Andreas Kieling besucht spannende Forschungsprojekte in gefährdeten Wildnisgebieten und befragt Experten nach ihren Ergebnissen: Gelingt die Auswilderung verwaister Orang-Utans und lassen sich die gefährdeten Tieflandregenwälder auf Sumatra schützen?Warum geht es den drolligen Papageitauchern auf Island so schlecht? Was steckt hinter dem Babyboom der Mantas auf den Malediven? Diesen und anderen Fragen geht Andreas Kieling auf den Grund. Dank hochwertiger Highspeed-Aufnahmen und atemberaubender Zeitraffer erhält der Zuschauer einen Einblick in die faszinierenden Welten der bedrohten Arten. Visuell unterstützt werden die verblüffenden Forschungsergebnisse zudem mit Hilfe detaillierter Computergrafiken.
Von einem außergewöhnlichen, schon einige Wochen zurückliegenden Erlebnis mit Compost, die im Dezember ihr Baby zur Welt brachte, berichteten uns jetzt Post-Monitoring-Mitarbeiter des Totat Jalu Camp.
Bei ihren Streifzügen durch den Schutzwald von Bukit Batikap trafen sie auf die beiden ausgewilderten Orang-Utan-Damen Sifa (8) und Compost (17). Compost war zu diesem Zeitpunkt hochschwanger und meist langsam aber stetig im Regenwald unterwegs auf der Suche nach ihren Lieblingsfrüchten. Sifa folgte ihr in einigem Abstand und schloss immer dann zu Compost auf, wenn die werdende Mutter saftige Waldfrüchte oder frische Baum-Triebe gefunden hatte. Am Nachmittag ruhten sie einträchtig auf einem großen Baum und genossen einen kurzen Moment die stille Zeit zu zweit.
Doch schon nach zehn Minuten reichte es Compost. Auf einem Feigenbaum gönnte sie sich einen letzten Snack und baute sogleich ihr Schlafnest für die Nacht. Schon um 16 Uhr – eine sehr ungewöhnliche Uhrzeit für Compost. Normalerweise machte sie sich erst zwischen 17 und 18 Uhr an den Nestbau. Unsere Mitarbeiter erklärten sich dieses Verhalten allerdings mit Composts fortgeschrittener Schwangerschaft und machten sich keine weiteren Gedanken. Sifa war einige Bäume entfernt am Futtern.
In fünf Minuten hatte Compost ihr Nest vollendet. Was dann geschah, überraschte uns alle.
Zunächst stieg Compost in ihr Nest und beobachtete Sifa von dort aus. Dann plötzlich, wie aus dem Nichts, kletterte Compost flink den Baum herab und lief davon. Ein Mitglied unseres Beobachtungsteams machte sich in sicherer Entfernung an die Verfolgung. Doch als Compost ohne auch nur einmal anzuhalten schon gut 150 Meter von Sifa entfernt war, kehrte unser BOS-Teammitglied um.
Als Sifa entdeckte, dass Composts Nest leer war, war sie sehr verwirrt. Sie suchte und rief nach Compost und kletterte die höchsten Bäume hinauf, um sie zu finden. Doch vergebens. Compost hatte sich aus dem Staub gemacht. Schließlich baute Sifa sich ein Nest und legte sich schlafen.
Wir gehen davon aus, dass Compost das Nest baute, um Sifa zu täuschen. Wir waren von diesem raffinierten und schlitzohrigen Plan schockiert, denn wir hätten das von der sonst so lieben und fürsorglichen Compost nicht erwartet. Umso faszinierter sind wir, wie clever und durchdacht sie sich einen Plan zurechtgelegt und diesen in die Tat umgesetzt hat.
Vielleicht wollte die werdende Mutter einfach noch etwas Zeit ganz für sich allein, bevor sie ihr erstes Baby zur Welt brachte.
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Manche Tiere lassen die Herzen der Menschen höher schlagen. Ob durch ihr flauschiges Fell, große Kulleraugen oder putzige Bewegungen. Doch was auf den Menschen putzig oder komisch wirken mag, ist in Wirklichkeit eine ausgeklügelte Überlebensstrategie.
Die Dokumentation „Tierische Herzensbrecher“ wartet mit erstaunlichen wissenschaftlichen Erkenntnissen auf und erklärt, warum Menschen bestimmten Tieren einfach nicht widerstehen können und sie zu regelrechten Internetstars machen. Die Doku erzählt auch, worin sich das Lachen eines Orang-Utans oder Schimpansens von dem des Menschen unterscheidet und was das ganze mit der Evolution zu tun hat.
Nobri ist normalerweise ein echter Dschungelprofi. Auf der Suche nach Futter navigiert mit Leichtigkeit durch den Urwald. Am liebsten ist sie für sich allein, die Gegenwart anderer Orang-Utans schätzt sie nur selten. Vor allem mag es die Orang-Utan-Dame gar nicht, von Menschen beobachtet oder gar verfolgt zu werden. Denn Nobri musste noch nie hinter Gittern leben.
Als sie 2005 geboren wurde, lebte ihre Mutter Shelli auf einer der Vorauswilderungsinseln der BOS-Foundation in Zentral-Kalimantan. Im April 2016 wurde sie in die Freiheit entlassen. Somit ist die 15-jährige Nobri ein tatsächlich wilder Orang-Utan.
An dem Tag, an dem unser Monitoring-Team aus dem Totat Jalu Camp im Bukit Batikap Schutzwald Nobri beobachtete, lag das Hauptaugenmerk darauf, wie es um ihre Gesundheit stand. Denn unser Beobachtungsteam hatte entdeckt, dass die Drüsen in Nobris Achselhöhlen und ihr Kehlsack geschwollen waren.
Der Kehlsack eines Orang-Utans ist der Beutel, der direkt unter dem Kinn sitzt. Er ist wichtig, um die lauten Töne zu erzeugen, die im Wald zu hören sind. Das Anschwellen des Kehlsacks ist in der Regel eine Folge von übermäßiger Flüssigkeitsansammlung infolge einer Infektion. Also definitiv ein Grund zur Besorgnis! Obwohl Nobri nicht den Eindruck machte, unter einer Infektion zu leiden, mussten wir sie einer umfassenden gesundheitlichen Untersuchung unterziehen, um sicherzustellen, dass sie auch noch die nächsten Jahre durch den Batikap-Wald streifen kann.
Das Team kontaktierte schnell per Funk unser Rettungszentrum Nyaru Menteng, um schnell einen Tierarzt für Nobri anzufordern. Der Tierarzt Greggy Harry Poetra und einer unserer besten Schützen für Beruhigungspfeile, wurden schnell auf den Weg nach Batikap geschickt. Keine Spazierfahrt, denn Batikap liegt drei bis vier Tagesreisen von Nyaru Menteng entfernt und der Weg führt über gefährliche Straßen.
Als unsere Mitarbeiter endlich vor Ort ankamen, wurde die kränkelnde Affendame schnell sediert und in einem Transportkäfig zur weiteren Behandlung in die Nähe des Totat Jalu Camp gebracht. Alle Symptome deuteten darauf hin, dass Nobri an Luftsakulitis litt — einer bakteriellen Infektion der oberen und unteren Atemwege, einschließlich des Kehlsacks. Eine potenziell tödliche Krankheit!
Am selben Nachmittag erwachte Nobri in einem Käfig für kranke Orang-Utans. Trotz ihres Zustands machte sie deutlich, dass sie nicht glücklich war, dort zu sein. Sie brachte den ganzen Käfig ins Wanken, während sie herumschwang und machte Kussgeräusche, um ihren Unmut zu verkünden. Ihre Wildheit ist in der Tat stark ausgeprägt und würde nicht einmal durch etwas gebrochen werden, das so unangenehm war wie eine tödliche Krankheit.
Auch am darauffolgenden Tag musste Nobri sediert werden. Nur so konnte unser Tierarzt weitere Behandlungen und Untersuchungen durchführen. Trotz des Fehlens von High-Tech-Geräten mitten im tiefen Regenwald war die Erstbehandlung ein Erfolg. Zuerst war Nobri noch etwas benommen, als die Betäubung nachließ. Aber schon nach etwa einer Stunde kletterte sie bereits herum und warnte uns immer wieder durch laute Kussgeräusche. Sie benahm sich wieder wie der wildeste Orang-Utan, den wir je getroffen hatten!
Leider ist der Weg zu Nobris vollständiger Genesung lang. Sie benötigt immer noch tägliche medizinische Behandlungen. Und diese werden auch weiterhin mit lautem Protest begleitet. So kennen wir sie – unsere wilde starke Nobri.
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Der spannenden Frage, wie sich Orang-Utans nach ihrer Auswilderung in den Regenwald verhalten, geht die Anthropologin Anna Marzec in ihrer Forschungsarbeit nach. Wie auch Dr. Maria A. von Noordwijk ist Anna Marzec Teil des interdisziplinären Tuanan Orangutan Research Projects der Universität Zürich und arbeitet auch mit der BOS Foundation eng zusammen.
Marzec interessierten vor allem Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Verhalten von Orang-Utans, die vor ihrer Auswilderung bereits Erfahrungen in der freien Wildbahn sammeln konnten und Tieren, die bereits als Babys ihre Rehabilitation im Rettungszentrum starteten. Und wo liegen die Unterschiede zu wilden Orang-Utans?
Durch die direkte Beobachtung von Lernverhalten und Fressverhalten versucht Marzec Antworten zu finden. Lernverhalten wird z. B. durch Objektmanipulation, Exploration (Erkundung, Erforschung der Umgebung) oder soziales Lernen in Form von Peering gemessen. Peering ist das Erlernen von Fähigkeiten durch die Beobachtung und den Austausch mit anderen Individuen.
Die Ergebnisse sind sehr eindeutig. Ausgewilderte Orang-Utans verbringen mehr Zeit mit Fressen von Früchten als wilde Orang-Utans, jedoch fressen sie in der Summe weitaus weniger als diese (Früchte sind die qualitativ hochwertigste Nahrung für Orang-Utans). Auch verbringen ausgewilderte Orang-Utans mehr Zeit mit Exploration und Peering.
Lernen nach der Auswilderung
Daraus schließt Anna Marzec, dass Orang-Utans nach der Auswilderung erst einmal weiter lernen müssen. Ihr Entwicklungsstand reicht zwar zum Überleben in der freien Wildbahn aus, ist aber noch nicht mit dem Niveau von Orang-Utans vergleichbar, die in ihrem natürlichen Lebensraum und unter Anleitung ihrer Mutter aufwachsen konnten.
Um die langfristige Entwicklung dieser Verhaltensweisen unter neuangesiedelten Orang-Utans zu untersuchen, hat sie zwei Beobachtungsgruppen (zehn Kandidaten insgesamt) bestimmt. Eine Gruppe besteht aus Orang-Utans, die im vergangenen Jahr ausgewildert wurden. Die andere Gruppe setzt sich aus ebenfalls neuangesiedelte Orang-Utans zusammen, die jedoch bereits mindestens zweieinhalb Jahre im neuen Habitat überlebt haben. Dabei konnten folgende Phänomene beobachtet werden: Die neuen Orang-Utans fressen weniger Früchte, verbringen aber mehr Zeit damit. Die Unterschiede im Peering und in der Exploration sind nicht signifikant, jedoch zeichnet sich ein ähnlicher Unterschied, wie zwischen neuangesiedelten und natürlich aufgewachsenen Orang-Utans ab.
Abschauen bei den Wilden
Je länger Orang-Utans also in ihrem neuen Habitat leben, desto mehr ähnelt ihr Verhalten dem der wilden Orang-Utans. Peering scheint für frisch ausgewilderte Orang-Utans von zentraler Bedeutung zu sein. Sie zeigen dieses Verhalten weitaus häufiger als wilde Orang-Utans. Sie suchen vermehrt bei den wilden Artgenossen nach Vorbildern, um von ihnen zu lernen. Daher scheint es von Vorteil zu sein, Orang-Utans in Habitaten anzusiedeln, in denen solche „Peers“ zu finden sind. Dadurch können dann die neuen wilden Orang-Utans Stück für Stück ihren Entwicklungsstand anpassen.
Anna Marzecs Erkenntnisse sind enorm wichtig, um den komplexen Prozess der Auswilderung bzw. Neuansiedlung von Orang-Utans in Zukunft effektiver gestalten zu können. Ihr Fazit: Neuansiedlung ist möglich. Leider muss jedoch berücksichtigt werden, dass hierbei auch eine höhere Sterblichkeit, als bei wildlebenden Orang-Utans zu verzeichnen ist. Der Königsweg ist also weiterhin ein besserer Schutz des ursprünglichen Lebensraumes der Menschenaffen. Dann wären Auswilderungen und Neuansiedlungen gar nicht erst nötig.
Gastautor: Jan Mücher
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