Kielings wilde Welt

Tier­filmer Andreas Kieling besucht Europa, Austra­lien, Amerika, Afrika und Fidschi. Er trifft enga­gierte Wissenschaftler*innen und bietet span­nende Einblicke. Andreas Kieling reist um den Globus. Er erfährt, wie die Rück­kehr der Wölfe den Yellow­stone-Park verän­dert, was exoti­sche Hals­band­sit­tiche für heimi­sche Stare und Dohlen bedeuten und wie in Slowe­nien Bär und Mensch auf engstem Raum fried­lich neben­ein­ander leben.

Im Yellow­stone-Natio­nal­park geht Tier­filmer Andreas Kieling der Frage nach, wie sich ein Ökosystem verän­dert, wenn der Mensch einen großen Beute­greifer wie den Wolf ausrottet. Rund 70 Jahre gab es dort keine Wölfe mehr. 1995 Jahren wurden 41 kana­di­sche Timber­wölfe als „Notfall-Maßnahme“ wieder ange­sie­delt. Wildbiolog*innen unter­su­chen seither den Einfluss der Wölfe auf die Land­schaft und ihre tieri­schen Bewohner. Eine vorläu­fige Bilanz gibt Anlass zur Hoff­nung. Entlang der Rhein­ebene, am Main und am Neckar haben sich gefie­derte Exoten ange­sie­delt. Sie stammen ursprüng­lich aus Indien. Heute zählen Hals­band­sit­tiche zu den erfolg­reichsten Neubür­gern in unserer Vogel­welt. Doch wie sieht ihr Einfluss auf altein­ge­ses­sene Höhlen­brüter wie Stare und Dohlen aus? Herrscht bei ihnen jetzt Wohnungsnot? Noch nie war die Zukunft der Koalas so unge­wiss wie heute. Nicht nur Trocken­heit und Busch­brände bedrohen die Beutel­säuger. Auch ihre Nahrungs­quelle, der Euka­lyptus, verliert durch den Klima­wandel wich­tige Nähr­stoffe. Koalas müssen mehr fressen und länger verdauen, um satt zu werden. Wie können Tierschützer*innen verhin­dern, dass Hunger die Tiere an die Küste treibt, wo Gefahren der Zivi­li­sa­tion lauern? Eine Heraus­for­de­rung genau wie in Slowe­nien. Nirgendwo sonst in Europa leben so viele Bären. Ein Erfolg für den Arten­schutz, denn die Slowen*innen haben sich mit der Anwe­sen­heit ihrer tieri­schen Nach­barn arran­giert. Das Projekt LIFE DINALP BEAR hilft, Konflikte auf ein Minimum zu beschränken. Doch wie genau hält man Bären von Bienen­stö­cken, Lämmern und Dörfern fern?

Klima­wandel — Was wir tatsäch­lich tun können

Was kann der Einzelne beitragen? Was nicht? Und welche tech­ni­schen Inno­va­tionen gibt es, die dabei helfen könnten, Verkehr, Indus­trie, Land­wirt­schaft und andere Bereiche unseres Lebens künftig möglichst klima­neu­tral zu gestalten? Mai Thi Nguyen Kim und Caro­line Wiemann begeben sich auf die Suche nach den aktuell besten Lösungen für unser Klimaproblem.

Romantik im Regen

Romantik im Regen

Es war nur ein verrä­te­ri­sches Knacken in den Ästen hoch über ihnen, das unser Moni­to­ring-Team aus dem Camp Nles Mamse aufmerken lies. Ein Orang-Utan? Unsere Teams müssen sich gut auf ihre Ohren verlassen können, denn oft ist es nur dieses kurze Geräusch, das sie auf die Spur der Tiere bringt. Und tatsäch­lich: Hoch oben im Blät­ter­dach erkannten sie rotbraunes Fell – dort saßen gleich zwei Orang-Utans!

Es dauerte nicht lange, bis das Team die Tiere als Angely (12) und Justin (14) iden­ti­fi­zierte, die beide schon seit längerer Zeit im Kehje Sewen Forest leben. Angely wurde 2016 ausge­wil­dert; Justin folgte ein Jahr später. Beide gemeinsam anzu­treffen, war eine viel­ver­spre­chende Gele­gen­heit, Daten über ihr Verhalten zu sammeln… Also baute unser Team seine Ausrüs­tung auf und begann mit den Beob­ach­tungen. Was sehr schnell offen­sicht­lich wurde: Justin folgte Angely prak­tisch überall hin.

Orang-Utan sind meist Einzelgänger

Justin auf Brautschau?
Justin auf Brautschau?

Seitdem Justin im Kehje Sewen Wald lebt, sehen wir ihn immer wieder auf Braut­schau. So wich er vor rund vier Jahren dem Orang-Utan-Weib­chen Recki nicht mehr von der Seite und im letzten Jahr machte er Elder leiden­schaft­lich den Hof. Orang-Utans sind in der Regel Einzel­gänger – semi-solitär nennen Biologen ihr Verhalten. Das heißt, sie kommen nur manchmal für die gemein­same Futter­suche und natür­lich zur Paarung zusammen. Dann ziehen sie wieder allein durch den Regenwald.

Flirten auf Menschenaffenart

Zurück zu Justin und Angely. Aufmerksam beob­ach­tete unser Team die beiden bei der Futter­suche und ihrem Mitein­ander hoch in den Bäumen. Die Zeit verging. Am Nach­mittag bewölkte sich der Himmel – perfekte Bedin­gungen für eine kleine Siesta. Justin begann, sein Tages­nest zu bauen. Gerade wollte er sich in sein mit Blät­tern gepols­tertes Bauwerk legen, als sich Angely – die die ganze Zeit in der Nähe gefressen hatte – entfernte und auf einen anderen Baum klet­terte. Justin zögerte keinen Moment, verließ sein bequemes Nest wieder und folgte ihr.

Justin baut ein Nest
Justin baut ein Nest

Angely begann nun ihrer­seits, ein Nest zu bauen und Justin tat es ihr nach. Er blieb ganz in ihrer Nähe und baute sein Bett nur ein Stock­werk höher als ihres. Als sie dann in ihren jewei­ligen Nestern lagen, passierte etwas sehr Span­nendes: Beide Orang-Utans hielten sich über die Entfer­nung an derselben Liane fest. Justin rüttelte immer wieder an der Klet­ter­pflanze, und Angely schüt­telte sie leicht zu ihm zurück. Das taten sie abwech­selnd eine ganze Weile, so als würden sie über die Liane Nach­richten verschi­cken. Die beiden hatten offenbar eine eigene Form der Kommu­ni­ka­tion gefunden.

Roman­ti­sche Zwei­sam­keit unterm Regendach

Etwas später begann es zu regnen – der Regen wurde immer heftiger. Angely war durch das dichte Blät­ter­dach bestens geschützt, während immer dickere Regen­tropfen schnell Justins Fell durch­nässten. Kurzer­hand pflückte er sich ein breites Blatt und hielt es wie einen Regen­schirm über seinen Kopf. So ausge­rüstet, klet­terte er langsam, aber ziel­strebig zu Angely hinunter. Bereit­willig ließ sie Justin neben sich Platz nehmen, während der Regen um sie herum fiel. So blieben die Beiden Seite an Seite sitzen, vom Regen geschützt. Eine roman­ti­schere Szene hätten Liebes­ro­man­au­toren nicht schreiben können. Da es langsam dunkel wurde, zog sich unser Beob­ach­tungs­team ins Lager zurück. Wie die Geschichte im dunklen Geäst des Regen­waldes wohl weiter­ging? Wir wissen es nicht….

Unter­stützen Sie unsere Arbeit mit den rothaa­rigen Menschen­affen. Mit Ihrer Spende helfen Sie den Orang-Utans, dem Regen­wald und damit auch unserem Klima. Jeder Beitrag hilft.

 

Tatort Dark Web

In Malaysia wächst der ille­gale Wild­tier­handel. Über Onlinevi­deos locken skru­pel­lose Händler Käufer an. Doch die meisten der ange­bo­tenen Tiere dürfen weder gefangen noch gehalten werden. Über 80 bedrohte Arten sind von ille­galem Handel betroffen. Häufig sterben die Wild­tiere während des qual­vollen Versands — verschnürt und gefes­selt in engen Kisten werden sie über die Grenzen geschmuggelt.

Meist finden sich Anbieter und Händler über soziale Medien. Eine Unter­su­chung in Malaysia fand über 10 000 Profile in sozialen Medien, die mit dem Verkauf von Wild­tieren in Zusam­men­hang stehen. Händler, Käufer und Zwischen­händler treffen sich nie persön­lich. Die Tiere werden oft auf qual­volle Weise per Post geschmug­gelt. Die Täter können nur schwer gefasst werden.

Die Doku ist auch in der ZDF-Media­thek zu sehen.

Anthro­pozän — Das Zeit­alter des Menschen

Seit der Sess­haft­wer­dung haben wir unseren Planeten so stark verän­dert, dass Wissen­schaftler ein neues Erdzeit­alter benennen wollen, das Anthro­pozän, das Zeit­alter des Menschen. Land­wirt­schaft ist die Grund­lage unserer Ernäh­rung. In den letzten Jahr­tau­senden haben wir sie immer mehr opti­miert, zulasten der Böden.

Sie erodieren und laugen durch Inten­siv­land­wirt­schaft aus. Eine Heraus­for­de­rung ange­sichts der wach­senden Welt­be­völ­ke­rung. In der Jung­stein­zeit begann der Mensch, sich die Erde untertan zu machen. Indem er sess­haft wurde, Ackerbau und Vieh­zucht betrieb, setzte er einen Prozess in Gang, der das Gesicht der Welt ein für alle Mal verän­derte. 12 000 Jahre später erlauben uns Satel­li­ten­bilder einen buch­stäb­lich globalen Blick auf die Folgen mensch­li­chen Wirkens: Land­wirt­schaft­liche Nutz­flä­chen über­ziehen große Teile der Erdober­fläche mit geome­tri­schen Mustern, Mega­städte wuchern über schier endlose Flächen, Straßen winden sich selbst durch Hoch­ge­birge und Wüsten. Die soge­nannte Tech­no­sphäre, die von Menschen herge­stellten Dinge, wiegt mitt­ler­weile mehr als die Gesamt­heit aller Tiere und Pflanzen. Rund 50 Kilo­gramm Menschen­werk lasten statis­tisch gesehen auf jedem Quadrat­meter des Planeten. Und die Welt­be­völ­ke­rung wächst und wächst. Im Jahr 2050 werden etwa zehn Milli­arden Menschen auf der Erde leben. Sie alle zu ernähren wird eine der großen Heraus­for­de­rungen der Zukunft sein. Denn nur etwa ein Achtel der Erdober­fläche kann über­haupt land­wirt­schaft­lich genutzt werden. Mit der syste­ma­ti­schen Bear­bei­tung des Bodens geht in der Vergan­gen­heit auch die Geburt der ersten großen Hoch­kul­turen, wie etwa Ägypten, einher. Land­wirt­schaft wird zum Motor der Staa­ten­bil­dung, und damit nimmt der Prozess der Welt­ver­än­de­rung durch den Menschen langsam Fahrt auf. Ein weiterer großer Meilen­stein auf dem Weg zum Zeit­alter des Anthro­po­zäns ist das Römi­sche Reich. Seine Inge­nieure durch­ziehen die Welt mit einem Stra­ßen­netz von über 200 000 Kilo­me­tern Gesamt­länge und beschleu­nigen so die Umge­stal­tung der Welt und die Ausbeu­tung ihrer Ressourcen. Aber auch auf der anderen Seite der Erde, in China, machen sich Menschen schon vor Jahr­tau­senden daran, die Welt für ihre Zwecke umzu­ge­stalten, durch die Anlage von Aber­tau­senden Reis­terrassen. Auch an entle­genen Orten zeigt sich, dass die von Menschen verur­sachten Umwelt­ver­än­de­rungen keines­wegs auf die Moderne beschränkt sind. Schon die Wikinger, die im 9. Jahr­hun­dert Island besie­delten, trieben Raubbau an den Wäldern, nicht anders als die Bewohner Zentral­eu­ropas. Im späten Mittel­alter gab es auf dem Gebiet Deutsch­lands weniger Wald­ge­biete als heute — mit den bekannten nega­tiven Folgen: Die unge­schützten Flächen erodierten zuse­hends durch Wind und Regen. Der nächste große Beschleu­ni­gungs­faktor auf dem Weg zum Anthro­pozän wird die Entde­ckung Amerikas und die Ausbeu­tung seiner Ressourcen durch Euro­päer. Den Indios war es gelungen, aus einem Wild­gras die Mais­pflanzen zu züchten, wie wir sie bis heute anbauen. Mit einer jähr­li­chen Ernte von mehr als einer Milli­arde Tonnen prägt Mais heut­zu­tage ganze Land­schaften. Vor allem in den USA trat eine Form des indus­tria­li­sierten Anbaus den Siegeszug an, der die Land­wirt­schaft radikal revo­lu­tio­nierte: auf riesigen Flächen, mit schweren Maschinen, künst­li­cher Bewäs­se­rung und einem gezielten Einsatz von Chemie. Durch dieses „Precision Farming“ werden mitt­ler­weile Erträge erzielt, die noch vor 100 Jahren unvor­stellbar waren. Einen Baustein dazu lieferte der deut­sche Chemiker Fritz Haber, der vor dem Ersten Welt­krieg ein Verfahren entwi­ckelte, aus Luft­stick­stoff Ammo­niak herzu­stellen, die chemi­sche Basis für Kunst­dünger. Das Haber-Bosch-Verfahren ist bis heute eine Schlüs­sel­tech­no­logie, ohne die die Ernäh­rung einer wach­senden Welt­be­völ­ke­rung kaum möglich wäre. Eine weniger offen­sicht­liche, aber nicht weniger folgen­schwere Auswir­kung des Anthro­po­zäns ist die durch Menschen verur­sachte Migra­tion von Pflanzen. Durch die Erfin­dung kleiner mobiler Treib­häuser durch den Engländer Natha­niel Ward im frühen 19. Jahr­hun­dert wurde es möglich, Setz­linge per Schiff über die Ozeane zu verfrachten. So gelangten nicht nur Teepflanzen nach Indien und Gummi­bäume nach Asien, sondern auch eine unge­zählte Schar blinder Passa­giere auf den Schiffen, Mikroben, Para­siten, Insekten und andere Tiere, die viele Ökosys­teme auf der Welt radikal verän­derten. Die Folgen unserer Eingriffe in die Natur sind viel­fach spürbar. Wegen fehlender Bienen müssen Obst­felder in China bereits künst­lich bestäubt werden, und in Deutsch­land sind während der vergan­genen Jahr­zehnte 70 Prozent der Insekten verschwunden.