatur haben“, sagt Prof. Felix Ekardt, Leiter der Forschungs­stelle Nach­hal­tig­keit und Klima­po­litik in Leipzig .Ekardt war der Initiator mehrerer Beschwerden vor dem Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt gegen das seiner Meinung nach zu lasche Klima­schutz­ge­setz der Bundes­re­gie­rung. Die Karls­ruher Richter gaben ihm und den anderen Klägern teil­weise recht und stellten fest, dass der Umwelt­schutz als Staats­ziel lang­fris­tige Maßnahmen erfor­dere. Der Staat muss also handeln. Der Klima­schutz und auch immer mehr andere Umwelt­ver­gehen landen vor den Rich­tern — und das welt­weit: Ähnliche Urteile gibt es in den Nieder­landen, in Frank­reich oder Neuseeland.„planet e.“ zeigt, wie die Urteile auch höchster Gerichte den Struk­tur­wandel ganzer Gesell­schaften zu mehr Klima­neu­tra­lität beein­flussen, und fragt, was dieser Trend für Klima- und Umwelt­po­litik bedeutet.
 

13 Fragen — Stoppt die Klimakatastrophe!

„13 Fragen“ ist ein inno­va­tives Debat­ten­format, das brisante gesell­schafts­po­li­ti­sche Fragen in den Fokus rückt. Das Spek­trum der jewei­ligen Diskus­si­ons­themen ist breit gefä­chert. Die Gäste sind so divers wie möglich. Schau­platz des Formats ist ein riesiges Spiel­feld, auf dem sich sechs Gäste je nach Haltung zum Thema der jewei­ligen Folge posi­tio­nieren und mit jeder Antwort auf „13 Fragen“ entweder weiter distan­zieren oder aufein­ander zugehen.

Seit der ersten Klima­kon­fe­renz von Rio im Jahr 1992 haben sich die privaten Konsum­aus­gaben in Deutsch­land um mehr als vier Fünftel erhöht. Unser Ressourcen verbrau­chender Lebens­stil ist das größte Problem für das Klima geworden. Diese Zahlen zeigen: Alle gut gemeinten Appelle an den privaten und frei­wil­ligen Verzicht reichen nicht zur Klima­ret­tung. Rebound­ef­fekte zerstören jeden Fort­schritt. Die Alter­na­tive wären poli­ti­sche Verbote. Doch davor scheuen sich viele Poli­tiker, um nicht als Mitglieder einer Verbots­partei zu gelten. Und so befinden wir uns nun in der para­doxen Situa­tion, dass viele Bürger inzwi­schen selbst stren­gere Auflagen fordern, die Politik dem aber nicht nach­kommt. „13 Fragen“ disku­tiert zum Thema: Müssen wir das Klima durch mehr Verbote retten? Das Ziel der Sendung ist es, möglichst viele Gäste am Ende im soge­nannten Kompro­miss­feld in der Mitte zu vereinen. „13 Fragen“ wird im Wechsel von Salwa Houmsi und Jo Schück moderiert.