Kürbisse und Konflikte

Kürbisse und Konflikte

Orang-Utans und Bananen – für viele bildet das eine Symbiose. Doch in unseren Schutz­zen­tren konnten wir beob­achten, dass bei weitem nicht alle unserer Schütz­linge die gelbe Frucht mögen.

Klar gibt es kleine Viel­fraße wie Valen­tino, die von nichts genug bekommen, auch nicht von Bananen. Doch erst kürz­lich berich­teten wir von Hamzah, der lieber Mangos verspeist. Und auch anderen Orang-Utans scheint es so zu gehen, dass sie hin und wieder ihre Spei­se­karte erwei­tern. Das zumin­dest kann unser Moni­to­ring-Team aus Camp Lasik berichten.

Die Mitar­beiter hier hoch im Norden des Kehje Sewen-Schutz­waldes waren unlängst bei der Vorbe­rei­tung für eine ihrer Beob­ach­tungs­touren, als sie eine unge­wöhn­liche Unruhe in der unmit­tel­baren Nähe einer Farm fest­stellten, die direkt hinter dem Camp liegt.

Sayang und Padma im Regenwald
Sayang und Padma im Regenwald

Wie gut, dass es Fern­gläser gibt! Denn dadurch konnte das Team unser Mutter-Kind-Gespann Sayang und Padma erspähen. Sayang labte sich genüss­lich an den Früchten rund­herum. Tatsäch­lich stellen diese neben Blät­tern und ähnli­chem mit etwa 60 Prozent den größten Bestand­teil der Orang-Utan-Mahl­zeiten dar.  Diesmal jedoch bemerkten unsere Mitar­beiter noch etwas anderes: Sayang verließ die hohen Baum­kronen, um sich ein paar Kürbisse auf der Farm zu pflücken. 

Unge­wöhn­lich, aber auch gefähr­lich, zumal sich jetzt noch ein weiteres Duo der Farm näherte: Teresa und Berani hatten die Kürbisse eben­falls entdeckt und machten sich daran zu schaffen. Natür­lich freute sich unser Team über den Appetit dieser ausge­wil­derten Menschen­affen. Gleich­zeitig berei­tete ihnen die Situa­tion auch Sorgen.

Suche nach Nahrung birgt Konflikte zwischen Mensch und Tier

Der Grund: Wann immer Orang-Utans auf Nahrungs­suche in von Menschen besie­delte Bereiche eindringen, kann es zu Problemen kommen. Der Kehje Sewen Forest ist ein von der BOS Foun­da­tion gepach­tetes und somit geschütztes Gebiet. Hier leben Orang-Utans und andere bedrohte Arten ihr Leben ohne große Bedro­hung wie etwa Wilderer.

Dennoch gibt es auch angren­zende Wald­be­reiche, die eben nicht unter Natur­schutz stehen. Gerade in solchen nicht geschützten Wäldern wird oft massive Rodung betrieben, um die Palm­öl­wirt­schaft Indo­ne­siens weiter voran zu treiben. Die Folge ist, dass Orang-Utans keine Nahrung mehr finden und gezwungen sind, auf die Anpflan­zungen einhei­mi­scher Bauern zurückzugreifen.

Padma ganz entspannt in Freiheit
Padma ganz entspannt in Freiheit

Dabei können Konflikte entstehen, bei denen es ums Über­leben geht, beispiels­weise wenn ein verängs­tigter Bauer mit seiner Schrot­flinte dem fried­li­chen Orang-Utan gegen­über­steht. Ein Mensch, der sich selbst und sein Hab und Gut bedroht fühlt, handelt manchmal aus Angst und oft auch aus Unwissen zum Nach­teil unserer Schützlinge.

Unser Ziel bei BOS ist ein fried­li­ches Zusam­men­leben zwischen Mensch und Tier. Dazu bedarf es einer guten Aufklä­rungs­ar­beit und der Schaf­fung eines nach­hal­tigen Bewusst­seins für Arten­schutz in der Bevöl­ke­rung ebenso wie dem Schaffen beruf­li­cher Perspek­tiven für die Einhei­mi­schen. Diese Probleme sind nicht von heute auf morgen lösbar. Wir tun aber alles, auch und gerade jetzt in der welt­weiten Corona-Krise, um unsere Arbeit in den Schutz­wäl­dern ohne Unter­bre­chung weiterzuführen.

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Titons erster Longcall

Titons erster Longcall

Wie auch wir Menschen müssen Orang-Utans spre­chen lernen. Natür­lich unter­scheidet sich ihre Sprache von der unseren. Dennoch, über verschie­dene Laute verstän­digen unsere Artver­wandten sich exzel­lent untereinander. 

Während bei Menschen das erste Wort ein Meilen­stein in der sprach­li­chen Entwick­lung darstellt, ist bei Orang-Utans der soge­nannte Longcall etwas ganz Beson­deres. Dieser charak­te­ris­ti­sche Ruf ist nicht nur eindrucks­voll wahr­nehmbar, er zeigt auch die Domi­nanz der Männ­chen in einem Revier an. 

Bei solch einem wunder­baren Ereignis konnte kürz­lich auch unser Moni­to­ring-Team vom Camp Nles Mamse in Ost-Kali­mantan dabei sein. Früh morgens machten sich die Team­mit­glieder auf, um Titon, ein Männ­chen mit mitt­ler­weile eindrucks­vollen Backen­wülsten, zu suchen. Er war erst im November 2019 ausge­wil­dert worden. Nun sollte über­prüft werden, wie er sich im Regen­wald einge­lebt hatte.

Unser Team machte sich also mit Hilfe seiner tech­ni­schen Ausrüs­tung (Peil­sender & Co.) auf in die Rich­tung, wo Titon zuletzt gesichtet wurde. Relativ bald drangen lange, laute Rufe durch den Schutz­wald. Offen­sicht­lich war ein domi­nanter Orang-Utan in der Nähe. Denn unsere Mitar­beiter iden­ti­fi­zierten den typi­schen Longcall eines solchen.

Dominante Orang-Utan-Männchen nutzen laute Rufe zur Reviermakierung
Domi­nante Orang-Utan-Männ­chen nutzen laute Rufe zur Reviermakierung

Da Longcalls über sehr weite Distanzen zu hören sind und auch von dichtem Baum­be­stand nicht aufge­halten werden, kann es schwierig sein, den Verur­sa­cher zu finden. Kein Hindernis für unsere erfah­renen Mitar­beiter, denn sie sich­teten schon bald Titon. Und waren über­rascht: Denn der noch relativ junge Orang-Utan wurde zwar aufgrund seiner großen Backen­wülste und seiner kräf­tigen Statur schon als domi­nantes Männ­chen kate­go­ri­siert. Bislang hatte man bei ihm jedoch noch nie einen Longcall gehört oder gar aufgezeichnet.

Diese Premiere war also gelungen. Und auch sonst zeigte Titon sich in präch­tiger Verfas­sung: Er verschlang unfassbar große Mengen an jungen Blät­ter­trieben, während er sich durch den Dschungel von Ast zu Ast schwang. Seine Beob­achter ließ er lässig links liegen, ab und an gönnte sich der junge Mann eine Pause auf geeig­neten Ästen.

Titons Schlafnest in den Baumwipfeln
Titons Schlaf­nest in den Baumwipfeln

Am Nach­mittag fand Titon ein bereits benutztes Nest, für das er sich bren­nend inter­es­sierte. Nach den Aufzeich­nungen unseres Teams war das Nest von Mori, einem anderen Orang-Utan, gebaut worden. Titon recy­celte kurzer­hand die vorhan­dene Schlaf­stätte und peppte sie mit einem Haufen frischer Blätter auf. Fertig war der Second-Hand-Schlafplatz!

Diese Beob­ach­tung war für unser Team ein groß­ar­tiger Beweis, wie sehr sich die zurück liegenden Jahre der Reha­bi­li­ta­tion für Titon gelohnt haben. Jetzt, nachdem er ein “echter Mann” geworden ist, können wir viel­leicht auch damit rechnen, dass er demnächst nach weib­li­cher Beglei­tung Ausschau hält. Wir halten Sie auf dem Laufenden!

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Tiere aus Kali­mantan: der Malaien-Hornvogel

Tiere aus Kali­mantan: der Malaien-Hornvogel

Kali­mantan ist der indo­ne­si­sche Name für die Insel Borneo, der dritt­größten der Welt nach Grön­land und Neuguinea. Kali­mantan ist auch die Heimat der Borneo-Orang-Utans, die sie sich natür­lich mit unzäh­ligen anderen Tier­arten teilen. Viele von ihnen sind nicht minder bedroht als unsere rothaa­rigen Vettern. Wir wollen hier in loser Reihen­folge immer mal wieder einige dieser faszi­nie­renden Geschöpfe vorstellen. 

Malaien-Horn­vogel (Anthr­a­co­ceros malayanus) 

Malaien-Horn­vögel haben ein schwärz­li­ches Gefieder und werden zwischen 60 und 65 Zenti­meter groß, wovon über 18 cm auf den Schnabel entfallen können. Die Weib­chen bleiben etwas kleiner. Ihr Schnabel und das „Horn“ sind kürzer und weniger hell gefärbt als beim Männ­chen. A. mala­yanus gehört zur Familie der etwa 50 Arten umfas­senden Nashorn­vögel, deren Verbrei­tungs­ge­biet sich über weite Gebiete Afrikas und des tropi­schen Asiens erstreckt. Allen gemein ist, dass Wälder ihren Lebens­raum darstellen. Entspre­chend bedroht sind sie, wenn an diesen Wäldern Raubbau betrieben wird. Ihre großen, gebo­genen Schnäbel mit den charak­te­ris­ti­schen, namens­ge­benden Aufsätzen machen ihre Erschei­nung auffällig und promi­nent, so dass sie für manche mitt­ler­weile fast so etwas wie eine Ikone des Regen­wald­schutzes darstellen. 

Vor Fress­feinden eingemauert 

Das bekann­teste Gesicht der Regen­wälder Borneos ist natür­lich der Orang-Utan. Doch gerade auf dieser Insel gibt es auch die meisten Arten von Nashorn­vö­geln. Der Malaien-Horn­vogel ist davon eine der weniger bekannten. So ist zum Beispiel noch nicht viel über die Einzel­heiten seines Fort­pflan­zungs­ver­halten bekannt, außer dass er in Baum­höhlen brütet und seine Jungen dort aufzieht. Das hat er aber mit den anderen Vertre­tern seiner Familie gemeinsam. Das Weib­chen mauert die Kinder­stube seiner zukünf­tigen zwei bis drei Küken bis auf einen kleinen Spalt zu – unter anderem mit seinem eigenen Kot – und verbringt dort wahr­schein­lich (genau weiß man es nicht) 80 Tage mit Brüten und Jungen­auf­zucht. Das Futter wird jeden Tag vom Männ­chen gebracht. Es besteht zum größten Teil aus Früchten und Samen, zum gerin­geren Teil aber auch aus Insekten, Spinnen und kleinen Wirbeltieren. 

Die Jungen werden nach dem Verlassen ihrer Schlupf­höhle noch etwa ein halbes Jahr lang gefüt­tert. Das heißt, meis­tens wurde nur ein Jung­tier pro Eltern­teil beob­achtet, aller­dings ist nicht bekannt, ob in der Regel nur ein Junges über­lebt oder beide Eltern­vögel jeweils ein Junges führen. Noch nicht geschlechts­reife Vögel ziehen oft in Trupps von bis zu einigen Dutzend Indi­vi­duen umher, während Brut­paare ein eigenes Revier vertei­digen. Gene­rell ist der Malaien-Horn­vogel recht standorttreu. 

Malaienvogel Männchen
 

Und wieder ist Wald das Thema 

Wie der Name andeutet, kommt der Malaien-Horn­vogel außer auf Borneo und Sumatra auch auf der malai­ischen Halb­insel vor. Seine bevor­zugten Habi­tate sind Flach­land­re­gen­wälder und dicht bewal­dete Fluss­läufe. Der Vogel spielt dort – ganz ähnlich wie die Orang-Utans – eine wich­tige Rolle bei der Samen­ver­brei­tung. Dabei benö­tigt er Primär­wälder mit hohen, alten Bäumen oder zumin­dest ältere Sekun­där­wälder. Es wundert daher nicht, dass auch diese Spezies mitt­ler­weile auf der Liste der bedrohten Arten gelandet ist. Die IUCN stuft Anthr­a­co­ceros mala­yanus seit August 2018 als vulnerable – gefährdet – ein. Der Grund ist ein rapider Verlust an Lebens­raum durch Entwal­dung. https://www.iucnredlist.org/species/22682441/132372259  

Die Kunst der Anpassung

Die Kunst der Anpassung

Anhand verblüf­fender Beispiele zeigt die sechs­tei­lige Doku­men­ta­ti­ons­reihe, wie sich Tier- und Pflan­zen­arten durch konti­nu­ier­liche Evolu­tion ihre Anpas­sungs­fä­hig­keit an die Umwelt bewahren. Seit 130 Millionen Jahren bedeckt ein dichter Regen­wald die tropi­sche Insel Borneo. In dieser Zeit entwi­ckelte sich dort eines der arten­reichsten Ökosys­teme der Welt mit erstaun­li­chen Symbiosen zwischen Pflanzen und Tieren.

Es bietet unter anderem Zwerg-Säuge­tieren, beson­deren Katzen­arten, einer seltenen Orang-Utan-Art, Nasen­affen, dem Sumatra-Nashorn, dem Malaien-Bär und dem Borneo-Zwerg­ele­fant Schutz.

Auf Borneo, der dritt­größten Insel der Welt, wuchs 130 Millionen Jahre lang in aller Abge­schie­den­heit ein bis heute fast intakter Regen­wald. Trotz der Verschie­bung der Konti­nente blieb der Archipel immer in Äqua­tor­nähe, so über­lebten die Wälder selbst während der Eiszeiten. Flora und Fauna konnten sich in einer stabilen Umge­bung entwi­ckeln. In den Eiszeiten waren die Inseln Borneo und Sumatra mit dem asia­ti­schen Konti­nent verbunden. Orang-Utan, Elefant, Rhino­zeros und verschie­dene Katzen­arten gelangten auf die Inseln. Am Ende der letzten Eiszeit brach der Austausch mit dem Fest­land ab. Isoliert vom Rest der Welt, entwi­ckelten sich auf Borneo verschie­dene Zwer­garten: das Sumatra-Nashorn, der Malaien-Bär und der Borneo-Zwerg­ele­fant. Der Orang-Utan hingegen — Asiens einziger großer Affe — hat seine beein­dru­ckende Statur behalten. Während die Fauna Minia­turen hervor­brachte, entwi­ckelte sich die Flora entge­gen­ge­setzt. Auf Borneo werden die Bäume mit bis zu 60 Metern höher als in jedem anderen Regen­wald. Flügel­frucht­ge­wächse haben hier flie­gende Tier­arten entstehen lassen. Zwischen den hohen Wipfeln dieser Laub­baum­gat­tung, die kein Astdi­ckicht aufweist, haben die 30 Arten von Flug­tieren freie Bahn, um von einem Baum zum nächsten zu segeln. Doch Borneo ist kein Para­dies. Die Regen­wälder wachsen auf einem nähr­stoff­armen Boden, der von starken Regen­fällen und hohen Tempe­ra­turen ausge­laugt wird. Doch eine Pflanze trotzt diesen Böden: Die fleisch­fres­sende Kannen­pflanze profi­tiert von einer engen Symbiose mit einer Spitz­hörn­chenart, dessen Exkre­mente sie als Dünger nutzt.

 

Borneos geheime Wildnis

Borneos geheime Wildnis

Der Kina­ba­tangan fließt mitten durch Borneo und dient den verschie­densten Spezies als unver­sieg­bare Lebens­ader. Fast so alt wie der Fluss selbst ist das Krokodil — ein Reptil, dessen Gestalt sich in über 100 Millionen Jahren kaum verän­dert hat.

Während die Urzeit­echse in den Gewäs­sern des Kina­ba­tangan nach Beute jagt, streifen Nebel­parder durch das undurch­dring­liche Wald­reich. Die akro­ba­ti­schen Raub­katzen bewohnen vorwie­gend Bäume und sind stets auf der Suche nach Nahrung. Vögel, Hörn­chen und Nasen­affen zählen ebenso zu ihren Opfern wie junge Borneo-Orang-Utans.