Elst­ners Reisen

Mode­rator Frank Elstner hatte den Tier­schützer Willie Smits in seiner Sendung „Menschen der Woche“ kennen­ge­lernt und verspro­chen, einmal selbst nach Indo­ne­sien zu kommen, um die Situa­tion der Orang-Utans vor Ort zu erleben. Es sollte eine der span­nendsten und emotio­nalsten Reisen seines Lebens werden.

Mehr als drei Wochen begleitet er den Tier- und Natur­schützer Willie Smits durch Indo­ne­sien, immer auf der Spur der Orang-Utans. Die Route führt von Java über Sula­wesi bis nach Borneo — der natür­li­chen Heimat der Orang-Utans. Der Mode­rator lernt dabei Menschen kennen, die ihr Leben dem Schutz der seltenen Menschen­affen widmen, bekommt aber auch Einblicke in die großen Probleme des Landes und die damit verbun­denen Schick­sale der Orang-Utans. Einen beson­deren Orang-Utan begleitet er auf dem Weg zurück in die Frei­heit. „Einer der schönsten Momente meines Lebens“, sagt Frank Elstner sicht­lich berührt bei 40 Grad im Schatten mitten im Dschungel von Borneo.

High­light zum Ende des letzten Jahres: Weitere acht Orang-Utans in Freiheit

High­light zum Ende des letzten Jahres: Weitere acht Orang-Utans in Freiheit

Für uns ist es immer der aller­schönste Moment unserer Arbeit, wenn wir Orang-Utans nach einem oft jahre­langen Reha­bi­li­ta­ti­ons­pro­zess wieder in die Frei­heit entlassen können. Deswegen war die Auswil­de­rung von acht Tieren Ende letzten Jahres auch wieder ein High­light. Ein Jahr, das auch uns immer wieder vor große Heraus­for­de­rungen gestellt hat. Für die letzte Auswil­de­rung in 2021 haben wir uns Mitte Dezember auf den Weg zum Bukit Baka Bukit Raya National Park gemacht.

Zehn Stunden über unbe­fes­tigte Schlammpisten

Die acht Orang-Utans wurden in zwei Gruppen aufge­teilt. Los ging es am Abend des 14. Dezem­bers mit den Weib­chen Suci (6) und Moni (15) sowie den Männ­chen Pickle (14) und Miko (11). Zwei Tage später machte sich der Trupp mit den Weib­chen Lido (15) und Ating (17) und den Männ­chen Petto (16) und Sembara (13) auf den Weg.

Unter Einhal­tung strenger Gesund­heits­pro­to­kolle — alle Menschen und Tiere waren zuvor negativ auf Covid19 getestet worden — verließen die Auswil­de­rungs­teams unser Reha­bi­li­ta­ti­ons­zen­trum Nyaru Menteng um kurz vor 19 Uhr Orts­zeit. Fast zehn Stunden ging es dann über unbe­fes­tigte Straßen in den Bezirk Marikit. Starke Regen­fälle einige Tage zuvor hatten die Wege in Schlamm­pisten verwan­delt und die Fahrt war sehr beschwer­lich. Ein Liefer­wagen der ersten Gruppe blieb sogar im Matsch stecken, so dass der Trupp das Ziel für den Tag nicht wie geplant errei­chen konnte.

Die unbefestigten Straßen stellen auch erfahrene Fahrer auf die Probe
Die unbe­fes­tigten Straßen stellen auch erfah­rene Fahrer auf die Probe

Erstes Etap­pen­ziel war das Dorf Tumbang Hiran. Von dort wurde die Reise auf dem Fluss fort­ge­setzt. Nach Sonnen­auf­gang waren Trans­port­boxen, Vorräte und Equip­ment sicher auf den Booten verstaut und es ging Rich­tung Hiran Wasser­scheide. Die Fluss­fahrt dauerte zehn Stunden – das Team hielt nur kurz im Über­wa­chungs­camp an, um dort Vorräte abzu­laden. Danach ging es noch mal eine Stunde fluss­auf­wärts weiter zu den Auswilderungsstellen.

Die erste Mahl­zeit in Freiheit

Orang-Utans sind eher Einzel­gänger, daher lassen wir sie meis­tens mit einem entspre­chenden Abstand vonein­ander frei. Doch es kommt immer wieder auch vor, dass die Menschen­affen in ihrer gemein­samen Zeit auf der Voraus­wil­de­rungs­insel so etwas wie Freund­schaften schließen. Dann entscheiden wir uns – wie dieses Mal bei Miko und Pickle sowie Suci und Moni — sie gemeinsam auszuwildern.

Mony erkundet neugierig die Umgebung
Moni erkundet neugierig die Umgebung

Miko und Pickle wurden nur wenige Meter vonein­ander entfernt frei gelassen. Nachdem sie die Trans­port­boxen verlassen hatten, entschied sich Miko für Bambus­blätter als erste offi­zi­elle Mahl­zeit in Frei­heit. Pickle machte es sich leicht und schob sich die Futter­reste in den Mund, die von der Auswil­de­rungs­ak­tion übrig­ge­blieben waren.

Pickle - als Baby im Jahr 2007 und heute
Pickle — als Baby im Jahr 2007 und heute

Suci und Moni zog es direkt in den Wald. Seite an Seite erkun­deten sie ihr neues Zuhause und begannen, nach Nahrung zu suchen. Auf Sucis Spei­se­plan standen Termiten, Mahawai-Früchte (Poly­althia hypo­leuca) und Kambium, eine der Lieb­lings­speisen von Orang-Utans. Mony zog für ihre erste Mahl­zeit Rattan­kerne und junge Blätter vor. Als es dann dunkel wurde, bauten sich beide nicht weit vonein­ander entfernt ihre Schlafnester.

Suci war mit Moni unterwegs
Suci war mit Moni unterwegs

Während der ganzen Zeit lies unser Post-Release-Moni­to­ring-Team die Orang-Utans nicht aus den Augen. Erst als es zu dunkel wurde, zogen sie sich zurück.

Läuft alles nach Plan?

Nachdem wir die Trans­port­boxen geöffnet haben, müssen die Tiere allein zurecht­kommen. Deswegen ist es so wichtig, dass unsere Beob­ach­tungs­teams die Orang-Utans während ihrer ersten Stunden in Frei­heit möglichst lange und genau im Blick behalten. Finden die Tiere eigen­ständig Futter? Bauen sie sich Schlaf­nester? Wie reagieren sie auf die anderen Tiere? Alles wird genau­es­tens dokumentiert.

Die 15jährige Lido verbrache die ersten Stunden vor allem im Baum
Die 15jährige Lido verbrache die ersten Stunden vor allem im Baum

Auch bei der zweiten Gruppe, die zwei Tage später frei gelassen wurde, ging es erst mal auf Futter­suche. Die 15jährige Lido hangelte sich von Ast zu Ast und blieb einige Zeit im Baum. Sie pulte nach Termiten und verspeiste diese genüss­lich. Zwischen­drin schob sie sich immer wieder junge Meranti-Blätter in den Mund. Dann ging es weiter zum nächsten Baum, wo sie auf Kambium umstieg, eine der Leib­speisen von Orang-Utans. Ganz in ihrer Nähe saß auch der 13jährige Sembara, der sich eben­falls an dem Kambium satt aß. Als das Tages­licht schwand, bauten sich beide ihr Schlafnest.

Semara blieb in Lidos Nähe
Sembara blieb in Lidos Nähe

Die 17jährige Ating hatte sich für Bambus­blätter entschieden, während ihr ein Jahr jüngerer Begleiter Petto neben Bambus auch auf Kambium herum­kaute. Die beiden aßen in aller Ruhe, um sich nach einer langen und ener­gie­auf­wän­digen Reise zu stärken. Ihre Nester bauten sie nicht weit vonein­ander in die Bäume, als es so weit war.

In den ersten Stunden im Wald haben uns diese acht Orang-Utans gezeigt, dass sie bereit sind, ihre neue Umge­bung kennen zu lernen. Wir sind sicher, dass sie sich in ihrem neuen Zuhause, dem Bukit-Baka-Bukit-Raya-Natio­nal­park, wohl­fühlen und glück­lich sein werden. Alles Gute!

Möchten Sie einen Orang-Utan auf dem Weg in die Frei­heit unter­stützen und begleiten? Dann über­nehmen Sie doch eine Patenschaft.

 

 

Beim Essen hört die Freund­schaft auf

Beim Essen hört die Freund­schaft auf

Jede Freund­schaft kennt Höhen und Tiefen. Das gilt auch für Freund­schaften zwischen Orang-Utans. Desi und Kimi, zwei Orang-Utans, die auf der Insel Juq Kehje Swen in Ost-Kali­mantan leben, sind gute Freun­dinnen, die aber auch dafür bekannt sind, dass sie sich gele­gent­lich streiten. So wie neulich. Worum es dabei ging? Das haben uns die Kolleg:innen vor Ort berichtet. 

Die bewal­dete, 82,85 Hektar große Voraus­wil­de­rungs­insel Juq Kehje Swen liegt etwa zehn Kilo­meter von unserem Auswil­de­rungs­wald Kehje Sewen entfernt. Aktuell ist Desi ist der einzige reha­bi­li­tierte Orang-Utan, der hier die Wald­uni­ver­sität besucht. Kimi hingegen ist ein wilder Orang-Utan aus der Gegend, der eines Tages auf die Insel gelangen konnte und seither dort lebt.

Die Beob­ach­tungen unserer Kolleg:innen auf der Insel deuten darauf hin, dass die beiden Orang-Utan-Weib­chen eine enge Freund­schaft geschlossen haben. Wenn Desi frisst, nähert sich Kimi oft in der Hoff­nung, etwas von Desis Futter abzu­be­kommen. Dem kommt Desi meist gerne nach und teilt ihr Futter freund­schaft­lich mit Kimi.

Desi und Kimi - eine Freundschaft mit Vorteilen für beide
Desi und Kimi — eine Freund­schaft mit Vorteilen für beide

Desi ärgert sich jedoch über die neugie­rigen Makaken, die auch im Wald leben. Diese schon berüch­tigten Affen stehlen Desis Futter oftmals, vor allem wenn sie in Gruppen unter­wegs sind. Aller­dings trauen sie sich das nicht, wenn Kimi in der Nähe ist. Denn sie haben gelernt, dass mit Kimi nicht zu spaßen ist. Sie wird aggressiv, sobald sie die Maka­ken­bande sieht. 

 

Freund­schaft mit Vorteilen

Desi erkundet oft gemeinsam mit Kimi die Insel. Wir vermuten, dass Desi von Kimi den einen oder anderen Trick zum Über­leben im Wald gelernt hat. Das erkennt man an der zuneh­menden Viel­falt an natür­li­cher Nahrung, die Desi in letzter Zeit zu sich nimmt. Unser Team hat Desi zum Beispiel beob­achtet, wie sie Trau­ben­feigen (Ficus race­mose) verspeist hat. Das hatten wir zuvor noch nie gesehen. Denn Desi hat sich haupt­säch­lich von den Früchten ernährt, die das Team zweimal täglich auf die Insel bringt. 

Doch neulich kam es zum Streit zwischen den Freun­dinnen. Unser Team beob­ach­tete Desi, wie sie einige Bananen verschlang, die das Team zur Futter­platt­form gebracht hatte. Kimi sah aus der Ferne zu. Während Desi am Futtern war, schwang sich Kimi zu ihr hinüber und schnappte ihr schnell eine Banane aus der Hand. Da sie noch viele Bananen in der Hand hatte, reagierte Desi zunächst gelassen. 

Aber Kimi schien ziem­lich hungrig zu sein. Sie verschlang die Banane schnell und schnappte sich dann eine weitere aus Desis Händen. So ging das noch einige Male, bis Desi schließ­lich die genug hatte. Sie zwickte Kimi in den Arm, um sich zu rächen. Das hielt Kimi aber nicht auf und sie griff frech nach einer weiteren Banane. Da schlug Desi Kimi so fest auf den Arm, dass sie vom Ast abrutschte.

Ärger unter Freundinnen
Ärger unter Freundinnen

Doch Kimi gab nicht auf! Erneut versuchte sie, Desi noch mehr Futter abzu­luchsen. Und plötz­lich verwi­ckelten sie sich in einen Ring­kampf, bei dem beide versuchten, schnell alles zu verschlingen, was sie in die Finger bekamen, bis alles weg war! Da es nichts mehr zu essen gab, war der Kampf schnell beendet. 

Kaum war alles bis auf die letzte Banane verschlungen, ließ Kimi Desi allein zurück und schwang sich in den Wald auf. Desi versuchte noch, Kimi zu folgen. Aber weder Desi noch unsere Team­mit­glieder konnten mit dem wilden Weib­chen nicht Schritt halten. Bald verloren wir sie aus den Augen. 

Ganz schön frech von Kimi, sich das Futter zu schnappen und dann wegzu­laufen. Aber sicher wieder eine gute Lektion für Desi, die sie auf ihr Leben im Regen­wald vorbe­reiten wird. Und trotz dieser diebi­schen Mätz­chen: Die Freund­schaft der beiden Weib­chen hält. Ungebrochen.

Möchten Sie einen Orang-Utan auf dem Weg in die Frei­heit unter­stützen und begleiten? Dann über­nehmen Sie doch eine Patenschaft.

Unser Jahr 2021 – ein Rückblick

Es war ein heraus­for­derndes Jahr. Aber dank Ihnen, haben wir auch in 2021 wieder sehr viel erreicht: Wir konnten mehr als 400 Orang-Utans und über 70 Malai­en­bären versorgen und haben einige unserer Wald­schüler auf Voraus­wil­de­rungs­in­seln in die „Wald­uni­ver­sität“ geschickt. Trotz verschärfter Auflagen ist es uns gelungen, 25 Orang-Utans in die sicheren Wälder Borneos auszu­wil­dern. Mehr als 200 Hektar Wald haben wir in den vergan­genen zwölf Monaten aufge­forstet und konnten dazu beitragen, die Lebens­be­din­gungen der Menschen vor Ort zu verbessern.

Wir haben noch viel vor. Ohne Sie wäre unsere Arbeit nicht möglich – dafür danken wir Ihnen von Herzen.

Jeder Beitrag hilft. 

Menschen stecken Orang-Utan mit Corona an!

Menschen stecken Orang-Utan mit Corona an!

Eine gute und eine schlechte Nach­richt hat mich heute ereilt. Die schlechte ist so unglaub­lich, dass ich damit beginnen muss: In den USA haben Zoo-Besucher:innen einen Orang-Utan mit Corona angesteckt. 

Schlimm genug, aber der Tather­gang ist schierer Wahn­sinn: Wie in den schlimmsten Vergnü­gungs­parks in Asien konnten Besucher:innen in Atlanta Selfies mit Orang-Utans machen. Auch ohne Corona eine nicht entschuld­bare Zurschau­stel­lung von Wild­tieren. Und mit Sicher­heit nicht die Idee der Affen. 

Orang-Utans zur Massenbelustigung
Orang-Utans zur Massen­be­lus­ti­gung in einem Vergnügungspark

Klein­laut wird jetzt auf die neu einge­führte Zehn-Meter-Abstands­regel verwiesen. Diese Regel ist inter­na­tio­naler IUCN Stan­dard, den alle Länder unter­schrieben haben. Und die in unseren Rettungs­sta­tionen schon sehr lange vor Corona strengs­tens befolgt wurden. 

Schutz­maske immer schon Alltag

So habe ich bei meinen Besu­chen unserer Rettungs­zen­tren in Indo­ne­sien noch nie einen Orang-Utan von wirk­lich nahem gesehen. Und dies trotz aller verlangten Impfungen (deswegen hatte ich dieses Jahr meinen dicht befüllten Impf­pass sehr schnell gefunden) und zehn Tagen Quaran­täne im Land, bevor ich ein Zentrum betreten durfte. Dann natür­lich auch schon lange vor Corona – wie alle Mitarbeiter:innen – mit Maske, deren Gebrauch bei den vor Ort herr­schenden Sauna­tem­pe­ra­turen mich nun nur schmun­zeln lassen, wenn ich hier zum Thema Maske etwas von „Maul­korb“ lese. Als Vergleich kann ich nur sagen, dass unsere Mitarbeiter:innen vor Ort täglich einen Ironman bei der Arbeit bestehen müssen, während wir hier wegen zehn Minuten einkaufen mit Maske einen Spazier­gang im Park veranstalten.

So nähern wir uns - zumal unter einer Pandemie - unseren Schutzbefohlenen
So nähern wir uns — zumal unter einer Pandemie — unseren Schutzbefohlenen

Bitte lasst Euch nicht verführen!

Leider muss ich auch immer häufiger hören, dass in anderen Rettungs­pro­jekten z. B. in Malaysia und Sumatra nicht so konse­quent auf Abstand und Masken geachtet wird. Das ist eine tickende Zeit­bombe! Deswegen mein Appel an dieser Stelle an alle Tourist:innen: Nur weil Ihr könntet, heißt das nicht dass Ihr müsst! Lasst Euch bitte nicht von Eurem Wunsch nach einem süßen Selfie mit einem Orang-Utan oder einem anderen Wild­tier für Insta­gram oder das private Foto­album verführen. Es geht mir nicht um Eure Gesund­heit, sondern um die der Schutz­losen (auch das kommt bekannt vor…). Für die Tiere, die mit Euch auf den Fotos zu sehen sind, bedeutet es meist eine Quälerei und immer eine Gefahr für die Gesundheit.
Die Guides in diesen Projekten sind chro­nisch unter­be­zahlt und drücken für ein erhofftes Trink­geld beide Augen zu, was ich leider auch schon erleben musste. 

Die einzige Form von Selfies mit Orang-Utans, die wir befürworten: Kamerafalle in unserem Auswilderungswald Bukit Batikap
Die einzige Form von Selfies mit Orang-Utans, die wir gutheißen: Kame­ra­falle in unserem Auswil­de­rungs­wald Bukit Batikap

Apropos Tourist:innen: Die gute Nach­richt soll nicht fehlen. Ein geplanter Affen-Strei­chel-Insta­gram-Zoo in Mittel­hessen wird aufgrund von breiten Protesten nun doch nicht reali­siert. So hat zumin­dest hier unsere Zivil­ge­sell­schaft mal positiv ihre Macht genutzt. Aber bitte dies auch im Urlaub nicht vergessen!

Haben Sie schon unsere Peti­tion zum Stopp der Orang-Utan-Shows in Thai­land und Kambo­dscha unterzeichnet?