9. Oktober 2024
Orang-Utan Taymur auf BOS Vorauswilderungsinsel

Ein schmaler Grat zwischen Freund­schaft und Futterneid

Seit Dezember 2023 lebt Taymur auf der Voraus­wil­de­rungs­insel Badak Besar. Einige Monate sind bereits vergangen, seit der damals neun­jäh­rigen Orang-Utan-Junge diesen enorm wich­tigen Schritt in Rich­tung Frei­heit unter­nommen hat. Denn auf der Insel müssen die Tiere beweisen, dass sie gut zurecht­kommen und bereit sind für das wilde und freie Leben im Regenwald.

Täglich beob­achten unsere Ranger die Orang-Utans auf den Voraus­wil­de­rungs­in­seln. Sie berichten uns sehr zufrieden, wie gut Taymur sich auf der Insel einge­lebt hat. Er hat dort Lieb­lings­plätze gefunden, beweist Resi­lienz und Stärke und lernt, sich in der Orang-Utan-Gruppe auf der Insel zu behaupten.

Taymur hat sich auf der Insel eingelebt

Wenn die Ranger frische Früchte zur Platt­form bringen, sichert sich Taymur übli­cher­weise eine Portion und verschwindet damit direkt wieder in den Bäumen. Damit zeigt er ein absolut artge­rechtes Verhalten. Stück für Stück distan­ziert er sich von mensch­li­chen Kontakten, die während der Wald­schul­zeit noch an der Tages­ord­nung waren. Wer das tragi­sche Schicksal von Taymur vor seiner Rettung kennt, wird sich über seine Fort­schritte ganz beson­ders freuen. Wir von BOS sind unglaub­lich stolz, wie weit Taymur bereits gekommen ist!

Orang-Utan Taymur auf BOS Vorauswilderungsinsel
Taymur zeigt ein gesundes und artge­rechtes Sozialverhalten

In freier Wild­bahn führen Orang-Utans ein semi-soli­täres Leben: Die meiste Zeit durch­streifen sie als Einzel­gänger den Regen­wald, begegnen sich nur gele­gent­lich. Auf der Voraus­wil­de­rungs­insel ist der Raum begrenzter, so dass es häufiger zu Begeg­nungen kommt. Insbe­son­dere zur Fütte­rungs­zeit trifft Taymur auf seine Artge­nossen, hält jedoch meis­tens Abstand. Auch das ist ein sehr gutes Zeichen. Nur mit Kalanis, seinem Kumpel aus der Wald­schule, verbringt er gele­gent­lich Zeit. Aller­dings nur so lange, bis dann doch das Einzel­gän­gertum durch­kommt. Zum Beispiel in Form von Futterneid.

Kalanis schnappt Taymur das Futter weg

So wie neulich, als Taymur sich Ananas und Rambutan von der Fütte­rungs­platt­form geholt hatte – seine Lieb­lings­früchte, die er jedes Mal mit sicht­li­chem Genuss verspeist. Dieses Mal jedoch kam Kalanis und schnappte ihm die Früchte aus der Hand und vor der Nase weg. Taymur reagierte aufge­bracht, ging aber auf Abstand zu Kalanis. Die Ranger, die die Szene beob­achtet hatten, boten Taymur eine neue Rambutan an, die er sofort annahm und genie­ße­risch auffut­terte.
Offenbar gesät­tigt und zufrieden, klet­terte Taymur anschlie­ßend auf einen Baum. Kalanis jedoch hatte wohl noch nicht genug. Er setzte Taymur nach und ärgerte ihn derart, dass dieser tiefer in den Wald hinein flüchtete.

Orang-Utan Taymur auf BOS Vorauswilderungsinsel
So dicht kommen sich Orang-Utans in freier Wild­bahn norma­ler­weise nicht

Ein Grund, warum Orang-Utans in freier Wild­bahn über­wie­gend als Einzel­gänger leben, ist der Wett­be­werb um Futter. Vor allem, wenn aufgrund der Jahres­zeit gute Nahrungs­quellen gerade knapp sind.

Glück­li­cher­weise war die Kabbelei zwischen Taymur und Kalanis nichts Ernstes. Was auch daran liegt, dass Taymur ein sehr fried­fer­tiger Orang-Utan ist, der Konflikte eher meidet. Und dennoch – oder viel­leicht gerade deshalb – sind derar­tige Ausein­an­der­set­zungen wichtig für die Entwick­lung der Orang-Utans, denn sie stärken ihre Resi­lienz und Unabhängigkeit.

Taymur jeden­falls kam kurze Zeit später wieder aus dem Wald heraus und hat das Terri­to­rium an der Fütte­rungs­platt­form nicht dem frechen Kalanis über­lassen. Auf unsere Ranger wirkte er entspannt und es dauerte nicht lange, da konnten sie auch schon wieder beide Orang-Utans dabei beob­achten, wie sie fried­lich die Gesell­schaft des jeweils anderen genossen.

Ihre Spende hilft! Den Orang-Utans und ihrer Regen­wald­heimat. Danke!